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Günter Spendel behandelt in den hier gesammelten, bisher nur verstreut veröffentlichten Studien zum Teil über sein strafrechtliches Fach hinausgehende Themen von allgemeinerer Bedeutung, die auch geschichtlich und politisch interessant sind. Sie sind in einer betont vernunftgläubigen und um Recht bemühten Geisteshaltung geschrieben, so die Abhandlungen "Wider das Irrationale unserer Zeit" oder über "Die Idee der Universität", über Themen der Dichtung wie Schillers "Wilhelm Tell" und das Recht oder das Shylock-Problem in Shakespeares "Kaufmann von Venedig". Auch Strafrechtsfälle wie…mehr

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Produktbeschreibung
Günter Spendel behandelt in den hier gesammelten, bisher nur verstreut veröffentlichten Studien zum Teil über sein strafrechtliches Fach hinausgehende Themen von allgemeinerer Bedeutung, die auch geschichtlich und politisch interessant sind. Sie sind in einer betont vernunftgläubigen und um Recht bemühten Geisteshaltung geschrieben, so die Abhandlungen "Wider das Irrationale unserer Zeit" oder über "Die Idee der Universität", über Themen der Dichtung wie Schillers "Wilhelm Tell" und das Recht oder das Shylock-Problem in Shakespeares "Kaufmann von Venedig". Auch Strafrechtsfälle wie Geisteskranken- und Auschwitz-Morde unter dem NS- oder die Justizverbrechen unter dem SED-Regime werden behandelt. Die zu verschiedenen Zeiten verfaßten Studien sprechen nicht nur den juristischen, sondern zugleich auch den nichtjuristischen Leser an. Sie wirken gleichzeitig der oft beklagten Rechtsfremdheit der gebildeten Laien entgegen.
Autorenporträt
Geboren 1922; Studium der Rechtswissenschaft in Frankfurt und Freiburg; 1947 Promotion in Heidelberg; 1953 Habilitation in Frankfurt am Main; 1962 o. Professor in Würzburg, dort 1990 emeritiert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.06.2004

Wir brechen nicht, wir beugen
Günter Spendel lesen! Zwölf seiner tapferen Rechtsstudien

Der angesehene emeritierte Würzburger Strafrechtler Günter Spendel ist ein gradliniger, prinzipienfester Gelehrter, der bei Gustav Radbruch promoviert hat, einige Jahre Richter und seit 1958 Professor war. Jetzt hat er zwölf Arbeiten, fast alle aus Festschriften, neu veröffentlicht. Der Titel der Sammlung - "Für Vernunft und Recht" - ist Programm. Nach Spendels Überzeugung gründet Recht auf Vernunft. Die meisten heutigen Rechtsphilosophen dürften diese Einsicht für zu einfach halten. Sie könnten sich dafür auf - Spendel berufen. In einer sorgfältigen und materialreichen Analyse zeigt Spendel, daß die als vernünftig geltende goldene Regel "Was du nicht willst, daß man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu" strafrechtlich nur eingeschränkt verwertbar ist.

Seine große Begabung ist die Verknüpfung bedeutender Erzählungen mit Strafrechtsdogmatik. Er versteht es, aus dem Apfelschuß Wilhelm Tells, aus dem merkwürdigen Vertrag des jüdischen Geldverleihers Shylock mit dem "Kaufmann von Venedig" und aus dem "Landesverrats"-Vorwurf gegen Friedrich Ebert strafrechtliche Funken zu schlagen. Das Shylock-Problem verbindet er überdies mit einem Porträt des bedeutenden Würzburger Strafrechtlers Friedrich Oetker (1854 bis 1937), so daß im Hintergrund ein Bild der ganzen bunten Welt auftaucht.

Die beiden deutschen Diktaturen haben dem deutschen Strafrecht ein Problem beschert, welches das Recht normalerweise sorgfältig kaschiert, das Problem der Grenzen des Ablaufs der historischen Ereignisse oder der Folgen der Folgesfolgen. Ein Beispiel: Durfte ein Arzt in der NS-Zeit tausend Geisteskranke töten, um viertausend zu retten? Die Antwort lautet "Nein", weil man die viertausend Geretteten in der Regel einfach nicht berücksichtigt. In Regimen, die vom Unrecht durchzogen sind wie von Schimmel, geht das jedoch nicht. Die Frage taucht aber auch heute auf. Durfte beispielsweise die Bundesregierung das Leben des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer opfern, um Bürger vor terroristischer Bedrohung zu sichern? Das Problem beginnt damit, daß Leben prinzipiell nicht gegen Leben verrechnet werden darf, und endet nicht bei der Frage, welchen Einfluß die Organisation der Politik auf die Strafbarkeit individueller Taten hat. Die Lösung ist: Tabuisierung. Spendel hat das Tabu nicht gebrochen, sich ihm aber tapfer gestellt. Auch wer seinen dogmatischen Wegen nicht folgen mag, wird tiefere Einsichten aus seiner facettenreichen Darstellung gewinnen.

Die beiden letzten Arbeiten sind einem ähnlich heißen Eisen gewidmet, der Rechtsbeugung im Unrechtsstaat, das heißt der Beteiligung von Richtern an staatlichem Terror. Gegen eine verbreitete Meinung, die den SED-Terror für weniger schlimm hält als den NS-Terror, legt Spendel an beide Fälle strikt den gleichen Maßstab an. Er kann einerseits eine in der Tat beunruhigende Nachsicht der bundesdeutschen Justiz mit NS- und SED-Richtern zeigen und andererseits, daß das SED-Regime den Anschein von Rechtlichkeit, den jedes Gerichtsverfahren vermittelt, noch gemeiner ausgenutzt und instrumentalisiert hat als das NS-Regime. Die Perfidie des inzwischen vielfach dokumentierten, von Spendel aber nicht erwähnten Schauprozesses gegen den Kommunisten und Verleger Walter Janka im Sommer 1957 hat kein "furchtbarer Jurist" des "Dritten Reiches" erreicht.

Günter Spendel ist sicher nicht der einzige Gelehrte, der nach langem wissenschaftlichem Schaffen feststellen muß, daß die Fragen, an deren Diskussion er sich vor langer Zeit beteiligt hat, immer noch umstritten sind, mögen sich auch die Akzente verschoben haben. Aber Spendel hat sich vom Zeitgeist nie wirklich irritieren lassen. Deshalb kann und muß man seine Arbeiten heute wieder lesen.

GERD ROELLECKE.

Günter Spendel: "Für Vernunft und Recht". Zwölf Studien. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2004. VIII, 266 S., geb., 69,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der "angesehene emeritierte Würzburger Strafrechtler Günter Spendel" fasst gerne heiße Eisen an, und das gefällt Gerd Roellecke ausgesprochen gut. In der Aufsatzsammlung "Für Vernunft und Recht" geht es beispielsweise um die Frage, ob die Bundesregierung "das Leben des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer opfern" durfte, um die "Bürger vor terroristischer Bedrohung zu sichern?" Oder war es einem Arzt in der NS-Zeit gestattet, tausend Geisteskranke zu töten, wenn er dadurch viertausend retten konnte? Diese brenzligen Fragen werden vor einem geistesgeschichtlichen Panorama entfaltet, in dem der "Apfelschuss Wilhelm Tells" ebenso wenig fehlt wie der "merkwürdige Vertrag des jüdischen Geldverleihers Shylock" und Friedrich Ebert. Besonderes Augenmerk widmet der Rezensent der Tatsache, dass Spendel sich auch ganz allgemein "der Rechtsbeugung im Unrechtsstaat" zuwendet. Dabei komme der Autor, indem er "strikt den gleichen Maßstab" anlege, zu dem Schluss, "dass das SED-Regime den Anschein von Rechtlichkeit, den jedes Gerichtsverfahren vermittelt, noch gemeiner ausgenutzt und instrumentalisiert hat als das NS-Regime". Als Tugend rechnet der Rezensent dem Autor auch an, dass er sich "vom Zeitgeist nie wirklich irritieren" lasse, was seiner Meinung nach beinahe die Verpflichtung beinhalte, ihn zu lesen.

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr