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Erst ein halbes Jahr ist vergangen seit jener Mittsommernacht, in der Alexanders Frau Rachel einem brutalen Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Auf Bitten ihres ehemaligen Literaturprofessors kehrt Alexander zurück an den Tatort, das verschneite Worcester College in Oxford, und erfährt dort allmählich von einem ihm unbekannten Leben seiner Frau. Hat die Geschichte der Ermordung bereits während Rachels Studium ihren Anfang genommen? Weshalb hat Rachel ihm trotz ihrer glücklichen Ehe Dinge vorenthalten? Die analytisch nüchterne Art des Anwalts, der den Mord zu verarbeiten versucht, trifft auf die…mehr

Produktbeschreibung
Erst ein halbes Jahr ist vergangen seit jener Mittsommernacht, in der Alexanders Frau Rachel einem brutalen Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Auf Bitten ihres ehemaligen Literaturprofessors kehrt Alexander zurück an den Tatort, das verschneite Worcester College in Oxford, und erfährt dort allmählich von einem ihm unbekannten Leben seiner Frau. Hat die Geschichte der Ermordung bereits während Rachels Studium ihren Anfang genommen? Weshalb hat Rachel ihm trotz ihrer glücklichen Ehe Dinge vorenthalten?
Die analytisch nüchterne Art des Anwalts, der den Mord zu verarbeiten versucht, trifft auf die ausschweifende Erzählweise des Literaturprofessors, der mehr zu wissen scheint, als er anfangs zugibt. Die Stränge verweben sich, lassen bedrohliche Schatten hervortreten und wahren doch in ihrem Innern einen warmen und versöhnlichen Kern.
Autorenporträt
Dymott, Elanor
Elanor Dymott wurde 1973 in Chingola, Sambia geboren. Sie ging in den USA und in England zur Schule und verbrachte einen Teil ihrer Kindheit in Südostasien. Nach einem Englischstudium in Oxford, entschied sie sich für eine Anwaltslaufbahn. Für kurze Zeit kehrte sie nach Singapur und Indonesien zurück, um als Finanzjuristin zu arbeiten. Sie lebt inzwischen in London, arbeitet als Gerichtsreporterin u.a. für »The Times« und spielt in einer Jazzband. »Bevor sie mich liebte« ist ihr erster Roman.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.07.2013

Die eiskalten Engel in der Universitätsbibliothek

Wahrheitsfindung in Oxford: Klassische Ermittler haben hier wenig Chancen. Elanor Dymotts Krimi "Bevor sie mich liebte" ist eine Studie über die Kunst des Erzählens.

Die heiligen Hallen von Oxford haben schon viele Mörder gesehen, wie man aus Colin Dexters Inspector-Morse-Krimis weiß; sein Assistent und Nachfolger Lewis ermittelt derzeit auch im ZDF. Der Fall, den die Oxford-Absolventin Elanor Dymott in ihrem Romandebüt "Bevor sie mich liebte" (der englische Titel "Every Contact Leaves a Trace" legt die kriminalistische Spur deutlicher) erzählt, hätte selbst Morse und Lewis Kopfzerbrechen bereitet: Er ist mit den klassischen Ermittlungsmethoden kaum zu lösen. Es gibt eine Leiche, einen Detektiv und eine Reihe von Verdächtigen, aber wer Täter und wer Opfer ist, bleibt bis zuletzt offen. Die Leiche ist Rachel, eine brillante Literaturstudentin, die unter ungeklärten Umständen im Park von Oxford erschlagen wird. Der Detektiv ist Alex, ihr Mann. Für den Anwalt ist die Aufklärung des Verbrechens ein schmerzhafter Indizienprozess und das Erzählen Erlösung von Schuld und Trauer.

"Bevor sie mich liebte" ist Oxford-Krimi, Liebes- und Campusroman und Psychothriller, vor allem aber eine Studie über Formen und Wirkungen des Erzählens im Leben: Die Technik ist wichtiger als die erzählte Geschichte; der Jurist ist der natürliche Komplize und größte Feind des Erzählers. Eleanor Dymott ist beides: 1973 in Sambia geboren, studierte sie am Worcester College in Oxford Jura und Literaturwissenschaft und arbeitet nach einigen Jahren als Anwältin und Finanzjuristin in Südostasien heute wieder als "Times"-Gerichtsreporterin in London. In einer Nachbemerkung deutet sie an, dass Harry Gardner, der heimliche Held ihres Romans, Züge ihrer Oxforder Lehrer Edward Wilson, David Bradshaw und Bernard O'Donoghue trägt; sollte man an dem Tutor Makel finden, so nehme sie alle auf ihre Kappe.

Der väterlich gütige Literaturwissenschaftler ist frei von Fehl und Tadel, aber er lügt wie gedruckt. Die Geschichte, die Harry Alex in einer langen Nacht erzählt, weist jedenfalls Lücken und Ungereimtheiten auf. Für den Anwalt bricht dennoch eine Welt zusammen: Offenbar hatte seine Frau, bevor er sie kennen und lieben lernte, ein dunkles Vorleben und führte auch danach ein amoralisches Doppelleben, von dem er nichts wusste. In mancher Hinsicht erinnert Rachel an Amanda Knox, den "Engel mit den eiskalten Augen" aus Perugia. Früh verwaist, feierte sie angeblich schon in der Villa ihrer Patentante in Chelsea wilde Orgien. In Oxford bildete das College-Luder dann zusammen mit ihrer Geliebten Cissy und dem hochbegabten Kommilitonen Anthony ein Trio infernal, das mit bösen Streichen und Sexspielen Professoren und Hausmeister bis zur Weißglut reizte und auch dem nachsichtigen Harry übel mitspielte. In dessen Browning-Privatissime kam es dann zum Eklat: Anthony, als Mann nur geduldeter Zuschauer bei den Liebesspielen der Teufelinnen, ließ sich von der Aussicht auf einen Dreier dazu verführen, dem um seine verstorbene Frau trauernden Harry anonyme Drohbriefe zu schicken. Relegiert und in alle Winde zerstreut, trifft sich das Trio Jahre später wieder auf einem Alumni-Sommerball. Was in der Mittsommernacht in Oxford zwischen Old Library, Harrys Gelehrtenklause und See geschah, lässt sich kaum rekonstruieren: Alle Beteiligten, auch die vertrauenswürdigsten Erzähler, haben etwas zu verbergen.

Ähnlich wie Alex' Liebe zu Rachel wird auch die Geduld des Lesers auf harte Proben gestellt. Der Anwalt, in seiner eigenen Geschichte auch nur ahnungsloser Zuschauer, ermittelt und erzählt nämlich wie ein Jurist: analytisch-nüchtern, dann wieder umständlich abschweifend und neu ansetzend. Das liegt nicht an der makellosen Übersetzung von Gertraude Krueger: Alex darf und will beim Prozess gegen seine große Liebe kein Indiz, kein Verdachtsmoment, keinen mildernder Umstand außer Acht lassen. So sichtet er Verhörprotokolle, Seminararbeiten, Briefe und E-Mails, befragt Zeugen, Verdächtige und sich selbst, wendet Harrys Beichte (die fast die Hälfte der fünfhundert Seiten ausmacht) in nächtlichen Grübeleien hin und her und legt sachdienliche Hinweise, Tatortskizzen und Zeittafeln so lange übereinander, bis sich ein einigermaßen "autorisiertes" Mosaik ergibt. Harry muss seinen Zuhörer daran erinnern, dass es hier nicht um narrative Strukturen und juristische Sachverhalte geht, sondern um den Tod seiner geliebten Frau.

Es ist nicht immer ganz leicht, im Gewirr der Versionen und Zeitsprünge den Überblick zu behalten, zumal Dymott die Fakten immer wieder mit literarischen Anspielungen von Shakespeare bis Browning unterfüttert. Aber ebendiese Verschränkung von Anklage und Verteidigung, professionellem Zweifel und absoluter Hingabe macht die Erzähltechnik auch reizvoll. Rachel geht beschädigt aus dem Erinnerungsprozess hervor, aber Alex' bedingungslose Liebe wird ebenso glanzvoll gerechtfertigt wie Dymotts Methodik juristisch-literarischer Wahrheitsfindung. Liebe kann man letztlich nicht erzählen, nur beweisen. Im Leben, sagt Rachel einmal, regiert der Zufall; in der Literatur und vor Gericht gelten Gesetze und Regeln, die der Autor nur auf eigene Gefahr brechen darf. "Du gibst dir immer so viel Mühe, alles zu verstehen. Alles richtig zu machen. Vielleicht bist du deshalb Jurist und schreibst keine Romane. Und vielleicht ist das der Grund, warum ich dich liebe."

MARTIN HALTER

Elanor Dymott: "Bevor sie mich liebte". Roman.

Aus dem Englischen von Gertraude Krueger. Kein & Aber Verlag, Zürich 2013, 510 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein Romandebüt nach des Rezensenten Geschmack, wie es aussieht. Jedenfalls zeigt sich Martin Halter fasziniert von Eleanor Dymotts Mischung aus Psychothriller, Campusroman und Liebesgeschichte (ein perverses Trio infernal inklusive). Dass er bis zum Schluss ahnungslos bleibt, wer hier Täter, wer Opfer ist, stört Halter nicht. Geduld braucht der Leser zwar, räumt er ein. Doch dass sich die Technik des Erzählens mit wilden Zeitsprüngen und literarischen Anspielungen, dann wieder mit analytischer Nüchternheit, als wichtiger erweist als die Geschichte selbst, daran könnte er sich durchaus gewöhnen.

© Perlentaucher Medien GmbH