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Produktdetails
  • Transfer Bd.47
  • Verlag: Folio, Wien
  • Originaltitel: Smrt Djevojcice sa zigicama
  • Seitenzahl: 204
  • Deutsch
  • Abmessung: 21mm x 142mm x 217mm
  • Gewicht: 399g
  • ISBN-13: 9783852562339
  • ISBN-10: 3852562333
  • Artikelnr.: 11230737
Autorenporträt
Zoran Feric wurde 1961 in Zagreb geboren. Er studierte an der Philosophischen Fakultät seiner Heimatstadt und arbeitet heute an einem Gymnasium, wo er Kroatisch unterrichtet. "Walt Disneys Mausefalle" ist sein erstes Buch.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.03.2004

Nebensaison
Keiner verläßt die Insel: Ein Krimi des Kroaten Zoran Feric

Ein Krimi funktioniert am besten innerhalb eines geschlossenen Systems. Bis zur Aufklärung gilt die Devise: Keiner verläßt den Raum! Für ihre modellbildenden Whodunnits bediente sich Agatha Christi gerne eines abgelegenen Landhauses im englischen Nebel; Zoran Feric wählt für seinen Roman die Insel Rab vor der kroatischen Küste. Dorthin kehrt der Erzähler, der Pathologe Fero, nach vielen Jahren zurück, um der Beerdigung der Tochter eines Jugendfreundes beizuwohnen.

Feric listet gleich zu Beginn tabellarisch die wichtigsten der vielen verschrobenen Charaktere mit einer kurzen Beschreibung auf, als entstammten sie einer Balkan-Version von "Twin Peaks". Doch wo David Lynchs Serie ins Esoterische abdriftet, da steht bei Feric das allzu Reale. Denn so weit liegt die Insel nicht im Meer, daß vom Festland nicht mehr der Geschützdonner zu hören wäre. Es herrscht Bürgerkrieg im zerbrochenen Jugoslawien Anfang der neunziger Jahre, und das Friedensidyll der Insel, auf der sich die Journalisten im Café von der Front erholen, ist äußerst brüchig. Schon kurz nach seiner Ankunft bittet ihn sein alter Freund Mungos, mittlerweile Polizeichef der Insel, um eine pathologische Auskunft und zeigt ihm die übel zugerichtete Leiche der rumänischen Transsexuellen Marillena. Ihren märchenhaften Spitznamen verdankte sie dem Tripper, dessen Brennen sie als Prostituierte großzügig über die Stadt verteilte; nun ist sie vielleicht von einem unbekannten Tier angefallen, vielleicht aber auch ermordet worden.

Nicht das einzige merkwürdige Vorkommnis: Man berichtet von Geistererscheinungen, ein Monster soll sein Unwesen treiben, und jemand gräbt die Leiche des kleinen Mädchens aus. Im Kloster treffen grimmige Priester ein, bewaffnet mit Kameras und einem Landrover. Ist der Teufel nach Rab beziehungsweise in die Welt gekommen? Geschickt lenkt Feric die Erwartung des Lesers in Richtung Mystery-Thriller, um ihn dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen: Pater Marijan reagiert auf die Frage nach dem Teufel, indem er dem Erzähler Zeitungsbilder vom täglichen Kriegsgrauen zeigt.

Der Roman ist eine Geschichte aus der Zwischenzeit: Das gilt für die Insel in der Nebensaison, wenn die Touristen fort sind und der Nebel kommt, und es gilt für das Land im blutigen Übergang zwischen Diktatur und demokratischem Neuanfang. Zoran Feric, der bereits zwei Erzählbände veröffentlicht hat, gelingt das Kunststück, einen spannenden Krimi und gleichzeitig ein subtiles Porträt seines Landes zu schreiben, das sich zur Parabel über das Böse und die Liebe weitet.

SEBASTIAN DOMSCH

Zoran Feric: "Der Tod des Mädchens mit den Schwefelhölzchen". Roman. Aus dem Kroatischen übersetzt von Klaus Detlef Olof. Folio Verlag, Wien 2003. 204 S., geb., 19,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.11.2004

Blitzkrieg mit Touristinnen
Hexensabbat auf der Insel Rab: Das Romandebüt von Zoltan Feric
Einen Preis des kroatischen Fremdenverkehrsverbands wird Zoran Feric für seinen ersten Roman vermutlich nicht erhalten. Er ist durchaus bemüht, den guten Ruf der Insel Rab bei den Touristen aus dem Norden literarisch zu beschädigen. Seine rasante Inselrundfahrt hat Etappenziele wie Friedhöfe, aus denen die eben Begrabenen verschwinden, Irrenhäuser, in die sich womöglich die letzten Normalen geflüchtet haben, Klöster, die von Mönchen mit Hang zur Aktmalerei bewohnt werden, und Stripteasebars, in denen das Betrachten nackter Tänzerinnen noch die harmloseste Vergnügung darstellt. Was sich an diesen ehrwürdigen und ruchlosen Stätten ereignet, ist aber gar nichts, verglichen mit dem, was nächtens am mondbeschienenen Strand oder auf den einsamen Landstraßen geschieht. Zoran Feric hat seinen Inselroman als literarischen Hexensabbat inszeniert, was ihm umso glaubwürdiger gelingt, als sein Erzähler, der für ein paar Tage aus Zagreb auf seine Heimatinsel zurückkehrt und in einen Abgrund aus Verbrechen und Niedertracht blickt, Pathologe und also darauf spezialisiert ist, mit sezierendem Interesse für Abgelebtes zu Werke zu gehen.
Ein sechsjähriges Mädchen ist an Leukämie gestorben und drei Tage später wird eine junge Frau ermordet, die allgemein als das „Mädchen mit den Schwefelhölzchen” bezeichnet wird, weil sie „reihum den Tripper verteilt hat. Vermutlich erinnert das Brennen die Leute daran. An Schwefelhölzchen”. Dass die Prostituierte in Wahrheit transsexuell war, hat in die machistische Männerwelt von Rab viel Hass, Spott, Rachsucht, Verunsicherung gebracht. Die Aufklärung des Mordes legitimiert den äußeren Handlungsgang des Romans, ist aber nicht sein wichtigstes Anliegen.
Statt eines Kriminalromans bietet Feric das bizarre Panorama einer Provinz, die aus den Fugen ist und in der sich jene große Welt spiegelt, vor deren Verheerungen sie sich gefeit wähnt. „Wir schreiben das Jahr 1992” heißt es einmal beiläufig, das war für Kroatien das Jahr des großen Krieges, der Massaker, ethnischen Säuberungen. In Rab ist davon nicht viel zu spüren, und doch ist die Verrohung allgegenwärtig. Der Erzähler, der sich mit seinen Jugendfreunden trifft, lauter fragwürdigen Honoratioren jenseits der vierzig, erinnert sich mit ihnen der zahllosen sexuellen Abenteuer, die sie einst mit einsamen Touristinnen hatten. Selbst derlei schöne Jugenderfahrungen können sie jedoch nicht anders als in der Sprache des Krieges fassen: „Damals führten wir einen glänzenden Blitzkrieg gegen zwei Österreicherinnen, die über eine kirchliche Organisation auf die Insel gekommen waren. Ich muss gestehen, dass das der schnellste Krieg in meinem Leben war. Vom Kennenlernen bis zu dem Moment, als ich den Aal einlegte, vergingen weniger als vierzig Minuten.”
Der Franziskaner im Tor
Der 1961 geborene Zoran Feric hat bisher vor allem Erzählungen veröffentlicht, die den alltäglichen Wahnsinn, den Schrecken mitten im Leben zu fassen wussten; die Sammlungen „Walt Disneys Mausefalle” und „Engel im Abseits” waren auch in deutscher Übersetzung erfolgreich. Seinen Roman hat er als Folge solcher Erzählungen aufgebaut, die sich nach und nach zu einem aberwitzigen Puzzle fügen. Feric erzählt hart, zuweilen fleißaufgabenartig ordinär - etwa wenn er detailgenau einen pornographischen Film beschreibt, in dem das spätere Mordopfer den Geschlechtsverkehr vom Hund zum Waran mit wechselnden Exemplaren aus der Tierwelt ausübt -, manchmal mit forciertem Zynismus, öfter aber wirklich witzig. Seine besondere Spezialität sind Tableaus, die er bedachtsam aufbaut und auf denen er dann alles entgleisen lässt. Das fängt schon in der ersten Szene an, als der betrunkene Redner beim Begräbnis der Sechsjährigen die Zettel vertauscht und die Abschiedsrede für einen verstorbenen Spieler der Fußballmannschaft vorzutragen beginnt.
Zur Hochform läuft Zeric auf, wenn er über das Thema sprechen kann, das im Unterschied zu den Perversionen, die er im Blick auf ein imaginäres Publikum eher pflichtgemäß abzuhandeln scheint, ganz das seine ist: Fußball, die verbindende Leidenschaft all der von den verschiedensten Obsessionen getriebenen Figuren des Romans. Da kommt es, wenn die gegnerische Mannschaft Tor um Tor schießt, schon vor, dass die Spieler von Rab ihren unaufmerksamen Tormann mit den rätselhaften Worten beschimpfen: „Ich fick‘ dir deinen Jesusschwanz”. Der Tormann schlägt darüber ein Kreuz, nimmt es aber nicht weiter schlimm, wiewohl er, im Zivilberuf Priester, gerade erst „den braunen Franziskanerhabit vorübergehend mit dem schwarzen Torwartdress getauscht hat”.
Vorübergehend tauschen viele in diesem schwarzen Heimatroman nicht nur die Kleidung, sondern ihre soziale Rolle, ja die Existenzform: Die toten Kinder des Zweiten Weltkriegs, hingemordet von einem italienischen Mediziner, formieren sich zu nächtlichen Prozessionen, aus einer alten Frau exorzieren die Mönche den Geist eben jenes Kriegsverbrechers, und die da meinen, mitten im Leben zu stehen, könnten sich auch täuschen und von allem, was sie tun, nur träumen.
KARL-MARKUS GAUSS
ZORAN FERIC: Der Tod des Mädchens mit den Schwefelhölzchen. Roman. Aus dem Kroatischen von Klaus Detlef Olof. Folio Verlag, Wien und Bozen 2003. 204 Seiten, 19,50 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Dorothea Dieckmann stellt uns in ihrer Besprechung ein Buch vor, in dem Witz und Wahn eine groteske Verbindung eingingen. Der erste Roman des kroatischen Autors Zoran Ferif spielt zur Zeit des Krieges 1992. Doch der reale Schrecken sei von dem "imaginären Schrecken aus Legenden, Schauermärchen und Albträumen überlagert", die in Verbindung mit Friedhof, Kloster, Irrenhaus, Weinkeller, Stripteaselokal und Vollmondstrand das Interieur des Romans bildeten. Eigentlich gilt es, einen Kriminalfall zu lösen, denn eine Prostituierte, das Mädchen mit den Schwefelhölzchen, ist ermordet worden. Doch der Autor sei weniger an einer Lösung des Falles interessiert, sondern vielmehr an dem Rätsel, an dem Puzzle und nicht an dem fertigen Bild, beschreibt Dieckmann die Haltung Ferifs, dessen Kunst sie mit einer "Pathologie am lebendigen Leib" umschreibt.

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