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"Esther Kinskys Gedichte lesen unsere Welt mit allen Sinnen und horchen in vergessene, aber dafür nicht weniger konstitutive Schichten der Sprache hinein. Die mysteriösen Sprüche des alttestamentarischen Propheten Jeremiah aufgeschlagen in der Hand, die ins Mark treffenden Töne von Schuberts Winterreise im Ohr, so entwirft Am kalten Hang eine stark assoziative Landschaft der Trauer und des Schmerzes. Im Spannungsverhältnis zu diesen an die Grenzen geistiger Integrität rührenden Gebilden steht eine sich unter jedem Gedicht fortsetzende lyrische Kurzprosa. Es handelt sich dabei um eine Art von…mehr

Produktbeschreibung
"Esther Kinskys Gedichte lesen unsere Welt mit allen Sinnen und horchen in vergessene, aber dafür nicht weniger konstitutive Schichten der Sprache hinein. Die mysteriösen Sprüche des alttestamentarischen Propheten Jeremiah aufgeschlagen in der Hand, die ins Mark treffenden Töne von Schuberts Winterreise im Ohr, so entwirft Am kalten Hang eine stark assoziative Landschaft der Trauer und des Schmerzes. Im Spannungsverhältnis zu diesen an die Grenzen geistiger Integrität rührenden Gebilden steht eine sich unter jedem Gedicht fortsetzende lyrische Kurzprosa. Es handelt sich dabei um eine Art von mikrotextueller Italienischer Reise, die sich aber, fern jeglicher Kulturbeflissenheit, als Wanderung 'durchs Gebirge' in 'eine Fremdnis' erweist. Begegnungen mit verschiedenen Landstrichen zwischen Elbe und Olevano verdichten sich in Korrespondenz mit den Gedichten zu einem intensiven und ergreifenden Selbstgespräch über Leid, Fremdsein, Tod und Gedächtnis." - Iain Galbraith
Autorenporträt
Esther Kinsky, 1956 in Engelskirchen geboren, lebt in Berlin und in Battonya/Ungarn, nahe der Grenze zu Rumänien und Serbien. Sie ist Schriftstellerin und Übersetzerin aus dem Polnischen, Russischen und Englischen (u. a. Henry D. Thoreau, Lob der Wildnis). 2009 war sie für den Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse nominiert und erhielt den Paul-Celan-Preis. In dem Essayband Fremdsprechen (2013) reflektiert sie das Verhältnis von Texten und ihren Übersetzungen. Seit 2010 sind drei Gedichtbände erschienen: die ungerührte schrift des jahrs (2010), Aufbruch nach Patagonien (2012) und Naturschutzgebiet (2013). 2014 veröffentlichte sie den Roman Am Fluß, der ebenso wie ihr Roman Banatsko (2011) auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis stand, und 2015 mit dem deutsch-französischen Franz-Hessel-Preis ausgezeichnet wurde.Sie bekleidet im Wintersemester 2017/2018 die August-Wilhelm-von-Schlegel-Gastprofessur Poetik der Übersetzung an der Freien Universität Berlin 2015 wurde ihr der Kranichsteiner Literaturpreis zuerkannt. Aus der Preisbegründung: »Am Fluß ist ein Roman von packender Intensität. Mit behutsamer Präzision nimmt Esther Kinsky armselige Geschäfte, schäbige Reihenhäuser, Stadtbrachen und sumpfige Treidelpfade in den Blick, entwirft die Topographie eines Londoner Vororts und stößt auf Spuren der eigenen Vergangenheit. Durch ihre bildhafte Sprache gewinnt sie den Randbezirken der Wirklichkeit, die zu Abbildern eines seelischen Zustandes werden, poetische Facetten ab. Ihre mäandrierenden Erkundungen folgen den Ausläufern des River Lea und spülen Geschichten von seltsamer Schönheit an die Oberfläche.« 2020 wurde sie mit dem Deutschen Preis für Nature Writing ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.11.2016

Winterliche
Reise
Esther Kinskys Gedichtband
„Am kalten Hang“
Esther Kinskys ist eine Dichterin der Elemente. Ihr neuer Band beginnt mit einer märchenartigen Beschwörung des Windes. „Wir sind der wind wir sind der wind wir / sind der wind ich hab die stirn / gelehnt an einen alten traum die wand / von haus hof aprikosen / baum“. So dicht sind hier die i-Laute gesetzt, dass man fast überliest, was für ein grundlegender Wechsel stattfindet: Das „wir“ wandelt sich zum „ich“. Eine kleine, unscheinbare Veränderung im Vers – und doch bestimmt sie die Atmosphäre des ganzen Buches.
  „Am kalten Hang“ ist durchweht von dunklen Liedern und „klagelauten“. Selbst die Engel geben hier unter halb geschlossenen Augen nur einen „dünnen anhaltenden ton“ von sich. Es ist ein Buch über das Vergehen der Zeit und über den Verlust des Gegenübers, ohne dass dieser Verlust – und darin liegt die Kunst Esther Kinskys – direkt ausgesprochen würde. Es ist aber auch ein Buch über die Kraft der Sprache, die so schöne Wörter wie „zukopfen“, „schüttern“ oder „flinkeln“ kennt.
  Der Untertitel lautet „viagg’ invernal“. Eine winterliche Reise also. Den eigentlichen Gedichten hat Esther Kinsky eine zweite Spur beigemischt. So wie die Landschaft ein „band“ ist, das sich „des weges zieht“, zieht sich diese Tonspur als Band am unteren Rand der Seiten entlang. „was hat / die landschaft zu sagen im vorüberzucken von schmutz und verwischten spuren“, wird dort gefragt. Den Texten wiederum sind Illustrationen von Christian Thanhäuser beigesellt, kleine, abstrakte Gebilde, die von Variationen leben. So hat man auf jeder Seite ein Triptychon vor sich.
  Von der „viagg’ invernal“ ist der Weg nicht weit zu Wilhelm Müllers „Winterreise“. Immer wieder finden sich Querverweise auf Müllers Zyklus. Daneben zieht Esther Kinsky Linien zu Motiven aus dem Buch des Propheten Jeremia. Zum Motiv der Trauer und der Klage etwa oder zum Mandelbaum, dem ersten Baum, der nach dem Winter blüht. Doch auch zu Inger Christensens Langgedicht „alfabet“ führt die Reise, das mit den Worten beginnt: „die aprikosenbäume gibt es, die aprikosenbäume gibt es“. Hölderlin ist ebenso anwesend wie Büchners „Lenz“.
  Nicht von ungefähr heißt es einmal: „Keine rede von ruh im gebirg“. Der Winter ist noch nicht vorbei. Trotzdem gibt es in dem Band auch eine Hoffnung auf Milde. Esther Kinsky legt diese paradoxe Idee einer Figur in den Mund: „Ohne ruh / such ich ruh sagt der wandrer.“ Das Schöne ist, dass der Gedanke nicht nur formuliert, sondern auch in die Form der Gedichte eingesenkt wird. Kinsky schreibt in meist gleichmäßig gebauten Sätzen und Satzteilen, die aber durch Zeilensprünge dauernd gebrochen werden. So entsteht ein Gefüge aus Ruhe und Unruhe, das die harmonischen Klänge des Volkslieds aufnimmt und unterläuft. Beim Lesen spürt man diese Spannung in jedem Vers, nimmt die Risse wahr und ist zugleich in Bewegung – „leicht / in schwingung versetzt von / möglichem klang“.
NICO BLEUTGE
  
Esther Kinsky: Am kalten Hang. viagg’ invernal. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2016, 60 Seiten, 18 Euro.
Kinsky nimmt die Klänge des
Volkslieds auf und unterläuft sie
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