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Philadelphia, 1961. Die Fronten sind klar abgesteckt. Die Italiener haben auf der Straße das Sagen, die Iren kontrollieren die Gewerkschaften. Doch dieses prekäre Gleichgewicht gerät ins Wanken, als ein tragischer Unfall die Familie von Peter Flood zerstört. Der Junge wächst fortan bei seinem Onkel auf, einem brutalen Gewerkschaftsboss, der sich mit der Mafia anlegt. Lange Zeit gelingt es Peter, Distanz zu halten zur Gewalt, die in seiner Umgebung herrscht. Aber als der schwelende Konflikt zwischen dem Syndikat und der Gewerkschaft zu einem blutigen Bandenkrieg ausartet, muss auch er Stellung…mehr

Produktbeschreibung
Philadelphia, 1961. Die Fronten sind klar abgesteckt. Die Italiener haben auf der Straße das Sagen, die Iren kontrollieren die Gewerkschaften. Doch dieses prekäre Gleichgewicht gerät ins Wanken, als ein tragischer Unfall die Familie von Peter Flood zerstört. Der Junge wächst fortan bei seinem Onkel auf, einem brutalen Gewerkschaftsboss, der sich mit der Mafia anlegt. Lange Zeit gelingt es Peter, Distanz zu halten zur Gewalt, die in seiner Umgebung herrscht. Aber als der schwelende Konflikt zwischen dem Syndikat und der Gewerkschaft zu einem blutigen Bandenkrieg ausartet, muss auch er Stellung beziehen. Peters Onkel kommt bei einem Attentat ums Leben, sein Cousin Michael übernimmt die Führung der Gewerkschaft, und Peter ist gezwungen, ihm bei seinen schmutzigen Geschäften zur Hand zu gehen. Die beiden verstricken sich in einem Netz aus Lügen und blinder Gewalt, und Peter beginnt zu ahnen, dass er nicht mit dem Leben davonkommen wird. Man kann vor allem fliehen, aber nicht vor dem Schicksal.
Autorenporträt
Pete Dexter, 1943 in Michigan geboren, arbeitete über fünfzehn Jahre als Zeitungsreporter in Philadelphia. Nachdem er im Zuge einer kontroversen Berichterstattung angegriffen und krankenhausreif geschlagen wurde, gab er seinen Beruf auf. Heute lebt er als freier Schriftsteller im Bundesstaat Washington. Pete Dexter gilt als einer der profiliertesten Drehbuchautoren Amerikas und veröffentlichte bislang sieben Romane, darunter 'Deadwood', 'Train' und 'Paris Trout', für den er 1988 mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Die Zutaten stimmen, die Mischung auch. Kaltblütige Protagonisten, erschreckende Taten, das alles präsentiert in einer Sprache, die den Leser schier atemlos durch den Text treibt. Komplett im Präsens geschrieben, löst der Roman das Gefühl aus, danebenzustehen, wenn all die scheinbar unausweichlichen furchtbaren Dinge passieren, die die Handlung voranbringen. Dexter zieht den Leser auf diese Weise ins Geschehen, im Kopf entstehen starke Bilder von abstrakten Mafiakämpfen und den ganz konkreten persönlichen Schicksalen der Menschen, die zwischen den Fronten dieser Kämpfe zerrieben werden. Peter Flood, der Held des Buches, rutscht in diese Kämpfe, ohne dass er etwas dagegen tun kann. Seine Familie ist lange verstrickt in den Konflikt zwischen mächtigen Gewerkschaften und der Mafia, sodass sein Schicksal vom ersten Tag an besiegelt ist. Flood versucht, Mensch zu bleiben, dem Unausweichlichen zu entkommen, doch jeder Versuch endet mit einer noch tieferen Verstrickung in die Konflikte. Er wird hart, lädt Schuld mit Lügen und Gewalt auf sich, gleichzeitig lässt der Autor immer die Verletzlichkeit von Peter durchscheinen. Doch Dexter schont seinen Helden letztlich nicht, sondern erzählt an seinem Beispiel davon, wie einer mit dem Leben ringen muss, um sich am Ende doch nur selbst zu verlieren.

© BÜCHERmagazin, Carsten Tergast (ct)
"Ein großartiges Buch. Nur wenige Autoren sind so subtil und treffsicher wie Pete Dexter." -- THE NEW YORK TIMES

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Rezensentin Sylvia Staude schätzt diesen 1991 im englischen Original erschienenen Roman von Pete Dexter wegen einer bewegenden tragischen Figur im Mittelpunkt des Textes, der es nicht gelingt, seiner in allerlei Fatalitäten und mafiöse Machenschaften verwickelten Familie zu entkommen und ein rechtschaffenes Leben zu führen. Die zwischen 1961 und 1986 in Philadelphia spielende Geschichte erzählt der Autor mit gewohnt klarer und präziser Sprache, versichert Staude.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.07.2015

Stadt brüderlicher Hiebe
Pete Dexters packender Philadelphia-Roman

Immer muss so ein Spielverderber von der Zeitung schon vorher verraten, wie die Geschichte ausgeht! Peter und Michael Flood, die Hauptfiguren in Pete Dexters Roman "Unter Brüdern", werden sterben. Wer das gar nicht wissen wollte, beschwere sich bitte bei Wallace T. Brooks, in dessen Artikel es steht. An seinem Artikel vom 11. Juni 1986 wird kein Leser vorbeikommen. Die Zeitungsmeldung gehört nämlich zum Buch, gleich auf der ersten Seite. Dann erzählt Dexter von 1961 an, wer Peter und Michael Flood waren, wie sie lebten, warum sie starben. Dass beide am Ende tot sind, stimmt zwar. Doch in der blutigen Familiensaga aus Philadelphia ist vieles anders, als es die Zeitung berichtet.

Dexter schreibt im Präsens, in einem knappen Stil, hart, aber nicht herzlos. Im ersten Teil des Romans ist Peter acht Jahre alt. Der Nachbar der Floods kommt im Winter mit dem Auto von der Straße ab und erfasst Peters kleine Schwester. Ihr Tod zerreißt die Familie. Peter, der auf sie hätte aufpassen sollen, wünscht sich, er wäre selbst angefahren worden. Die Mutter bricht zusammen, muss in einer Nervenklinik behandelt werden und beginnt allein ein neues Leben. Der Vater, Charley, will Rache. Er war Dachdecker, ist in der Gewerkschaft aufgestiegen und wird für seine Macht und seine Mafiakontakte gefürchtet. Obwohl der Nachbar, ein korrupter Polizist, der Mafia nützliche Dienste leistet, bringt Charley ihn um. Das kann die Mafia nicht dulden. Wenig später wird er selbst ermordet.

Gewerkschaftsmacht ist Familiensache in diesem Roman. Phil Flood übernimmt die Arbeit seines Bruders und auch dessen Haus. Peter wächst gemeinsam mit seinem ein Jahr jüngeren Cousin Michael auf. Dexter kann immer wieder jahrelange Lücken zwischen den fünf Teilen der Geschichte lassen, da er es versteht, die Lebenswelt und die Wege seiner Figuren in klug gewählten Episoden darzustellen.

"Brotherly Love", der Originaltitel des Romans, verweist auf den Stadtnamen Philadelphias. Er ist aus den griechischen Worten für ,Liebe' und ,Bruder' gebildet. In der 1682 gegründeten Stadt am Delaware wurde die amerikanische Verfassung geschrieben. Dexter ist der Chronist eines anderen Philadelphia, dem es an Nächstenliebe, Bürgersinn und Geschichtsbewusstsein fehlt. Er kam in den Siebzigern in die Stadt, als Reporter der Boulevardzeitung "Philadelphia Daily News", die ihn bald zum Kolumnisten machte. Er wusste, wie die Leute auf der Straße und in den Bars reden, und schreckte nicht vor den Schattenseiten des Stadtlebens zurück. Der Versuch einer Aussprache über einen seiner Texte endete 1981 aber damit, dass etwa dreißig Männer mit Baseballschlägern und Eisenstangen auf Dexter und seinen Begleiter losgingen.

Seit den dabei erlittenen Kopfschlägen schmecke Bier für ihn wie Batteriesäure, sagte Dexter einmal gegenüber der "New York Times", und ohne das Trinken habe er dreißig Stunden pro Woche anders füllen müssen: So lautet, in typischer Lakonik, die Entstehungsgeschichte von Dexters Romandebüt "God's Pocket" (1983) über ein fiktionalisiertes Viertel von Philadelphia. Darauf folgten der Western "Deadwood" (1986) und der Südstaatenroman "Paris Trout" (1988), für den Dexter den National Book Award erhielt.

"Unter Brüdern" ergibt zusammen mit "God's Pocket" ein grandioses Doppelbild des amerikanischen Großstadtdschungels. Hierzulande war der zuerst unter dem Titel "Bruderliebe" erschienene Roman nur noch antiquarisch erhältlich, jetzt kann man ihn in einer überarbeiteten Übersetzung entdecken. Wäre es nun nicht an der Zeit für eine deutsche Ausgabe der 2007 in "Paper Trails" versammelten journalistischen Texte, die Dexters Klasse in der kurzen Form zeigen?

Der Kreislauf von Gewalt und Rache in "Unter Brüdern" fordert viele Opfer, darunter auch Phil Flood, den eine Bombe zerfetzt. Nun tritt Michael an seine Stelle in der Gewerkschaft und holt Peter dazu, der eigentlich lieber bei dem alten Boxer Nick DiMaggio trainiert, als nach Macht und Geld zu streben wie sein Cousin. Dexter zeichnet ein packendes Porträt der ungleichen Protagonisten. Die Stadt der brüderlichen Liebe erweist sich als äußert unsicheres Pflaster. Der Boxer Nick glaubt trotzdem an Solidarität, denn "wenn du dich im Zweifelsfall für jemand entscheidest, wird er sich eines Tages auch für dich entscheiden". Für den Ausgang der Geschichte ist der Satz erhellender als alles, was so ein Spielverderber von der Zeitung vorher verrät.

THORSTEN GRÄBE

Pete Dexter: "Unter Brüdern". Roman.

Aus dem Englischen von Götz Pommer. Liebeskind Verlag, München 2015. 303 S., geb., 19,90 [Euro].

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