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Peggy Guggenheim (1898-1979) zählt zu den größten Sammlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Am Ende ihres Lebens war sie nicht nur eine Legende, sondern hatte sich selbst zur Kunstfigur stilisiert. In stefan moses (1928-2018) begegnete sie einem Fotografen, der das Sensorium, die Schnelligkeit und das Talent hatte, besondere Momente ihrer Selbstinszenierung einzufangen und selbst zu gestalten. Er traf Peggy Guggenheim 1969 und 1974 in Venedig und hat sie hier an verschiedenen Orten, unter anderem in ihrem privaten Palazzo Venier dei Leoni am Canal Grande (der heutigen Peggy Guggenheim…mehr

Produktbeschreibung
Peggy Guggenheim (1898-1979) zählt zu den größten Sammlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Am Ende ihres Lebens war sie nicht nur eine Legende, sondern hatte sich selbst zur Kunstfigur stilisiert. In stefan moses (1928-2018) begegnete sie einem Fotografen, der das Sensorium, die Schnelligkeit und das Talent hatte, besondere Momente ihrer Selbstinszenierung einzufangen und selbst zu gestalten. Er traf Peggy Guggenheim 1969 und 1974 in Venedig und hat sie hier an verschiedenen Orten, unter anderem in ihrem privaten Palazzo Venier dei Leoni am Canal Grande (der heutigen Peggy Guggenheim Collection), fotografiert. Der Zauber der Aufnahmen besteht in der Ironie und Skurrilität, die den Bildern eine mehrdeutige Tiefe verleihen.Mit einem Essay des Kunsthistorikers und Kurators Dr. Thomas Elsen, Direktor der Kunstsammlungen und Museen Augsburg
Autorenporträt
Stefan Moses, 1928 in Schlesien geboren, lebte ab 1950 bis zu seinem Tod 2018 in München. Mit seinen fotografischen Bildgeschichten wurde er zum eigentlichen Chronisten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Heute gehören diese Arbeiten zu den gültigen Geschichtsdokumenten unserer Zeit. Zuletzt erschienen im Elisabeth Sandmann Verlag seine opulenten Bildbände Begegnungen mit Peggy Guggenheim (2017) und »Zeit der Frauen« (2021), herausgegeben von Prof. Christoph Stölzl.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Thomas Steinfeld staunt, wie der Fotograf Stefan Moses Peggy Guggenheim in seinen Begegnungen inszeniert. In den Serien, die zwischen 1969 und 1974 in Venedig entstanden, erblickt der Kritiker die Mäzenin etwa im Sackkleid zwischen den historischen Bauten Venedigs und erkennt geradezu "skulpturale" Züge. Großartig, wie Modell und Fotograf mit den Gegensätzen spielen, lobt Steinfeld, der die Bilder immer wieder aufs Neue betrachtet und zahlreiche "Korrespondenzen" entdeckt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.08.2017

Im
Sackkleid
Stefan Moses fotografiert Peggy Guggenheim:
Eine Inszenierung des Alleinseins
VON THOMAS STEINFELD
Nicht viele Farbfotografien sind von Stefan Moses überliefert. Der allergrößte Teil seines Werks besteht aus Bildern in Schwarz-Weiß, zumal die Porträts, die, auch wenn sie scheinbar gewöhnliche Menschen zeigen, immer Autorenporträts sind. Einige Serien jedoch, die er in den Jahren 1969 und 1974 von Peggy Guggenheim aufnahm, bestehen aus bunten Bildern. Sie sind in Venedig entstanden, in der Stadt, in der die Mäzenin seit 1949 lebte und wo sie ihrer berühmten Sammlung moderner Kunst ein dauerhaftes Zuhause gegeben hatte – in einem unvollendeten Palazzo nicht weit vom südöstlichen Ende des Canal Grande. Nur das Erdgeschoss war gebaut worden, und bei oberflächlicher Betrachtung ist nicht zu erkennen, was dieses Gebäude ist oder was es hätte werden sollen: ein aufgegebenes Lagerhaus, ein dysfunktional gewordenes Stück einer Festung, eine steinerne Tribüne über dem schönsten Kanal der Welt?
Eines der schönsten Bilder aus diesen Serien zeigt die Sammlerin, wie sie auf dem Dach (oder besser: der verstärkten Decke im Erdgeschoss) ihres Palazzos steht, in einer roten Tunika, die Hände wie ein Priester erhoben, während unten ein Wasserbus vorbeifährt. Die historische Pracht und das Skurrile, die alte Stadt und das Modische gehen hier eine seltsame Verbindung ein, deren Klammer die Kunst bildet. Peggy Guggenheim – oder ist es Stefan Moses? – scheint mit diesen Gegensätzen spielen zu wollen, wofür sie unter anderem ihre Kleidung einsetzt: Nur wenige Vorteile dürften Damen mittleren Alters aus der Mode der späten Sechziger und frühen Siebziger gezogen haben. Das beliebte Sackkleid – in Lindgrün, Himmelblau, Erdbeerrot – nahm dem Körper die Form, die weichen, beigefarbenen Stiefel verkürzten darüber hinaus den Rumpf, und falls noch ein Rest von Leichtigkeit geblieben sein sollte, wurde er durch gestrickte Strumpfhosen erwürgt. Genau solche Kleidungsstücke aber trägt Peggy Guggenheim auf diesen Bildern – vielleicht als Gegenentwurf zur Feinheit der historischen Bauten Venedigs, vielleicht als Inszenierung von Fremdheit, vielleicht, weil sie darin selbst etwas Skulpturales annimmt.
Erst beim zweiten oder dritten Anschauen der Fotografien erschließen sich die Korrespondenzen: Leicht zu erkennen sind die Verbindungen zwischen dem Rot des Sackkleides, dem Rot der Lederpolster im Wassertaxi und dem Rot des Lippenstifts, zu dem das Graugrün des Wassers im Kanal die Komplementärfarbe bildet. Die Farben dienen der selbstbewussten Darstellung einer Frau, die sich selbst als Mittelpunkt aller Beziehungen setzt und dabei vor dem Grellen, ja womöglich auch vor dem Plumpen nicht zurückschreckt. Ironie scheint sie jedenfalls besessen zu haben: Oder war Stefan Moses auf die Idee gekommen, nicht sie selbst, ihre rote Handtasche in einem Stillleben zu arrangieren, das außerdem Werke Alberto Giacomettis und Jean Hélions zeigt – und das Porträt, das Franz von Lenbach im Jahr 1903 von der sechsjährigen, in eine Art barockes Hofkostüm gekleideten Peggy Guggenheim malte? Und was bedeutet es, wenn die Mäzenin sich in einer blauen Hollywoodschaukel über dem Canal Grande wiegt, in der roten Tunika, während sie ihr Gesicht in einem Taschenspiegel betrachtet? Dass in Venedig, auch an prominentem Ort, keine Abstriche vom amerikanischen Charakter der Hauptperson gemacht werden?
Die Werke der Kunstsammlung erscheinen auf diesen Bildern weniger als Kunstwerke denn als Gesellschaft jener Hauptperson. Aus ihnen hebt sich die Protagonistin heraus. Sie ist allein.
Stefan Moses: Begegnungen mit Peggy Guggenheim. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2017. 144 Seiten, 48 Euro.
Zum Rot des Lippenstifts bildet
das Graugrün des Wassers im
Kanal die Komplementärfarbe
Auf dem Markusplatz korrespondiert das Rot der
Strumpfhosen mit dem Rot der Markisen. Und was bedeutet das
Ketchup auf dem Bild rechts unten?
Fotos: STEFAN MOSES
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2017

11. Diener der Erinnerung

Es gibt Wörter, die einfach zusammengehören: Sonne und Mond, Tag und Nacht, Peggy Guggenheim und Venedig. Ihre weltberühmte Sammlung moderner Kunst im Palazzo Venier, ihre ungezählten Liebesaffären mit Künstlern und Schriftstellern, ihr Salon, ihre Lhasa-Apso-Hunde und ihre überdimensionierten Sonnenbrillen sind Teil der venezianischen Geschichte. Das jüngste Buch des Schwarzweißmeisters Stefan Moses malt ein umwerfendes Bild dieser legendären Gestalt. Und das nicht Moses-like, sondern in Farbe.

Peggy Guggenheim, nach der ein Museum in Venedig benannt worden ist, wurde im ausgehenden 19. Jahrhundert in New York geboren. Mit 14 Jahren verlor sie ihren Vater beim Untergang der "Titanic". 1919 erhielt sie ihr Erbe und machte erst mal ein Volontariat in einer Avantgarde-Buchhandlung. Schnell freundete sie sich mit Künstlern, Poeten und Literaten an. 1920 ging sie nach Paris und tauchte in die dortige Boheme ein. Sie heiratete einen Schriftsteller, kriegte Kinder von ihm und ließ sich scheiden. Einer ihrer vielen Liebhaber war Samuel Beckett. Der riet ihr zur modernen Kunst. Die sammelte sie fortan mit feinem Gespür, vor allem jene, die als "entartet" galt. Genauso akribisch sammelte sie Künstler, die sie liebte und alimentierte. Vielen verhalf sie nach dem deutschen Überfall auf Frankreich zur Flucht in ihre amerikanische Heimat.

1938 hatte sie bereits ihre eigene "Guggenheim Jeune Galerie" in London. Ihre erste Show war Jean Cocteau gewidmet. Es folgten Kandinsky, Tanguy, Brancusi, Calder und Arp. Sie zeigte Picasso, Braque und Schwitters. Obwohl sie dabei Geld verlor, wuchs ihr Ehrgeiz. Sie wollte es ihrem Onkel Solomon Guggenheim gleichtun und sich ein Museum für moderne Kunst bauen.

Das musste gefüllt werden. Also ging sie mit einer langen Wunschliste zurück nach Paris und kaufte ein Bild pro Tag. Als die Liste abgehakt war, besaß sie zehn Picassos, vierzig Max Ernsts, acht Mirós, dazu diverse Magrittes und Man Rays, Kandinskys. Doch ihr Plan für ein Museum in Paris scheiterte an den Deutschen. Die fielen in Paris ein, sie floh mit ihrer Sammlung nach Vichy, dann, 1941, nach New York. Dort eröffnete sie eine Galerie mit dem Namen "The Art of This Century". Nebenher schaffte sie es, die Karriere von Jackson Pollock anzuschieben und Max Ernst zu heiraten.

Kaum war der Krieg vorbei, ging es wieder zurück über den Atlantik, nicht nach Paris, sondern nach Venedig. Dort wurde sie gleich zur ersten Nachkriegsbiennale eingeladen, um dort ihre Sammlung zu präsentieren. Nachdem sie den Applaus genossen hatte, richtete sie sich mit ihrer Collection 1949 im Palazzo Venier ein.

Hier steigt Stefan Moses mit seiner Kamera ein. Mit seinen brillanten Bildern breitet er das Wunderwerk in den "Begegnungen mit Peggy Guggenheim" Seite um Seite aus. Bei seinen Besuchen 1969 und 1972 fotografiert er Guggenheim wider alle Gewohnheit in Farbe und kommt ihr dabei erstaunlich nahe, ohne in ihre Privatsphäre einzudringen. Im Mittelpunkt stehen zehn Variationen des ikonischen Sonnenbrillenfotos. Man spürt, wie Moses eine verwandte Seele gefunden hat. Er liebt Katzen, sie liebt ihre Lhasa-Hunde. Er hat nie auf den "moment décisif", den angeblich so entscheidenden Augenblick in der Fotografie, gewartet, sondern zeigt mit jedem Bild den von ihm erfundenen und verteidigten "moment fugitif", den auf der Flucht gerade noch erwischten Augenblick.

Die Frau, die mit fünf Jahren von Lehnbach im Van-Dyke-Kostüm gemalt wurde, die von Man Ray, Gisèle Freund, André Kertész und Berenice Abbott abgelichtet wurde, hat als alte Peggy in Moses ihren Cicerone gefunden. Mit dicken roten Wollstrümpfen, zu engen Stiefeln, mit ihren sackartigen bunten Kleidern, ihren grauen Locken, stets flankiert von ihren Lhasa-Hündchen, schaut sie mal finster, mal verschmitzt, mal nachdenklich. Nein, nicht direkt in die Linse, sondern im Zwiegespräch mit dem Fotografen.

Selbst wenn Moses auf dem Markus-Platz das ewige Touristenmotiv mit Tauben inszeniert, ist sie keine flüchtige Besucherin, sondern Teil dieser Stadt. In ihrem Palazzo sitzt sie in einer blauen Hollywoodschaukel und bürstet sich ungeniert das Haar. Sie nimmt vor ihrem eigenen Kinderporträt Platz, wird auf dem Sofa liegend von Giuseppe Santomaso mitsamt seinem Gemälde fast erdrückt. Auf leisen Katzenpfoten folgt ihr Moses und fängt sie mit intimen, aber nicht aufdringlichen Bildern ein.

Peggy Guggenheim, die 1979 starb, lebte in und mit ihrer Sammlung und machte sie gleichzeitig für alle zugänglich. Ihr Bettgestell hatte Alexander Calder entworfen, sie saß so selbstverständlich auf einem byzantinischen Thron in ihrem Garten wie an einem bescheidenen Klapptischchen beim Essen. Stefan Moses als Diener der Erinnerung, wie Philip Rylands, der Direktor der Peggy Guggenheim Collection, ihn im Vorwort nennt, hat mit seinen Farbfotos der 70-Jährigen eine berührende fotografische Erzählung geschaffen. "Ich habe alles gelebt" heißt ihre Autobiographie. So zeigt sie Moses, was keinem anderen je gelungen ist.

Christine Brinck

Stefan Moses: "Begegnungen mit Peggy Guggenheim". Verlag Elisabeth Sandmann, 144 Seiten, 48 Euro

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»Mit seinen brillanten Bildern breitet Stefan Moses das Wunderwerk in den 'Begegnungen mit Peggy Guggenheim' Seite um Seite aus.« Christine Brinck Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 20171126