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Ein zwölfjähriger Junge geht durch die Welt. Dass er schon eine Zeitlang ein großes Geheimnis mit sich herumträgt, erzählt er niemandem. Der Einzige, der mehr darüber weiß, schweigt. Bis fünfundzwanzig Jahre danach. Dann bringt die Post einen Brief: 'Ich bitte dich um Vergebung für das, was ich dir damals angetan habe.' Eine sensible Annäherung an ein tabuisiertes Thema in Form von Briefen und Gedichten. Der Autor gibt Kindern mit pädophiler Erfahrung eine Stimme.

Produktbeschreibung
Ein zwölfjähriger Junge geht durch die Welt. Dass er schon eine Zeitlang ein großes Geheimnis mit sich herumträgt, erzählt er niemandem. Der Einzige, der mehr darüber weiß, schweigt. Bis fünfundzwanzig Jahre danach. Dann bringt die Post einen Brief: 'Ich bitte dich um Vergebung für das, was ich dir damals angetan habe.' Eine sensible Annäherung an ein tabuisiertes Thema in Form von Briefen und Gedichten. Der Autor gibt Kindern mit pädophiler Erfahrung eine Stimme.
Autorenporträt
Ted van Lieshout, 1955 in Eindhoven geboren, ist Schriftsteller, Illustrator, bildender Künstler und Grafikdesigner und einer der bekanntesten und zugleich eigenwilligsten Kinder- und Jugendbuchmacher der Niederlande.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.03.2015

Gestohlenes Kind
Ted van Lieshout erzählt von
einer ungewöhnlichen Beziehung
War das Missbrauch? Wurde hier ein Kind benutzt, geschädigt für den Rest seines Lebens? Dieses Buch schiebt sich verstörend quer in die aktuelle, oft sehr erregte Debatte um Missbrauch und Pädophilie, um Männer, die Jungen in ihre Gewalt bringen, sich sexuell an ihnen vergehen, in pädagogischen oder religiösen Institutionen, die kinderpornografische Bilder oder Videos im Internet anbieten, anklicken, kaufen. Es spricht Momente der emotionalen und sexuellen jungen Entwicklung an, die durch diese Debatte streng tabuisiert sind.
  Der niederländische Schriftsteller Ted van Lieshout erzählt von etwas, was ihm mit zwölf passierte, der Begegnung mit, der Beziehung zu einem Mann. Eine Beziehung, von der beide profitierten, die der Junge dann abgebrochen hatte, als es zum Sex kam, aber die er danach dennoch nicht preisgeben und denunzieren wollte. „Ich habe Sie nicht verraten. Hab Ihren Namen nicht genannt. Bin Ihnen treu geblieben, treu auch dem Kind, das ich gewesen, als Ihnen an mir lag.“
  1993 hat der Mann Ted einen Brief geschrieben, hat um Vergebung gebeten. Ted schrieb zurück, hat seine Sicht der Erlebnisse damals rekapituliert, hat sich wiederum irritiert gezeigt von dem schweren Schuldgefühl, das der Mann äußerte. „Sie haben mir nicht wehgetan und mir auch nichts Böses gewollt. Sie haben mich mit Aufmerksamkeit umgeben.“
  Die Irritation, das Befremden, ein Unwohlsein des Lesers hat Ted van Lieshout seinem Text eingeschrieben. Hat seinen Standpunkt behutsam der Positon der Gesellschaft angepasst. „Sex zwischen Erwachsenen und Kindern ist prinzipiell abzulehnen, weil nicht einzuschätzen ist, was der Schaden für das Kind ist oder sein wird.“ Doch es bleibt in dem Buch ein intensives Gefühl einer außerordentlichen Beziehung, es bleiben Erinnerungen, gefasst in starke poetische Sätze und in kraftvolle Bilder von Brigitte Püls. Eine Beziehung, die von den gewohnten, gesellschaftlich normierten Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen abweicht, die frei ist von den Beschränkungen, die ihre Rollen den Menschen auferlegen – die dominierende des Vaters vor allem. Der andere Mann, er trägt die Krone eines Königs, aber ohne Herrschaftsanspruch, „Also er war der Mann, der die Kinder stahl, / von den Eltern, für immer. Mich hat er nicht / gezwungen, oder? Die Augen eines Vaters // ohne Sohn, das Zimmer voller Geschichten? / Dahin wagte ich zu gehen. Er schlang / seine Arme um mich, wodurch ich ihn verstand, // und zeigte mir, dass der Unterschied / zwischen uns danach nie mehr war. / Ein Kind kann man nicht halten.“
FRITZ GÖTTLER
Ted van Lieshout: Sehr kleine Liebe. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Mit Illustrationen von Brigitte Püls. Susanna Rieder Verlag 2014. 56 Seiten, 13,95 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Irritiert und fasziniert ist Fritz Göttler von diesem ungewöhnlichen Jugendbuch, dessen Autor Ted van Lieshout die Ambivalenz einer (auch körperlichen) Liebe zwischen einem Zwölfjährigen und einem Erwachsenen so nuanciert schildert, wie es wohl nur jemand tun kann, der diese Erfahrung selbst gemacht hat. Basierend auf dieser Vorgeschichte und einem von Schuldgefühlen geprägten Brief, den der Erwachsene viele Jahre später dem mittlerweile ebenfalls erwachsenen Autor geschrieben hat, liest der Rezensent hier die Erinnerung an eine außergewöhnliche Beziehung, "gefasst in starke poetische Sätze und in kraftvolle Bilder von Brigitte Püls".

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