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Ich weiß nicht, ich habe zu viel Spaß daran, die Grenzen zu überschreiten. Mitten in einem Tennismatch überfällt einen jungen Mann, der sich der Arcano nennt, die Gewissheit, krank zu sein, nicht mehr weitermachen zu können wie bisher. Und bald weiß er: Er leidet an einer bipolaren Störung. In einem Prozess der Selbstvergewisserung begibt er sich an den Ort seiner Kindheit und Jugend, sucht Freunde, Verwandte und Menschen auf, die ihm helfen, saust nach oben und unten im alltäglichen Kampf mit den Mühen des Tages und den Furien der Nacht. Zwischen Größenwahn und Suizidphantasien switcht sich…mehr

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Produktbeschreibung
Ich weiß nicht, ich habe zu viel Spaß daran, die Grenzen zu überschreiten. Mitten in einem Tennismatch überfällt einen jungen Mann, der sich der Arcano nennt, die Gewissheit, krank zu sein, nicht mehr weitermachen zu können wie bisher. Und bald weiß er: Er leidet an einer bipolaren Störung. In einem Prozess der Selbstvergewisserung begibt er sich an den Ort seiner Kindheit und Jugend, sucht Freunde, Verwandte und Menschen auf, die ihm helfen, saust nach oben und unten im alltäglichen Kampf mit den Mühen des Tages und den Furien der Nacht. Zwischen Größenwahn und Suizidphantasien switcht sich der junge Kosmopolit, der alles schon gesehen hat, von einer Welt in die andere, vom Himmel zur Hölle und zurück. Switch ist das Zeugnis eines Lebens im Rausch der Geschwindigkeit, ein Ritt durch die Gedanken- und Bilderwelt eines jungen Mannes, sind: die Memoiren eines Sohnes aus gutem Hause.
Autorenporträt
Moret, Nikolas
Nikolas Moret, geboren 1973 in Buenos Aires als Sohn eines argentinischen Vaters und einer deutschen Mutter. Studium in England.Moret lebt heute als Berater, Schriftsteller und Filmemacher in San Sebastian. "Switch" ist sein erstes Buch.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2011

Ich ist ein Wanderer

Kindheit vorüber, Kind noch da: Nikolas Moret erkundet das postmoderne Leben als infantiles Selbstfindungsspektakel zwischen Medien und Müdigkeit.

Ja, man sollte mal wieder den Himalaja durchwandern. Oder sich mit der Spiritualität des Hinduismus befassen. Auch eine Reise durch Indonesien wäre nicht schlecht. Auf und davon, an irgendeinen dieser Orte, das wäre es jetzt. Welcher, tut kaum etwas zur Sache. Hauptsache, Tapetenwechsel, etwas anderes als Buenos Aires, das Einerlei des argentinischen Alltags. So richtig vertraut ist er zwar noch nicht, doch haben die Tage in der argentinischen Hauptstadt ihren Rhythmus bereits so verfestigt, dass es reicht, sie nicht mehr zu mögen. Abwechslung täte gut, egal, ob sie sich durch die Natur, die Religion, die Kunst oder die Börse ergäbe.

Der 1973 geborene deutsch-argentinische Autor Nikolas Moret hat zwar keinen sonderlich raffinierten, aber dennoch einen lesenswerten Roman über das Lebensgefühl der Postmoderne verfasst. Dass diese Postmoderne nach Auskunft zahlloser Zeitdiagnostiker längst schon wieder vorüber, die unbesorgte Spaßgesellschaft einem neuen Ernst gewichen sei, diese Behauptung ficht weder ihn noch seinen Protagonisten Arcano an. Vielleicht schon darum nicht, weil das Leben in dieser Spaßgesellschaft längst nicht so spaßig ist wie allgemein behauptet. Der Zeitvertreib zum Beispiel frisst erheblich größere Energien als konzentrierte Arbeit. Zeit lässt sich für eine Weile zwar erfolgreich vernichten. Aber dann fließt sie von neuem heran, und irgendwann streckt man die Waffen. Genau das ist der Punkt, an dem man sich geschlagen gibt, und zwar nicht ohne Bitternis. Das ist nicht ohne Pointe: Depression und Burn-out-Syndrom, deutet dieser Roman an, sind vielleicht nicht mehr als gescheiterte Versuche, ein allzu großes Kontingent überschüssiger Zeit kleinzukriegen.

Was sich alles tun lässt, um der Zeit Herr zu werden, das ist das große Thema dieses Romans, der nicht umsonst die Form eines Tagebuchs angenommen hat, genauer: einer Kaskade von insgesamt sechshundertzwanzig Einträgen, die sich all jenen Petitessen widmen, die dem Verfasser so durch den Kopf gehen - zeitgenössischen Varianten jenes gewaltigen ennui, an dem schon Baudelaire und andere unterbeschäftigte Flaneure des späten 19. Jahrhunderts litten. Ihnen könnte dieses Buch gewidmet sein, das vor allem ein Katalog jener künstlichen Paradiese ist, die man sich heranzüchtet, wenn man sonst nichts zu tun hat.

Allerdings beherrscht Nikolas Moret die Kunst der unterschwelligen Ironie, die seinen Roman davor bewahrt, in Pathos abzustürzen. Seinen Protagonisten Arcano inszeniert er als Idioten des Stadtlebens, der es konsequent versäumt, sich über die Gründe seiner Depression klarzuwerden. Stattdessen erscheint er als einer jener Zeitgenossen, denen Adorno es einst als Unverschämtheit ausgelegte, wenn sie von sich als "Ich" sprachen. Denn dieses Ich macht so ziemlich alles mit, was der Zeitgeist zu bieten hat: Es pflegt den Kult um gesunde Ernährung, der Müsli, Orangensaft nebst Kiwis und Bananen zwingend vorschreibt (aber gegen Verdauungszigaretten nichts einzuwenden hat). Es erkennt sich in Woody Allens Film "Matchpoint" und Sofia Coppolas Kinodrama "Lost in Translation" wieder; es atmet die Melancholie der Gedichte Robert Frosts und der Romane Jack Kerouacs. Es mag Labyrinthe, Mandalas, Kaleidoskope. Und es berauscht sich am Klang des zeitgenössisch aufgepeppten Altgriechischen: "Paradigma, Archetypus, Algorithmus, Katharsis, Homöostase, Kosmos". Auch Borges und Tarantino gehören zum guten Ton, auch sie längst Insignien eines globalen Bildungsbürgertums, das kaum mehr weiß, was es eigentlich soll mit seinem gepflegten Halbwissen. "Ich bin die ganze Zeit zeitlich am Limit und spüre, dass ich jederzeit explodieren könnte", resümiert der Erzähler seine Situation.

Nicht ausgeschlossen aber, dass eine andere Beobachtung es noch viel treffender auf den Punkt bringt: "Die Kindheit ist vorüber, aber das Kind ist noch da." Ein melancholisches Kind allerdings, das sich auch durch die zahlreichen Gaben von Prozac, Neuroleptika und Antidepressiva ebenso wie durch Ecstasy, Kokain und Marihuana nicht aufheitern lässt.

So ist Arcano ein Verwandter von Patrick Bateman, dem Helden von Bret Easton Ellis' "American Psycho". Anders als dem Nihilisten aus New York fehlt es dem Melancholiker aus Buenos Aires allerdings an krimineller Energie. Er verliert sich in seinen Aufzeichnungen, die erst gegen Schluss festere Konturen gewinnen. Mit der Form kehrt auch der Wille zurück. "Ich will mein Leben ohne die ständige Vorstellung leben, dass es immer noch eine letzte Fluchtmöglichkeit gibt", bekennt Arcano am Schluss. Das Resümee eines Menschen, der nicht weiß, was er will. Dass er trotzdem weitermacht, vielleicht ist das ja der Heroismus der Postmoderne.

KERSTEN KNIPP.

Nikolas Moret: "Switch".

Aus dem Spanischen von Anna-Sophia Buck. Weissbooks, Frankfurt am Main 2010. 440 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

All das kennt Kersten Knipp längst: Ein Patrick-Batemen-Double nur ohne das kriminelle Potenzial von Bret Easton Ellis' "American Psycho", ein Ennui aus gepflegtem Halbwissen, Langeweile, Drogen und zuviel Zeit. Knipp denkt an Baudelaire und seine künstlichen Paradiese und daran, dass die Postmoderne doch längst vorüber ist. Von wegen. Zumindest in Argentinien scheint die Spaßgesellschaft so richtig im Kommen. Dass Nikolas Moret sein Buch immerhin ohne Pathos, dafür mit Ironie grundiert, rechnet der Rezensent ihm an und macht das Buch für ihn schließlich doch noch zur unterhaltsamen Lektüre.

© Perlentaucher Medien GmbH