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In dem ihr eigenen, ganz direkten Stil erzählt Maria Beig ein Leben, das kurz nach dem 1. Weltkrieg anfängt und bis in die Gegenwart reicht. Dass es der Autorin eigenes Leben ist, dessen »Lebensweg« hier so lapidar geschildert wird, macht alles noch authentischer, zwingender. Der 2. Weltkrieg spielt diesem Leben mit. Konsequenzen einer Liebe verändern alles, was nach dem Krieg kommt. Immer wieder hätte alles anders kommen können. Doch weil es nicht anders kam, entsteht das Schicksal einer Frau, die als siebtes von mehr als einem Dutzend Kinder auf einen oberschwäbischen Bauernhof geboren wird…mehr

Produktbeschreibung
In dem ihr eigenen, ganz direkten Stil erzählt Maria Beig ein Leben, das kurz nach dem 1. Weltkrieg anfängt und bis in die Gegenwart reicht. Dass es der Autorin eigenes Leben ist, dessen »Lebensweg« hier so lapidar geschildert wird, macht alles noch authentischer, zwingender. Der 2. Weltkrieg spielt diesem Leben mit. Konsequenzen einer Liebe verändern alles, was nach dem Krieg kommt. Immer wieder hätte alles anders kommen können. Doch weil es nicht anders kam, entsteht das Schicksal einer Frau, die als siebtes von mehr als einem Dutzend Kinder auf einen oberschwäbischen Bauernhof geboren wird – mit allen Konsequenzen, die solch eine Geburt für ein Mädchen 1920 mit sich bringt. Erst jetzt, im hohen Alter, darf dieses Leben zu einem Ich finden und Dinge aussprechen, die lange ihr Geheimnis blieben. Und so begleiten wir die Figur, die Maria Beig heißt, auf ihrem weiten Weg zu sich selbst; wir begleiten dieses Leben, das ein Ich immer schon in sich trug, es jedoch immer wieder, um in der Welt weiter bestehen zu können, selbst zerstören musste. Das Erzählen ist bei ihr Erlösung und Einlösung zugleich: Maria Beig hat es schon immer verstanden, Geschichte so zu erzählen, dass vermeintlich kleine Schicksale zu großer Literatur wurden. Dieses Kunststück gelingt ihr nun beeindruckend auch mit ihrem eigenen Lebensweg.

»Maria Beigs Geschichten sind authentisch. Man will nicht, dass dieser Mitteilungsfluß abbricht, man will dieser ›Stimme‹ weiter zuhören.«
Die Zeit

»Bei ihr wird auf ruhige, ja schlichte Weise gesagt, was zu sagen ist: so ist es, so war es, so musste es sein.«
Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Die Freiheit nimmt sie sich: Im scharfen, schnellen Erzählen bekommen Lebensläufe Konturen, Verkettungen zwischen Generationen werden deutlich. Immer sind es der Lebenshunger und die Eigenwilligkeit weiblicher Hauptpersonen, die durch die Erzählungen führen... Wer Maria Beigs Romane schon kennt, findet in ›Ein Lebensweg‹ Hintergründe ihrer Entstehung und Gedanken über das Schreiben, lakonisch und humorvoll erzählt.«
Daniela Kletzke, Frankfurter Rundschau

»Unverblümt erzählt Maria Beig von den Mühen der Ausbildung zur Lehrerin, ehrlicher als viele ältere Menschen schildert sie die Verstrickung ihrer Generation in das nationalsozialistische System... und sie schreibt schmerzliche Geheimnisse auf. Ein bewegendes Lebenszeugnis. Hart, bedrückend, herb. Maria Beig beschönigt nichts. Sie zeigt einen Weg auf, die Mühen des Lebens zu ertragen, indem man sie erzählt. Beim Lesen wird man weiser.«
Oswald Burger, Südkurier

»Maria Beigs Sätze sind einfach, sperrig, spröde. Und doch fesseln ihre Erinnerungen. Unwillkürlich will der Leser diese tapfere Frau auf ihrem weiten Weg zu sich selbst begleiten. Ein kleines, feines Buch, das gerade in seiner Schlichtheit berührt.«
Christel Freitag, SWR2

»Maria Beig - bescheiden, sympathisch und hochbegabt. In ›Ein Lebensweg‹ berichtet sie in großer Offenheit, was in ›Rabenkrächzen‹ und ›Hochzeitslose‹ nur zwischen den Zeilen herauszulesen war: ›Ich habe alles verschweigen müssen, hab's auch vergessen wollen‹.«
Karin Wehrheim , Bodenseeradio (SWR)

»Maria Beig versteht die Kunst des Weglassens. Mit unfassbarer Lakonie beschreibt sie, wie sich das anfühlt, von der Familie verstoßen zu werden. Maria Beig hat ein sperriges Buch zu einem sperrigen Leben geschrieben, doch es atmet Glaubwürdigkeit aus jedem Satz.«
Schwäbisches Tagblatt

»Eine schmerzliche Auseinandersetzung mit der Heimat: Maria Beigs ›Ein Lebensweg‹ steht in der Spannung von Verwurzelung und Befreiung. Geradlinig, schlaglichtartig und spannungsvoll schildert die Schriftstellerin ihre Jugend: Hass war ihre erste Erinnerung und der wurde im Weiteren genährt, eröffnet Beig ihre Autobiographie mit dem eindrucksstarken Bild von der Großmutter, deren über den Kinderwagen gebeugter Kopf ihr die Sonne verdunkelt und auch sonst Schatten ins junge Leben wirft.«
Reutlinger General-Anzeiger
Autorenporträt
Maria Beig, geb. 1920, lebt in Friedrichshafen am Bodensee. Sie schrieb mehrere Romane und Erzählungen. 1983 erhielt sie den Alemannischen Literaturpreis und 1997 den Literaturpreis der Stadt Stuttgart.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.2009

Für das siebte Kind nur böse Blicke

Ein harter Lebensweg: Maria Beig ist eine Heimatschriftstellerin im besten Sinne. Und weil sie ohne jegliche Verklärung schreibt, wird sie auch als Nestbeschmutzerin beschimpft.

Hass sei die erste "Gefühlsregung", an die sie sich erinnere, schreibt die achtundachtzigjährige Maria Beig auf Seite eins ihrer Autobiographie "Ein Lebensweg". Hass, da war das siebente Kind von elf gerade viereinhalb Jahre. Von Anfang an fühlte es sich ungeliebt und den Geschwistern gegenüber benachteiligt: Zu klein, nicht schlank, und glänzende schwarze oder blonde Haare wie die Schwestern hatte es auch nicht. Der Vater ein kränklicher, glückloser Mann und manchmal ein unberechenbarer Tyrann, die Mutter weitaus die Stärkere, stets überfordert und doch bis zuletzt zuversichtlich. Wir kennen die Familie bereits aus dem ersten Roman "Rabenkrächzen", da hatten Brüder und Schwestern Namen, typische Eigenschaften und Schicksale, so dass wir sie auseinanderhalten konnten.

Jetzt steht das siebente Kind im Mittelpunkt. Es ist sein einzigartiger Lebensweg, auf dem die Geschwister es nur ein Stück weit begleiten, meist aber allein lassen. Deshalb bleiben sie namenlos, nur durch ihren Platz in der Reihenfolge ihrer Geburt gekennzeichnet. Nicht nur materielle Not und bedrängte Enge, vielmehr auch Einsamkeit und Sprachlosigkeit - Maria Beig hat sie erfahren und kann sie in ihrer eigenen kargen Sprache ausdrücken. Sie schreibt, wie sie vermutlich redet: kein Wort zu viel. Und doch wird alles, wie mit dem Meißel in Holz geschnitten, übersichtlich und deutlich. So hat man vor zweihundert Jahren auf dem Land in der Wohnküche beim Federlesen, vielleicht auch beim Leichenschmaus erzählt: aneinandergereihte Bruchstücke, die dann doch zu einem Ganzen zusammenwachsen und ein Panorama vom Leben auf dem Dorf ergeben, von der Familie mit ihren eigenen rücksichtslosen Gesetzen.

Der Vater konnte die große "War", so heißt Kinderschar auf Alemannisch, auf dem Berghof in Oberschwaben nur mühsam ernähren. Besser wurde es erst nach 1933. Die Angst, unter der Schuldenlast zusammenzubrechen, wurde endlich geringer. Deshalb, und weil jetzt viele Kinder zu haben eine Ehre war, bekam Hitler einen Ehrenplatz an der Wand in der Stube. Vom "Retter des Vaterlands" sprach der Vater, von den "schlimmen Dingen, die die Nazis treiben", wollte er nichts hören. In der Nähe war ein Heim, in dem alte Leute mit dem gelben Stern an ihren Kleidern untergebracht waren. Eines Tages waren sie weg, und niemand redete darüber. Als der Krieg ausbrach, verschwand das Führerbild, an einen Sieg hat der Vater nie geglaubt, die braune Uniform zog er nie wieder an. Das und die gefallenen Brüder und Verwandten ist schon fast alles, was Maria Beig über jene Zeit erwähnt.

Für sein siebentes Kind hatte der Vater nur "böse Blicke". Sie würde ohne Mann ihren Lebensunterhalt als Magd verdienen müssen, prophezeite er. Erst der Pfarrer konnte ihn überzeugen, dass die Tochter nicht dumm sei und durchaus fähig zu einer anderen Arbeit als im Stall und auf den Feldern. Sie wurde schließlich Lehrerin für Hauswirtschaft. Doch mit ihrem unehelichen Sohn durfte sie sich zu Haus nicht sehen lassen. Dass sie später noch geheiratet hat und zwei weitere Kinder bekam, hat er nicht mehr erlebt.

Im Gegensatz zum Vater, der nicht selten plötzlich zuschlug, aber auch gern den Sternenhimmel betrachtete, versuchte die Mutter zumindest, allen ihren Kindern gerecht zu werden; sie erzählte ihnen Geschichten, die sie in Groschenheften gelesen hatte, bei der Arbeit, beim Waschen oder Haarekämmen und wusste viele Sprichwörter. Zärtlichkeit hatte sie nicht für sie. Das Leben war zu hart, Gefühle verkümmerten. Das Dorf mit seinen Vorurteilen und seiner Rückständigkeit setzte die Maßstäbe. Nur den Stärksten aus der Geschwisterschar gelang die Flucht aus Not und Enge.

Maria Beig berichtet von einer Wirklichkeit, die wir nur aus ferner Vergangenheit kennen: Noch bevor der Vater gestorben war, trennten die Töchter seine guten Anzüge auf und nähten sich Kostüme für seine Beerdigung. Beim Begräbnis weinten sie dann, "wie es sich für einen viel zu früh verstorbenen Vater gehörte", und die Dörfler lobten die Mutter, wie "passend die Töchter gekleidet waren".

Erst nach ihrer Pensionierung, "rechtzeitig nicht frühzeitig", begann Maria Beig zu schreiben. Sie ist eine Heimatschriftstellerin im besten Sinne. Doch weil sie ihre Heimat und ihre Bewohner ohne jede Verklärung und Sentimentalität beschreibt, ist sie auch als Nestbeschmutzerin beschimpft worden. Ihre Bücher handeln nicht nur von der Not kinderreicher Bergbauern, vielmehr auch von der Zerstörung der Landschaft, vom Verlust von Bindungen und Traditionen. Krankheit - auch die eigene - und Tod lässt sie nicht aus. Das beschwerliche Altwerden, Depressionen, hart und lakonisch berichtet sie von dem, was sie genau kennt. Kein Wunder, dass sich mancher getroffen fühlt. Den Leser nimmt sie mit in ihre Wirklichkeit. Denn alles ist wahr. Das lässt keinen unberührt.

MARIA FRISÉ

Maria Beig: "Ein Lebensweg". Verlag Klöpfer & Meyer, Tübingen 2009. 161 S., geb., 17,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Höchst beeindruckt hat Rezensent Wilhelm Trapp dieses Buch über das Leben einer Bauersfrau gelesen, obwohl er sich nicht bis ins letzte den Zauber dieses Buches zu erklären weiß. Ist es die "schwebende Ruhe", die schon Adalbert Stifter mit höchster "Entschleunigungskunst" zu verdichten gewusst habe? Jedenfalls strahlt die Geschichte für ihn die "Wärme eines Sommertages" aus, ohne die Härte des Bauernlebens zu verkitschen oder zu beschönigen. Da spukt ein gewalttätiger, toter Vater, sterben Kinder, wird -wie man liest - der Friede des Brotbackens beschrieben. "Welch fantastisches Panorama einer schwäbischen Kindheit um 1930!", jubelt der Rezensent auch. In holzigen Sätzen, die den Figuren Individualität fast nur als Archetypen zugestehen würden, glänzt für ihn schließlich der "wesentlichste, außergewöhnlichste Charakterzug" dieses Buches auf: die Perspektive einer Welt, deren Leben sich "Tag für Tag für Jahr für Generationen" wiederhole und so etwas wie ein europäischer Urlebensentwurf sei, was für ihn dieses Buch auch zu einem Amalgam aus Belletristik, Sachbuch und Zeitgeschichte macht.

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