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George Oppen (1908-1984) gehört zu den einflussreichen Objectivists um Louis Zukofsky, die eng verbunden waren mit Ezra Pound, Hilda Doolittle und dem Umfeld des legendären Poetry Magazins Harriet Monroes. Gemeinsam mit Zukofsky und W. C. Williams gründete er 1933 in New York die Objectivist Press, in der 1934 auch sein eigener Debütband erschien. Die extreme Armut großer Teile der Bevölkerung während der Depressionsjahre und die Ausbreitung des Faschismus in Europa führten zu einer zunehmenden marxistischen Politisierung Oppens. Unwillens politische Propagandalyrik zu verfassen, gab er die…mehr

Produktbeschreibung
George Oppen (1908-1984) gehört zu den einflussreichen Objectivists um Louis Zukofsky, die eng verbunden waren mit Ezra Pound, Hilda Doolittle und dem Umfeld des legendären Poetry Magazins Harriet Monroes. Gemeinsam mit Zukofsky und W. C. Williams gründete er 1933 in New York die Objectivist Press, in der 1934 auch sein eigener Debütband erschien. Die extreme Armut großer Teile der Bevölkerung während der Depressionsjahre und die Ausbreitung des Faschismus in Europa führten zu einer zunehmenden marxistischen Politisierung Oppens. Unwillens politische Propagandalyrik zu verfassen, gab er die Dichtung für über dreißig Jahre auf, trat der kommunistischen Partei bei und organisierte Arbeiterstreiks und Demonstrationen, bei denen er und seine Frau verhaftet wurden. 1942 meldete er sich freiwillig für die Armee und kämpfte u. a. in den Ardennen.. Nach dem Krieg floh das Ehepaar Oppen vor den McCarthy-Verfolgungen nach Mexiko und betrieb dort eine Schreinerei. Erst 1958 konnten sie in die USA zurückkehren und Oppen begann die Arbeiten an seinem zweiten Gedichtband "The Materials/Die Rohstoffe", der 1962, fast drei Jahrzehnte nach seinem Erstling erschien. Bis zu seinem Tod erschienen noch vier weitere Bände, 1969 wurde ihm der Pulitzer Preis verliehen. "Die Rohstoffe" ist die erste Buchveröffentlichung von Gedichten George Oppens in Deutschland. Der Band erscheint zweisprachig in der Übertragung von Norbert Lange und Susanna Mewe. Das Nachwort stammt von der Oppen-Expertin Rachel Blau DuPlessis.
Autorenporträt
Norbert Lange, geboren 1978 in Gdingen/Polen, lebt als freier Autor, Herausgeber und Übersetzer aus dem Englischen in Berlin. Er kam in den Achtzigerjahren mit seinen Eltern nach Deutschland und wuchs im Rheinland auf. Er studierte von 1999-2001 Kunstgeschichte, Philosophie und Judaistik in Berlin, dann Literatur am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Er ist Gründungsmitglied der Lyrikknappschaft Schöneberg und Redakteur der Literaturzeitschrift radar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.01.2013

Die lockere Mechanik der Welt

Kriegsfreiwilliger, Kommunist, Exilant, Lyriker und radikaler Sprachskeptiker: Mit dem zweisprachigen Gedichtband "Die Rohstoffe" ist der amerikanische Poet George Oppen zu entdecken.

Kein amerikanischer Lyriker des zwanzigsten Jahrhunderts hat seine Wiederentdeckung so verdient wie George Oppen (1908 bis 1984). In der Regel erweitert der übliche Anlass für das Erscheinen neuer primärer oder sekundärer Werke - ein runder Geburts- oder Todestag - den Stand der Kenntnis nur marginal und verändert den sichtbaren Rang eines Autors nicht. Im Falle Oppens jedoch hat die Flut von angelsächsischen Publikationen in den letzten Jahren viele Facetten freigelegt und den Dichter endlich als Zentralfigur der amerikanischen Poesie der Moderne etabliert.

Mit Gleichgesinnten wie Louis Zukofsky und Charles Reznikoff begründete er in den dreißiger Jahren den "Objektivismus", eine Bewegung, die den Imagismus weiterentwickeln wollte und dem Gedicht Dingqualität zugestand: Verse, so die Objektivisten, existieren in sich und für sich. Gerade weil sie mitnichten die Gefühle und Meinungen des Verfassers transportierten, träfen sie gültige Aussagen über das, was uns umgibt. In den Vordergrund rückten Einfachheit, Klarheit und Kürze, indes formale Struktur, Reim, Metapher und Bild weniger wichtig wurden.

Oppen verlegte William Carlos Williams und Ezra Pound, reüssierte mit eigener Dichtung, entschloss sich aber Mitte der dreißiger Jahre, das Schreiben einzustellen. Für ihn waren die Auswüchse des Kapitalismus und das Heraufziehen des Faschismus äußerste Bedrohungen der wahren amerikanischen Demokratie. In diesem Klima traute er dem Gedicht kaum noch eine Wirkung zu. Und so wurde er jahrelang zum aktiven Kommunisten, bevor er nach freiwilligem Kriegseinsatz in Frankreich aus Angst vor Joseph McCarthys Schergen 1950 nach Mexiko emigrierte. Erst fast zehn Jahre später kehrte er zurück und begann wieder vermehrt zu dichten.

Die erste Kollektion seiner während der sechziger und siebziger Jahre veröffentlichten Lyrik hieß "The Materials". Unter dem Titel "Die Rohstoffe" ist der Band nun zweisprachig im verdienstvollen Wiesbadener Verlag Luxbooks erschienen. Erstmals wird damit die neben "Primitive" wichtigste Auslese Oppens auf Deutsch zugänglich. Norbert Lange hat einfühlsam übersetzt und wie auch Paul Auster ein erhellendes Nachwort geliefert; ferner hat Lange zu den rund vierzig, selten mehr als eine Seite umfassenden Poemen detailreiche Anmerkungen beigesteuert, die vertiefte Einblicke in seine eigene Werkstatt und in Oppens Schaffen bieten.

"Die Rohstoffe" reflektieren den - mitunter eben doch subjektiven und illustrativen - Ansatz des Pulitzerpreisträgers von 1969 in konzentrierter Weise. Man merkt den Zeilen an, dass ihr Schöpfer, der nichts und niemandem so sehr misstraute wie der Sprache, alles immer wieder überarbeitete, um es zu verknappen. Gegenstände, Namen, Momente tauchen nur blitzartig auf und sind verwoben in Meditationen über das Menschsein, Geschichte und Natur. Es ist, als vernehme man ein Rufen jedes einzelnen Gedichts: Ich bin so, wie ich bin, war stets von dieser Gestalt und werde daher relevanter Teil dieser Sphäre bleiben. Schau mich an, auch ich bin du!

Oppens Skepsis gegenüber Neuerungen im Arbeitsleben kommt nirgend-wo besser zum Ausdruck als im fünfstrophigen Gedicht mit dem Titel "Abbild der Maschine", wo von einem "heißen Klotz" die Rede ist, der verzahnt ist "in die lockere Mechanik der Welt mit klappernden Ventilen". Die Kriegserfahrungen in den Ardennen, wo Oppen nach Beschuss als Einziger in einem verschütteten Graben nicht umkam, artikuliert am nachhaltigsten "Überleben: Infanterie". "Woher waren all diese Steine gekommen? / Und die Spuren von Explosivem / Eisen das im Schlamm steckt." Die Angst vor totaler Vernichtung durch nukleare Energie vermittelt "Die übervölkerten Länder der Bombe": "Gehen in den Bunker, / Die Jungen und die Alten, / Einander über Rücken und Schultern // Betreten dasjenige Land, das / Unantastbar uns gehört."

Oppen schreibt Gedichte über seine geliebte Heimat New England ("Geburtsort: New Rochelle") oder zu Booten ("Produkt", "Sturmbö") sowie über seine Abneigung gegenüber sozialem Wohnungsbau ("Aus Unglück") und Massentransportmitteln ("Vulkan"). Anspielungen auf Vergil, Chaucer, Shakespeare, Donne, Hobbes, Whitman oder Yeats machen die unscheinbar daherkommenden Gedichte bisweilen zu vielschichtigen Rätseln. Erinnerungen an Mexiko oder England schließlich ergänzen das Nachdenken über amerikanische Verhältnisse und offenbaren einen Mann, der in Dasein und Kunst bis zu seinem Tod unterwegs war - besorgt, aber nie verzweifelt; ernst, aber nie verbissen; experimentell, aber nie unzugänglich. Willkommen diesseits des Atlantiks, Mr Oppen!

THOMAS LEUCHTENMÜLLER.

George Oppen: "Die Rohstoffe". Gedichte.

Aus dem Englischen von Norbert Lange. Nachwort von Paul Auster. Luxbooks, Wiesbaden 2012. 140 S., br., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Thomas Leuchtenmüller heißt den amerikanischen Dichter George Oppen herzlich diesseits des Atlantiks willkommen. Es hatte in den vergangenen Jahren zahlreicher Publikationen im angelsächsischen Raum bedurft, um Oppen seinem Einfluss entsprechend zu würdigen, erklärt der Rezensent. Mit "Die Rohstoffe" (im Original: "The Materials") ist dank der Übersetzung Norbert Langes nun eines der wichtigsten Bücher des Dichters erstmals auf Deutsch verfügbar, freut sich Leuchtenmüller. Es war nach der Rückkehr aus dem mexikanischen Exil entstanden, wohin der bekennende Kommunist vor McCarthy geflohen war. "Einfachheit, Klarheit und Kürze", das sind die Maximen des Objektivismus, denen Oppen sich verpflichtet fühlte, begründet durch ein tiefes Misstrauen gegenüber der Sprache, erklärt der Rezensent. Doch auch gegenüber Neuerungen im Arbeitsleben zeigt sich Oppen skeptisch, etwa im Gedicht "Abbild der Maschine" über einen "heißen Klotz", der verzahnt ist "in die lockere Mechanik der Welt mit klappernden Ventilen". Wichtiger war lange keine Wiederentdeckung, meint Leuchtenmüller.

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