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Es gibt zwei Arten Liebe. Eine Liebe auf den ersten Blick, und eine auf den zweiten, eine kompliziertere Art der Liebe. Die Gedichte Paul Celans lösen in ihren Lesern jene zweite Art Liebe aus, die der Dichter selbst einmal "zwangsjackenschön" nannte. Eine Liebe, die verdient, erarbeitet, manchmal auch erkämpft sein will. Insofern gleicht sie der Landschaft der Bretagne, ihren spröden Schönheiten, ihren verschlossenen Bewohnern, ihren jahrtausendealten Geheimnissen. Von Paul Celan, von der Bretagne und von der Liebe erzählt dieses außergewöhnliche Buch. Es ist eine Anleitung, wie man Gedichte…mehr

Produktbeschreibung
Es gibt zwei Arten Liebe. Eine Liebe auf den ersten Blick, und eine auf den zweiten, eine kompliziertere Art der Liebe. Die Gedichte Paul Celans lösen in ihren Lesern jene zweite Art Liebe aus, die der Dichter selbst einmal "zwangsjackenschön" nannte. Eine Liebe, die verdient, erarbeitet, manchmal auch erkämpft sein will. Insofern gleicht sie der Landschaft der Bretagne, ihren spröden Schönheiten, ihren verschlossenen Bewohnern, ihren jahrtausendealten Geheimnissen. Von Paul Celan, von der Bretagne und von der Liebe erzählt dieses außergewöhnliche Buch. Es ist eine Anleitung, wie man Gedichte und Landschaften liest, und ein Buch über die Liebe - die Liebe zwischen einem mittellosen deutschsprachigen Ostjuden und einer Tochter aus dem französischen Hochadel, die Liebe zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, die Liebe zwischen Leser und Dichter. Trébabu war ein Ort außerhalb der Zeit. Ende 1960 bat Gisèle Celan-Lestrange, die Frau des Lyrikers Paul Celan, ihren Mann, zusammen mit ihr Paris für mindestens ein Jahr zu verlassen und in die Bretagne zu gehen. Man weiß von diesem Aufenthalt nicht viel. Celan schrieb dort einen Zyklus von Gedichten, der von den Heerscharen akademischer Interpreten eher ratlos links liegen gelassen wurde. Die Bretagne muss für ihn eine seltene Zuflucht gewesen sein - ein Geheimnis. In Helmut Böttigers Erzählung wird die Bretagne Celans zur Bretagne des Jahres 2006, und die heute, in der Gegenwart dort lebenden und sprechenden Menschen tragen ihren Teil zur Erhellung und Umkreisung des Geheimnisses bei.

"Es ist die Liebe - eine äußerst umstrittene Sache -, die mir diese Zeilen diktiert." Paul Celan
Autorenporträt
Helmut Böttiger, geboren 1956, war viele Jahre Kulturredakteur bei großen Tageszeitungen und lebt als freier Autor und Kritiker in Berlin. Der promovierte Germanist hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und kuratierte mehrere Literatur-Ausstellungen. 1996 erhielt er den Ernst-Robert-Curtius-Förderpreis für Essayistik. Er lehrte als Gastprofessor für Literaturkritik an der Georg-August-Universität Göttingen und gehört verschiedenen Jurys an, unter anderm der SWR-Bestenliste mit Buch-Empfehlungen. 2012 wurde er mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2007

Der Himmel über der Bretagne
Alles grau in grau: Helmut Böttiger reist Celan nach

Im Entstehungszeitraum seines 1963 veröffentlichten Gedichtbandes "Die Niemandsrose" stand der Büchner-Preisträger Paul Celan im Spannungsfeld von öffentlicher Anerkennung als bedeutender Dichter und der sogenannten Goll-Affäre, in deren Rahmen ihn die Witwe Ivan Golls beschuldigte, Gedichte ihres Mannes Ivan Goll plagiiert zu haben. Celan zog sich, getroffen von diesen Anschuldigungen, mit seiner Frau für längere Zeit aus Paris in die Bretagne zurück.

Mit seiner Erzählung "Wie man Gedichte und Landschaften liest. Celan am Meer" geht der Berliner Journalist und Autor Helmut Böttiger nicht zum ersten Mal auf Reisen, um Orte aufzusuchen, die für den Lyriker Paul Celan von besonderer Bedeutung waren. 1996 hatte Böttiger eine Studie über "Orte Paul Celans" vorgelegt; nun fügt er mit "Wie man Gedichte und Landschaften liest" den Kapiteln des Vorgängerbandes mit Stationen in Czernowitz, Bukarest, Wien, Paris und Freiburg ein weiteres hinzu. Er reist in die Bretagne, wo sich das Ehepaar Celan seit 1952 mehrmals aufgehalten hatte und wo im Zuge der Flucht vor Aufregung, welche die Goll-Affäre ausgelöst hatte, zwischen Juli und September 1961 die zehn Gedichte des dritten der vier Zyklen von "Die Niemandsrose" entstanden.

Die Herbheit und Weite der bretonischen Landschaft, die Eigenheiten ihrer Bewohner und die Bedeutung der Nähe zum Meer für die dort verfassten Gedichte Celans schildert Böttiger auf der Suche nach den Spuren dieses Aufenthaltes. Das kleine Haus im Park des versteckten Schlosses Kermorvan, in dem die Celans Quartier genommen hatten, der von Celan "heiter" genannte Himmel in seinem unergründlichen Grau, seltsame Naturphänomene wie das des Menhir von St. Renan sind für den Reisenden nicht immer leicht aufzufinden, die Spuren Celans häufig schon von der Zeit verwischt.

Mit seiner Spurensuche verfolgt Böttiger ein aufwendiges, methodisch nicht unproblematisches Projekt. Seine Reiseerzählung weist über die Beschreibungen zentraler Plätze und Sehenswürdigkeiten im Stil eines literarischen Reiseführers hinaus. Der Versuch, die eigene Annäherung an die Orte zu reflektieren, das Vorgefundene mit Celans Biographie und dessen Werk zu verschränken und das Entdeckte in Interpretationen von Gedichten zu integrieren - im vorliegenden Fall hauptsächlich die vier Gedichte "Le Menhir", "Kermorvan", "Die hellen Steine" und "Nachmittag mit Zirkus und Zitadelle" -, weisen Böttiger zwar als einen Kenner der Materie aus, der den Kontext für die entstandenen Gedichte und die bereiste Landschaft anschaulich darzustellen weiß. Die Ausrichtung der Suche an Celans poetologischen Prämissen aus dessen in zeitlicher Nähe zu dem Bretagne-Aufenthalt verfasster Büchnerpreis-Rede und Böttigers an Celans Ton angelehnte Sprache geben dem Buch aber etwas Verklärendes und Verschleierndes, wodurch die Grenze zwischen Beobachter und Beobachtetem verwischt wird.

Wieso sollte Celan es "geahnt" haben, dass "das Grau, das in seinen Texten häufig vorkommt, sich in der Bretagne verdichtet?" Was hat man sich unter einem "unnachvollziehbaren Tal" vorzustellen? Die um Anschaulichkeit bemühte Beschreibung erzeugt neue Ratlosigkeiten.

Böttigers Versuch, sich durch eine poetische Sprache und den Verzicht auf Fußnoten von einem konventionelleren philologischen Verfahren des Lesens zu lösen, legt hier eine Leichtigkeit des Gedicht-Verständnisses nahe, die ohne die zahlreichen und oft sperrig zu lesenden Vorarbeiten der Celan-Philologie ja gar nicht denkbar gewesen wäre. Die Entscheidung des Autors, seine Überlegungen in Form einer Erzählung zu präsentieren, gibt ihm die Freiheit, die Erkenntnisse und Ergebnisse seiner vorangegangenen Studien in assoziativer Weise zu präsentieren.

Wer "Orte Paul Celans" gerne gelesen hat, wird jedoch auch "Wie man Gedichte und Landschaften liest" schätzen. Den Charakter einer Anleitung zum besseren Verständnis von Celans Lyrik, den der Titel nahelegt, möchte man dem allzu oft in raunendem Ton verfassten Band aber nur bedingt zusprechen.

BEATE TRÖGER

Helmut Böttiger: "Wie man Gedichte und Landschaften liest". Celan am Meer. marebuchverlag, Hamburg 2006. 156 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit diesem Buch über Paul Celans Zeit in der Bretagne begibt sich Helmut Böttiger schon zum zweiten Mal auf die Suche nach bedeutsamen Orten für den Lyriker und dessen Werk, teilt Beate Tröger mit. Sie würdigt den Autor als ausgewiesenen Celan-Kenner und bescheinigt ihm, bei der Abschreitung der Orte den biografischen Hintergrund "anschaulich" zu schildern. Dennoch erscheint ihr die Methode Böttigers zumindest problematisch, weil er sich durch Annäherung und Einfühlung Aufschluss über die Gedichte erhofft. Böttiger findet sich so weit in den spezifischen Ton Celans ein, dass seine Landschaftsbeschreibungen und die daraus resultierenden Gedichtinterpretationen häufig etwas Raunendes bekommen, was die Rezensentin stört. Ob die poetische Annäherung wirklich zum besseren Verständnis von Celans Gedichten beiträgt, hält Tröger zumindest für zweifelhaft, sie glaubt aber immerhin, dass Freunde von Böttigers erstem Buch auch diesem Band viel abgewinnen können werden.

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