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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ingeborg Harms ist bitter enttäuscht. Nicht von Theodore Dreisers Romanklassiker - Gott bewahre, den liebt sie und dem widmet sie an dieser Stelle eine mitreißende Lobrede, in der sie einerseits seinen kanonischen Status bekräftigt und andererseits darauf hinweist, dass "Schwester Carrie" außer Naturalismus und der journalistisch fundierten literarischen Erfassung der aufschießenden Metropole und ihrer von Begierden gelenkten Bewohner noch viel mehr zu bieten hat: "Da sind der fromme Silberblick auf die Eitelkeit alles Irdischen und das Schillersche Epos der vom Ideal unwiderstehlich angezogenen Kreatur, das faustische Irren auf dem rechten Wege und die romantische Mär von der Unschuld im freien Fall." Erzählt wird die Geschichte einer Provinzschönheit, die durch die Ehe mit einem Bigamisten nach New York gelangt, später ihren Mann verlässt und als Schauspielerin am Broadway Karriere macht. Der Roman geht weit über die Vorgaben des Naturalismus hinaus, so Harms, doch leider bleibe der Verlag mindestens ebenso weit hinter den Möglichkeiten zurück, die eine solche Neuausgabe zu bieten hätte. Denn "Schwester Carrie", informiert Harms, ist bereits in seiner amerikanischen Erstauflage vom Verlag zerrupft und zensiert worden, und alle deutschen Übertragungen haben sich diese Mängel angeeignet - so auch diese. Chance vertan. Also: "Ein Hoch auf jeden Verlag, der Klassiker aus der Versenkung holt, und Wehgeschrei über jeden, der dies lieb- und achtlos tut."

© Perlentaucher Medien GmbH
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