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In seinem neuen Buch blickt Zygmunt Bauman hinter die Kulissen unserer globalisierten Gegenwart. In seinem neuen Buch blickt Zygmunt Bauman hinter die Kulissen unserer globalisierten Gegenwart. Seine These trifft den Kern der neuzeitlichen Rationalität: Ein – wenn nicht sogar das zentrale – Ergebnis von Modernisierungsprozessen besteht in der Exklusion von Menschen aus den sozialen, nationalstaatlichen und kulturellen Zusammenhängen. Ortlose Migranten, Flüchtlinge und für »überflüssig« gehaltene Menschen – in ihrem Schicksal manifestiert sich die Tatsache, daß die Entwicklung der modernen…mehr

Produktbeschreibung
In seinem neuen Buch blickt Zygmunt Bauman hinter die Kulissen unserer globalisierten Gegenwart. In seinem neuen Buch blickt Zygmunt Bauman hinter die Kulissen unserer globalisierten Gegenwart. Seine These trifft den Kern der neuzeitlichen Rationalität: Ein – wenn nicht sogar das zentrale – Ergebnis von Modernisierungsprozessen besteht in der Exklusion von Menschen aus den sozialen, nationalstaatlichen und kulturellen Zusammenhängen. Ortlose Migranten, Flüchtlinge und für »überflüssig« gehaltene Menschen – in ihrem Schicksal manifestiert sich die Tatsache, daß die Entwicklung der modernen Gesellschaften in ökonomischer und politischer Hinsicht nicht etwa in der Integration aller besteht. Ganz im Gegenteil: Die Moderne wirkt sich höchst selektiv aus; Deprivation ist ihr besonderes Kennzeichen. Bauman zeigt auf, wie Exklusion mit der Modernisierung und Globalisierung einhergeht. Wenn die gesamte Welt von der ökonomischen Rationalität erfaßt ist, existiert kein Ort mehr, der die wirtschaftliche »Freisetzung« oder kulturelle »Entwurzelung« von Menschen auffangen kann, und die Konsequenzen des sogenannten Fortschritts werden weltweit spürbar. Auf lokaler Ebene manifestiert sich dann die Notwendigkeit, Lösungen für global produzierte Probleme zu finden – ein Projekt ohne große Erfolgschancen, so scheint es. Tatsächlich hat, so Bauman, die kulturelle Logik der globalen Modernisierung etwas vom Orwellschen »Big Brother« – nicht im Sinn der Gleichschaltung von Menschen, sondern in der Anmaßung, zu bestimmen, wer gebraucht wird, wer dazugehört und in einem Staat leben darf und wer nicht. Aus dieser Logik speisen sich Ängste, die beispielsweise Begegnungen mit »asylsuchenden« Immigranten ebenso prägen wie diffuse sicherheitspolitische Befürchtungen, die das staatliche Gewaltmonopol in diskriminierende Maßnahmen für bestimmte Bevölkerungsgruppen ummünzen. Nach seinen Büchern über das »Unbehagen in der Postmoderne« und »Die Krise der Politik« liefert Bauman mit »Verworfenes Leben« einen weiteren scharfsinnigen Beitrag über die Ambivalenzen der Moderne und trägt so zu einem besseren Verständnis der Grundlagen unserer Gesellschaft bei.
Autorenporträt
Zygmunt Bauman (1925-2017) war von 1972 bis 1990 Professor für Soziologie an der Universität Leeds.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.12.2005

Revolte der Entsorgten
Das Buch zum Aufstand der Vorstädte: Der Soziologe Zygmunt Bauman studiert den Menschenmüll der Moderne
Der französische Innenminister Nicolas Sarkozy bezeichnete die unlängst randalierenden Jugendlichen in den Pariser Vororten als „Gesindel” - der Soziologe Zygmunt Bauman nennt sie „Abfall”. Anders als Sarkozy will Bauman Migranten, Heimatlose und Asylbewerber in seiner Studie „Verworfenes Leben” freilich nicht abwerten. Er spricht von ihnen aus anderem Grund als „menschlichem Abfall aus fernen Winkeln des Planeten, der in ,unserem Hinterhof‘ abgeladen wurde”.
Der Grund lautet: Bisher konnten sich die europäischen Gesellschaften die hässlichen wie unvermeidlichen Nebenprodukte ihrer Modernisierung vergleichsweise leicht vom Hals schaffen. Gegen die Arbeitslosigkeit schickten sie Heere „überflüssiger Menschen” nach Amerika, gegen die Kriminalität verschifften sie Häftlinge nach Übersee, und den Rohstoffhunger ihrer modernen Fabriken sättigten die Kolonien. Doch die Zeit, in der lokale Probleme auf diese Weise global gelöst werden konnten, ist vorbei, so Baumans These: „Unser Planet ist voll”, die Ausweichräume seien verschwunden, denn inzwischen habe die Moderne den ganzen Erdball erfasst. Die Opfer dieser Entwicklung strömten nun in die westlichen Vorstädte zurück. Dort gäre der menschliche Abfall vor sich hin, von den Innenstädten ebenso fern gehalten wie von der Mitte der Gesellschaften.
In Paris sind die Gärgase kürzlich explodiert. Baumans Studie nach zu urteilen, bedeuten die Ausschreitungen aber keine wirkliche Krise der Politik. Im Gegenteil scheint Bauman überzeugt, dass Nationalstaaten in der Spätmoderne globale Probleme ohnehin bevorzugt lokal angingen, also lieber den Ghetto-Freibeuter verhafteten als gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen: „Es ist viel opportuner, den Staatsfeind Nummer eins unter den Bewohnern der banlieues auszumachen. Vor allem aber bringt es weniger Ärger mit sich.” Die Aufrüstung gegen den vorgeblichen Feind im Innern helfe den Staatsorganen sogar, ihre zunehmende Ohnmacht gegenüber den Zwängen des Weltwirtschaftssystems zu verdecken.
Dieser Gedanke nährt sich freilich von Thesen jener linken Populisten, die jede über-nationale Strategie gegen die Verflüchtigung des Einflusses der Politik entweder ignorieren oder selbst als Ausgeburt des Kapitalismus diffamieren. Dabei steht Baumans Argument schon die Realität der Europäischen Union entgegen, dem sichtbarsten postnationalen Projekt der Spätmoderne. In den vergangenen zwanzig Jahren haben hier Staaten beträchtliche Befugnisse ihrer Polizeien an europäische Organisationen abgegeben. Ist der Kriminelle den Nationalstaaten wirklich ein willkommener Anlass, eigentlich verlorene Handlungsmacht zu demonstrieren? Dann hätten sie zu seiner Bekämpfung wohl kaum Souveränitätsrechte aus dem Kernbereich ihrer staatlicher Gewalt aufgegeben. Zumindest verweist dieser Einwand auf die Frage, was Baumans Theorie moderner Nationalstaaten zur Praxis ihrer europäischen Einigung sagen kann.
Weil die Vorreiter der Moderne den produzierten Ausschuss nicht länger deportieren können, werden sie auf ihre eigene Ambivalenz zurückgeworfen. Allein, anders als Baumans Studie suggeriert, entledigte sich die Moderne niemals allen „menschlichen Abfalls” auf dem Wege des Exports. Darauf hat Bauman in seinem früheren Buch „Moderne und Ambivalenz” selbst hingewiesen.
Dort stellte er fest, dass die Etablierten den Ambivalenzdruck zunächst mittels antisemitischer Diffamierungen auf die ortsansässigen Juden umlenkten. Baumans metaphernreicher Gedankenstrom reißt den Leser zuweilen mit in Gewässer, wo das eingängige Bild mehr zählt als das Argument. Schon allein deshalb tut der Leser gut daran, Baumans neue Studie parallel mit eben jenem grundlegenden Werk „Moderne und Ambivalenz” zu lesen, das der Verlag gleichzeitig als Taschenbuch herausbringt.
Zu Recht sieht Bauman in den Kindern der Migranten die Parias der Gegenwart. Die Alternative zu Drogendeals heißt für sie höchstens eine Karriere in der Innenstadt - als Müllmann. Wenn die Ausgegrenzten nun Autos abfackeln, lässt sich das als - selbstredend unzulänglicher - Versuch verstehen, sich spür-, sicht- und damit letztlich berührbar zu machen. Bauman, der Meister des metaphorischen Vergleichs, mag manche Analyse oberflächlich begründen. Der Wucht seines Denkens, vermag man sich freilich kaum zu entziehen. STEFFEN KRAFT
ZYGMUNT BAUMAN: Verworfenes Leben. Die Ausgegrenzten der Moderne. Aus dem Englischen von Werner Roller. Hamburger Edition HIS Verlagsgesellschaft, Hamburg 2005. 200 Seiten, 20 Euro.
ZYGMUNT BAUMAN: Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit. Aus dem Englischen von Martin Suhr. Hamburger Edition HIS Verlagsgesellschaft, Hamburg 2005. 451 Seiten, 18 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Einen zwiespältigen Eindruck hat Zygmunt Baumanns Buch über den menschlichen "Abfall", den die Globalisierung, erzeugt, bei Michael Adrian hinterlassen. Das hat für ihn vor allem damit zu tun, dass das Buch sich in zwei Stränge aufspaltet. Der eine Strang, in dem Baumann eine polemische Theorie vom Wesen und der Entwicklungslogik der Moderne entwickelt, findet Adrian schlicht "quälend". Er hält dem Autor einen "Lehnstuhl-Negativismus" vor und kritisiert nicht nur, dass sich seine Theorie, eine Version der Dialektik der Aufklärung, aus den Stereotypien der Vernunft-Kritik zusammensetzt, sondern auch, dass es ihr an "soziologischem Fleisch" fehlt. Der zweite Strang fällt zu seiner Erleichterung konkreter aus, ist dann doch wirklich von dem "verworfenen Leben" des Titels, dem "menschlichen Abfall" die Rede. Er rechnet es Baumann hoch an, dass es ihm hier auch gelingt, den Leser aus seiner westlich-patriarchalischen Mitleidsperspektive heraus zu holen und "die sich in Migrationsströmen äußernden Ansprüche der Armen als billige und gerechte Forderungen sehen zu lassen."

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