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Nick Tosches gehörte Anfang der siebziger Jahren zu den jungen Autoren, die mit ihrem subjektiven, literarisch geprägten Gonzo-Stil den Musikjournalismus veränderten. Bekanntheit erlangte er mit Biografien von Jerry Lee Lewis und Dean Martin, in denen er die dunklen Seiten des amerikanischen Showbiz ans Licht bringt. Der vorliegende Band vereint Artikel und Reportagen, auf denen Nick Tosches Ruf als Kultautor gründet. So deckt er beispielsweise die geistige Verwandtschaft zwischen William Burroughs und J. Edgar Hoover auf oder geht der Frage nach, ob Muddy Waters etwas mit Mia Farrow hatte. Er…mehr

Produktbeschreibung
Nick Tosches gehörte Anfang der siebziger Jahren zu den jungen Autoren, die mit ihrem subjektiven, literarisch geprägten Gonzo-Stil den Musikjournalismus veränderten. Bekanntheit erlangte er mit Biografien von Jerry Lee Lewis und Dean Martin, in denen er die dunklen Seiten des amerikanischen Showbiz ans Licht bringt. Der vorliegende Band vereint Artikel und Reportagen, auf denen Nick Tosches Ruf als Kultautor gründet. So deckt er beispielsweise die geistige Verwandtschaft zwischen William Burroughs und J. Edgar Hoover auf oder geht der Frage nach, ob Muddy Waters etwas mit Mia Farrow hatte. Er verteidigt die Readers-Digest-Ausgabe der Bibel und begibt sich auf die Suche nach der letzten Opiumhöhle Amerikas. Las Vegas erklärt er zur Heiligen Stadt und New Mexico zum Eldorado für Männerselbsthilfegruppen. Egal, welches Thema Nick Tosches aufgreift, »es gibt keinen besseren Führer, wenn es über die Schlachtfelder der amerikanischen Gesellschaft geht«. (THE TIMES)
Autorenporträt
Nick Tosches, 1949 als Sohn eines Barkeepers in New Jersey geboren, wächst in einer Umgebung auf, "in der es keine Bücher, aber viele Buchmacher gab". Mit vierzehn geht er von der Schule ab und arbeitet zunächst als Kellner. Später findet er in einem New Yorker Unternehmen für Damenunterwäsche eine Stelle als Grafiker. 1972 setzt er sich Hals über Kopf nach Florida ab, wo er in den folgenden Jahren u.a. als Schlangenfänger für das Serpentarium in Miami tätig ist. Nachdem er von einer Schlange ins Bein gebissen wird, beschließt er, nach New York zurückzukehren und fortan als Kritiker selbst Gift zu verspritzen. Heute zählt Nick Tosches zu den bekanntesten Autoren Amerikas. Seine Biografien und Romane erreichen Bestsellerauflagen, er schreibt regelmäßig für Vanity Fair, Esquire und das Rolling Stone Magazine.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2007

Der Kuhmist in der Kennernase
Nick Tosches ist lässig, überlegen – und gewiss der gebildetste Vertreter des amerikanischen „New Journalism”. In Europa ist der Schriftsteller und Reporter, wie eine Auswahl von jetzt übersetzten Texten zeigt, noch zu entdecken
Zu Beginn der Reportage über seine Suche nach der letzten Opiumhöhle, die den Band „Muddy Waters isst selten Fisch” abschließt, sitzt Nick Tosches in New York an der Bar seines italienischen Stammlokals und schimpft über die Kultur der Feinschmecker und Weinkenner. Das tut er mit jenem New Yorker Sarkasmus, gegen den nur schwer anzukommen ist, weil er prinzipiell aus dem Gestus der Überlegenheit heraus polemisiert. „Vor einer Flasche ranzigem Traubensaft zu sitzen und über die feine Note von schwarzer Johannisbeere, von Eichenrauch, Trüffeln oder welch köstlichem Humbug auch immer zu schwafeln, heißt, ein cafone allererster Ordnung zu sein”, schreibt er im Duktus des italoamerikanischen Machismo. „Wenn man im Wein tatsächlich den feinen Hauch von irgendetwas schmecken kann, ist es wahrscheinlich der von Pestiziden und Dünger.” Das erklärt Tosches dann mit soliden biologischen Argumenten, schließlich könne es doch nicht sein, dass diesen hochsensiblen Kennernasen entgeht, dass die Rebstöcke im Bordeaux mit Kuhmist gedüngt und Pestizden besprüht werden.
Tosches verachtet die bürgerlichen Posen und Laster. Es drängt ihn nach Höherem, nach „der himmlischen Droge”, die er aus den Schriften Thomas De Quinceys kennt. Nach Opium, das er, so erwähnt er beiläufig, als Diabetiker sicherlich auch besser vertragen würde als die Völlerei in den Gourmettempeln New Yorks. So zieht er dann nach Hong Kong, China und ins Goldene Dreieck, auf einer spirituellen Suche nach seinem persönlichen Gral.
Der ursprüngliche Text erschien vor sieben Jahren als schmales Bändchen bei Da Capo Press, einem kleinen Verlag im Universitätsstädtchen Cambridge, sowie in der amerikanischen Ausgabe der Vanity Fair. „Die letzte Opiumhöhle” ist einer der besten Texte von Tosches, weil er darin seinen gepflegten Sarkasmus, seine Abenteuerlust und seine klassische Bildung in Perfektion verbindet. „Die letzte Opiumhöhle” funktioniert wie ein später Epilog des „New Journalism”, weil Tosches lässiger Schreibfluss von jener Mischung aus sensiblem Gespür für Subkulturen, Wertkonservativsmus und Verachtung für bürgerliche Heucheleien lebt, der den Stil seiner Generation geprägt hat, die in den sechziger und siebziger Jahren über den Journalismus zur Literatur kam. Bei Tosches war es umgekehrt. Der heute 58-Jährige kam über die Literatur zum Journalismus. In jungen Jahren war er mit Hubert Selby Jr. befreundet, dessen „Last Exit to Brooklyn” in seinem Lebenslauf als Initialzündung fungiert. Nach Jobs als Schlangenbändiger in Florida und Grafiker bei einer Unterwäschefirma kam er schließlich nach New York, wo ihn der Beatnikdichter, Buchhändler und Sänger der Fugs Ed Sanders unter seine Fittiche nahm.
Nick Tosches schrieb zunächst Gedichte, dann Artikel für Musikzeitschriften wie Creem und Fusion. Sein erstes Buch war eine Geschichte der Countrymusik. Es folgten drei Romane, zuletzt „In Dante’s Hands”, in dem sein literarisches Alter Ego für die Mafia die Authentizität eines gestohlenen Dante-Manuskriptes prüft.
Es verwundert, dass Nick Tosches in Europa bis heute weitgehend unbekannt geblieben ist. Dabei kann er es mit seinen Zeitgenossen Tom Wolfe, Hunter S. Thompson, aber auch mit Joan Didion oder Norman Mailer leicht aufnehmen. Seine Nähe zu den Halb- und Unterwelten und seine Sattelfestigkeit in der gesamten Kulturgeschichte stellen seine Arbeit auf ein Fundament, das man zumindest bei Wolfe und Thompson oft vermisst. Die kamen aus dem aufkeimenden Pop, beschränkten ihren kulturgeschichtlichen Blick weitgehend auf Amerika. Tosches Arbeit wurzelt in seiner Vorliebe für die europäische Klassik und Antike. Doch die meisten seiner Bücher, wie seine brillanten Biografien von tragischen Helden wie Dean Martin, Jerry Lee Lewis oder dem Boxer Sonny Liston, verschwanden in Deutschland fast unbemerkt in lieblosen Taschenbuchreihen. Seine epochale Geschichte des Country ist noch überhaupt nicht übersetzt.
Der Sammelband „Muddy Waters isst selten Fisch” verdient schon alleine deswegen Respekt, weil er Tosches in einem würdigen Rahmen präsentiert. Neben der 58-seitigen Reportage über die Opiumhöhle finden sich darin noch elf Texte aus dem amerikanischen Sammelband „The Nick Tosches Reader”. Wunderbar boshaft ist da die Reportage über einen Besuch bei einer Selbsterfahrungsgruppe für Männer in Texas; grandios seine Aufarbeitung des Elvis-Mythos anhand mittelalterlicher Reliquienkulte.
Doch nicht alle Texte sind gelungen. Wenn er über Rock- und Filmstars schreibt, hinkt er oft hinter sich selbst her. Das liegt zum einen daran, dass Rock- und Filmstars in der Regel langweilige Menschen sind, mit denen Tosches nichts anfangen kann. Deborah Harry ist im wirklichen Leben beispielsweise ein schlagfertige Charmeurin. Bei Tosches gerät sie zur steifen Schablone, genauso wie Robert de Niro. Der Exkurs über Miles Davis wirkt wie ein Auszug aus dem Jazzlexikon. Eine Geschichte der Stadt Las Vegas könnte in jedem Reisemagazin stehen. Im 593 Seiten starken „Reader” machen sie Sinn, weil sie zu seiner schreiberischen Biografie gehören. In einem schmalen Auswahlbändchen wirken sie wie verschenkte Chancen.
Schwierig ist auch die schwankende Qualität der Übersetzung. Viel zu oft hecheln die Übersetzer dem Sprachrhythmus hinterher, der im Original den rauen Ton der Unterweltler mit dem geschliffenen Jargon der Ivy-League-Universitäten kombiniert, um den Texten eine Form der Lässigkeit zu verleihen, die es in der deutschen Sprache nicht gibt. Doch wer bereit ist, über die Schwächen hinwegzulesen, der wird damit belohnt, einen Autor und Vertreter des „New Journalism” zu entdecken, hinter dem sich ein ganzes Universum brillanter Texte verbirgt. ANDRIAN KREYE
Nick Tosches
Muddy Waters isst selten Fisch
Mit einem Nachwort von Franz Dobler. Liebeskind Verlag, München 2007.
204 Seiten, 18,90 Euro.
Nick Tosches versteht sich darauf, die amerikanische Gesellschaft mit jenem gepflegten New Yorker Sarkasmus zu sezieren, gegen den nur schwer anzukommen ist. Foto: Jean Luc Bertini/Opale
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Andrian Kreye kann überhaupt nicht verstehen, warum Nick Tosches nicht viel bekannter ist. Schließlich sei er nicht nur aus der gleichen Generation wie etwa Tom Wolfe oder Hunter S. Thompson und ebenfalls ein Vertreter des beliebten "New Journalism", sondern könne seinen Kollegen nicht nur mit seiner "Lässigkeit" spielend das Wasser reichen. Angenehm fällt dem Rezensenten zudem die solide kulturelle Bildung von Tosches auf, der über die Literatur zum Journalismus kam. Seine Reportagen in diesem Band sind manchmal großartig, notiert Kreye, wie "Die letzte Opiumhöhle" oder der Bericht über eine Selbsterfahrungsgruppe für Männer in Texas, manchmal aber auch unterdurchschnittlich. Hier hätte man in dem großen Fundus von tollen Tosches-Texten Besseres finden können, meint Kreye, der auch die Übersetzung nur selten für gelungen hält. Nick Tosches selbst kann er dagegen uneingeschränkt empfehlen, finde sich doch hinter ihm "ein ganzes Universum brillanter Texte".

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