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Duddy Kravitz wächst in der St. Urbains Street auf, mitten im jüdischen Viertel von Montreal. Er stammt aus einfachen Verhältnissen und muß früh lernen sich durchzusetzen. Die Jungs aus dem Viertel bewundern ihn, er ist gewitzt, verschlagen, immer zu allem bereit. Als ihm eines Tages sein Großvater Simcha erzählt, daß ein Mann ohne Grundbesitz ein Niemand sei, steht für ihn fest, daß er ein Stück Land erwerben muß. Nachdem er die Mittelschule beendet hat, setzt er alles daran, seinen Traum zu verwirklichen ob als Schmuggler oder Filmproduzent, als rasender Taxifahrer oder Vertreter für…mehr

Produktbeschreibung
Duddy Kravitz wächst in der St. Urbains Street auf, mitten im jüdischen Viertel von Montreal. Er stammt aus einfachen Verhältnissen und muß früh lernen sich durchzusetzen. Die Jungs aus dem Viertel bewundern ihn, er ist gewitzt, verschlagen, immer zu allem bereit. Als ihm eines Tages sein Großvater Simcha erzählt, daß ein Mann ohne Grundbesitz ein Niemand sei, steht für ihn fest, daß er ein Stück Land erwerben muß. Nachdem er die Mittelschule beendet hat, setzt er alles daran, seinen Traum zu verwirklichen ob als Schmuggler oder Filmproduzent, als rasender Taxifahrer oder Vertreter für Toilettenartikel ist ihm gleichgültig. Hauptsache, es kommt genügend Geld zusammen. Doch Duddy verstrickt sich in immer turbulentere Unternehmungen und vergrault nach und nach all jene, die ihm wohlgesonnen sind ... Mit bissigem Humor erzählt Mordecai Richler von den Abenteuern eines jungen Mannes, der die schmerzhafte Erfahrung machen muß, daß unsere Träume nie das sind, was wir glauben selbst wenn sie wahr werden. »Duddy Kravitz« ist ein brillant geschriebener, höchst unterhaltsamer Roman, mit dem Mordecai Richler den Durchbruch als Schriftsteller schaffte und seitdem zu den bedeutendsten Autoren Kanadas zählt.
Autorenporträt
Mordecai Richler wurde 1931 in Montreal, Kanada, als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer geboren. Er lebte in Paris, London und New York und arbeitete als erfolgreicher Schriftsteller, Journalist und Drehbuchautor, bis es ihn wieder zurück nach Kanada zog. Mordecai Richler starb im Juli 2001 in Montreal.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.12.2007

Vom Opa lernen

Das Buch zum Kinoerfolg: Die Verfilmung von Mordecai Richlers Duddy-Kravitz-Geschichte gewann 1974 bei der Berlinale einen Goldenen Bären. Jetzt gibt es den Roman endlich auf Deutsch.

Richtig ernst genommen hat Mordecai Richler eigentlich nur seine Laster: das Rauchen und das Trinken. Und seine Leidenschaft: das Schreiben. Alles andere betrachtete der 1931 in Montreal geborene Schriftsteller mit lässigem Humor - freundlich ausdrückt. Tatsächlich war er ein gefürchteter Spötter, dem weder seine Zugehörigkeit zum Judentum noch seine von Schnee verwöhnte Heimat Verpflichtung zur kritiklosen Anbetung waren. "Ich bin Kanadier und Jude, und ich schreibe über beides", sagte er in der für ihn typisch lakonischen Art.

Obwohl zeitlebens eher den Eindruck eines Lebemanns als den eines Gelehrten vermittelnd, machte den Vater von fünf Kindern sein vielseitiges Werk zu einem der bekanntesten Autoren Kanadas, und da Saul Bellow frühzeitig nach Chicago übersiedelte, wurde Richler Kanadas wichtigster jüdischer Autor. Davon zeugten zuletzt die groteske Familienchronik "Solomon Gursky war hier" (1992) und der Schelmenroman "Wie Barney es sieht" (2000), für den Richler den Commonwealth Writers Prize gewann.

Auch wenn der Enkel russisch-jüdischer Einwanderer als Neunzehnjähriger nach Europa aufbrach und zwei Jahrzehnte in London war, wurde der Sohn eines Altmetallhändlers zum Chronisten von Montreal. Insbesondere die St. Urbain Street im Herzen des jüdischen Viertels, deren Dreck und Armut er als Kind erlebte, verdichtete Richler zu bedeutender Literatur. 1972 war er in seine Heimatstadt zurückgekehrt und verfasste dort bis zu seinem Tod im Sommer 2001 neben einem Dutzend Romanen auch Jugendbücher, Drehbücher, Essays und Zeitungskolumnen.

Aus unerklärlichen Gründen war ausgerechnet sein im englischsprachigen Raum bekanntester Roman, "The Apprenticeship of Duddy Kravitz", der 1959 erschien, bisher nicht ins Deutsche übersetzt worden. Dabei hatte Ted Kotcheff den Stoff 1974 in Zusammenarbeit mit Richler in einen Film verwandelt, der bei der Berlinale einen Goldenen Bären gewann. Nun hat der Liebeskind Verlag diese überfällige, aufregende Ausgrabung getätigt und eine Übersetzerin auf die lebenspralle Geschichte eines draufgängerischen Jungen angesetzt, die dieser schnellen, gelegentlich harten Prosa gewachsen ist. Hilfreich wäre allerdings ein Glossar zur Erläuterung zeitlicher und lokaler Besonderheiten gewesen.

"Die Lehrjahre des Duddy Kravitz" beginnen 1947 auf der Fletcher's Field Highschool. Doch den selbstbewussten, rebellischen Jungen hält dort wenig. Nach dem knapp geschafften Abschluss setzt er alles daran, die beengenden Verhältnisse der St. Urbain Street zu überwinden, in denen er als Halbwaise bei seinem Vater Max, einem Taxifahrer und Zuhälter, aufwächst. Den engeren Draht hat er zu seinem Großvater Simcha, der um die Jahrhundertwende Lodz verlassen hatte, um in der Neuen Welt sein Glück zu machen. Von ihm hat Duddy gelernt: "Ein Mann ohne Land ist ein Nichts." Sein Ziel ist also klar, doch nicht der Weg dahin. Duddy will ein Jemand werden, egal, wie.

Und hier kommt Richlers Kunst zum Tragen: Ohne als Duddys Ankläger oder Verteidiger aufzutreten, schickt der Autor seine nicht nur liebenswerte Figur auf eine dornige Reise, bei der Duddy Kravitz nicht nur Unmengen Zigaretten raucht und sich bis zur Erschöpfung aufreibt, um ein Seegrundstück in den Lorenzbergen nördlich von Montreal zu erwerben, sondern auch reichlich Schuld auf sich lädt. Mit jedem weiteren Kapitel dreht Richler die Daumenschrauben etwas mehr zu. Der Effekt: Duddy kommt ins Straucheln, und der Leser fiebert mit - selbst dann, wenn seine Geschäfte nicht ganz koscher sind.

Denn Duddy ist bereit, alles zu tun: Er kellnert, spielt Roulette, handelt mit Flipperautomaten, vertreibt Putzmittel, versucht sich als Produzent von BarMizwa-Filmen und vielem mehr. Selbst vor blumigen Versprechen und gefälschten Unterschriften macht er nicht halt. Diese Lebensschläue und Skrupellosigkeit erinnert an Frank McCourts Autobiographie "Die Asche meiner Mutter", wobei der Ire sein tatsächliches Leben erzählt; Richler hat hier wie in vielen anderen Romanen lediglich autobiographische Bruchstücke zum Ausgangspunkt genommen, um sie in Fiktion zu verwandeln.

Noch heute, fast ein halbes Jahrhundert nach der Entstehung, lesen sich "Die Lehrjahre des Duddy Kravitz" mitreißend. Der Roman sprüht nur so vor Vitalität und zeigt, dass Richler schon mit achtundzwanzig Jahren und seinem vierten Buch einen ganz eigenen Stil gefunden hatte. Vor allem die Dialoge sind derart zwingend geschrieben, dass ein Aussteigen schlicht unmöglich ist.

Nach Richlers endgültigem Verstummen ist es tröstlich, dass seine Tochter Emma mit den Storys "Sister Crazy" (2001) und ihrem an Salingers Glass-Familie erinnernden Romandebüt "Feed My Dear Dogs" (2006) das Erbe ihres Vaters angetreten hat. Der Name wird der Literatur also erhalten bleiben. Trotzdem wäre es dringend zu wünschen, die einst vom Kindler Verlag herausgebrachten, längst vergriffenen und inzwischen (selbst als Fischer-Taschenbuch) als Rarität gehandelten Übersetzungen der Romane "Sohn eines kleineren Helden", "Der Traum des Jakob Hersch" und "Joshua, damals und jetzt" in welcher Form auch immer zu reaktivieren.

REINHARD HELLING

Mordecai Richler: "Die Lehrjahre des Duddy Kravitz". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Silvia Morawetz. Liebeskind Verlag, München 2007. 432 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.03.2007

West Montreal liegt jenseits von Eden
Komisch, zynisch, explosiv: Mordecai Richlers nachgelassener Roman „Die Lehrjahre des Duddy Kravitz”
Nein, sympathisch ist dieser Duddy Kravitz beileibe nicht. Man stellt ihn sich so vor: dünn, wieselflink, mit unruhigem Blick wie ein Frettchen. Noch nicht einmal zwanzig, hat er schon zwei Menschen auf dem Gewissen. Seinetwegen ist die Frau seines Lehrers MacPherson gestorben, seinetwegen hat dieser grundgute Säufer gegen seine Überzeugung angefangen, seine Schüler zu prügeln. Seinetwegen sitzt der Epileptiker Vergil querschnittsgelähmt im Rollstuhl. Duddy Kravitz hat eine perfide Art, Menschen, die ihn lieben, zu demütigen und vor den Kopf zu stoßen.
Dennoch gibt es Augenblicke, da einem dieser Junge leid tut. So richtig aus vollem Herzen und nicht etwa, weil man ihm seine Schäden durchs Milieu zugute hielte und die Tatsache, dass er Halbwaise ist. Sein Vater fährt Taxi und verdient sich als Zuhälter etwas dazu, sein Bruder, Medizinstudent wider Willen, stuckt für seine Prüfungen. Duddy Kravitz also tut einem leid, wenn er gequält und gehänselt wird. Ein getretener Hund wird notgedrungen bissig. Und er tut einem leid, weil am Ende das, was er sich mit Zähnen und Klauen, mit skrupelloser Gier und Menschenverachtung erkämpft hat, nicht zum eigentlichen Ziel führt – nämlich Liebe und Achtung zu erringen.
Onkel Benji hat immer nur auf Duddys Bruder Lennie gebaut und Duddys Qualitäten noch auf dem Sterbebett nicht gesehen. Großvater Simcha hält immerhin große Stücke auf seinen Enkel. Aber er hat ihm unglücklicherweise den Floh ins Ohr gesetzt, ein Mann ohne Grundbesitz sei ein Niemand. Deshalb also weitet Duddy seine Geschäfte ins Kriminelle aus in einem Alter, da andere ihr Taschengeld mit kleinen Ladendiebstählen aufbessern. Er will den gesamten Grund um einen See aufkaufen, auf dass sich sein Großvater dort seinen Traum aus Ghettozeiten erfülle und eine Farm baue; auf dass er selbst sein Geld mache mit einem Ferienresort nach dem Vorbild der Catskills upstate New York für die jüdischen Emporkömmlinge Montreals, die ihr Geld offenbar ohne Ausnahme auf schäbige Weise gemacht haben.
Mordecai Richlers „Die Lehrjahre des Duddy Kravitz” spielt in West Montreal, dem Emigranten-Viertel, wo spätestens die Nachkommen der eingewanderten Frommen mit den Schläfenlocken den rechten Glauben und alle Menschlichkeit verlieren. Die Geschichte beginnt im Jahr 1947 an der Fletcher’s Field High School. Hier werden jüdische Jungen mehr schlecht als Recht aufs Leben vorbereitet, das von vornherein als schiefe Bahn angelegt zu sein scheint. Die Stimmung im Milieu ist eindeutig: „Das größte Schild in Felders kleinem Laden, KAUFT NICHT BEIM GOJISCHEN KARTOFFELMANN – FELDER IST EUER FREUND FÜRS LEBEN wurde nicht mehr gebraucht. Das letzte Mal, als der Kartoffelmann, ein furchtloser Frankokanadier, mit Pferd und Wagen durchgekommen war, hatten die Jungs, angeführt von Duddy Kravitz, ihn aus der Straße vertrieben”. Die Nachwehen des Holocaust verklumpen zu unverhohlenem Hass auf alle Nicht-Juden, die man umso freudiger über die Klinge springen lassen kann als die eigenen Leute.
Daran stählt sich der lapidare, der zynische Richler-Ton, etwa in der Passage über den Marsch am Altenheim vorbei, im Seitenblick auf „eine verhutzelte kleine Frau, die ein Pogrom, zwei Männer und einen Schlaganfall überlebt hatte”. „Die Lehrjahre des Duddy Kravitz” sind auf ihre Weise unglaublich komisch, sie setzen das böse Gelächter.
Richler hat „Duddy Kravitz” 1959 geschrieben, sieben Jahre nach John Steinbecks „East of Eden”. Dieser frühe Roman ist erst jetzt, sechs Jahre nach Richlers Tod in der ebenso knallharten Übersetzung von Silvia Morawetz erschienen. Richler wusste, wovon er schrieb. Er selbst kam 1931 als Sohn eines russisch-jüdischen Schrotthändlers zur Welt und wuchs genau in jener ärmlichen Umgebung auf, die er in „Duddy Kravitz” beschreibt.
Richler selbst entfloh der Enge des Montrealer Emigrantenghettos, indem er sich nach Paris absetzte und erst 1972 wieder in seine Heimat zurückkehrte. Danny Kravitz muss den Münchhausenschen Akt vollbringen, und sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf seiner gesellschaftlichen Unmöglichkeiten ziehen. Auf den ersten Blick hat er die besseren Karten als sein Bruder Lennie, der es dank seines vom Onkel finanzierten Studiums einmal besser haben soll. Aber in Mordecai Richlers gleichermaßen satirischer wir tragischer Kulisse gibt es kein Schwarzweiß wie bei Kain und Abel und auch noch bei Cal und Aron. Gäbe es eine Farbe für Richlers Charaktere, so changierten sie im mehr oder weniger dunklen Grau. Denn Lennie ist nur scheinbar der brave Junge und damit der strebsame Antipode des wüsten und wütenden Duddy. Lennie würde lieber am süßen Leben der wohlhabenden Nicht-Juden teilhaben als Medizin studieren. Deshalb nimmt er an einem Mädchen eine Abtreibung vor. Deshalb trinkt er.
Und deshalb sind „Die Lehrjahre des Danny Kravitz” weniger eine Parabel von Gut und Böse, sondern ähnlich wie „East of Eden” ein Buch über müßige Träume, falsche (Selbst-)Bilder, über das Erwachsenwerden als Prozess der Desillusionierung und, so abgedroschen das klingt, über den Verlust von Unschuld. Letztlich geht es immer nur um das eine: Das vergebliche Buhlen um Liebe, das viel Geld nur mühsam erstickt. Richler braucht, um davon zu erzählen, kein Pathos und keine Seelenpopelei. Sein nüchterner Blick auf die Dinge lässt nicht nur das Mitleid des Betrachters zu, er konzediert zugleich seinen schäbigen Gestalten Tragik und bewahrt ihnen allen einen Rest von Würde. Für Duddy, den Hasardeur, lässt er sogar einen Funken von Hoffnung glimmen. Denn der fühlt Reue – wenn auch nur Momente lang. EVA-ELISABETH FISCHER
MORDECAI RICHLER: Die Lehrjahre des Duddy Kravitz. Roman. Aus dem Englischen von Silvia Morawetz. Verlagsbuchhandlung Liebeskind. München, 2007. 432 Seiten, 22 Euro.
Wo auf einem Einwandererschiff die Vorfahren von Duddy Kravitz ankamen: der Hafen von Montreal, circa 1950 Foto: Three Lions/Getty Images
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eva-Elisabeth Fischer hat Mordecai Richlers 1959 verfassten nun auf deutsch vorliegenden Roman "Die Lehrjahre des Duddy Kravitz" mit großem Vergnügen gelesen. Als "komisch, zynisch, explosiv" lobt sie den Roman und lässt keinen Zweifel daran, dass der Autor bei seiner im ärmlichen jüdischen Emigrantenviertel Montreals angesiedelten Geschichte um die kriminelle Laufbahn des Duddy Kravitz auf das "böse Gelächter" setzt. Auch wenn sich ihre Sympathie für Duddy in Grenzen hält, ihr Mitgefühl hat er, schließlich geht es ihm bei aller Skrupellosigkeit und Gier doch vor allem um ein wenig Anerkennung. Sie bescheinigt Richler einen "nüchternen Blick" auf die Dinge und einen "lapidaren" Ton. Gleichwohl haben seine schäbigen Protagonisten für sie eine gewisse Tragik und einen "Rest von Würde". Letztlich liest sie den Roman als ein Buch über "müßige Träume", über das Erwachsenwerden "als Prozess der Desillusionierung" und über den "Verlust der Unschuld".

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