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Produktdetails
  • Die Region trifft sich - die Region erinnert sich
  • Verlag: Euregio Verlag
  • Seitenzahl: 168
  • Deutsch
  • Gewicht: 610g
  • ISBN-13: 9783933617231
  • ISBN-10: 3933617235
  • Artikelnr.: 20760937
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.01.2006

Der Ghostwriter
Rudolf Erich Raspe - Gelehrter, Hochstapler, Münchhausen-Erfinder
Von Münchhausens Ritt auf der Kanonenkugel weiß jedes Kind. Weniger bekannt ist, dass nicht Gottfried August Bürger in Göttingen, sondern Rudolf Erich Raspe in Cornwall und London den legendären Lügenbaron fand und erfand. Raspe nutzte verschiedene Quellen über den begnadeten Geschichtenerzähler Hieronymus Freiherr von Münchhausen und verbreitete seit 1785 dessen Legenden unter wechselnden Titeln als „Narrative of his marvellous Travels and Campaigns”. Fünf englischen Ausgaben in den ersten zwei Jahren folgten bis heute zahllose Varianten, Aneignungen und Übersetzungen. Raspe selbst aber geriet darüber völlig in Vergessenheit.
Ein reich illustrierter Aufsatzband würdigt jetzt den vielseitig begabten Professor aus Kassel, der sich 1775 Hals über Kopf nach England absetzen musste. Dummerweise hatte er die Münzsammlung des Landgrafen so akkurat katalogisiert, dass seine schamlosen Diebstähle aufflogen. Über Nacht brachten sie Raspe um all seine Verdienste. Immerhin war er da bereits als Geologe hervorgetreten, hatte als Bibliothekar in Hannover Leibniz’ „Nouveaux Essais” entdeckt und ediert sowie die Gedichte Ossians dem Schotten James Macpherson zugeschrieben, schließlich als Antiquarius in Kassel zur Altertumskunde und Archäologie beigetragen. London bot zwar Sicherheit, sein Ruf war aber schwer beschädigt. Raspe flog aus der Royal Society, Benjamin Franklin und andere befreundete Gelehrte hielten auf Distanz, James Cook wollte ihn nicht auf seine dritte Weltumsegelung mitnehmen.
Als Mitübersetzer von Georg Forsters Reisebeschreibung und Berater für den Bergbau in Cornwall rappelte sich Raspe wieder auf. Handschriftenfunde und Studien zur Technik der frühesten Ölmalerei verschafften ihm die Anerkennung Horace Walpoles, der den „poor Raspe” gar aus einer Schuldhaft freikaufte. Diese und weitere Facetten des so talentierten wie hochstaplerischen Aufklärers dokumentiert der Band in anregenden Beiträgen. Ein Verzeichnis der Korrespondenz Raspes mit fast zweihundert Zeitgenossen lässt ahnen, dass die Erschließung manche Überraschung bieten könnte.
ALEXANDER KOŠENINA
ANDREA LINNEBACH (Hrsg.): Der Münchhausen-Autor Rudolf Erich Raspe. Wissenschaft, Kunst, Abenteuer. Euregioverlag, Kassel 2005. 165 S., 20 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Interessanter Mann! Rudolf Erich Raspe hatte sich als Wissenschaftler - als Geologe, Altertumkundler und Bibliothekar - schon einige Verdienste erworben, als er 1775 Hals über Kopf nach England fliehen musste, erzählt Rezensent Alexander Kosenina. Er hatte nämlich die Münzsammlung des Landgrafen in Kassel erst geplündert, dann aber so akkurat katalogisiert, dass der Diebstahl aufflog. Sein Ruf war ruiniert, auch in England, wo ihn die Royal Society auf Distanz hielt. Offenbar rappelte er sich aber wieder auf. So gab er 1785 die ersten Geschichten vom Baron Münchhausen heraus, übersetzte Georg Forsters Reisebeschreibungen und war Berater für den Bergbau in Cornwall. All dies, so der sichtlich amüsierte Rezensent, kann man in den "anregenden Beiträgen" dieses Sammelbandes nachlesen. Und das Verzeichnis von Raspes Briefwechsel mit fast zweihundert Zeitgenossen könnte auch für manchen heutigen Forscher noch anregenden Stoff bergen.

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