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Militärisch endete der Erste Weltkrieg 1918. Seine politischen und psychologischen Folgen hingegen dauerten noch Jahrzehnte an. Sie bereiteten Ideologien den Weg, welche die Geschichte des 20. Jahrhunderts prägen sollten.
Was aber machte den Ersten Weltkrieg zu einer historischen Zäsur? Welches waren die Faktoren, die sich als prägend für die kommenden Jahrzehnte erweisen sollten? Warum hatten sie so verhängnisvolle Auswirkungen, dass der Krieg mit dem Attribut der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" gekennzeichnet wurde?
Diese Fragen sind nicht neu, doch die Autoren zeigen, dass der
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Produktbeschreibung
Militärisch endete der Erste Weltkrieg 1918. Seine politischen und psychologischen Folgen hingegen dauerten noch Jahrzehnte an. Sie bereiteten Ideologien den Weg, welche die Geschichte des 20. Jahrhunderts prägen sollten.

Was aber machte den Ersten Weltkrieg zu einer historischen Zäsur? Welches waren die Faktoren, die sich als prägend für die kommenden Jahrzehnte erweisen sollten? Warum hatten sie so verhängnisvolle Auswirkungen, dass der Krieg mit dem Attribut der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" gekennzeichnet wurde?

Diese Fragen sind nicht neu, doch die Autoren zeigen, dass der Blick auf die Gesamtheit der Entwicklung im 20. Jahrhundert Antworten möglich macht, die sich von früheren unterscheiden. Ausgehend von grundlegenden Reflexionen zur Bedeutung des Ersten Weltkriegs befassen sich die Autorinnen und Autoren dieses Bandes mit der häufig vernachlässigten Rolle Russlands, mit der Bündnispolitik der Kriegsparteien sowie mit den destruktiven Potentialen des technischen Fortschritts.
Autorenporträt
Geoffrey Parker is Andreas Dorpalen Professor of History at Ohio State University.

Jay Winter is Professor of History at Yale University. He is a specialist on the First World War and its impact on the 20th century.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.08.2002

Sieg durch Niederlage?
Neuere Forschungsergebnisse und eine kühne These zum Ersten Weltkrieg

Jay Winter/Geoffrey Parker/Mary R. Habeck (Herausgeber): Der Erste Weltkrieg und das 20. Jahrhundert. Verlag Hamburger Edition, Hamburg 2002. 352 Seiten, 30,- Euro.

Obwohl das, was über den Krieg von 1914 bis 1918 geschrieben wurde, bereits Bibliotheken füllt, gibt es immer noch viel zu sagen und zu forschen. Dabei stehen seit rund zwei Jahrzehnten sozial- und mentalitätsgeschichtliche Problembereiche im Mittelpunkt, wie etwa das Kriegserlebnis "von unten" und das Alltagsleben im Krieg, die kulturelle Mobilmachung und die gesellschaftlichen Auswirkungen des Krieges. Zu diesen Themenfeldern sind in jüngster Zeit zahlreiche Monographien erarbeitet worden, daneben Sammelbände erschienen, die einzelne Aspekte beleuchten und den Forschungsstand bilanzieren.

Der vorliegende Aufsatzband kann verständlicherweise keine Gesamtgeschichte des Weltkriegs bieten, aber es sind wesentliche Themen, die mit Sachkompetenz und sprachlicher Brillanz abgehandelt werden. Im einleitenden Essay reflektiert der Doyen der Militärgeschichtsschreibung M. Howard darüber, worum es in diesem Kriege ging, warum er gerade so und nicht anders verlief und welche Konsequenzen er für die Beteiligten und für die Welt insgesamt hatte.

Mit der Ostfront, der die Forschung weniger Aufmerksamkeit widmete als dem Geschehen an der Westfront, befaßt sich W. C. Fuller. In scharfsinniger Analyse läßt er die Faktoren Revue passieren, die zur militärischen Niederlage Rußlands beitrugen und dadurch das politische Regime diskreditierten: Unfähigkeit der militärischen Führung, technologische Unterlegenheit und materielle Defizite (Munitionsknappheit, Mangel an Gewehren und Artillerie, unzulängliches Transportwesen). Gleichwohl, so Fuller, sei Rußlands Niederlage keineswegs unvermeidlich gewesen. In kontrafaktischer Betrachtung umreißt er drei "hypothetische Optionen", wie Rußland seine Chancen in diesem Krieg hätte verbessern können: eine taktische (Durchbrechung der Front), eine operative (periphere und kombinierte Operationen) und eine strategische (eine bessere strategische Koordination mit den Verbündeten). Ein höheres Maß an Koordination hätte "Rußland die beste Chance geboten, den Ersten Weltkrieg zu gewinnen. Davon hätten auch Großbritannien und Frankreich profitiert."

Sehr gehaltvoll sind auch D. Stevensons Darlegungen über die "Politik der Bündnisse". Der Weltkrieg als Krieg zwischen zwei Bündnissen wurde in allen Aspekten durch den Bündnisfaktor beeinflußt. Zwar spielten sich innerhalb der beiden Bündnisse "kräftezehrende Rivalitäten" ab, doch trotz aller Spannungen und Belastungen war "die Dauerhaftigkeit des Bündnisses auf beiden Seiten zumindest bis 1918 eindrucksvoll".

Es ist ein besonderer Vorzug des Bandes, daß in der Mehrzahl der Beiträge wichtige Fragenkomplexe in länderübergreifend vergleichender Sicht behandelt werden. Thematisiert werden der schwierige Umgang der Frontsoldaten mit dem technisierten Krieg, die Kulturgeschichte des Kampferlebnisses, die Mobilisierung der Volkswirtschaften für den Krieg und die Auswirkungen des industrialisierten Krieges auf Arbeiterschaft und Arbeiterbewegung der kriegführenden Staaten.

Beiträge über die "Schatten des Krieges" gelten den kurz- und langfristigen Folgewirkungen des Krieges. A. A. Kanya-Forster untersucht die kolonialpolitischen Zielsetzungen der Mächte und die Entscheidungen der Friedenskonferenz hinsichtlich der deutschen Kolonien und der Territorien des Osmanischen Reiches. Sie kommt zu dem Ergebnis, der Weltkrieg und seine Nachwirkungen hätten kurzfristig vielleicht wenig dazu beigetragen, die Grundlagen der europäischen Kolonialreiche zu erschüttern. Aber er leitete doch den Beginn der Auflehnung gegen die Vorherrschaft des weißen Mannes ein - insofern gibt es gute Gründe, den Ersten Weltkrieg als Ausgangspunkt der Entkolonialisierung zu betrachten. Z. Steiner entwirft in sicherer Linienführung ein Tableau der Entwicklung des internationalen Systems in der Konsequenz des Kriegsausgangs und der Friedensregelungen: "1919 wurde kein neues System geschaffen: was entstand, war eine brisante Mischung von Altem und Neuem." Doch einige der Ideen, die aus der Friedenskonferenz und den in den zwanziger Jahren entwickelten Institutionen und Methoden erwuchsen, wirken bis heute nach.

M. Eksteins vertritt die Auffassung, Deutschland habe zumindest auf kulturellem Gebiet den Krieg gewonnen: "Zu verlieren bedeutete paradoxerweise zu siegen." Denn Deutschland habe in vielfacher Hinsicht für die "Moderne" - in all ihrer Widersprüchlichkeit - gestanden, während die Siegermächte Großbritannien und Frankreich die Ordnung des 19. Jahrhunderts hätten aufrechterhalten wollen, aber sie seien letztlich von der Moderne überrollt worden. An dieser kühnen These wird man sicherlich Fragezeichen anbringen dürfen, aber eine Diskussion ist sie wert.                          

EBERHARD KOLB

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit großer Zustimmung hat Eberhard Kolb den Band über den Ersten Weltkrieg und seine Folgen gelesen. Es ist zwar bereits viel zum Thema veröffentlicht worden, doch gibt es "immer noch viel zu sagen und zu forschen", meint der Rezensent. Er ist begeistert von der "Sachkompetenz" und der "sprachlichen Brillanz" der Autoren. Die einzelnen Beiträge findet er ausschließlich lobenswert, beispielsweise die "scharfsinnige Analyse" des Geschehens an der Ostfront durch W. C. Fuller oder die "gehaltvollen" Überlegungen zur Bündnispolitik von D. Stevenson. Den größten "Vorzug" des Bandes aber sieht Kolb in dem Bemühen der meisten Autoren, länder- und themenübergreifend über wichtige Fragen nachzudenken. Lediglich die "kühne These" von M. Ekstein, Deutschland habe durch seine Kriegsniederlage schneller den Weg in die "Moderne" vollzogen, findet der Rezensent fragwürdig, hält sie aber immerhin für "eine Diskussion wert".

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