Marktplatzangebote
11 Angebote ab € 10,00 €
  • Gebundenes Buch

Das Projekt Diese bislang umfangreichste Gesamtausgabe der internationalen Korrespondenz Angelica Kauffmanns versammelt 180 Briefe aus den Jahren 1762 bis 1807. Sie reichen vom italienischen Dankesschreiben an die Akademie, die der 21-jährigen Malerin die Ehrenmitgliedschaft verliehen hatte, bis zu einem englisch verfassten Einladungsbrief aus dem letzten Lebensjahr der Künstlerin. Die meisten Briefe - ein Viertel davon sind Erstveröffentlichungen - hat die viel beschäftigte Porträt- und Historienmalerin in London und Rom geschrieben. Die Dokumente einer europäischen Kulturarbeit wurden für…mehr

Produktbeschreibung
Das Projekt Diese bislang umfangreichste Gesamtausgabe der internationalen Korrespondenz Angelica Kauffmanns versammelt 180 Briefe aus den Jahren 1762 bis 1807. Sie reichen vom italienischen Dankesschreiben an die Akademie, die der 21-jährigen Malerin die Ehrenmitgliedschaft verliehen hatte, bis zu einem englisch verfassten Einladungsbrief aus dem letzten Lebensjahr der Künstlerin. Die meisten Briefe - ein Viertel davon sind Erstveröffentlichungen - hat die viel beschäftigte Porträt- und Historienmalerin in London und Rom geschrieben. Die Dokumente einer europäischen Kulturarbeit wurden für unsere Ausgabe aus den Originalsprachen und textgetreu transkribiert, also in Deutsch, Englisch, Italienisch und Französisch. (Das zuweilen herbe Deutsch ist, wie auch ihr autodidaktisches Englisch, relativ gut verständlich ; die italienischen und französischen Briefe sind im Kommentar jeweils inhaltlich kurz zusammengefasst.) In ihren deutschen Briefen können so - im Unterschied zu bi sher geglätteten Wiedergaben - auch Färbungen ihrer vorarlbergischen Vatersprache entdeckt werden. Ein umfangreicher Kommentarteil gibt Liegeorte der Autographen, Erstdrucke und bisherige Rezeption der Briefe, biographische Daten von Adressaten und behandelten Personen und erläutert einzelne Textstellen. Einen besonderen Reiz stellen die bei markanten Briefen im Kommentar abgedruckten Bezugs- und Antwortbriefe dar. Die Edition wird erschlossen durch eine Zeittafel, ein Namenregister sowie ein ausführliches historisches Nachwort zum Status der Briefe in der Briefkultur und im sozialen Leben dieser erfolgreichsten Malerin ihrer Zeit. Die Briefe sind neben Kauffmanns Arbeit entstanden und kein Ersatz für Geselligkeit; sie etwa mit den Briefen der Rahel Varnhagen zu vergleichen, wäre ungerecht. Eine Korrespondenz, die die eigene Professionalität nicht unter den Scheffel stellte: "I generally prefer to paint what I have not seen done by others". Sie schreibt über die Wohnsituation in L ondon und Rom, über Details von Motivwahl und Bildentstehung bis zu technischen Fragen der Firnisbehandlung und des Bildertransports, der oft quer durch Europa führte. Sie schreibt an den bewunderten Klopstock, der ihr seinen "Messias" schickte und sie gern als Illustratorin gewonnen hätte; und an Goethe, der in ihrem Garten eine Pinie gepflanzt hat. Sie berichtet von den Touristen und verfolgt die archäologischen Ausgrabungen in Ostia und Rom. Es gibt die Briefe aus der Trauer über den Tod ihres Mannes und über Turbulenzen unter französischer Besatzung ("die francken bringen allenthalben unRuhe und sorgen"). Ein nicht unbeträchtlicher Teil ihrer lebenslang fortgesetzten Schreiben gilt der finanziellen Unterstützung ihrer vorarlbergischen Verwandtschaft ("den meinigen zu helfen, wirt meines lebens freude und meine pflichte sein"). All diese Briefe können als ein unverwechselbarer Beitrag zu einer beharrlichen Identitätsbildung und zur Kunstsoziologie ihrer Zeit gelesen werden. Wer g enau liest, findet auch die Spuren von Angelica Kauffmanns komplexem und eigenständigem Verhältnis zu den geschlechtlichen Rollenfestschreibungen der Zeit.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.02.2002

Herders Trösterin in Rom
Sie verführte mit dem Pinsel: Die Briefe Angelica Kauffmanns

Nach gut eineinhalbjährigem Aufenthalt in Italien trat Goethe am 24. April 1788 von Rom aus die Heimreise an, die ihn am 18. Juni nach Weimar zurückbrachte. Am Tag zuvor hatte er seiner Freundin, der Malerin Angelica Kauffmann, in einem Billett die Abreise angekündigt. Damit begann ein Briefwechsel, der Goethe die ganze Rückreise über begleitete und sich, in größeren Abständen, bis in das folgende Jahr hinein fortsetzte. Den Leser von heute verwundert vor allem der Kontrast zwischen dem leidenschaftlichen Überschwang, der einer Geliebten gut anstünde, und dem wirklichen Verhältnis zwischen Briefschreiberin und Adressaten. Von Angelica Kauffmann sind zwölf Briefe an Goethe erhalten, von Goethe sind mehr Briefe an sie bekannt. Aber der einzige Brief, der sich aus dieser Zeit erhalten hat, ein undatiertes Billett, wahrscheinlich vom Februar 1788, bestätigt, was die Briefe der Malerin erraten lassen, nämlich daß Goethe in seiner Korrespondenz mit ihr einen ganz anderen Ton anschlug als umgekehrt. In dem Billett bittet er sie höflich, aber ganz prosaisch um einen gewissen Kupferstich für die künstlerischen Studien, denen er damals nachging.

An Gefälligkeiten solcher Art lag Goethe auch nach seiner Abreise aus Rom, sie bilden in der Tat den Hauptanlaß für den eifrigen Briefwechsel mit der Künstlerin. Ein Brief von Schiller an Körner vom 7. September 1788 zeichnet indessen ein anderes Bild seines Verhältnisses zu Angelica. Nach Schillers Bericht lobte Goethe häufig die Qualitäten ihrer Kunst, aber ebenso sehr die ihres Herzens. Was Goethe jedoch tatsächlich über Angelicas Herzensqualitäten dachte, hatte er mehrmals Herzog Carl August von Weimar offenbart. Demnach hielt er Angelica nicht einmal für eine richtige Frau. Dieses Urteil wird bestätigt von der Liste der "Unnamen", den Spott- und Spitznamen, die er den deutschen Freunden und Bekannten in Rom zum Spaß anheftete. Angelica wird hier als "Madonna", ihr betagter Ehemann Antonio Zucchi als "Heiliger Joseph" verspottet. Er hielt Angelica also für eine geschlechtslose Person, die mit Männern allenfalls ein platonisches Verhältnis eingehen konnte.

Goethe selbst wunderte sich wohl kaum über den exaltierten Ton der Briefe, die Angelica an ihn richtete, er kannte die Malerin gut und wußte, daß sie an einen großen Dichter wie ihn gar nicht anders hätte schreiben können. Der Gefühlsüberschwang, dem sie sich bei großen epistolographischen Anlässen hingab, enthüllt nicht nur einen Charakterzug ihrer Persönlichkeit, sondern auch einen nicht nebensächlichen Aspekt ihrer Kultur. Sie hatte aus den gewöhnlich in Briefform abgefaßten empfindsamen Romanen zweifellos reichliche Nahrung bezogen.

Noch während der Rückreise nach Deutschland richtete Goethe Anfang Juni 1788 einen Brief an seinen alten Freund Herder: Er habe erfahren, daß er sich im Aufbruch nach Rom befinde, weshalb er ihm den Brief an Angelica Kauffmanns Adresse dort schicke. Dabei pries er ihm die Vorzüge ihrer Freundschaft. Als er in Weimar ankam, war Herder aber noch nicht abgereist, so daß er ihn besuchte und ihm ans Herz legte, sich den Brief bei Angelica abzuholen. Das tat Herder auch gleich nach seiner Ankunft in Rom und zeichnete seiner in Weimar zurückgebliebenen Gattin Caroline ein erstes, nicht eben schmeichelhaftes Bild der Künstlerin. Goethe gab sich aber nicht geschlagen und drängte den Freund, Angelicas Nähe zu suchen.

Zugleich wirkte er in Weimar auf Caroline Herder ein, die ihn über den Mißmut ihres Gatten, der sich im römischen Milieu nicht zurechtfand, unterrichtete. So schrieb Caroline selbst an Herder den fatalen Satz: "Goethe schertzte letzhin: es würde Dir nicht eher wohl werden in Rom, bis Du liebst." Goethe hatte diese Wort klar in der Absicht hingeworfen, ihre Eifersucht anzustacheln - mit Erfolg. Denn Caroline setzte starrköpfig hinzu: "nur sei klug und vorsichtig lieber Engel - über den Alpen bist Du wieder ganz mein; ja Du bist mein, Du bist mein." Noch konnte Caroline aber ruhig schlafen, denn Herder antwortete, unbewußt das gleiche Attribut wie Goethe gebrauchend: "Sie ist eine gar zarte, jungfräuliche Seele, wie eine liebe Madonna."

Herder ahnte nicht, daß er mit dem Feuer spielte. Im Stereotyp der "Madonna" befangen, begriff er nicht, daß auch Angelica gefährliche Waffen der Verführung besaß. Die wirksamste davon war der Pinsel, von dem sie sogleich Gebrauch machte. Vor zwei Jahren hatte sie Goethe porträtiert, aber die Waffe hatte sich als stumpf erwiesen, weil der Dichter sich auf ihrem Bildnis nicht wiedererkannte. Jetzt versuchte sie es mit dem Freund - diesmal mit besserem Ergebnis. Angelica schlug Herder vor, ihn zu malen, und zwar mit der Begründung, damit ein Pendant zum Portrait Goethes schaffen zu wollen. Herder fürchtete jedoch den bildnerischen Vergleich und schrieb besorgt an seine Frau: "Goethe hat sich als einen Apollo idealisieren lassen; wie werde ich Armer mit meinem kahlen Kopf dagegen aussehn!" Solche Bedenken scheint Angelica schnell hinweggewischt zu haben, Herder erlag der Schmeichelei und willigte ein, nicht ohne zuvor die Zustimmung seiner Gattin eingeholt zu haben.

Alsbald begannen die Sitzungen, und damit lieferte sich Herder der Malerin mit Leib und Seele aus. An Caroline schrieb er: "Vorigen Sonntag habe ich bei Madame Angelika gesessen, morgen sitze ich wieder; der erste Ausblick des Bildes hat mich sehr gefreut, und überhaupt ist Angelika jetzt meine einzige Trösterin in Rom." Angelica wiederum ließ Caroline ihre herzlichsten Grüße ausrichten, "mit einer so lieblichen Furchtsamkeit und Bescheidenheit, als ob sie ein höheres Wesen grüßte". Das konnte auch nicht anders sein, denn die Malerin wußte, daß das sentimentale Verhältnis zu ihrem Modell - um ein solches Verhältnis handelte es sich jetzt ohne Zweifel - die Frau nicht ausschließen durfte. Herder unterstrich dies auch: "Angelika, die zarte, treue, reine, feste Seele, grüßet Dich als Schwester und Freundin." Caroline blieb nichts anderes übrig, als das Spiel mitzuspielen. Sie verstieg sich sogar dazu, ihrem Mann zu schreiben: "Ich habe die Engelsfrau außerordentlich lieb; sage es ihr und gebe ihr einen zärtlichen Kuß von mir."

Die Ankunft des Kusses bewirkte einige Verlegenheit. Herder schrieb seiner Frau, er habe Angelica den betreffenden Brief lesen lassen. Zugleich gestand er, daß auch zwischen ihm und Angelica Küsse ausgetauscht worden waren, freilich nur ganz reine, bar jeder Spur von Sinnlichkeit: "Ich habe einigemal ihre Stirn geküßt, und sie hat unvermutet meine Hand ergriffen und wollte sie küssen; das ist unser Verhältnis." Doch hatte er Caroline schon vorher versichert, daß dieses Verhältnis, so außergewöhnlich es auch war, ihn keinen Tag länger in Rom festhalten würde.

Der Abreise Herders folgte eine dichte Korrespondenz, an der auch Caroline wieder teilnahm. So gut wie nichts hat sich davon erhalten. Ein einziger Brief Herders an Angelica aus dem Jahr 1795 wurde in Budapest aufgefunden. Doch haben sich möglicherweise auch Briefe Angelicas an Herder erhalten. Jetzt hat Waltraud Maierhofer mit bewundernswertem Forscherfleiß viele unveröffentlichte Briefe der Malerin wiederentdeckt und in einer Gesamtausgabe der Briefe Kauffmanns erstmals publiziert und sorgfältig kommentiert, zusammen mit den anderen, die schon veröffentlicht waren. Der Herausgeberin, die sich der Mühe der Publikation mit großer Intelligenz unterzogen hat, gilt unser Dank. Es bleibt nur zu hoffen, daß sie in Zukunft noch weitere Briefe finden und veröffentlichen kann. Für eine eventuelle neue Edition der Briefe Angelica Kauffmanns möchte ich nur zwei Ratschläge geben: Der erste betrifft die Transkription der italienischen Briefe, die in der vorliegenden Ausgabe viele Fehler aufweist. So ist statt "bessissimi" (S.179) sicherlich "bellissimi" zu lesen; die Beispiele ließen sich fortsetzen. Zu bemängeln ist auch, daß im Namensregister die Seitenangaben fehlen, was die Konsultation des Bandes etwas mühsam macht.

Angelica Kauffmann: "Mir träumte vor ein paar Nächten, ich hätte Briefe von Ihnen empfangen." Gesammelte Briefe in den Originalsprachen. Herausgegeben von Waltraud Maierhofer. Libelle Verlag, Lengwil am Bodensee, 2001. 546 S., geb., 45,- .

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.04.2002

Edler Einfall und stille Grüße
Ihre Unterhaltung ist angenehm, sie ist erstaunlich gut unterrichtet, aber es fehlt ihr an Begeisterung, was mich durchaus nicht für sie begeisterte.” Ein nahezu vernichtendes Urteil, das die Malerin Elisabeth Vigée-Le Brun über ihre Kollegin Angelika Kauffmann fällt. Artig, gebildet, aber ein bisschen blutleer – das klingt ganz nach ihrer Malerei. Mit glattem Pinselstrich füllte die 1741 in der Schweiz geborene Tochter eines Kirchenmalers kunstvoll die Kulissen ihrer Historiengemälde mit klassizistischem Personal: traumverlorene und trauerumflorte Gestalten mit griechischen Köpfen in antiker Gewandung. Sie steigert das Klassische ins Empfindsame, das Historische ins Elegische und lässt ihre Figuren mit großen Gebärden das Geschehen psychologisch verdichten. Er wirkt ein wenig bemüht, dieser Versuch, der entrückten Historie noch etwas Menschliches abzugewinnen, mit ein paar geneigten Köpfen und fuchtelnden Armen zuviel. Doch ihre Zeitgenossen schätzten gerade diese Empfindsamkeit auch an ihrer Person.
Angelika Kauffmann, eine der wenigen Künstlerinnen, die es zu Ansehen nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der neueren Kunstgeschichte gebracht haben, wurde schon zu Lebzeiten verehrt. Ihr zartes Wesen, ihre Gestalt, die sie selbst wie eine ihrer Figuren aussehen ließ, und ihre frühe Wunderkind-Begabung als Malerin und Sängerin trugen dazu bei. Ihr „unglaubliches und als Weib wirklich ungeheures Talent”, ihre Empfänglichkeit für „alles Schöne, Wahre, Zarte” und ihre große Bescheidenheit lobt Goethe in seiner „Italienischen Reise”.
Erstaunlich bescheiden wirken auch ihre erhaltenen Briefe, die nun zum ersten Mal in einer Gesamtausgabe vorliegen. Die hundertachtzig von Waltraud Maierhofer in den Originalsprachen herausgegebenen und ausführlich kommentierten Briefe bezeugen vor allem ihr Talent, geschickt ihre Geschäfte in der von Männern dominierten internationalen Kunstwelt zu führen, in der sie sich zeitlebens bewegte. Mit höflicher Liebenswürdigkeit wahrt sie die Konventionen von Weiblichkeit und Unterordnung und setzt das vorgegebene Rollenspiel zur Verfolgung ihrer Interessen ein: Wortreiche Bekundungen ihrer Ergebenheit und freundschaftlicher Verbundenheit lassen auch die größten Aufträge wie Freundschaftsdienste aussehen.
Vergeblich sucht man in ihren Briefen Aufschluss über ihre einmalige Erfolgsstory: Bereits in jungen Jahren Gründungsmitglied der Royal Academy of Art und Ehrenmitglied zahlreicher italienischer Akademien, machte sie in London und Rom eine ungewöhnliche Karriere als Historien- und Porträtmalerin, belieferte den europäischen Adel mit ihren Bildern und pflegte über die Standesgrenzen hinweg auch freundschaftliche Kontakte, etwa zu Goethe, Klopstock und Anna Amalia von Sachsen-Weimar.
Empfindsam und warmherzig, voller Anteilnahme, aber ohne Glanz, erinnert ihre Korrespondenz an ihre Bilder. Wohl war die Sprache nach Malerei und Musik drittrangig. Vergeblich sucht man Reiseeindrücke oder atmosphärische Schilderungen ihrer Umgebung. Ihre Lebenswelt und Alltagssorgen bleiben merkwürdig blass, nie klagt sie ihr persönliches Leid, beteiligt sich am Gesellschaftsklatsch oder spricht über Moden und Liebschaften – Themen der weiblichen Briefliteratur im achtzehnten Jahrhundert, die den Frauen einen gewissen Spielraum zur literarischen Entfaltung gewährten. Weder ausgebuffte Geschäftstüchtigkeit noch emanzipatorischer Kampfesgeist finden sich in ihren Briefen, weder gewandte Apercus noch intellektuelle Diskurse, die man eigentlich bei einer Frau erwartet, die sich solange überaus erfolgreich auf internationalem Parkett bewegt hat. Doch davon zeugt hauptsächlich die Leichtigkeit, mit der sie in verschiedenen Sprachen korrespondierte.
Es war ihr Charakter, nicht ihr Geist, den Goethe und andere Zeitgenossen priesen, ihre Zartheit, nicht ihr Temperament und ihre „mechanische Kunstkenntnis”, nicht ihre intellektuelle Kennerschaft, die er lobte. „Man muß schätzen, was sie macht, nicht, was sie zurücklässt.” Ihre erhaltenen Briefe erklären tatsächlich ebensowenig wie ihre Bilder die ungewöhnliche Karriere und die außerordentliche Wertschätzung, die man ihr entgegenbrachte. Sie galt offensichtlich ihrer Person, die mit ihrem Werk untrennbar verknüpft ist.
VERONIKA SCHÖNE
ANGELICA KAUFFMANN: „Mir träumte vor ein paar Nächten, ich hätte Briefe von Ihnen empfangen”. Gesammelte Briefe in den Originalsprachen. Herausgegeben, kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Waltraud Maierhofer. Libelle Verlag, Lengwie am Bodensee 2001. 544 Seiten, 45 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Dieses Buch hat alles, was sich Rolf-Bernhard Essig wünscht: Es enthält die bislang umfangreichste Briefsammlung der Düsseldorfer Malerin, die mit Goethe, Klopstock und Herder befreundet war und ihre künstlerische Unabhängigkeit stets bewahren konnte; es druckt diese Briefe in ihrer Originalsprache ab, denn Kauffmann lebte lange Zeit in London und schließlich in Rom, außerdem bewahrt es die Originalorthografie, so dass die Verfasserin der Briefe "unmittelbar zum Leser spricht", wie Essig meint; und auch äußerlich ist das Buch wirklich schön aufgemacht, versichert er. Am meisten aber beeindruckt ihn der große Anhang, in dem die Herausgeberin eine überragende Quellenarbeit geleistet habe! Kauffmann formulierte nicht so gut wie sie malte und zeichnete, berichtet Essig, war aber sehr anpassungsfähig an ihre jeweiligen Briefpartner. Sie entsprach dabei, erklärt Essig, den Konventionen des empfindsamen Briefwechsels, zu denen eine gewisse Überschwänglichkeit gehörte. In diesem Licht präsentierten sich auch Kauffmanns Briefe an Goethe neu, die für Essig vor allem von einer fruchtbaren geistigen Nähe zeugen und keineswegs als Ausdruck einer unglücklich Liebenden missverstanden werden sollten.

© Perlentaucher Medien GmbH