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Felicitas Hoppes Bücher sind immer auch Bücher vom Reisen. Mit "Der beste Platz der Welt" ist die Autorin am Ziel. Aber welches Ziel? Und wie gelangt sie dorthin? Durch einen Tunnel, beängstigend wie der im Märchen vom Schlaraffenland. In dem Märchen, das Felicitas Hoppe hier erzählt, mündet er direkt an den Mauern einer Kirche auf einem Plateau über der Rhone. An einem so unwirklichen wie realen Sehnsuchtsort, wo viel Wein wächst und wo sich eine alte, aber frisch restaurierte Einsiedelei befindet: "Einsiedeln heißt, einen Ort finden, einen Platz, eine Stelle." Was nun erzählt wird in jener…mehr

Produktbeschreibung
Felicitas Hoppes Bücher sind immer auch Bücher vom Reisen. Mit "Der beste Platz der Welt" ist die Autorin am Ziel. Aber welches Ziel? Und wie gelangt sie dorthin? Durch einen Tunnel, beängstigend wie der im Märchen vom Schlaraffenland. In dem Märchen, das Felicitas Hoppe hier erzählt, mündet er direkt an den Mauern einer Kirche auf einem Plateau über der Rhone. An einem so unwirklichen wie realen Sehnsuchtsort, wo viel Wein wächst und wo sich eine alte, aber frisch restaurierte Einsiedelei befindet: "Einsiedeln heißt, einen Ort finden, einen Platz, eine Stelle." Was nun erzählt wird in jener alpinen Landschaft voll südlichem Licht, ist allerdings keine Geschichte vom Bleiben, sondern der funkelnde Kern der Autobiografie einer Autorin, der nicht zu trauen ist, weil sie in ihren Büchern Mythen und Schicksale erfindet, indem sie - rastlose Hochstaplerin auf der Suche nach Wahrheit - Märchen und Historien zusammenfabuliert. Mit "Der beste Platz der Welt" erfindet Felicitas Hoppe sichselbst, indem sie zwar von ihrem Aufenthalt als Preisträgerin des Spycher-Literaturpreises erzählt, dabei aber unmerklich in die Reihe ihrer Erfindungen tritt, neben ihre Ritter und Heiligen, ihre Verbrecher und Versager und all die anderen unzuverlässigen Reiseführer der Weltgeschichte. Um schließlich einem Mann die Hand zu reichen, mit dem sie erprobt, wie man Gipfel stürmt.Ein wunderbares Kabinett- und Zauberkunststück, entblößend und verbergend zugleich, das uns zeigt, wie man Sonne in Flaschen füllt und dass wir nie die Ersten sein werden, weil der Einsiedler immer schon vor uns da war.
Autorenporträt
Felicitas Hoppe, 1960 in Hameln geboren, hat in Tübingen, den USA, Rom und Berlin studiert, als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache am Goethe-Institut gearbeitet, ist 1997 vier Monate auf einem Containerfrachtschiff um die Welt gereist und lebt als freie Schriftstellerin in Berlin. Zahlreiche weitere Reisen, u.a. nach Asien, Afrika und Südamerika. Seit 2007 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Sie erhielt u. a. den Rauriser Literaturpreis, den Heimito von Doderer-Preis und den Bremer Literaturpreis. Ihr Werk ist in zahlreiche Sprachen übersetzt. Zuletzt erschien von ihr der Jeanne d'Arc-Roman "Johanna", 2006, das Kinderbuch "Iwein Löwenritter" 2008 und ihre Augsburger Poetikvorlesungen "Sieben Schätze" 2009, alle drei im S. Fischer Verlag.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.2009

Sonnenlicht in Flaschen

Die Einsiedlerin von Leuk: Felicitas Hoppe streift schlaflos vor Glückseligkeit durch Berg und Tal und erzählt Geschichten vom "Besten Platz der Welt".

Zu den Rechten und Pflichten eines Spycher-Literaturpreisträgers gehört das freie Wohnrecht in Chalets und Patrizierwohnungen des Walliser Städtchens Leuk. Dafür erwarten die Stifter und Bürger natürlich, dass der dichterische Aufenthalt in ihren Mauern nicht ohne Folgen bleibt, auch für die Hebung des Fremdenverkehrs. Preisträger wie Martin Mosebach und Marcel Beyer haben diese schwierige Übung schon mit Eleganz absolviert; aber zuletzt stapfte der Berliner Lyriker Gerhard Falkner in seiner Novelle "Bruno" doch eher befremdet und waidwund auf den Spuren des gleichnamigen Problembären durchs Gebirg. Sein düsteres Fazit: "Die Alpen sind vernichtet", und mit der Literatur geht es auch nur noch bergab; "bald wird es nur noch diese Problemmenschen geben, nur noch die Termiten und Spaßvögel". Felicitas Hoppe, Spycher-Preisträgerin 2004, kommt aus Hameln und ist schon mal auf einem Frachter um die Welt gefahren. Die Berge sind ihr zwar erklärtermaßen fremd, aber im Gegensatz zu dem Berliner Brummbären verlässt sie ihre Höhle nicht ungern. Das "Einsiedeln" als blinder Passagier in der Leuker Kapitänskajüte über der Ringackerkapelle war für sie jedenfalls keine lästige Pflicht.

Zugegeben, der Tunnel zwischen Frutigen und Raron war Hoppe auch nicht ganz geheuer: "Immer kommt man irgendwo an, von mir aus auch in der Ewigkeit. Aber ich mag keine Abkürzungen." Aber am anderen Ende fand sie den "besten Platz der Welt", von dem schon ihre Tante selig geschwärmt hatte, und auch inspirierende Ruhe fürs Schreiben: In Leuk vollendete Hoppe ihren "Johanna"-Roman. Frei schweift der Blick von der Bergschreiberklause über die Weinberge hinunter ins Rhonetal. Die Leuker behelligten die Fremde nicht ungebührlich. Die Wanderer, die dreist über die Mauer kletterten und klingelten, bewirtete die Eremitin freundlich mit Tee. Nachts, wenn die Fensterläden gespenstisch knarzten, stieg sie tapfer auf die Kanzel des Kirchleins und zählte die Engel auf dem Deckengemälde.

In einer kleinen Erzählung berichtet sie jetzt von einem Aufenthalt an ihrem realen Sehnsuchtsort im Dezember: die Ankunft im Schneetreiben, erste Erkundungsversuche, Ausflüge, etwa ins Zermatter Matterhornmuseum, Begegnungen mit Einheimischen und Touristen. Wie von allen ihren Weltreisen und Seelenwanderungen bringt Hoppe auch aus dem Oberwallis mehr als nur artige Reisefeuilletons mit. In ihren Büchern tummeln sich Ritter und Romantiker, Verbrecher und Versager in einer phantastisch verfremdeten Baedeker-Welt, und so ist auch Hoppes Leuk, bevölkert von Sagenfiguren und den Phantomen aus ihren Träumen und Kindheitserinnerungen, kaum wiederzuerkennen: Die Berge sind von Riesen geschleifte Schutzwälle; unten im Tal liegt das Meer. Die Kühe sind gegen jede Ordnung der Natur Fische, die Gasthöfe labyrinthische Lebewesen. Ihre Klause ist ein von Hecken überwuchertes Dornröschenschloss, vor dem Frauen auf Flaschen gezogenes Sonnenlicht in Taschen spazieren führen.

Auch die Menschen, denen sie auf ihren Ausflügen begegnet, sind wie nicht von dieser Welt. Mister Notwimper etwa, ein Engländer, mit dem sie in Zermatt eine keusche Nacht verbringt, erzählt ihr eine unglaubliche Geschichte von seinem Vorfahren Edward Whymper, dem legendären Erstbezwinger des Matterhorns: Auf den Viertausendern hausten einst Einsiedler, bis die Engländer kamen und ihnen die Beile stahlen, mit denen sie das Holz für ihre Frühstücksfeuer hackten. Bruder Andreas, Hoppes mönchischer Cicerone, steuert Legenden vom Tiefmattenfuchs und den zwölf ungerechten Richtern bei, die nachts in der Kapelle mit Totenschädeln und Gebeinen kegeln. Als Spuk- und Märchenfiguren ziehen sie "das Spiel der Erlösung vor, den Tumult dem Schlaf, den Ehrgeiz der Ruhe und den Sport einer trostlosen Ewigkeit", und das gilt auch für die Erzählerin. Schlaflos vor Glückseligkeit, singend und in Sprichwörtern redend, streift sie durch Berg und Tal, vermischt heiter Autobiographisches mit Erfundenem, Erinnerungen an ihre Äquatortaufe mit dem erträumten Gipfelsturm aufs Matterhorn. Ihren Geschichten ist so wenig zu trauen wie den Stimmen, die sie nachts hört. "Der beste Platz der Welt" ist vielleicht nur eine höfliche Pflichtübung, ein kleines literarisches Souvenir; aber so luftig, verspielt und flüchtig zart wie Sonnenlicht in Flaschen und Frühstücksfeuer auf Eis.

MARTIN HALTER

Felicitas Hoppe: "Der beste Platz der Welt". Erzählung. Edition Spycher im Dörlemann Verlag, Zürich 2009. 96 S., geb., 14,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.01.2010

Schweizer Gischt
Felicitas Hoppes Erzählung „Der beste Platz der Welt”
Liebesgeschichten müssen nicht gut und nicht schlecht ausgehen. Sie müssen gar nichts, nicht einmal von Menschen handeln. Diese hier trägt den Titel „Der beste Platz der Welt” und handelt davon, wie sich jemand in einen Ort verliebt. Dieser Jemand ist die Schriftstellerin Felicitas Hoppe, geboren 1960 in Hameln, und der Ort ist eine Einsiedelei im Wallis, wo sie ein fünfjähriges Gastrecht hat, weil sie den „Spycher: Literaturpreis Leuk” gewonnen hat.
Die Einsiedelei in den Schweizer Bergen ist an den Rücken der Kirche von Leuk angebaut: „eine warme hölzerne Wabe, Menschenhütte am Gotteshaus, ein etwas zu tief gehängter Mastkorb, der kleine Buckel des Kirchenkörpers, ihm zu Füßen der Weinberg. Oben fünf Fenster, fünf Luken aus Licht. Ich bin da.” Es ist sehr viel Einverständnis in dieser Ankunft. Aber auch ein wenig Überraschung. Denn die Preisträgerin, angereist von ihrem fernen Wohnort Berlin, gehört nicht zu den Menschen, die vor Alpenlandschaften sogleich in die Knie gehen. Den metaphysischen Schauder, die Sehnsucht nach den Gipfeln als Orten höherer Wahrheit hat sie nicht im Gepäck. Aber noch steckt ihr das Unbehagen am Eisenbahntunnel zwischen Frutingen und Raron in den Knochen, und Erzählungen von Friedrich Dürrenmatt dürften nicht zu ihrer Reiselektüre gehört haben: „ich mag weder Tunnel noch Bücher darüber”.
Es ist nicht weit von Leuk bis zu den hohen Gipfeln, nach Zermatt und zum Matterhorn. Aber selbst von den höchsten Schweizer Bergen öffnet sich nicht leicht die Aussicht aufs Meer. Aber diese Aussicht ist das Ziel der Erzählung, die Felicitas Hoppe von ihrem ersten Aufenthalt in der Einsiedelei mitgebracht hat. Vor gut zehn Jahren erschien, als Frucht einer Weltumsegelung auf einem Containerschiff, ihr Buch „Pigafetta” (1999), ein anderes trägt den Titel „Paradiese, Übersee” (2003). Die Horizontlinie des Meeres hat sie nun in die Berge mitgenommen, wie die Erinnerung an die Tante aus Hannover, die Jahr für Jahr ins Wallis fuhr und dabei stets selbstbewusste Flachländerin blieb.
Die Nichte ihrerseits lebt bald mit den Geistern, die den alten Legenden zufolge in der Kirche ihr Unwesen treiben, zwar nicht auf vertrautem Fuß, aber doch
in wechselseitigem Respekt. Einsiedelei und Einsilbigkeit gehören für sie nicht zusammen. Touristen gibt sie geduldig Auskunft über ihre Kirche. Freundlich verkehrt sie mit den Nachkommen englischer Matterhorn-Erstbesteiger –
ob sie wahrhaft zum Alpinisten-Adel gehören oder ihn vorschwindeln – und besucht das Matterhorn-Museum „Zermatlantis”.
Für dessen kalauernden Namen kann sie nichts, aber er kommt ihr zupass als Zwischenüberschrift. Denn sie hat ja die Einsiedelei als Mastkorb bezogen, ist auf der Suche nach dem Meerblick in den Schweizer Alpen. Ob sie ihn im letzten Satz der Erzählung findet, sei nicht verraten. Kein Geheimnis aber muss bleiben, was dieser maritimen Liebesgeschichte aus den Bergen, in der auch die Kälte und der Schnee nicht fehlen, ihren besonderen Charme verleiht: die leise Überraschung der Erzählerin angesichts der eigenen Verliebtheit. Sie ist vielleicht ein Erbe der seligen Tante aus Hannover. Aber das muss nicht so sein. Denn wie gesagt, Liebesgeschichten müssen gar nichts. Nur ist es gut, wenn sie gut erzählt sind. So wie diese.
LOTHAR MÜLLER
FELICITAS HOPPE: Der beste Platz der Welt. Erzählung. Edition Spycher. Dörlemann Verlag, Zürich 2009. 96 Seiten, 14,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Wenn Felicitas Hoppe von ihrer Suche über den "besten Platz der Welt" schreibt, weiß sie, wovon sie spricht, attestiert ihr die Rezensentin Beatrix Langner: In ihren bisherigen Arbeiten hat Hoppe immer wieder von Reisenden geschrieben und ist selbst soviel gereist, dass "Reisen und Schreiben für sie Synonyme" seien. Den Stillstand und die Einsamkeit, die das Aufenthaltsstipendium des Spycher Literaturpreises Leuk Felicitas Hoppe beschert hat, habe sie nun genutzt, um eine "äußerst elegante Parabel über Gut und Übel der literarischen Eremitage" vorzulegen. Wenn Felicitas Hoppe die Landschaft nachzeichnet, die ihre Einsiedelei umgibt, macht sie daraus "ein Wunderwerk opaker Beschreibungskunst", frohlockt Beatrix Langner.

© Perlentaucher Medien GmbH