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"Ich sehe Hemingway ab und zu. Er ist ein komischer Kauz, sehr liebenswert, voller Verve und ein glänzender Geschichtenerzähler. (Bei einem Schriftsteller ist das Phantasie, bei allen anderen Lüge. Das nennt man Genie.) Also sitze ich da und habe gerade das Ms. zu seinem neuen Buch gelesen und gebe dazu furchtbar kluge Dinge von mir; anderer Leute Bücher zu beurteilen, ist ein Kinderspiel, das eigene eine Qual."Martha Gellhorns Karriere als Kriegsreporterin führte sie an die vorderste Front praktisch jedes bedeutenden internationalen Konflikts, vom Spanischen Bürgerkrieg bis zum Ende des…mehr

Produktbeschreibung
"Ich sehe Hemingway ab und zu. Er ist ein komischer Kauz, sehr liebenswert, voller Verve und ein glänzender Geschichtenerzähler. (Bei einem Schriftsteller ist das Phantasie, bei allen anderen Lüge. Das nennt man Genie.) Also sitze ich da und habe gerade das Ms. zu seinem neuen Buch gelesen und gebe dazu furchtbar kluge Dinge von mir; anderer Leute Bücher zu beurteilen, ist ein Kinderspiel, das eigene eine Qual."Martha Gellhorns Karriere als Kriegsreporterin führte sie an die vorderste Front praktisch jedes bedeutenden internationalen Konflikts, vom Spanischen Bürgerkrieg bis zum Ende des Kalten Kriegs. Sie war in jeder Hinsicht eine leidenschaftliche Frau, so lebte und so schrieb sie. Die liebevollen Briefe an ihre Freunde geben Zeugnis vom intensiven Leben der Schriftstellerin, die stets das harte Leben suchte und doch fast daran zerbrach.
Autorenporträt
Martha Gellhorn wurde am 8. November 1908 in St. Louis geboren. Sie studierte in Bryn Mawr, ging 1930 nach Paris. 1937 folgte sie Ernest Hemingway in den Spanischen Bürgerkrieg. Bis zum Ende des Kalten Krieges war sie bei jedem wichtigen internationalen Konflikt an vorderster Front dabei, um als Kriegsreporterin darüber zu berichten. Martha Gellhorn starb auf eigenen Wunsch am 16. Februar 1998 im Alter von 90 Jahren in London. Zuletzt erschienen in deutscher Übersetzung "Paare - Ein Reigen in vier Novellen". 2007 und "Muntere Geschichten für müde Menschen". Novellen. 2008. Zu ihrem hundertsten Geburtstag am 8. November 2008 ist der dritte Novellenband "Das Wetter in Afrika" erschienen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.12.2009

Sie wollte die Hölle auf Rädern sein

Zeugnisse von der Unordnung des Herzens: Martha Gellhorn zeigt sich in ihren Briefen als mutige und oft kompromisslose Frau, die ihre Widersprüche mit Leidenschaft ausgelebt hat.

Ohne mich: weshalb ich nie wieder nach Deutschland zurückkehren werde", hatte sie im Jahr 1992 einen Essay in der britischen Zeitschrift "Granta" betitelt, die eine Ausgabe dem Phänomen der "Krauts" widmete. Die Deutschen hatte Martha Gellhorn nie gemocht, seit ihrem ersten Besuch 1936, als sie Zeugin wurde, wie junge grölende Nazis ein altes Ehepaar zwangen, auf allen vieren die Straße zu wischen. Das hat sich ihr, die jüdische Wurzeln hatte und immer mit Israel sympathisierte, tief eingebrannt. "Wenn man bedenkt, dass wir versucht haben, die Malariamücke auszurotten", schreibt sie 1944, "könnten wir uns doch allemal ein wenig Zeit nehmen, den Deutschen auszurotten, der noch sichereren und hässlicheren Tod bringt."

Wenige Tage nach der Befreiung von Dachau war sie zur Stelle als Reporterin, das waren prägende Erfahrungen. In einem ihrer späten Briefe muss sie resigniert feststellen, dass sie jetzt vor allem in Deutschland gelesen werde. Diese Briefe, die Caroline Moorehead herausgegeben hat, zeigen eine mutige, oft kompromisslose Frau, die ihre Widersprüche mit Gusto auslebt. Wenn sie schon kein Mann sein durfte, so wollte sie eine "Hölle auf Rädern" sein, denn "ich wäre wirklich ein ziemliches Mannsbild geworden, und als Frau bin ich bloß ein Ärgernis". Bloß kein guter Mensch sein, aber zornig und fröhlich dabei. Die Übersetzerin Miriam Mandelkow trifft auch im Deutschen eine Tonlage, die diese Mischung von Fröhlichkeit und Bitternis bestens wiedergibt.

Wer das kollektive Gedächtnis, das besser ein kollektives Vergessen genannt werden sollte, nach Martha Gellhorn befragt, bekommt, wenn überhaupt, die Antwort, es müsse sich wohl um die Frau Hemingways gehandelt haben. Das war sie in der Tat, aber nur wenige Jahre, und die Dinge, die sie über Hemingway später schreibt, lassen ihn jämmerlich erscheinen, ein egozentrischer Riese, der mit seiner Rauhheit posierte. Sie war die Falsche für ihn, er der Falsche für sie. Martha Gellhorns Briefe an ihn aber zeugen von liebender Anhänglichkeit: "Ich will nur dich und gut schreiben." Sie erniedrigt sich: "Ich bin keine große Schriftstellerin. Ich fungiere eher als Darmspülung." Nach einer katastrophalen Ehe wollte sie nichts mehr von ihm hören und gab nur ungern Auskunft über die Gewohnheiten dieser "künstlerischen Eigenkreation".

Gellhorn kam aus einem deutsch-jüdischem Haus in St. Louis. Die Frau, die sie im Jahr 1908 zur Welt brachte, blieb ihre große Liebe das ganze Leben lang, keine Briefe sind zärtlicher geschrieben als diejenigen an die Mutter, die eine bekannte Frauenrechtlerin war. Der Vater stammte aus Breslau. Martha war abenteuerlustig und wurde Journalistin und Schriftstellerin. Im Jahr 1934 berichtete sie über die Wirtschaftskrise in den Vereinigten Staaten. Diesen offiziellen Auftrag verlor sie dann allerdings wieder, nachdem sie Arbeitern empfohlen hatte, sie sollten ein paar Scheiben einwerfen, um auf ihre Probleme aufmerksam zu machen. Immerhin fielen ihre Berichte der Präsidentengattin Eleanor Roosevelt auf, und eine Freundschaft entstand. Als Kriegsreporterin ging Martha Gellhorn an die schlimmsten Schauplätze der Welt und schrieb über neun Kriege.

Sie berichtete aus dem Spanischen Bürgerkrieg, wo sie sich mit dem Fotografen Robert Capa anfreundete, von verschiedenen Fronten im Zweiten Weltkrieg, vom D-Day wie von der Befreiung Italiens oder aus dem Vietnamkrieg. Sie hasste den Krieg, doch brachte er sie in eine Schreibspirale, aus der sie ihre klaren, aber immer auch parteilichen Texte herausspulte. Neben den vielen Einsätzen und Umzügen - sie wohnte unter anderem in England, Wales, Italien und Afrika und bereiste mehr als fünfzig Länder der Welt - gab es viele Männer, mit denen sie es zu kurzen oder längeren Affären brachte. Schmerzvoll und leidenschaftlich war dies oft, zumal viele Liebhaber verheiratet waren. Die Liebesbriefe, die sie gelegentlich gar nicht erst abschickte, sind Zeugnisse einer Unordnung des Herzens, die sie auslebte wie kaum jemand. Sie brauchte den bitteren Geschmack, den möglichen Verlust auf der Zunge. Dennoch heiratete sie ein zweites Mal, diesmal einen englischen Journalisten. Dass er ihr bald langweilig würde, war vorauszusehen. Acht Jahre vor ihrem Freitod im Jahr 1998 erklärt Martha Gellhorn einem jüngeren Freund, sie habe festgestellt, dass Männer sich gar nicht für Frauen als Menschen interessieren. Aber sie registriert die Veränderungen im Geschlechterverhältnis und bedauert, die "unfähige Chauvinistenschwein-Generation" abgekriegt zu haben. Männern, auch befreundeten wie Leonard Bernstein, liest sie gern die Leviten, will sagen: demontiert ihre Eitelkeiten.

Die letzten Jahre sind von Krankheit, Erblindung und Unbeweglichkeit gekennzeichnet, doch verlässt sie nie der heilige Zorn. Vor allem verfällt sie nicht ins Jammern über ihren Zustand - in Afrika wird sie noch Opfer einer Gewalttat -, sondern greift Missstände des Lebens und der Politik munter an, regt sich über Thatcher, die PLO und die amerikanische Regierung auf, verehrt Gorbatschow und Geldof, schreibt Leserbriefe an die "Times" und tauscht sich über das Leben aus mit neugewonnenen Freunden in London wie der Autorin Victoria Glendinning oder dem Romancier Nicholas Shakespeare. Ein Schatten auf ihrem Leben ist sicherlich die Beziehung zu ihrem Stiefsohn gewesen; die Briefe an ihn changieren zwischen extremer Enttäuschung und Gewissensbissen.

Was bleibt von diesen schriftlichen Zeugnissen einer starken, oft auch zerrissenen Frau? Ihre Unbekümmertheit, mit der sie redet, wie es ihr kommt, ihre Tapferkeit und Offenheit. Mit fünfundzwanzig schreibt Martha Gellhorn: "Für mich ist Perfektion vollkommene Lebendigkeit, wach und begierig zu sein, alles zu wollen, was Wachstum und Intensität bedeutet." In diesem Sinne war Martha Gellhorn perfekt.

ELMAR SCHENKEL

Martha Gellhorn: "Ausgewählte Briefe". Herausgegeben von Caroline Moorehead. Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow. Mit einem Nachwort von Sigrid Löffler. Dörlemann Verlag, Zürich 2009. 416 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für Elmar Schenkel bieten diese Briefe Gelegenheit, eine so starke wie zerrissene Frau kennenzulernen. Ob die Briefe nun Martha Gellhorns Verbitterung über Nazi-Deutschland bezeugen, ihre Fröhlichkeit, ihre Zärtlichkeit gegenüber der geliebten Mutter, ihre Herzensunordnung (in den Liebesbriefen) oder Gewissensbisse (in der Post für den Stiefsohn) - Schenkel erkennt doch stets eine erstaunliche Unbekümmertheit im Ausdruck und die Tapferkeit und Offenheit einer erstaunlichen Frau.

© Perlentaucher Medien GmbH