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Der Vordenker der NSDAP die erste umfassende Erforschung einer verhängnisvollen Karriere Die Macht im Staat zu erringen, war Alfred Rosenberg nicht genug. Sein eigentlicher Kampf begann erst nach der "Machtergreifung", der Kampf um die Seelen der Menschen. Wer die ideologische Formierung des NS-Staates verstehen will, kommt an Alfred Rosenberg nicht vorbei. Nach bescheidenen Anfängen als völkischer Publizist und Agitator wurde er zum Weltanschauungsbeauftragten eines totalitären Regimes. Ernst Piper, ein ausgewiesener Experte für das Dritte Reich, hat Archive auf der ganzen Welt aufgesucht und…mehr

Produktbeschreibung
Der Vordenker der NSDAP die erste umfassende Erforschung einer verhängnisvollen Karriere
Die Macht im Staat zu erringen, war Alfred Rosenberg nicht genug. Sein eigentlicher Kampf begann erst nach der "Machtergreifung", der Kampf um die Seelen der Menschen. Wer die ideologische Formierung des NS-Staates verstehen will, kommt an Alfred Rosenberg nicht vorbei. Nach bescheidenen Anfängen als völkischer Publizist und Agitator wurde er zum Weltanschauungsbeauftragten eines totalitären Regimes.
Ernst Piper, ein ausgewiesener Experte für das Dritte Reich, hat Archive auf der ganzen Welt aufgesucht und den Lebensweg dieser entscheidenden, von der Forschung bislang vernachlässigten NS-Figur umfassend rekonstruiert.
Alfred Rosenberg, Hitlers Weggefährte in dessen ersten Jahren in München, gilt gemeinhin als Chefideologe der NSDAP. Er war Herausgeber vieler wichtiger nationalsozialistischer Periodika wie zum Beispiel dem "Völkischen Beobachter" und befehligte eine Reihe von Organisationen, unter anderem den Kampfbund für deutsche Kultur, das Amt Rosenberg, die Nordische Gesellschaft, den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg. 1941, als mit dem Überfall auf die Sowjetunion der Kampf mit dem "jüdischbolschewistischen Weltfeind" begann, wurde er Reichsminister für die besetzten Ostgebiete. War er bis dahin vor allem Vordenker eines Weltanschauungsstaats gewesen, stand er nun auch als Politiker in vorderster Front. Der Krieg im Osten war von Anfang an ein ideologischer Vernichtungskrieg, zu dessen Legitimation ein Rosenberg gebraucht wurde. Im Rücken der Front vollzog sich der Mord an sechs Millionen Juden. Rosenberg hatte maßgeblichen Anteil an der Entstehung des antisemitischen Weltbilds der Nazis, spielte eine zentrale Rolle bei der öffentlichen Legitimierung der Vernichtungsmaßnahmen und war auch an ihrer Durchführung beteiligt. In Nürnberg wurde Rosenberg vor dem Internationalen Gerichtshof als Hauptkriegsverbrecher angeklagt, in allen Punkten der Anklage schuldig gesprochen und am 16. Oktober 1946 hingerichtet. Eine düstere Karriere in einer düsteren Zeit.
Autorenporträt
Ernst Piper, 1952 in München geboren. Studium der Geschichte, Philosophie und Germanistik, 1981 Promotion. Langjährige Verlagstätigkeit. Lebt heute mit seiner Familie in Berlin. Lehrtätigkeit an verschiedenen deutschen Universitäten, zahlreiche Publikationen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.11.2005

Des Teufels Moralathlet
Alfred Rosenberg, die reine Lehre des Nationalsozialismus und der "wilde Osten"

Ernst Piper: Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe. Karl Blessing Verlag, München 2005. 831 Seiten, 26,- [Euro].

Alfred Rosenberg, den "Chefideologen" des "Dritten Reiches", hat Joachim Fest einmal als Hitlers "vergessenen Gefolgsmann" charakterisiert. Das geläufige Urteil hat nicht zuletzt damit zu tun, daß der Autor des "Mythus des 20. Jahrhunderts" - des Kodex der reinen Lehre des Nationalsozialismus - in den Machtkämpfen der Satrapen des Diktators regelmäßig auf der Verliererseite landete. Als der belächelte, ja oftmals verlachte "Parteiphilosoph" unterlag er seinen bedenkenlos zu allem entschlossenen Konkurrenten wie Göring und Goebbels, Himmler und Bormann ein um das andere Mal.

Diese dominierende Einschätzung über den führenden Theoretiker der braunen Bewegung unterzieht Ernst Piper einer grundlegenden Überprüfung. Sie geht von der Annahme aus, Rosenberg habe durch seinen auf die Verteidigung der eigenen Person bedachten Auftritt vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal "selbst die Grundlagen für die Legende gelegt, er sei lediglich ein weltfremder Tolpatsch ohne Einfluß auf den Gang der Dinge gewesen". Ohne der sich aufdrängenden Versuchung zu erliegen, die bislang vorwaltende Anschauung nunmehr in ihr gerades Gegenteil zu verkehren, rekonstruiert der Verfasser - unter Inkaufnahme einer oftmals gar nicht zu verkennenden Langatmigkeit des Textes - die Vita des 1893 im estnischen Reval Geborenen, der nach einem Architekturstudium in Riga und Moskau bereits zu Anfang der zwanziger Jahre zur Hitler-Partei fand.

Als Chefredakteur des "Völkischen Beobachters" und Teilnehmer am Putsch vom November 1923 schien er nach der "Machtergreifung" 1933 für eine herausgehobene Position in Hitlers Staat geradezu bestimmt zu sein. Allein, der Versuch des 1934 zum "Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP" ernannten Baltendeutschen, zum Außenminister aufzusteigen, scheiterte auf der ganzen Linie. Der prinzipienbesessene Dogmatiker, dessen Rußlandfeindschaft neben der rassistischen und antichristlichen Orientierung zu den Axiomen seiner Weltanschauung zählte, hatte sich vielmehr mit der Leitung des Außenpolitischen Amtes der NSDAP zu begnügen. Mehr noch: Als das "Dritte Reich" am 23. August 1939 den berüchtigten Pakt mit der Sowjetunion abschloß und die ideologischen Todfeinde zu politischen Komplizen wurden, um Hitlers Kriegführung gegen Polen zu ermöglichen und Ostmitteleuropa untereinander zu teilen, fand sich der zu dieser ideologischen Mesalliance in doktrinärer Opposition verharrende Rosenberg vollends auf dem Abstellgleis.

Das änderte sich erst wieder nach dem 22. Juni 1941, als das Deutsche Reich den Krieg gegen die Sowjetunion eröffnete und die Fronten für den notorischen Russen- und Bolschewistenhasser wiederum stimmten: Am 17. November 1941 stieg er zum "Reichsminister für die besetzten Ostgebiete" auf und stand im nunmehr verschärften Kompetenzengerangel der konkurrierenden Gewalten bald darauf erneut im Schatten der Macht. Dafür war nicht allein Himmlers SS verantwortlich, die den von Rosenberg einmal so genannten "wilden Osten" exklusiv als ihren Einflußbereich reklamierte. Sondern dafür sorgten auch die ihm formal unterstellten "Reichskommissare", vor allem Erich Koch in der Ukraine, die seine Politik schlichtweg sabotierten: Diese zielte nämlich darauf ab, die nichtrussischen Völker der Sowjetunion, allen voran die Ukrainer, durch bedingte Autonomiezugeständnisse für einen Kampf an der Seite der Deutschen gegen die Russen zu gewinnen. Damit geriet der neu ernannte Ostminister umgehend in scharfen Gegensatz zur nationalsozialistischen Besatzungspolitik Hitlers, Himmlers und Görings. Mit dem "Reichsmarschall", der die Ukraine vor allem wirtschaftlich ausbeuten ließ, lag er zudem in seiner Eigenschaft als Reichsleiter des "Einsatzstabes Rosenberg" im Konflikt, weil er auf dem Gebiet des nationalsozialistischen Kunstraubs im besetzten Europa den kaum zu befriedigenden Ansprüchen Görings im Wege stand.

Daß Rosenbergs dissentierende Ostpolitik freilich alles andere als Ausdruck einer fundamentalen Opposition war, zeigt sich insbesondere auf dem Feld der Judenpolitik. Der Propagandist des sogenannten "nordischen Gedankens", der im Zusammenhang mit dem deutschen Feldzug in Skandinavien Kontakte zu dem norwegischen Kollaborateur Vidkun Quisling unterhielt, war in die Planungen für den nationalsozialistischen Judenmord durch Hitler persönlich eingeweiht. Darin unterschied er sich nicht von den für die praktische Verwirklichung des Genozids verantwortlichen Repräsentanten der SS oder von Albert Speer, der im Krieg zu einem weiteren mächtigen Kontrahenten des Reichsministers aufstieg und Rosenberg "ohne jeden Kompromiß und ohne alle Umschweife aus dem Weg räumte".

Alles in allem: Der in seinem persönlichen Habitus im Vergleich mit anderen Potentaten der Partei und des Staates eher bescheidene und zurückhaltende, fast introvertierte und zunehmend depressive Rosenberg übte in ideologischer Hinsicht, vor allem im Zusammenhang mit der sogenannten "Judenfrage", maßgeblichen Einfluß aus und vermochte sich zudem auf dem Gebiet der Kunstpolitik des Regimes mit seinen puristischen Vorstellungen hier und da durchzusetzen. Insgesamt aber gab der "Moralathlet" des Regimes, gerade auch als "Reichsminister für die besetzten Ostgebiete", ein Bild der politischen Ohnmacht ab. Insofern hat die neue Darstellung, die leider nicht ganz fehlerfrei ist, unser Wissen über Alfred Rosenberg zwar in manchem korrigiert und ergänzt, aber kaum grundlegend revidiert. Ihr Vorzug liegt in der Aufbereitung eines reichhaltigen Materials, weniger allerdings in dessen intellektueller Durchdringung und literarischer Darbietung.

KLAUS HILDEBRAND

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Beeindruckt zeigt sich Rudolf Walther von Ernst Pipers Biografie über Hitlers Chefideologen Alfred Rosenberg. Überzeugend findet er insbesondere die "minutiöse Rekonstruktion" der Rolle Rosenbergs zwischen 1919 und 1945, die der Autor bietet. Zustimmend äußert er sich auch über Pipers kritische Auseinandersetzung mit der Bewertung Rosenbergs nach dem Krieg und der schleichenden Rehabilitation seiner intellektuellen Zuarbeiter, die nach 1945 von ihrem Mitwirken an der Vernichtung der europäischen Juden nichts mehr wissen wollten. Walther berichtet über die wichtigsten Stationen in Rosenbergs Karriere, insbesondere über seine Aktivitäten beim "Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg", der mit dem Raub von Büchern und Kunstwerken in den besetzten Gebieten befasst war. Insgesamt würdigt er Pipers Arbeit als eine "gründliche Studie", die nicht nur viel Neues enthalte, sondern auch über die Machart von Rosenbergs ideologischen Konstrukten "vorzüglich" informiere. Einziger Wermutstropfen für Walther ist die gelegentliche Überfrachtung des Buchs mit Informationen, die das Verdienst des Autors allerdings nicht schmälere.

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