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Die Hockney-Experten Kay Heymer und Marco Livingstone gehen in diesem Buch den Besonderheiten seiner Porträts und ihrem Stellenwert in der Kunst des 20. Jahrhunderts auf den Grund. In pointierten Essays stellen sie die Bildnisse seiner Freunde, seiner Familie und seiner Liebhaber vor und versuchen, der besondren Art der Kommunikation nachzuspüren, mit der Hockney Nähe und Distanz zu seinen Modellen auslotet. Bevorzugt arbeitet der Künstler mit Menschen, die ihm auch persönlich nahe stehen. Über viele Jahre hinweg porträtierte er dieselben Personen in Langzeitstudien, die in dieser Vielfalt in…mehr

Produktbeschreibung
Die Hockney-Experten Kay Heymer und Marco Livingstone gehen in diesem Buch den Besonderheiten seiner Porträts und ihrem Stellenwert in der Kunst des 20. Jahrhunderts auf den Grund. In pointierten Essays stellen sie die Bildnisse seiner Freunde, seiner Familie und seiner Liebhaber vor und versuchen, der besondren Art der Kommunikation nachzuspüren, mit der Hockney Nähe und Distanz zu seinen Modellen auslotet. Bevorzugt arbeitet der Künstler mit Menschen, die ihm auch persönlich nahe stehen. Über viele Jahre hinweg porträtierte er dieselben Personen in Langzeitstudien, die in dieser Vielfalt in der Kunstgeschichte einmalig sind, und dokumentiert so die Verwandlung der Modelle im Laufe der Zeit.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.03.2004

Baden und malen auf der Sonnenseite
Zwei Bücher bebildern David Hockneys Freunde und seine künstlerische Strategie der Zitate

Kaum ein lebender Künstler ist so beliebt wie David Hockney. Sein Porträt des Designerehepaares Celia Birtwell und Ossie Clark mit ihrer Katze Percy gehört zu den meistverkauften Postkarten von Tate Britain, und auf der unlängst nach Gesamterlösen erstellten Bestenliste des zeitgenössischen Auktionsgeschäftes steht Hockney als einziger Brite unter den ersten zehn. Mit seinem blondgefärbten Haar, der runden Brille und der poppig-dandyhaften Garderobe galt er als der Inbegriff der Swinging Sixties, obwohl er bei allem Glamour stets der bodenständige Yorkshire-Junge geblieben ist.

Während andere in den Bann der Abstraktion gerieten, machte sich Hockney frei von dem prätentiösen Dogma der Akademien und wandte sich wie sein Studienfreund R. B. Kitaj bald demonstrativ der figürlichen Darstellung zu. Seine Bilder wirken meist heiter und anspruchslos, auch wenn sie, wie Alexandra Schumacher in ihrer wissenschaftlichen Studie über Hockneys "Strategien der Bildkonzeption" darlegt, versteckte Anspielungen geistiger und persönlicher Natur enthalten. Selten geht Hockney auf die Schattenseite des Lebens ein, und selbst da, wo er mit dem Kubismus flirtet, bleibt die Kunst leicht lesbar. Die Schwimmbeckenbilder aus den sechziger Jahren vermitteln ein Gefühl von Freiheit, Freude und Wohlsein. Keine Werbeagentur hätte sich ein sonnigeres Image ausdenken können für den Staat Kalifornien, wo Hockney damals die Tristesse und die Einschränkungen des englischen Lebens hinter sich ließ. Der australische Kritiker Robert Hughes nannte ihn einmal den Cole Porter der zeitgenössischen Kunst. Richtig daran ist: Wenn es in der Malerei wie in der Musik eine Unterscheidung zwischen E- und U-Musik gäbe, würde Hockney zur Kategorie U zählen.

Auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen hat sich Hockney über die Tätigkeit als Zeichner, Graphiker und Maler hinaus an einer Vielfalt von Techniken und Stilen versucht. Die kindliche Vorliebe für moderne Gadgets regte ihn in den achtziger Jahren zu Spielereien auf dem Farbfotokopierer und dem Faxgerät an, er machte Fotocollagen, übte sich erfolgreich als Bühnenbildner und erforschte die Technik der "Camera lucida", um seine umstrittene These zu belegen, daß die Alten Meister sich für die realistische Wiedergabe ihres Sujets optischer Hilfsmittel bedienten. Neuerdings experimentiert er mit der Aquarelltechnik.

Bei alledem blieb die Beschäftigung mit dem Porträt im Mittelpunkt seines Schaffens. In dem schönen Bildband "Hockneys Freunde" schildern Kay Heymer und Marco Livingstone die verschiedenen Aspekte der Porträtkunst in Hockneys Werk. Bis vor kurzem, als er sich durch die "Camera ludica" ermutigt fühlte, auch fremde Gesichter einzufangen, hatte Hockney nur Vertraute aus seinem innersten Kreis porträtiert: die Eltern, seine Liebhaber und enge Freunde, die er im Laufe der Jahre, oft in intimen Situationen, immer wieder darstellte. Man blättert in dem Buch wie in einem Familienalbum, folgt Hockney auf den Stationen seines Lebens und seiner künstlerischen Entwicklung und registriert die Spuren, welche die Zeit beim Künstler und seinem Umkreis hinterlassen hat. Hockneys Fähigkeit, nicht nur die Physiognomie wiederzugeben, sondern auch aufschlußreiche Momente festzuhalten, die das Wesen der Sujets erfassen, kommt in den Porträts ebenso zur Geltung wie die Anknüpfung an die Vorbilder aus der Kunstgeschichte.

Am Anfang der Darstellung stehen die Selbstbildnisse, beginnend mit einer Farblithographie von 1954, die den siebzehnjährigen Kunststudenten vor der Tapete seines Elternhauses in Bradford zeigt. Das Buch endet mit der Serie aquarellierter Doppelporträts, die im vergangenen Jahr in der Annely Juda Gallery zu sehen war. Die anderen Kapitel handeln von der Familie und den Freunden. Über Hockney und von Hockney ist so viel geschrieben worden, daß es übertrieben wäre, zu behaupten, dieser Rückblick enthalte tiefgründige neue Erkenntnisse. Doch werden die Merkmale von Hockneys Kunst kenntnisreich dargestellt, allerdings ohne kritische Distanz.

Auffallend ist vor allem die Freude des Autodidakten an den Entdeckungen, die Hockney für sich selber macht, und die große Unbefangenheit, mit der er sich immer neuen Dingen zuwendet. Während er in den Porträts der siebziger Jahre einen eher fotografischen Naturalismus anstrebt, reizt ihn in den achtziger Jahren zunehmend die Herausforderung, Bewegungsprozesse - Blicke, Mienen und Gesten - einzufangen und den zeitlichen Ablauf zu einer Synthese zu bringen, um ein lebendiges Abbild zu schaffen, sei es mittels Fotomontagen oder durch die an Picasso und Bacon angelehnten neokubistischen Gemälde, die zu Hockneys am wenigsten geglückten Experimenten zählen. Durch die Beschäftigung mit diesen Darstellungs- und Wahrnehmungsfragen ist Hockney inzwischen von der Fotographie abgekommen. In Interviews der letzten Zeit äußert er sich über die Unzulänglichkeiten des Mediums, dem, zumal im digitalen Zeitalter, nicht zu trauen sei. Als Beweis führt er die berühmte Rembrandt-Skizze eines Kindes an, das die ersten Schritte lernt. "Die größte Zeichnung aller Zeiten", schwärmt Hockney und behauptet, kein Foto vermöge diese anrührende Szene festzuhalten.

Noch ein zweites Buch zu Hockney verdient die Aufmerksamkeit. In ihrer ungeheuer beflissenen Doktorarbeit, die durch den Reimer Verlag einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wird, untersucht Alexandra Schumacher Hockneys Ikonokraphie. Sie führt von Plinius über Alberti bis hin zu Panofsky und der gegenwärtigen Kritik eine Fülle von Quellen an, um die literarischen, kunsthistorischen und autobiographischen Bezüge in Hockneys Werk darzulegen, seine Verwendung des Zitats als künstlerisches Stilmittel zu analysieren und die vielschichtige Bedeutung einzelner Bilder zu entschlüsseln. Vor lauter Gelehrsamkeit geht mitunter der Sinn für Hockneys unbeschwerte Ironie verloren. Sie schwingt auch in seiner Antwort auf die Frage mit, ob nicht zuviel in seine Bilder hineingelesen werde. "Sur la Terasse", die Rückenansicht seines langjährigen Freundes Peter Schlesenger wird oft als wehmütiges Sinnbild für das Ende der Beziehung gedeutet. Dazu sagt Hockney etwas verschmitzt, er hätte beim Malen einfach denken können: "Sieht er nicht niedlich aus von hinten?"

GINA THOMAS

Kay Heymer, Marco Livingstone: "Hockneys Freunde". Porträts von 1954 bis 2002. Aus dem Englischen von Bernadette Ott und Rita Seuß. Knesebeck Verlag, München 2003. 240 S., 220 Farb-Abb., geb., 59,90 [Euro].

Alexandra Schumacher: "David Hockney". Zitate als Bildstrategie. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2003. 154 S., Abb., br., 39,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gina Thomas bespricht zwei Bücher über den Maler David Hockney. Der "schöne" Bildband von Kay Heymer und Marco Livingstone mit Porträts gefällt ihr nach eigenem Bekunden gut. Er enthält Selbstbildnisse, Porträts seiner Familie, seiner Liebhaber und Freunde und, in seiner aktuellsten Schaffensphase, auch einige Bilder von Unbekannten, wie die Rezensentin mitteilt. "Tiefgründige neue Erkenntnisse" zum Werk Hockneys hat dieser Band nicht zu bieten, aber das hat die Rezensentin angesichts der Flut von Publikationen zum britischen Maler auch nicht erwartet. Deshalb ist sie auch insgesamt recht zufrieden mit dieser "kenntnisreichen" Darstellung, auch wenn sie mitunter ein bisschen die "kritische Distanz" vermisst.

© Perlentaucher Medien GmbH