Marktplatzangebote
5 Angebote ab € 2,49 €
  • Broschiertes Buch

1 Kundenbewertung

Allen Warnungen vor marodierenden Rebellen zum Trotz reist Tim Butcher allein entlang des gesamten Kongo-Stroms, 2.500 Kilometer vom Tanganjika See an der Grenze zu Tansania bis nach Boma am Atlantischen Ozean. In Pirogen, auf einem Patrouillenschiff der UN, zu Fuß und mit Motorrädern durchmisst er Afrikas gebrochenes Herz , getrieben vom Wunsch, sich ein eigenes Bild von einem Land zu machen, das gegenwärtig durch die größte UN-Blauhelmmission der Welt mehr schlecht als recht stabilisiert wird. Entstanden ist ein mutiger, äußerst lesenswerter und hoch aktueller Augenzeugenbericht über das…mehr

Produktbeschreibung
Allen Warnungen vor marodierenden Rebellen zum Trotz reist Tim Butcher allein entlang des gesamten Kongo-Stroms, 2.500 Kilometer vom Tanganjika See an der Grenze zu Tansania bis nach Boma am Atlantischen Ozean. In Pirogen, auf einem Patrouillenschiff der UN, zu Fuß und mit Motorrädern durchmisst er Afrikas gebrochenes Herz , getrieben vom Wunsch, sich ein eigenes Bild von einem Land zu machen, das gegenwärtig durch die größte UN-Blauhelmmission der Welt mehr schlecht als recht stabilisiert wird. Entstanden ist ein mutiger, äußerst lesenswerter und hoch aktueller Augenzeugenbericht über das Leben und Überleben in einer der am schwersten zugänglichen Regionen Afrikas.
Autorenporträt
Tim Butcher, Jahrgang 1967 und Oxford-Absolvent, ist seit 1990 Journalist beim englischen "Daily Telegraph". Er arbeitete für die Zeitung als Kriegsberichterstatter unter anderem im Irak, Kosovo, in Bosnien und Sierra Leone. Mehrere Jahre war er Afrikakorrespondent mit Sitz in Johannesburg. Gegenwärtig ist er der Nahostkorrespondent und lebt in Jerusalem.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.02.2009

Zurück in der Steinzeit
Der britische Reporter Tim Butcher hat den gesamten Kongo durchquert – das unzugänglichste Gebiet der Welt
Wer in den Ostkongo reist, kann das Risiko kaum kalkulieren. Zu unüberschaubar sind die vielen verfeindeten Milizen, zu grausam die Kriegsverbrechen, zu undurchdringlich die Ausläufer des Regenwaldes. Zehntausende Menschen wurden dort bereits zerhackt, geköpft oder bei lebendigem Leibe verbrannt, mehr als hunderttausend Frauen und Kinder schon vergewaltigt und danach mit Glasscherben, Pfeilen, Messern oder Macheten verstümmelt. Seit 1998, seit dem Ausbruch des Kongokriegs, sollen fünf Millionen Menschen gestorben sein, und noch immer werden es täglich mehr, weil marodierende Milizionäre, Regierungssoldaten und andere Verbrecherbanden trotz des Friedensvertrags und international anerkannter Wahlen in diesem völlig desolaten Land weiter um Land und Bodenschätze kämpfen.
Normalerweise reist man also als Afrika-Korrespondent ein paar Tage in die relativ sicheren Provinzstädte Goma, Bukavu, Beni oder Bunia, um über den schlimmsten Krieg der Gegenwart zu berichten, und wenn man ganz mutig ist, dann fährt man auch noch ein paar Kilometer raus in die Dörfer und Flüchtlingslager im Umland, immer in der Hoffnung, dass man nicht – so wie es dem Korrespondenten der FAZ vor kurzem passiert ist – überfallen und entführt wird.
Nicht so Tim Butcher. Hält man seine nun auf deutsch erschienene Reportage „Blood River – Ins dunkle Herz des Kongo” zum ersten Mal in der Hand, mag man nicht glauben, dass seine Reise wirklich stattgefunden hat, schließlich hat diese Route seit fast 20 Jahren kein Zivilist mehr bewältigt, weder ein Kongolese noch ein Ausländer. Der Korrespondent des Daily Telegraph aber hat tatsächlich die gesamte Demokratische Republik Kongo, das einstige Zaire, von Ost nach West durchquert, vom Tanganjikasee an der tansanischen Grenze bis hin zur Atlantikküste. Immer am Kongofluss entlang, so wie es einst der Abenteurer, Journalist und „Kongo-Entdecker” Henry Morton Stanley von 1874 bis 1877 gemacht hat. 3000 Kilometer durch das heute wohl unzugänglichste Gebiet der Welt. Butcher war abwechselnd mit Motorrad, Piroge oder auch mit einem gecharterten Boot der Vereinten Nationen unterwegs. Immer im Ungewissen, ob er die nächste Etappe überlebt oder ob es in der nächsten Ortschaft auch noch jemanden gibt, der ihn wieder ein Stück weiter bringen könnte.
Mehr als 300 Seiten umfasst diese Reisereportage. Und allein Butchers Schilderung, wie er sich durch den zentralafrikanischen Dschungel schlägt, wie er immer wieder jemanden findet, der ihm weiterhilft, wie er vor Soldaten und Milizionären flieht, würde ausreichen, sein Buch bis zur letzten Seite nicht mehr wegzulegen. Das Besondere an Butchers Reportage aber ist, was sie über das Innere des Kongo offenbart. Als „gebrochenes Herz Afrikas” bezeichnet er das Land, und das ist dann doch eine viel zu harmlose Formulierung für das Grauen, dem er an nahezu jedem Ort begegnet. Fast überall im Osten berichten ihm die Bewohner von nächtlichen Überfällen, von unvorstellbar grausamen Banden, die aus dem Nichts kommen und nach ihren Massakern wieder im Nichts verschwinden. Und Butcher sieht nur noch die Überreste dieses Horrors, ungezählte menschliche Knochen und Schädel auf den Wegen und im Unterholz, es sind so viele, dass sie die Bewohner nicht mehr begraben mögen.
Wie massiv das Land durch die jahrzehntelange Misswirtschaft und Korruption, durch Krieg und Chaos inzwischen zerstört ist, wird an einer Stelle besonders deutlich. Da kommt Butcher in eine Stadt, in der Zehntausende Menschen leben, die weder über Strom noch asphaltierte Straßen, Krankenhäuser oder Ärzte verfügen. Was Butcher zu dem Schluss kommen lässt, dass der Kongo die wohl einzige Region der Welt ist, in der die Großväter die Moderne erlebt haben und die Enkel sich nun in der Steinzeit wiederfinden. Fuhren hier doch in den fünfziger und sechziger Jahren nicht nur Autos und Motorräder auf asphaltierten Straßen oder Züge auf Gleisen, auf dem Kongofluss gab es auch einen regelmäßigen Fährverkehr mit Schaufelraddampfern. Heute gibt es nicht einmal mehr Überreste davon, lediglich eine einzige verrostete Radkappe dient noch als Zeugnis für eine längst vergangene Zeit.
Wäre Butchers Reise aber lediglich eine Abenteuerreportage, die den heutigen Zustand des Kongo schildert, dann hätte es in Großbritannien wohl kaum zum Bestseller gereicht. Mit „Blood River” aber zeigt der Journalist, wie gut er sein Handwerk beherrscht. Er verknüpft seine eigene Reise mit Henry Morton Stanleys Kongo-Durchquerung, mit der anschließenden Horrorherrschaft der Belgier und dem kompletten Kollaps des Landes unter Mobutu Sese Seko und den beiden Kabila-Präsidenten so mühelos, so informativ, so spannend, dass selbst die Großen der Erzählkunst beeindruckt sind. Für John le Carré zumindest ist Butchers Buch „ein Meisterwerk”.
MICHAEL BITALA
TIM BUTCHER: Blood River – Ins dunkle Herz des Kongo, National Geographic/ Piper Verlag (zuvor Frederking & Thaler), München 2008. 339 Seiten, 14,95 Euro.
Pfahlhaus am Kongo-Fluss Foto: Sven Torfinn/laif
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Michael Bitala kann's nicht fassen. Dass Tim Butcher tatsächlich den Kongo von Ost nach West durchquert hat, um seine Reportage über den "schlimmsten Krieg der Gegenwart" aufzuschreiben, erscheint dem Rezensenten angesichts der dort lauernden Gefahren eigentlich als Ding der Unmöglichkeit. Allein das ist ein Grund für ihn, Butchers Buch bis zur letzten Seite zu verschlingen. Dass der Korrespondent des "Daily Telegraph" darüber hinaus sein Handwerk beherrscht und es ihm gelingt, seine Erfahrungen in Bezug zu setzen zu dem großen Kongo-Erkunder Henry Morton Stanley, überzeugt Bitala restlos. Butchers geschmeidige und informative Berichterstattung nimmt der Lektüre allerdings nichts von ihrem Horror. Was Bitala hier zu lesen bekommt, das wird deutlich, ist an Grauen kaum zu übertreffen.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Fesselnd, aufklärend und oft auch traurig sind seine Schilderungen von einem Land, in dem die Menschlichkeit nicht selten in Vergessenheit gerät, da der Kampf ums eigene Überleben jegliches Handeln dominiert.« Tours