18,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

Leonora Carrington, Malerin und Dichterin, war nicht nur die wilde Muse der Surrealisten. Wohl war sie mit Max Ernst liiert, und Breton erzählte bewundernd, wie sie einst in einem vornehmen Pariser Restaurant ihre Schuhe auszog und ihre Füße mit Senf bestrich. Doch Carrington war eine selbstbewusste surrealistische Künstlerin. Ihre Malerei stellte sie in Amsterdam und Paris aus und später in Mexiko.In den »Bizarren Geschichten« aus den dreißiger bis achtziger Jahren - kein anderes Buch der Künstlerin versammelt Werke aus einer solchen Zeitspanne - erzählt Leonora Carrington traumhafte,…mehr

Produktbeschreibung
Leonora Carrington, Malerin und Dichterin, war nicht nur die wilde Muse der Surrealisten. Wohl war sie mit Max Ernst liiert, und Breton erzählte bewundernd, wie sie einst in einem vornehmen Pariser Restaurant ihre Schuhe auszog und ihre Füße mit Senf bestrich. Doch Carrington war eine selbstbewusste surrealistische Künstlerin. Ihre Malerei stellte sie in Amsterdam und Paris aus und später in Mexiko.In den »Bizarren Geschichten« aus den dreißiger bis achtziger Jahren - kein anderes Buch der Künstlerin versammelt Werke aus einer solchen Zeitspanne - erzählt Leonora Carrington traumhafte, eindringliche, wundersame Begebenheiten.Ob sie schildert, wie ein junges Mädchen eine Hyäne statt seiner selbst zum verhassten Debütantinnenball schickt, ob sie eine Begegnung mit einem seltsamen Jäger im englischen Wald beschreibt oder von dressierten Ratten erzählt, die in Kriegszeiten Menschen in Lazaretten operieren - Carringtons Prosa ist wundersam, träumerisch und von starker Ausdruckskraft. Ausgewählte Gemälde der Künstlerin illustrieren das Buch.
Autorenporträt
Leonora Carrington (1917-2011), geboren in England, lernte in den dreißiger Jahren in Paris Max Ernst kennen, mit dem sie bis 1940 zusammenlebte. Dort auch Kontakt mit André Breton und Joan Miró. 1940 Flucht in die USA und 1942 nach Mexiko, wo sie seitdem lebte. Ihre Malerei stellte sie zunächst 1938 auf Surrealismus-Ausstellungen in Paris und Amsterdam, später in zahlreichen Ländern aus. Heute erzielen ihre Werke bei Auktionen Erlöse von über einer halben Million Euro. Der Titel ihres letzten, posthum erschienenen Buchs, 'Die Milch der Träume', war das Motto der Biennale von Venedig 2022. Leonora Carrington starb 2011 in Mexico City. Heribert Becker, geboren 1942 in Leverkusen, lebt als freier Publizist und Übersetzer in Köln. Er stand zu vielen Surrealisten in Frankreich und andernorts in persönlichem Kontakt, hat mehrere Ausstellungen organisiert und ist Herausgeber und Übersetzer zahlreicher surrealistischer Werke.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.02.2010

Pirouetten des Rückblicks
Im erzählerischen Werk der Leonora Carrington bilden Spott auf die steifleinerne Welt ihrer Herkunft, Mythisches und Surreales eine leichtfüßige Einheit
Eine Hyäne, die Gelegenheit erhält, ein Dienstmädchen zu verspeisen, weil eine Debütantin nicht zum Ball will. Mexikanische Schweine, die in Ohnmacht fallen, aber „einen Engel haben”, oder eine drei Meter große fünfzehnjährige Aristokratin, die ein hundert Jahre altes Holzpferdchen reitet, das von ihrem Vater getötet wird. All das findet man in den Erzählungen von Leonora Carrington wie nebenbei.
Doch das Erstaunlichste am erzählerischen Werk der heute 92-jährigen Malerin ist, wie in ihm schon 1937, zu Beginn, Spott auf die englische Gesellschaft, Einflüsse irischer Mythen und deutsch-französischer Surrealismus zu einer leichtfüßig zelebrierten Einheit finden. Das Spießbürgertum soll durch schnelle, sanfte, unheimliche Gewalt, ähnlich wie bei Buñuels Schnitt durchs Auge, brüskiert werden. Aber das Prinzip des Schocks wird durch verblüffenden Witz ergänzt, der sich auch durch die romantische Aufhebung der Grenzen zwischen Mensch und Tier ergibt.
Alte Damen, die sich um den Ruf der Familien kümmern, der in Gefahr ist, weil schrullige Onkels und Tanten unverschämt lachen, schlagen hinter ihren hohen Mauern leidenschaftlich Kohlköpfe tot. Und was soll man von Gäulen halten, die vom Leithengst aufgefordert werden, „mit dem linken Vorderhuf den Takt zu den Wolgaschiffern, mit dem rechten Vorderhuf zur Marseillaise und mit den beiden Hinterbeinen zu ,Wo bist du, meine kleine Sommerrose‘” zu klopfen, und dabei Tränen für die Verstorbenen zu vergießen?
Die vielen Pferde sind das Englischste an Leonora Carrington, die 1917 in der Grafschaft Lancashire geboren wurde, als Tochter von Harold Wilde Carrington, eines steinreichen Textilmagnaten, der zum Hauptaktionär der Imperial Chemical Industries wurde. Was ihm bei seiner Tochter nicht nützte. Der Autoritätsdarsteller wurde von der Mutter, einer Irin unklarer Herkunft, und dem passenden irischen Kindermädchen, das Märchen, Sagen, Gespenstergeschichten und „Alice in Wonderland” vorlas, übertrumpft. Von zwei Klosterschulen wird Leonora verwiesen. Auf ein Pensionat in Florenz geschickt, besucht sie die Museen und lernt malen. Zwei finishing schools in Paris verlässt sie vorzeitig, doch die Eltern geben nicht auf: 1934 wird das störrische Mädchen mit den wilden Locken offiziell bei Hof vorgestellt, die Mutter träumt von einer Heirat in Richtung Königshaus, und zu Leonoras Eintritt in die Gesellschaft gibt es eine Party im Londoner Ritz.
All das ist nicht unwichtig zum Verständnis der Erzählungen, die unter dem Titel „Die Windsbraut – Bizarre Geschichten” in einer handlichen und in ein angenehm leichtes Deutsch übersetzten Ausgabe der „Kleinen Bücherei” der Edition Nautilus erschienen sind. Denn die steifleinerne Welt, von der sich Carrington extravagant absetzt, kann als schmerzvoll durchlitten gelten. Die sprachlich-stilistischen Pirouetten, die hier auf kleinstem Raum arrangiert sind, entstanden im Rückblick. Die ersten stammen aus der Zeit kurz nach nach der „Befreiung”.
Diese begann, indem die unvorsichtige Mutter der Tochter Herbert Reads „Surrealism” schenkte. Leonora, die durchgesetzt hatte, in London Malerei zu studieren, was beim renommierten Puristen Ozenfant zu geschehen hatte, vergaß den Meister sofort. Die impulsive Zwanzigjährige lernte den silberhaarigen Mitvierziger Max Ernst bei einer Ausstellung kennen, verliebte sich und war weg. Vor den Pariser Nachstellungen der betrogenen Frau flohen Carrington und Ernst an die Ardèche.
Es hätte idyllisch werden können, mit Skulpturengarten und Bildern im Haus, doch der Krieg kommt dazwischen. Der entschiedene Nazi-Gegner Max Ernst gilt als feindlicher Ausländer und wird in Les Milles interniert. Carrington irrt durch Spanien, und ihr treusorgender Vater sorgt über eine Niederlassung seiner Firma dafür, dass seine Tochter in Santander psychiatrisch behandelt wird, wovon sie in „En bas” erzählt. Wie viele der Erzählungen ist diese auf Französisch erschienen und als „Unten” auch auf Deutsch erhältlich.
Über Umwege gelangt Leonora Carrington, ohne Max Ernst, nach Mexiko, wo sie heute noch lebt. Was man manchen Geschichten des Bandes, der auch passende Bildbeispiele und Fotografien enthält, durchaus anmerkt. Wobei: Zwar hat sich Carrington über die Jahre in alle möglichen außereuropäischen Mythenerzählungen eingelebt, doch der Surrealismus war schon immer ein naher Verwandter des lateinamerikanischen magischen Realismus, und viele Konstanten halten sich. Carrington schreibt jetzt auf Spanisch, aber nicht um ihre Wahlheimat zu idealisieren. Mit Don Pedro, dem ländlich-brutalen Trunkenbold und Gatten, der den kleinen Juan totprügeln will, weil er von ihm überlistet wurde, geht sie so unzimperlich um wie mit heimischen Patriarchen. HANS-PETER KUNISCH
LEONORA CARRINGTON: Die Windsbraut – Bizarre Geschichten. Herausgegeben und übersetzt von Heribert Becker. Edition Nautilus, Kleine Bücherei. Hamburg 2009. 256 S., 14,90 Euro.
Die englische Malerin und Schriftstellerin Leonora Carrington 1998 in ihrem Atelier in Mexico City. Foto: akg-images/Marion Kalter
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.07.2010

Dornenkratzer

Der Titel dieses Buchjuwels ist seltsam. Keine der dreiundzwanzig darin enthaltenen Geschichten von Leonora Carrington - darunter zehn deutsche Erstveröffentlichungen - enthält das Wort "Windsbraut". Das war vielmehr die Bezeichnung von Max Ernst für Carrington, seine Geliebte, von der er 1940 durch den Krieg getrennt wurde. Im Nachlass von Ernst aber fand sich manches Manuskript, das die 1917 geborene englische Malerin und Schriftstellerin längst verloren geglaubt hatte, und so kam in den siebziger Jahren die Rezeption ihrer surrealistischen Prosa erst richtig in Gang. Leonora Carrington schreibt meist auf Englisch, doch einige ihrer traumwandlerischen Texte sind nur als französische oder spanische Erstdrucke erhalten. Heribert Becker hat sie alle übersetzt und mit einem kundigen Nachwort versehen, das den schönen Band zu einem weiteren Baustein am Denkmal für den literarischen Surrealismus macht, das die Edition Nautilus mit ihrer "Kleinen Bücherei" errichtet. Leonora Carrington hat auf diesem immer noch vernachlässigten Feld einige der stärksten Texte zu bieten mit unvergesslichen Bildern: "Wenn sie dort am Ende des Gebirges vorbeikamen, zogen die Brombeerbüsche ihre Dornen ein wie die Katzen ihre Krallen." Solchen Respekt verdienen auch ihre Geschichten. (Leonora Carrington: "Die Windsbraut". Bizarre Geschichten. Aus dem Französischen, Englischen und Spanischen von Heribert Becker und Elaine Charwat. Edition Nautilus, Hamburg 2009. 256 S., Abb., br., 14,90 [Euro].) apl

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erfreut zeigt sich Rezensent Hans-Peter Kunisch über diese handliche Ausgabe mit Geschichten der 1917 geborenen surrealistischen Künstlerin Leonora Carrington. Er nutzt die Gelegenheit, die Autorin vorzustellen, berichtet von ihrer traurigen Kindheit, ihrer irischen Mutter und ihrem Vater, einem reichen Textilmagnaten, ihrem Kunststudium, der Begegnung mit Max Ernst und ihrer Flucht nach Mexiko. In Carringtons Geschichten mischen sich für ihn Einflüsse des Surrealismus, des lateinamerikanischen magischen Realismus sowie irischer und außereuropäischer Mythen. Erstaunlich findet Kunisch, wie die Autorin Spott auf die englische Gesellschaft, Mythen und deutsch-französischen Surrealismus zu einer "leichtfüßig zelebrierten Einheit" formt. Besonders hebt er dabei den Einsatz von Elementen des Schocks zusammen mit einem "verblüffenden" Witz hervor. Mit Lob bedenkt er auch das "angenehm leichte Deutsch" der vorliegenden Übersetzung.

© Perlentaucher Medien GmbH