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Der Umgang des Menschen mit Wasser ist kennzeichnender Bestandteil seiner Kultur. Dieses Buch ist speziell seinem Umgang mit Abwässern gewidmet. Der Autor unternimmt es, die für die Entwicklung der Abwasserbehandlung über 6 Jahrtausende hinweg entscheidenden historischen Stationen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts aufzuzeigen. Im letzten Teil seiner Arbeit geht er auf die eher gesellschaftlich-politischen Verknüpfungen dieser Entwicklung ein.

Produktbeschreibung
Der Umgang des Menschen mit Wasser ist kennzeichnender Bestandteil seiner Kultur. Dieses Buch ist speziell seinem Umgang mit Abwässern gewidmet. Der Autor unternimmt es, die für die Entwicklung der Abwasserbehandlung über 6 Jahrtausende hinweg entscheidenden historischen Stationen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts aufzuzeigen. Im letzten Teil seiner Arbeit geht er auf die eher gesellschaftlich-politischen Verknüpfungen dieser Entwicklung ein.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.04.2000

Millionen Bakterien können nicht irren
Faszinosum Kloake: Dieter Büker bewegt sich in seinem Thema wie der Fisch in der Wassertonne

Das Leben ist hart. Manchmal muss man ohne Murren seine Pflicht tun wie der Inder vom unteren Ende des Kastensystems, der die Exkremente seiner Mitmenschen beseitigt, oder der Studierende, der sich lange damit beschäftigt, aus hundertneun Veröffentlichungen eine hundertzehnte zu destillieren.

Dieter Büker hat gerade seine Schrift "Mensch - Kultur - Abwasser" vorgelegt. Thema des Büchleins ist die Geschichte der Beseitigung von Abwässern, von der Steinzeit bis zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Der 1939 geborene Autor ist ein Ingenieur mit langjähriger Erfahrung in der Umwelt- und Entsorgungstechnik. Zusätzlich hat er dann noch Literatur, Politik und Geschichte studiert. Man kann deshalb davon ausgehen, dass er weiß, wovon er schreibt.

Abwasser ist ein weiter Begriff. Darunter fällt auch der Inhalt der Regentonne. Für uns ist natürlich das Abwasser am wichtigsten, von dem Gefahr für uns ausgeht, und diese Gefahr bestand in der Vergangenheit hauptsächlich in der Möglichkeit der Übertragung von Infektionskrankheiten. Allerdings ist noch gar nicht so lange bekannt, dass solche Seuchen von Mikroorganismen verursacht werden, die man mit bloßem Auge nicht erkennen kann.

Die Geschichte der Abwasserbeseitigung ist deshalb auch eine Geschichte des Halbwissens und der Missverständnisse. Erst nachdem Forscher wie Robert Koch die genauen Zusammenhänge herausgefunden hatten, gelang es, die hygienischen Probleme zu lösen. Zumindest in den westlichen Industriestaaten sind heute Typhus, Cholera und Ruhr weitgehend besiegt, weil wir mit unseren Exkrementen nicht mehr das Trinkwasser verschmutzen.

Über die ferne Vergangenheit können wir nur spekulieren. Vielleicht sind die ersten ernsthaften Schwierigkeiten mit flüssigen und festen Abfällen im Zusammenhang mit der Erfindung von Ackerbau und Viehzucht entstanden. Die Pfahlbauten der Jungsteinzeit hatten möglicherweise unter anderem auch den Vorteil, dass das Regenwasser ungehindert ablaufen konnte und der Boden des Hauses trocken blieb.

Erste "Wasserbaukulturen" entstanden vor sechstausend Jahren in Mesopotamien, Ägypten, Indien und China. Büker beschreibt diverse archäologische Funde aus diesen Gebieten. Am Anfang waren Abtritte und Badewannen nur ein Luxus für Reiche und Mächtige. Den ältesten bekannten Abwasserkanal, der von einem Gewölbe überdeckt wurde, hat man beim Nordpalast von Tell Asmar (Mesopotamien, etwa 2350 vor Christus) gefunden.

Die fähigsten Ingenieure der Antike gab es im Römischen Reich. In Rom wurde ein Bach zu einem unterirdischen Kanal, der berühmten Cloaca Maxima ausgebaut. Teile davon sind noch heute in Betrieb. Dieses Bauwerk war Vorbild für ähnliche Anlagen im weiten Umkreis und blieb für Jahrhunderte unübertroffen. Trotzdem lebte der Großteil der Bevölkerung in unhygienischen Verhältnissen. Wenn man liest, dass in Rom allein siebzehn Prozent des Frischwassers vom kaiserlichen Hof verbraucht wurden, wundert einen das nicht.

Erst im neunzehnten Jahrhundert war aufgrund der regelmäßigen Seuchen der Leidensdruck groß genug, dass es zu wirklichen Verbesserungen kam. Die "Systemfrage" wurde entschieden. Das Vorbild, nach dem heute überall verfahren wird, war London. Hier entstand eine Schwemmkanalisation nach dem Mischsystem. Das heißt, alle Abwässer wurden in einem einzigen Kanalsystem erfasst. Zunächst flossen sie einfach in die Themse. Später wurden dann Absetzbecken gebaut, um die Verschmutzung des Flusses zu verhindern. Der entstehende Klärschlamm wurde mit Schiffen im Meer versenkt.

Der Chemiker Justus von Liebig, Erfinder der künstlichen Fleischbrühe, wetterte gegen dieses System, weil dadurch der Landwirtschaft der Dünger entzogen wurde. Er befürchtete die "Entstehung von Völkerkriegen durch Hungersnot". Mit den künftigen Völkerkriegen hatte er Recht, aber sie sollten doch andere Ursachen haben.

Dietmar Büker hat einen sorgfältigen und kenntnisreichen Text geschrieben. Dem Normalleser will man ihn trotzdem nicht empfehlen. Es gibt zu viele andere interessantere Themen. Das Leben ist eigentlich zu kurz für 136 Seiten über Kloaken. Zwölf Seiten im "Scientific American" hätten es auch getan.

ERNST HORST

Dieter Büker: "Mensch - Kultur - Abwasser". Von der Annehmlichkeit für wenige zur Existenzfrage der Gesellschaft - Der Umgang des Menschen mit Abwässern. Verlag Die blaue Eule, Essen 2000. 136 S., Abb., br., 34,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Welche Zeitung auf Gottes Erdboden würde ein Buch solchen Inhalts besprechen, außer der FAZ? "Das Leben ist eigentlich zu kurz für 136 Seiten über Kloaken", meint auch Rezensent Ernst Horst, der Bükers Geschichte der Abwasserbeseitigung darum dem "Normalleser" nicht empfehlen möchte. Der Normalleser stimmt sofort zu und fragt, warum dann eine Rezension? Immerhin bescheinigt Horst dem Autor, "einen sorgfältigen und kenntnisreichen Text" geschrieben zu haben, und er weiß sogar einiges Interessante aus dem Buch zu referieren: ein Teil der Cloaca Maxima, ein Abwasserkanal, den die Römer in der Antike angelegt hatten, ist heute noch in Betrieb. Vielleicht unterschätzt Horst den Normalleser?

© Perlentaucher Medien GmbH
"Die fast 6.000 Jahre alte Geschichte von Abwasserpolitik und -technik ist nicht immer ruhmreich verlaufen. Das vorliegende Buch zeigt es. Dennoch ist Dieter Bükers Arbeit nicht rückwärts gewandt, sondern möchte als Beitrag zur aktuellen umweltpolitischen Debatte gelesen werden. Es ist das Verdienst dieses Buches, in einem kulturhistorischen Längsschnitt den Zusammenhang von Politik, Technik und Lebensweise an einem Stoff aufzuzeigen, ohne den Menschen nicht leben könnten undohne den Leben nie hätte entstehen können: Wasser. Es ist eine Geschichte des Umganges mit Wasser und (vorwiegend) Abwasser." (Prof. Dr. Roland Czada)