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"Falsche Papiere" hat die junge mexikanische Autorin Valeria Luiselli ihre erzählerischen Essays genannt, eine persönliche, originelle, spielerische Welterkundung. Das alltägliche Leben, das diese Stadtnomadin mit uns durchstreift, ist bevölkert von den Geistern der Literaturgeschichte, von ihren speziellen literarischen Hausgeistern, und so wird das Flanieren mit Luiselli zu einem großen intellektuellen und sprachlichen Vergnügen. Das versteckte Grab Brodskys in Venedig, die so unbestimmbare wie schwer fassbare portugiesische saudade, der Horror der kleinen Landkarten auf den Monitoren bei…mehr

Produktbeschreibung
"Falsche Papiere" hat die junge mexikanische Autorin Valeria Luiselli ihre erzählerischen Essays genannt, eine persönliche, originelle, spielerische Welterkundung. Das alltägliche Leben, das diese Stadtnomadin mit uns durchstreift, ist bevölkert von den Geistern der Literaturgeschichte, von ihren speziellen literarischen Hausgeistern, und so wird das Flanieren mit Luiselli zu einem großen intellektuellen und sprachlichen Vergnügen. Das versteckte Grab Brodskys in Venedig, die so unbestimmbare wie schwer fassbare portugiesische saudade, der Horror der kleinen Landkarten auf den Monitoren bei Transatlantikflügen, wenn man das Bild des Flugzeugs, in dem man sitzt, auf der blauen Leere des abgebildeten Ozeans Millimeter für Millimeter vorrücken sieht, das Einräumen von Büchern nach einem Umzug oder die Begegnungen mit alten Damen, einem Museumswärter, Sicherheitsbeamten aus seltsamen Alltagserlebnissen schafft Valeria Luiselli einen Kosmos, in dem die Literatur so gegenwärtig ist wieunsere Lebensverhältnisse, unsere Herkunft und die Zukunft.
Autorenporträt
Valeria Luiselli, geboren 1983 Mexiko City, schreibt für Magazine und Zeitungen wie Letras Libres und die New York Times und arbeitet als Journalistin, Dozentin und Lektorin. Ihr Romandebüt 'Die Schwerelosen' wurde hochgelobt und ist in mehrereSprachen übersetzt worden, ebenso wie ihre Essays. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in New York.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Volker Breidecker sieht sich mit dem bereits 2010 im Original erschienenen Prosaband von Valeria Luiselli einer Literatur-Jukebox gegenüber, mit der die mexikanische Autorin ihren "Hausgöttern" eine Stimme gibt. Es sind quasi "Coverversionen" unschlagbarer Hits von Benjamin, Kracauer oder Borges, die hier in neuer Leichtigkeit zu Gehör gebracht werden, wie der Rezensent feststellt. Wenn er sich auch von der Belesenheit der Autorin in Literatur und Literaturwissenschaft beeindruckt zeigt, findet er die daraus resultierenden Erkenntnisse, etwa, wenn Luiselli mit Baudelaire im Gepäck durch ihre Heimatstadt flaniert, nicht immer der Mühe wert. Und ein bisschen gehen ihm die mit Literatur beladenen und durchaus "altklugen" Bemerkungen auf die Nerven, auch wenn sie sich stets auf "Diskurshöhe" bewegen, wie Breidecker einräumt. Er weiß die Klugheit und die Sprachgewandtheit der Autorin durchaus zu schätzen, findet aber alles in allem diese Prosaminiaturen überfrachtet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2014

Satzspieglein
an der Wand
Die Mexikanerin Valeria Luiselli
packt ihre Bibliothek aus
Mit einem Sound, der mit allen Wassern der Literatur und neueren Literaturwissenschaft gewaschen ist, bringt Valeria Luiselli ihre Hausgötter zum Klingen: Die Hitliste ist zu lang, um hier aufgeführt zu werden, mit dabei sind Walter Benjamin und Siegfried Kracauer, Borges und Brodsky, Proust und Pessoa. Stich- und Stilprobe: „Gewisse Dinge entziehen sich der direkten Beobachtung, und so ist es manchmal nötig, sich einen Vergleich zu suchen, ein schräges Licht, das auf das flüchtige Objekt fällt und einen Augenblick lang dasjenige fixiert, was uns entgleitet.“
  Als hätte die Autorin beim Schreiben die Tasten einer Jukebox bedient, darf sich der Leser ihrer Essays bei fast jedem Satz – die zuletzt aufgelegte Scheibe geht auf Kracauer zurück – in Melodien wiegen, die in der Verwandlung vom Pastiche zum Palimpsest oder vom Original zur Coverversion alle Schwere abgestreift haben, nicht aber das Papier, auf dem sie verewigt sind, auch wenn es Falschgeld ist: „Falsche Papiere“ hat die heute 31-jährige Mexikanerin, die in New York als Lektorin, Kolumnistin und Librettistin arbeitet und im vorigen Jahr mit dem Roman „Die Schwerelosen“ eine jubelnde Literaturkritik im Frühlingssturm genommen hat, ihre im Original schon 2010 erschienenen Prosaminiaturen genannt.
  Und beginnt das Buch – auf der Suche nach dem Grab von Joseph Brodsky – mit dem Satz: „Ein Grab auf einem Friedhof zu suchen ist wie die Suche nach einem unbekannten Gesicht in der Menschenmenge“, so weiß man schon, wessen Tod hier außerdem beschworen wird: das namenlose Ende des Baudelaireschen Flaneurs in Gestalt von Edgar Allan Poes „Mann in der Menge“. Persönliche Proben auf diesen Verlust macht die Autorin in der behaupteten Unmöglichkeit, sich von ihrer Heimatstadt Mexico City „eine umfassende Vorstellung zu erlaufen“. Um ein Haar wäre es Luiselli dabei gelungen, das Problem mit Verve und Humor zu lösen: Führte Baudelaires Dandy beim Flanieren noch eine Schildkröte an der Leine, so kommt Luiselli auf die sinnige Idee, die alte emblematische Schildkrötendevise „Festina lente“ – „Eile mit Weile“ – in eine praktische Theorie der ziellosen Velozipedie zu übersetzen und sich selbst auf eine meditative Radwanderung durch ihr heimatliches Quartier zu begeben. Leider nur geht sie der nächstgelegenen Buchhandlung wegen doch wieder zielgerichtet vor, während sie unterwegs über den Sinn des portugiesischen Worts „saudade“ sinniert.
  Allenthalben – wie in Sergej Eisensteins „Que viva Mexico“ – pflichtet der emblematische Totenkopf solchem Spiel bei. Im Spiegel will ihn Luiselli unbedingt auch schon hinter ihrem eigenen Gesicht erkennen Aber das scheint mehr Pose als sonst etwas zu sein, so wie es den Leser dieser gleichermaßen in persönlichen wie papierenen Erfahrungen getränkten Aufzeichnungen einer Bildergängerin durchaus nervt, zu jeder Alltagssituation prompt nicht nur das passende literarische Zitat, sondern obendrein auch noch eine altkluge Bemerkung hinzugeliefert zu bekommen, selbst dann, wenn diese stets auf Diskurshöhe ist: „Die Städte sind wie unsere Körper in Auflösung begriffen.“ Was denn sonst? Und so wirkt in diesem Buch, trotz seines sprachgewandten und intelligenten Charmes, doch alles – die Autorin inbegriffen – etwas überzüchtet. Der Rest ist Schreiben: „Relingos schaffen“. Was sonst.
VOLKER BREIDECKER
Valeria Luiselli: Falsche Papiere. Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz und Nora Haller. Antje Kunstmann Verlag, München 2014. 128 Seiten, 16,95 Euro. E-Book 13,99 Euro.
„Die Städte sind wie unsere
Körper in Auflösung
begriffen.“ – So, so, nun ja
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