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Sie werden berühmt. Sie werden reich. Sie werden einem großen dunklen Fremden begegnen. Sie werden Nein zu ihm sagen bis zu dem Tag, an dem Sie Ja sagen. Am Tag darauf werden Sie sterben. Mit dieser Prophezeiung hat Susan Mantle nun wirklich nicht gerechnet, als sie von der Wahrsagerin wissen wollte, ob ihr neuer Freund der Richtige sei. Sterben. Mit 28. Sie steht auf der Straße und kann nur noch einen Satz denken: Dem Tod wird kein Reich mehr bleiben. Dylan Thomas hat das gesagt. Susan merkt nicht, dass sie weint. Dem Tod wird kein Reich mehr bleiben. Sie merkt nicht, dass sie diesen Satz…mehr

Produktbeschreibung
Sie werden berühmt. Sie werden reich. Sie werden einem großen dunklen Fremden begegnen. Sie werden Nein zu ihm sagen bis zu dem Tag, an dem Sie Ja sagen. Am Tag darauf werden Sie sterben. Mit dieser Prophezeiung hat Susan Mantle nun wirklich nicht gerechnet, als sie von der Wahrsagerin wissen wollte, ob ihr neuer Freund der Richtige sei. Sterben. Mit 28. Sie steht auf der Straße und kann nur noch einen Satz denken: Dem Tod wird kein Reich mehr bleiben. Dylan Thomas hat das gesagt. Susan merkt nicht, dass sie weint. Dem Tod wird kein Reich mehr bleiben. Sie merkt nicht, dass sie diesen Satz laut ausspricht in ein Mikrofon, in eine Kamera. Vor ihr steht ein Fernsehteam, das gerade auf der Jagd nach Reaktionen auf eine ganz andere Tragödie ist: Der spirituell erleuchtete Hollywood-Star Thomas Bayne soll bei einem Attentat ums Leben gekommen sein. Susans schönes, tränenüberströmtes Gesicht und die mysteriösen Trostworte kommen den Fernsehleuten wie gerufen. Als »Geheimnisvoller Engel« erobert sie mit ihrem kurzen TV-Auftritt die Herzen aller Briten und wird über Nacht berühmt. Wird sich die Prophezeiung jetzt vollends erfüllen? »Das Mädchen, das sterben sollte« versetzt den Leser mitten in einen Medienhurrikan, in dessen Auge sich Susan verzweifelt gegen ein angeblich vorbestimmtes Schicksal wehrt. Eine literarische Realityshow, ein fulminantes Kopfkino, vor allem aber ein wunderbar unterhaltsamer Dialogroman über den Medienwahnsinn und wie man ihn überlebt.
Autorenporträt
Glyn Maxwell, geboren 1962 im englischen Welwyn Garden City, ist Autor von Dramen, Prosa, Lyrik, Opernlibretti und Hörspielen. Er unterrichtete englische Literatur an der Oxford University, der Columbia University und der New School in New York City. 1997 gewann er den E. M. Forster Award der American Academy of Arts and Letters.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.05.2009

Terror auf allen Kanälen

Flucht ist zwecklos: In Glyn Maxwells pointenreichem Zeit-Roman gerät eine junge Frau unvermittelt in den Fokus der Boulevardmedien.

Voraussagen sind heikel, weil sie nicht rückgängig zu machen sind. Und selbst Hartgesottenen, die Prophezeiungen für Unsinn halten, mag es schwerfallen, am Tage ihres vorausgesagten Todes entspannt zu bleiben. Kurzum: Dieses "Wissen" bestimmt, was wir wahrnehmen oder ausblenden. Und wer weiß, vielleicht löst es sogar die eine oder andere Paranoia aus.

Glyn Maxwells Roman "Das Mädchen, das sterben sollte" beginnt nach einem solchen verstörenden Besuch bei einer zweifelhaften Wahrsagerin. Sie prophezeit Susan Mantle, einer jungen Londonerin, Ruhm, Reichtum und den baldigen Tod. Richtig in Fahrt kommt der Roman, als sich die ersten beiden Dinge zu erfüllen scheinen: Susan läuft Kameraleuten in den Weg, die Bilder brauchen zum Drama des Tages, einem Terroranschlag auf ein Filmteam. Susans verheultes Gesicht macht sich bestens, und außerdem hat sie nebst ihrem Tränenschleier prompt eine kultige Gedichtzeile von Dylan Thomas auf den Lippen. Etwas vom Tod, und das passt ja ganz gut. Dann stiefelt und schnieft sie abwesend weiter ihres Weges, eine Ikone des Leids, wie vom Himmel gefallen.

Die Fernsehzuschauer sind entzückt, zumal kurz darauf in den Brennpunkten zum Anschlag die Nachricht eintrifft, dass ein totgeglaubter Hollywoodstar doch lebt, "nur" sein Double nicht. Wer aber ist jener "geheimnisvolle Engel"? Während die Suche auf Hochtouren läuft, rennt Susan den Medien und ihrem vorausgesagten Tod davon, lange und emsig bis zur restlosen Erschöpfung.

Das alles wäre genug Schicksal für einen schlechten Roman. Glyn Maxwell, der seinen Sprachsinn vor allem als Lyriker feilte, nutzt hier aber die Erfahrungen, die er beim Schreiben von Theaterstücken gemacht hat: Er lässt seine Figuren permanent sprechen, gern aneinander vorbei. Für Bühnen hier wäre Maxwell, 1962 in England geboren und mit diversen Preisen ausgezeichnet, allein wegen der trockenen Pointen seiner Dialoge noch zu entdecken. Dem Text gibt das Tempo und trifft sehr genau das ewige Geschwätz, das in der Unterhaltungsbranche alltäglich zu inhaltslosem Gesamtrauschen verschwimmt. Das wäre wohl auch in der Literatur nur schwer zu ertragen, spürte Maxwell nicht zugleich jener Einsamkeit nach, die entsteht, wenn man spricht, aber alle immer nur mit sich selbst beschäftigt sind oder mit dem Schmarotzen am Ruhm der anderen.

Seine Kulisse ist die pralle Showmaschinerie des Reality-Fernsehens: Aufdringliche Moderatoren scheuen sich nicht, Susan mit Kameras bis ins Schlafzimmer zu verfolgen, um die neue Prominente für die Fans hautnah zu vergrößern. Unglaublich, wie viele Figuren der Autor zu mobilisieren weiß, allesamt Karikaturen ihrer selbst, die gleich Pop-up-Figuren neben Susan hochfahren und runterklappen, obwohl Susan nur ihre Ruhe will. Wahrscheinlich ist es nicht mal völlig übertrieben, wie Maxwell hier den alten Madonnenkult mit modernen Mitteln vervielfältigt und entstellt. Immer mutloser spricht Susan hilfesuchend in dumme Gesichter oder Telefone, während das Interesse an ihr schon wieder schwindet oder verrückt gewordene Anrufbeantworter nur noch ansagen: "Wir sind nicht im Haus von uns! Hinterlassen Sie sich eine Nachricht, wenn Sie mögen!" Alles spinnt, aber wo fing der Irrsinn nur an?

Maxwell zieht mit feinem Humor und manchmal sogar Andacht die Wurzel aus einem fortschreitend auf Ablenkung getakteten Leben. Bevor seine Geschichte selbst allzu vorhersehbar wird, baut er seinem collagenartig wuchernden Gebilde Schleifen, Sackgassen und Kreuzungen ein. Immer aber bleibt er in diesem bewegt filmischen Text seiner bedrohten, flüchtenden Hauptfigur nah, ohne die schrillen und stilleren Katastrophen am Ende noch runden zu wollen. Wie auch - immer wächst etwas nach. Maxwells Gesprächsspiralen illustrieren das lustvoll und schaurig.

ANJA HIRSCH

Glyn Maxwell: "Das Mädchen, das sterben sollte". Roman. Aus dem Englischen von Martina Tichy. Verlag Antje Kunstmann, München 2009, 435 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Schwer hatte es Bernadette Conrad mit diesem Roman von Glyn Maxwell, ist sich aber bewusst, dass der amerikanische Autor seine Leser mit voller Absicht durch die Mangel dreht. Dieses Buch nämlich, das bei vollständiger Abwesenheit von erzählenden, reflektierenden oder erklärenden Passagen ausschließlich in Dialogform geschrieben ist, führt vor, wie eine junge Frau von den Medien vereinnahmt und als Objekt vermarktet wird, erklärt die Rezensentin gleichermaßen erschöpft wie gefesselt. Es geht um Susan Mantle, die, durch eine Prophezeiung verstört, in die Fänge des Reality-TVs gerät ("Liebchen, die Kamera ist da"), die ihre persönliche Erschütterung zu einer Reaktion auf den Tod einer Hollywoodgröße umdeutet. Damit wird sie zum gejagten Objekt der Kameras und schnell landesweit bekannt, erklärt die Rezensentin. Das Ganze fühlt sich dann an wie Dauerfernsehen bei wildem Rumgezappe mit dem gleichen Folgen für Körper und Geist, ächzt Conrad, die hier zutiefst erschreckend die Preisgabe eines Individuums an die Massenmedien vorgeführt sieht.

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