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Blut ist dicker als Geld. Der Kapitalismus als Familiensaga
Wer die Geschichte unserer Wirtschaft verstehen will, muss die Bedeutung von Familiendynastien erkennen. Denn es waren die Rockefellers und Fords, die Guggenheims und du Ponts, die der Wirtschaft in den letzten Jahrhunderten ihren Stempel aufgedrückt haben. David Landes schildert Aufstieg, Erfolge und Dramen unternehmerisch tätiger Familien vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.
Erfolg und Misserfolg ist in der Wirtschaft seit jeher eng mit dem Schicksal von Familienunternehmen verknüpft. In manchen Fällen
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Produktbeschreibung
Blut ist dicker als Geld. Der Kapitalismus als Familiensaga

Wer die Geschichte unserer Wirtschaft verstehen will, muss die Bedeutung von Familiendynastien erkennen. Denn es waren die Rockefellers und Fords, die Guggenheims und du Ponts, die der Wirtschaft in den letzten Jahrhunderten ihren Stempel aufgedrückt haben. David Landes schildert Aufstieg, Erfolge und Dramen unternehmerisch tätiger Familien vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.

Erfolg und Misserfolg ist in der Wirtschaft seit jeher eng mit dem Schicksal von Familienunternehmen verknüpft. In manchen Fällen garantiert die Familienstruktur ökonomische Sicherheit, wachsenden Wohlstand und vorausschauende Unternehmensführung; in anderen Fällen führen Gewinnsucht, persönliche Zerwürfnisse oder Unfähigkeit in den Abgrund. In allen Fällen aber spielen Geld, Macht und Beziehungen eine große Rolle.

Doch worum handelt es sich eigentlich bei diesen Familiendynastien? Wie wichtig ist Blutsverwandtschaft für die Stabilität eines Unternehmens? Welche Art von Menschen, welche persönlichen Schicksale und Dramen verbergen sich hinter den Firmen? Wie prägten die Zeitläufte die Familiendynastien, und wie gestalteten die Familienstrukturen umgekehrt Wirtschaft und Gesellschaft im Laufe der Jahrhunderte?

Ausgehend von solchen Fragen entwirft David Landes, einer der bedeutendsten Wirtschaftshistoriker unserer Zeit, ein Panorama der wichtigsten Familienunternehmen und ihres Einflusses auf die Weltwirtschaft vom 17. Jahrhundert bis heute. Sein Buch handelt von grandiosem Aufstieg und tragischem Verfall, von Hoffnungen und Enttäuschungen, von Genies und Exzentrikern, von Liebe, Eifersucht und Verrat.

Die Agnellis und Barings, die Fords, Guggenheims, Rockefellers oder Rothschilds - wie die mächtigsten Familien der Welt die Geschichte prägten.

"Das ist wirklich große Geschichtsschreibung! Landes schreibt mit Verve und Gusto." - Wall Street Journal über "Wohlstand und Armut der Nationen"

"Ein Glückstreffer der Wirtschaftsgeschichtsschreibung." - Die Zeit über "Wohlstand und Armut der Nationen"

"David Landes hat ein großartiges Buch geschrieben, so gedankenreich wie lesbar, die Summe eines Forscherlebens. Wer wird die Welt in das 21. Jahrhundert führen? Für die Antwort kann man sich keinen besseren Leitfaden denken als David Landes' meisterhaftes Werk." - Ralf Dahrendorf über "Wohlstand und Armut der Nationen"
Autorenporträt
David Landes, geboren 1924 in New York, ist einer der führenden amerikanischen Wirtschaftshistoriker. Er lehrte bis zu seiner Emeritierung an der Harvard University. Zu seinen großen Werken zählen "Der entfesselte Prometheus" (deutsch 1973) und "Revolution in Time: Clocks and the Making of a Modern World" (1983). Mit seinem 1999 bei Siedler erschienenen Buch "Wohlstand und Armut der Nationen" löste Landes eine Debatte aus, die weit über die Grenzen seines Fachs hinausging.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2006

Die Lust der Rothschilds auf Club Méditerranée
David Landes zeigt die wirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen / Von Michael Jeismann

Familienunternehmen sind bis heute das Rückgrat jeder Volkswirtschaft. Kabale und Liebe berühren deshalb die Ökonomie und ihre Erfolgsaussichten viel stärker, als es die Volkswirtschaftslehre wahrhaben will.

Nach Sigmund Freud ist die Familie eine Brutstätte absonderlicher psychischer Abhängigkeiten, Perversitäten und anderer Nebenwirkungen. Das hinderte die Freuds nicht daran, eine erfolgreiche Familie zu sein und fast so etwas wie eine Dynastie der Psychoanalyse zu gründen. Bei aller Abgründigkeit stellt die Familie offenbar eine verläßliche Grundlage für Unternehmungen aller Art dar, weil sie Bindungen erzeugt, die stärker sind als bloß wirtschaftliche Interessen.

"Dynasties" hat der englische Wirtschaftshistoriker David S. Landes im Original seine Geschichte der großen Wirtschaftsdynastien genannt. "Die Macht der Familie", so der deutsche Titel, trifft genauer den Stoff, um den es geht. Ob angestellte Manager ein Unternehmen führen oder ob Mitglieder einer Familie die Zügel in der Hand halten, bedeutet einen großen Unterschied. Zwar befaßt sich das Werk von Landes in erster Linie mit angelsächsischen, französischen und japanischen Unternehmerfamilien im Bankgewerbe, der Automobilindustrie und im Handel mit Rohstoffen. Selbstverständlich aber sind die Strukturen und Mechanismen von von Aufstieg und Niedergang auch in der deutschen Wirtschaftsgeschichte wiederzufinden.

Ob es die Familien Krupp, Thyssen, Flick, Siemens, Quandt oder ob es die Fuggers sind, - diese "Aristokraten der modernen Industriegesellschaft" hatten maßgeblichen Anteil am wirtschaftlichen Aufstieg Europas - und sich dabei eine eigene Kultur erworben. Wer es nicht glauben mag, der kann etwa auf der Homepage der 1789 gegründeten Privatbank Sal. Oppenheim die Differenz im Auftritt gegenüber anderen Unternehmensformen bestätigt finden. Wenn Matthias Graf von Krockow als Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter feststellt: "Von allen Formen, die eine Bank haben kann, ist die Privatbank vielleicht die modernste", dann könnte er noch hinzufügen, daß sie auch eine der aufregendsten Formen ist. In der Dokumentation der Unternehmensgeschichte finden sich für das Jahr 2005 unter anderen folgende Einträge: 18. Januar - Die Bank gibt die Nachfolgeregelung für Alfred Freiherr von Oppenheim bekannt: Georg Baron von Ullmann wird Vorsitzender des Aufsichtsrats. 17. Oktober: Gemeinsam mit der Deutschen Bank beteiligt sich Sal. Oppenheim am chinesischen Kreditinstitut Hua Xia. Familie: 30. Oktober: "Shirocco" aus dem Stall Georg Baron von Ullmanns gewinnt den Breeders Cup Turf in New York.

In einem einzigen Jahr also findet man drei, für jedes Familienunternehmen wichtige Ereignisse in chronologischer Reihenfolge: Die Frage der Nachfolge wurde glücklich gelöst; man kooperiert mit anderen Unternehmen, um auf vielversprechenden Märkten erfolgreich zu sein; und zu guter Letzt gewinnt auch noch ein Pferd aus dem eigenen Stall ein traditionsreiches internationales Rennen - ein Ausrufezeichen hinter allem, was nicht nacktes Geschäft ist und doch die eigene Unternehmenskultur bis hin zur Förderung von Wissenschaft und Kunst ausmacht. Kontinuität, Gewinn und Kultur, das ist - fast analog zu den adligen Dynastien - die Verbindung, die Privatunternehmen erfolgreich sein läßt und sie von gewissermaßen anonym geführten Unternehmen (nicht umsonst heißen sie im Französischen "sociétés anonymes") unterscheidet. Diese drei Elemente in Verbindung mit einer geschickten Heiratspolitik sind Voraussetzung, aber noch keine Garantie für den Bestand von Familienunternehmen.

David S. Landes versteht es, gegen die volkswirtschaftliche Orthodoxie die eminente wirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen herauszuarbeiten, indem er die Genealogie der Familienunternehmer in eine Geschichte von Geschäftsleidenschaft, Erfolg und Moral verwandelt. Landes hebt hervor, daß gerade in sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländern die Rolle der Familienunternehmen gar nicht zu überschätzen sei, da sie perfekt den familial gegliederten Gesellschaften und ihren Loyalitäten entsprächen.

Ob es sich um die Schlumbergers als Giganten der Erdölbranche handelt, um die Agnellis und Fiat oder die Rothschilds und die Barings - so unterschiedlich die Fälle sind, so klar zeigt Landes, daß das Schicksal der Familienunternehmen sehr von individuellen Tugenden abhängt. Landes bringt es auf das Paradox: "Auf der einen Seite hängt die Urteilsfähigkeit und die Leistung eines Bankiers in hohem Maß von seinem Charakter ab, auf der anderen Seite aber spricht viel dafür, daß die Bankgeschäfte den Charakter des Bankiers ruinieren." Vor allem die Aspiration nach Genuß und Luxus aber droht die Begeisterung und Befähigung fürs Geschäft einzuschränken.

In den beiden Bankiersrivalen der Barings und der Rothschilds wird das besonders deutlich. Der Name Baring stand über zweihundertfünfzig Jahre für finanzielle Solidität ebenso wie für Findigkeit und die richtigen Instinkte. In den heiß laufenden neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts änderte sich das. Die Diversifizierung des Geschäfts in immer neue, unübersichtliche Untergliederungen förderte ein Wirtschaften, daß dem Stochern mit der Stange im Nebel gleichkam. Der Blindheit entsprach die Gier. Und: Nur noch wenige Barings engagierten sich in der Firma. So kam es, daß ein junger Wertpapierhändler mit seinem betrügerischen Derivathandel die Bank in den Abgrund reißen konnte und 1996 der Name "Baring" aus dem Handelsregister gestrichen wurde. Anders als bei der Baring-Krise von 1890 fand sich niemand, der hätte helfen wollen: die Familie sowenig wie andere Banken. Man hatte wortwörtlich jeden Kredit verspielt.

Die Geschichte der Rothschildts gehört zu den wenigen, die nicht in Dekadenz enden. Es scheint, als habe der lang währende Außenseiterstatus der jüdischen Bankiersfamilie aus Frankfurt die Überlebensinstinkte wach gehalten, so daß die Lust an neuen Unternehmungen (etwa die Gründung des Club Med durch Edmond Rothschildt) die Rothschildts und ihren familiären Zusammenhang eher noch stärkte. Auch wenn jüdisches Zusammengehörigkeitsgefühl nicht mehr die alles beherrschende Rolle als Familienkitt spielt, so gibt der Stolz auf die eigene Geschichte Kraft und Antrieb genug - nicht nur Reichtum zu erlangen, sondern auch sein Glück zu machen.

David S. Landes: "Die Macht der Familie". Wirtschaftsdynastien in der Weltgeschichte. Aus dem Englischen von Karl Heinz Siber. Siedler Verlag München 2006. 480 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.01.2007

Fromme unter Sündern
Lehrstück: David S. Landes über große Familienunternehmen
Manche Historiker sind glänzende Erzähler. Nicht dass sie Geschichten erfinden, aber sie machen Geschichte miterlebbar. David S. Landes beherrscht diese Kunst wie wenige, und doch bleibt er stets hart an den Fakten. Das macht sein jüngstes Buch „Die Macht der Familie” zu einem wahren Lesevergnügen. Familienunternehmen beherrschen nach wie vor zahlenmäßig die Szene, insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft. Sie sind deren Rückgrat und ein stabilisierender gesellschaftlicher Faktor. Von ihnen im Ganzen handelt dieses Buch nicht, nur von jenem Typus, der als Familiendynastie eine Gipfelregion an Macht, Reichtum und politischem Einfluss erklommen und Geschichte gemacht hat.
Wer das Stichwort „Wirtschaftsdynastien” hört, denkt vielleicht an die Fugger in Augsburg oder die Medici in Florenz. Doch die sind nur ein kategorischer Bezugspunkt. Landes’ Thema sind Familienimperien der Neuzeit, und er konzentriert sich dabei auf Schlüsselindustrien, auf die Automobilhersteller, die Rohstoffproduzenten und -händler, und auf den Bankensektor. Deren rasante Aufstiege zu Weltkonzernen bieten Stoff für Mythen und Dramen, Erfindergenies und Unternehmergeist der besonderen Art. Die Stärke der Familienunternehmen ist ihre Clan-Struktur, welche einen eigenen Stil pflegt und ihren Nachwuchs selbst heranzüchtet. Da wird nicht einfach vererbt, sondern eine Nachfolgegeneration wird schon im Kindesalter auf Führungsaufgaben hin geistig, charakterlich und machtbewusst erzogen. Zwar nicht immer mit durchschlagendem Erfolg, aber fast immer gelingt es, über Generationen hinweg Gestaltungswillen und eine imperiale Kultur zu bewahren und zu verstärken.
Zehn solcher Dynastien zeichnet Landes in ihren faszinierenden, zum Teil auch raffinierten, manchmal erschreckenden Furchen der Machtentfaltung und persönlichen Erfolgsbesessenheit nach. Der wirtschaftliche Erfolg gibt den Imperien recht und ruft in der Öffentlichkeit Bewunderung, nicht selten aber Neid und Missgunst hervor. Die Gründerpatriarchen sind meist kantige Persönlichkeiten, die oft einen Teil ihres unermesslichen Reichtums als Wohltäter, Kunstmäzene oder Wissenschaftsförderer an ihre Gesellschaft zurückgeben. Ob dabei persönliches Kalkül, gesellschaftliches Verantwortungsgefühl, eine persönliche Marotte oder einfach der Dank an das Land, das so viel unternehmerischen Freiraum gewährt, die entscheidende Antriebsfeder war, ist eine müßige Frage.
Landes zieht den Leser nahe an das Geschehen heran. Etwas ratlos bleibt er allerdings, falls er von der Lektüre erwartet, dass aus dem brisanten Stoff irgendwelche systematische Lehren gezogen werden. Nur am Schluss finden sich ein paar allgemeine, nicht sehr überraschende Resümees. Nicht dass Landes die geschilderten Wirtschaftsimperien in privater Familienhand unkritisch oder affirmativ darstellt. Seine Haltung ist distanziert und doch dicht an den Ereignissen, vor allem, wenn selbst intimste Familiengeschichten vorgeführt werden, wenn charakterliche Merkwürdigkeiten zur Sprache kommen und kein Bruderzwist, kein Heiratswinkelzug ausgelassen werden. Landes scheut sich dabei nicht vor kräftigen Wertungen, so wenn er über den Fiat-Erben Gianni Agnelli schreibt, er sei „ein ungemein emsiger, unverschämter und erfolgreicher Schürzenjäger”, oder wenn er sich über John D. Rockefeller äußert: „John D. war ein tief religiöser Mann, dabei scheinheilig bis zur Unerträglichkeit. Wie die meisten Frommen hatte er kein Problem damit, unter Sündern zu leben. (Das war ja der Zweck der Übung.)”
Die beachtlichen volkswirtschaftlichen Wirkungen dieser Imperien bleiben Kulisse. So muss der Leser selbst überdenken, ob die in einer Gesellschaft gewährten Freiheiten für tatendurstige, weitblickende, erfindungsversessene Einzelgänger mit dem charakterlichen Rüstzeug zur Schaffung großer Konzerne bloß pionierartige Begleiterscheinungen offener Marktwirtschaften oder zentrale Treibsätze ihrer Entfaltung sind. Kein Zweifel: Ein Land ohne kleine und große Genies kommt nicht voran; kein Zweifel auch: Die politischen, kulturellen und institutionellen Voraussetzungen müssen solche Charaktere und Karrieren möglich machen. Aber angesichts mancher Eskapaden und Rücksichtslosigkeiten stellt sich auch die Frage nach einem Mindestmaß an gesellschaftlicher Verantwortung.
Die Gegenfrage, ob von Managern geführte Unternehmen mehr gesellschaftliche Integration und Integrität zustande bringen als Familienunternehmen, klingt bei Landes gelegentlich an, ohne systematisch beantwortet zu werden. Wo die Unternehmensstrategien nur noch einem rationalen Wirtschaftskalkül folgen und das Renditeinteresse der Anteilseigner im Vordergrund steht, kommt ja auch bei ihnen die gesellschaftliche Mitverantwortung oft zu kurz oder wird allenfalls als imagepflegende Ummantelung zugelassen. Landes problematisiert dies eher indirekt, wenn er Familienimperien besondere soziale Wohltaten und zum Teil markante kulturelle Engagements zugute hält.
Familienunternehmen tragen die Erinnerung an ihre oft karge familiäre Herkunft mit sich. Dieser vielfach beschworene Geist scheint nie ganz zu verschwinden, und er mag dazu beitragen, dass der lange Kampf gegen widrige politische, religiöse und wirtschaftliche Hindernisse die Erfahrung wachhält, dass Unternehmen nicht nur aus der Kraft ihres produktiven Könnens überleben, sondern dass Wehrhaftigkeit und diplomatisches Geschick im Umgang mit äußeren Mächten und Institutionen gefordert ist. Diese Zusammenhänge kann man beim Lesen des Buches mitdenken und wird dann erkennen, dass wirtschaftliche Entwicklung zwar des offen zugänglichen Marktes bedarf, dass dieser aber keineswegs von selbst die günstigen Rahmenbedingungen schafft, um solche Dynamik zu ermöglichen. Sich dabei naiv auf politische Wohlgesonnenheit zu verlassen scheint, das zeigen die Beispiele im Buch, eine kontraproduktive Gelassenheit zu sein.
Für die Ökonomie gibt die Lektüre dieses Buches weit mehr her als illustratives Beiwerk zu den gestrengen Maßstäben der reinen Wettbewerbslehre. Die Macht der Wirtschaftsimperien ist nicht gerade das Vorbild der Marktlehre, sondern dessen Gegner. Man weiß nur zu gut, dass überall in der Wirtschaft politische Freundschaften, Seilschaften, Gerissenheit, Korruption und Kumpanei im Spiel sind. Die familiären Dynastien erscheinen nur wegen ihrer Macht so imponierend. Im Grunde ist das, was sie tun, die Normalität.
Das heißt: Die Vorstellung einer Kontrolle der Marktmacht durch den Wettbewerb ist eine Schimäre. Das reine Marktmodell ist kaum mehr als eine Karikatur der Wirklichkeit. Wer sein Leben als Unternehmer zubringen will, tut dies sicher nicht, was einst Adam Smith schon unterstrich, aus einem Versorgungsgedanken für die Gesellschaft oder nur, um sich vergnüglich dem Wettbewerb zu stellen, sondern aus dem Willen zur Unabhängigkeit, aus Ehrgeiz, Machttrieb oder dem Streben nach Reichtum und sozialer Anerkennung. Da stellt sich dann nicht die Frage nach der Kontrolle des Verhaltens durch den Markt, sondern nach einem weitergreifenden kulturellen Regelwerk, das Motive nicht einfach blockiert, wohl aber an ihren gefährlichen Ausfällen zu Lasten anderer, der Gesellschaft oder der Natur hindert.
Die historische Dimension, von der das Buch lebt, ist der herrschenden Hauptrichtung der Ökonomie fremd. Sie ist keine erklärende oder verstehende, sondern eine gestaltende Wissenschaft. Sie bewertet Zustände und Strömungen nach dem Maßstab des vollkommenen Wettbewerbs, welcher – in der Theorie – ein Höchstmaß an Wohlstandsmehrung bewirken soll. Gemessen an dieser Theorie sind die beschriebenen Familienunternehmen eigentlich irreguläre Effekte oder Zeichen des Versagens des Wettbewerbs, auch wenn der volkswirtschaftliche Beitrag natürlich nicht unwillkommen ist. Nimmt man auch das Pendant des Familienunternehmens, nämlich das von Managern geführte, in die Betrachtung hinein, dann zeigt sich, wie erschreckend weit die Wirklichkeit des Wirtschaftsgeschehens vom Modell des offenen, fairen Wettbewerbmarktes entfernt ist, wie eindringlich staatliche Institutionen und gesellschaftliche Kräfte dabei integriert sind und wie wenig letztlich die reine ökonomische Marktlehre an Lösungen bieten kann.
Dem aufmerksamen Leser des Buches wird schon in den ersten drei Kapiteln nicht entgehen, welch besonderes Feld das Bankgeschäft ist. Große Imperien kennt man seit der Renaissance, und sie alle pflegten einen Geschäftsstil der Diskretion, Diplomatie und politischen Beziehungsnetze. Staatsfinanzierungen für Fürsten und Könige waren ehedem ihr Hauptgeschäft. Heute ist die Kreditierung von vielversprechenden Investitionen in der Wirtschaft hinzugetreten. Wer Landes’ Schilderungen über die Barings, die Rothschilds und die Morgans liest, wird bemerken, wie wenig auch hier das klassische Denken in Kategorien des Konkurrenzmarktes ausrichten kann. Konkurrenz belebt das Geschäft – doch Banker wissen es anscheinend besser: Sie wird bei ihnen gern ersetzt durch die Kunst des Verdrängens oder Verschluckens lästiger Mitbewerber durch List und Machtgeflechte. Finanzmärkte gehören unabweisbar zur Entfaltung offener, dynamischer Marktwirtschaften, aber sie selbst gehorchen nicht den klassischen Maximen und Regeln von freien Warenmärkten.
David S. Landes leistet mit seinem Buch, unbeabsichtigt oder auch nicht, ein Lehrstück für diejenigen, die weiterhin vom Glauben an die Heilkraft der Marktlehre geleitet werden. Sie können sich davon überzeugen lassen, dass die Wirtschaft kein isoliert optimierbares System bildet und dass Wirtschaftstheorie vielleicht umfassender angelegt sein müsste, wie kürzlich auch Reinhard Selten in seiner Rede in Lindau vor den versammelten Nobelpreisträgern empfahl. David S. Landes gelingt dieses Lehrstück erzählerisch, ohne selbst zu theoretisieren. PETER BENDIXEN
DAVID S. LANDES: Die Macht der Familie. Wirtschaftsdynastien in der Weltgeschichte. Aus dem Englischen von Karl H. Siber. Siedler Verlag, München 2006. 480 Seiten, 24,95 Euro.
Sie brauchen Wehrhaftigkeit, Geschick, Erfindungsreichtum, Tatendurst – und Verantwortung?
Kein Zweifel: Ein Land ohne kleine und große Genies kommt nicht voran
Die privaten Wirtschaftsimperien zeigen es: Die reine Marktlehre ist eine Karikatur der Wirklichkeit
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"David E. Landes versteht es, gegen die volkswirtschaftliche Orthodoxie die eminente wirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen herauszuarbeiten, indem er die Genealogie der Familienunternehmer in eine Geschichte von Geschäftsleidenschaft, Erfolg und Moral verwandelt." -- Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Faktenreich, spannend und unterhaltsam vermittelt dieses Buch einen Einblick in die Mechanismen der Macht." -- Magdeburger Volksstimme

"Manche Historiker machen Geschichte miterlebbar. David S. Landes beherrscht diese Kunst wie wenige, und doch bleibt er stets hart an den Fakten. Das macht sein jüngstes Buch zu einem wahren Lesevergnügen. Landes zieht den Leser nahe an das Geschehen heran. Er scheut sich dabei nicht vor kräftigen Wertungen. Der Autor leistet mit seinem Buch ein Lehrstück für diejenigen, die weiterhin vom Glauben an die Heilkraft der Marktkraft geleitet werden. David S. Landes gelingt dieses Lehrstück erzählerisch, ohne selbst zu theoretisieren." -- Süddeutsche Zeitung

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Die Familie hat nach wie vor ihren Platz in der Wirtschaft, konstatiert Ute Frevert nach der Lektüre von David S. Landes' Verteidigung des Familienunternehmens. Dabei hat sich der Wirtschaftshistoriker aus Harvard selbst von einem Kritiker zum Apologeten des Familienkapitalismus gemausert, schweigt sich zur Enttäuschung der Rezensentin allerdings über die Gründe seiner Meinungsänderung aus. Stattdessen beschränkt er sich darauf, anhand von elf Beispielen darzustellen, dass die Anbindung an Familien Unternehmen nachhaltiger und dauerhafter werden lässt. Doch erweist sich der Autor nach Meinung der Rezensentin als Traditionalist, indem er sich auf klassische Unternehmerdynastien beschränkt und keine der zahlreichen Mediendynastien berücksichtigt. Zudem stört sie seine patriarchalische Perspektive, die in den Unternehmerfamilien nur Väter und Söhne berücksichtige, die Mütter und Töchter aber außen vor lässt. Vor allem vermisst Frevert in Landes' Ausführungen jedoch "analytischen Tiefgang" - von einem derart profilierten Autor hätte sie mehr erwartet.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Einfach unwiderstehlich. Der amerikanische Wirtschaftshistoriker David S. Landes bricht eine Lanze für Familienunternehmen.« Zeit