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Was unterscheidet Mensch und Tier? Denken Tiere? Haben Tiere Rechte? Das sind die drei zentralen Fragen der Tierphilosophie. Die vorliegende Einführung konzentriert sich auf die ersten beiden Fragen und entwirft zum ersten Mal einen Ansatz, in dem Tiere konsequent zum Ausgangspunkt philosophischer Reflexion werden. Tiere sind denkende Wesen, und der Mensch ist schon als Tier ein denkendes Wesen. Allerdings unterscheidet er sich dadurch vom Tier, dass er eine kulturelle Welt hervorgebracht hat, die ihn weit über das tierliche Bewusstsein hinausblicken lässt. Ausgehend von neuen Untersuchungen…mehr

Produktbeschreibung
Was unterscheidet Mensch und Tier? Denken Tiere? Haben Tiere Rechte? Das sind die drei zentralen Fragen der Tierphilosophie. Die vorliegende Einführung konzentriert sich auf die ersten beiden Fragen und entwirft zum ersten Mal einen Ansatz, in dem Tiere konsequent zum Ausgangspunkt philosophischer Reflexion werden. Tiere sind denkende Wesen, und der Mensch ist schon als Tier ein denkendes Wesen. Allerdings unterscheidet er sich dadurch vom Tier, dass er eine kulturelle Welt hervorgebracht hat, die ihn weit über das tierliche Bewusstsein hinausblicken lässt. Ausgehend von neuen Untersuchungen aus der Verhaltensforschung zu Affen, Krähen und anderen Tieren und den Überlegungen von Philosophen wie Descartes, Darwin, Davidson, Dretske oder Derrida spannt dieser Band ein Panorama des Nachdenkens über Tiere auf, das auch den Blick auf den Menschen verändert.
Autorenporträt
Markus Wild ist Professor für Theoretische Philosophie an der Universität Basel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.06.2008

Harte Nüsse für dich und mich

Der Mensch ist ein Tier besonderer Art. Das ist keine Einsicht, die sich erst Darwin verdankt. Schließlich reicht die Tradition, den Menschen durch Abgrenzungen vom Tier zu bestimmen, weit zurück. Aber die Etablierung des Evolutionsgedankens brachte in dieser Geschichte menschlicher Selbstbetrachtung im Spiegel des Tieres eine entscheidende Wendung. Ähnlichkeiten genauso wie Unterschiede zwischen den mentalen und sozialen Fähigkeiten von Mensch und Tier erhielten nun als entwicklungsgeschichtliche Übergänge eine neue Bedeutung. Darwin selbst strich diesen Schritt im "Ursprung der Arten" gebührend hervor: "Die Psychologie wird auf einer neuen Grundlage weiterbauen: dass jedes geistige Vermögen und jede Fähigkeit notwendig nur stufenweise erlangt werden kann. Licht wird auch fallen auf den Menschen und seine Geschichte."

Dieser Grundsatz der Entwicklung auch der mentalen Fähigkeiten entlang evolutionärer Bahnen ist uns heute selbstverständlich. Auf den ersten Blick könnte das die Vermutung nahelegen, dass die einst heftig debattierte Frage, ob und welche Art von Geist den Tieren zukomme, erledigt sei. Doch dieser Eindruck täuscht, sie hat an Reiz eher noch gewonnen. Vor allem deshalb, weil an die Stelle von vielen Vermutungen und Spekulationen über tierisches Verhalten mittlerweile solide und faszinierende Befunde getreten sind, denen es gerecht zu werden gilt.

Man kann sich davon anhand einer exzellenten Einführung in die "Tierphilosophie" überzeugen, die der in Berlin an der Humboldt-Universität unterrichtende Philosoph Markus Wild geschrieben hat ("Tierphilosophie zur Einführung". Junius Verlag, Hamburg 2008. 232 S., br., 14,90 [Euro]). Im Zentrum stehen darin die miteinander verklammerten Fragen nach den mentalen Fähigkeiten der Tiere und nach den menschlichen Alleinstellungsmerkmalen.

Die programmatischen Maximen, nach denen Wild dabei verfährt, sind gut überlegt. Sie sichern den Anschluss an relevante Forschungsergebnisse aus den Naturwissenschaften und hängen die Zielvorgaben nicht zu niedrig. Zum einen werden Mensch und Tier hinreichend nahe aneinandergerückt. Nicht nur ist der Mensch ein Tier, es kommen ihm auch bereits als Tier mentale Fähigkeiten zu - was damit natürlich auch für andere Tiere gilt. Auf diese Weise wird die Herausbildung geistiger Merkmale gut naturalistisch verankert. Gleichzeitig wird die offensichtliche Sonderstellung des Menschen aber nicht nivelliert. Sie ist bloß anders zu erklären als durch den Hinweis, dass man zwar bei Menschen von Denken, Bewusstsein oder Sinn für Handlungen sprechen kann, prinzipiell aber nicht bei Tieren.

Am Leitfaden dieser Vorgaben bekommt es der Autor mit einer prominenten Gegenposition zu tun, die geistige Fähigkeiten in triftigem Sinn an sprachliche Praxis knüpft. Das war schon bei Descartes ein eher grob hingesetztes Knock-out-Argument. Ein zeitgenössischer Philosoph wie Donald Davidson hat es dagegen fein zugeschliffen, um vom gedanklichen Inhalt zum notwendigen Begriff zu kommen, der bei genauerer Betrachtung schon ein Netz von Begriffen impliziert, wie es nur Sprache organisieren kann.

So erhellend das für unsere Art von Geist sein mag: Es läuft für Wild darauf hinaus, die sprachliche Qualität des Mentalen bereits in die Ausgangsbedingungen der Überlegung einfließen zu lassen. Er selbst muss dagegen auf ein schwächeres Konzept von Denken setzen, das bereits mit internen Repräsentationen zwecks Verhaltenssteuerungen sein Auslangen findet. Das hat einen Vorzug, den bereits Darwin anvisierte, nämlich die stufenweisen Übergänge in der Entfaltung geistiger Fähigkeiten im Blick zu behalten.

Diese Unterschiede und Übergänge zu verstehen bleibt dann für Tierforscher, kognitive Ethologen oder evolutionäre Anthropologen immer noch eine harte Nuss. Vor allem natürlich, wenn es um die Unterschiede geht, die den Menschen auf die Bahn der kulturellen Evolution und damit der vollständigen Durchformung seiner eigenen Entwicklungsumwelt gebracht haben. Der Vorschlag, dass wir als einzige Tiere Handlungsabsichten unserer Artgenossen erkennen können, musste wieder revidiert werden. Ob die Modifikation hält, dass wir als einzige Spezies mit unseren Artgenossen Absichten und Ziele in Formen sozialer Kooperation teilen können, wird sich noch herausstellen. Dann wären wir als die Tiere zu bestimmen, die sich zeigend auf eine gemeinsame Umwelt beziehen können.

Dass es dem Menschen wesentlich sei, ein Zeigender zu sein, hatte auch Heidegger festgestellt. Ihn zieht Wild heran, um unsere Form der kulturellen Nischenbildung zu erläutern, bevor mit Jacques Derrida die philosophische Obsession der Abgrenzung vom Tier noch einmal gegen den Strich gelesen wird. Es sind weite Bögen, die der Autor schlägt, umsichtig und ohne jede akademische Schwerfälligkeit. Es bleibt vor Augen, dass das Nachdenken über Tiere immer eines über uns selbst ist.

HELMUT MAYER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.09.2008

Schon als Tier hat der Mensch Geist
Vernunft ist überall: Markus Wild führt in die Tierphilosophie ein
In der Philosophie galt der Mensch immer schon als „Tier plus X”. Bei Aristoteles etwa ist X die Politik, bei Hegel das Denken, bei Harry Frankfurt, um einen Heutigen zu nennen, ist es die Fähigkeit, die eigenen Wünsche bewerten zu können. Den Körper, die Triebe haben wir mit Tieren gemein, „Geist” aber, mentale und soziale Fähigkeiten, kommen nach solchen Vorstellungen nur den Menschen zu. Doch seit den antiken Skeptikern ist klar, dass es alles andere als einfach ist, die Grenzen im Detail zu ziehen. Wenn ein Hund an einer Kreuzung zwei Wege beschnuppert und schließlich den dritten Weg unbeschnuppert wählt – hat er dann nicht gefolgert, also gedacht, dieser müsse es sein, weil es die beiden anderen nicht sind?
Heute sind Philosophen nicht mehr auf sporadische Gelegenheitsbeobachtungen angewiesen, sondern können auf eine reiche Sammlung von vielfältigen Experimenten der Tierverhaltensforschung zurückgreifen. Markus Wild, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für theoretische Philosophie der Humboldt-Universität zu Berlin, gibt nun in einer ersten Einführung in die „Tierphilosophie” einen Überblick über die Debatte.
Wieso sollten nur Ameisen, Wale und Schimpansen unter dem Begriff „Tier” zusammengefasst werden, obwohl sie untereinander alle weniger gemein haben als Schimpansen mit Menschen, die beide Werkzeuge benutzen, von Artgenossen lernen und deren Genommaterial zu 98,4 Prozent übereinstimmt?
Souverän, auch witzig und in einer durchweg klaren Sprache macht Wild in aller Kürze die Argumente sehr unterschiedlicher Theorien verständlich. Er schöpft aus Psychologie, Ethnologie und verschiedensten Spielarten der Philosophie und bietet damit ein selten gelungenes Beispiel von Interdisziplinarität. Er lässt Stimmen von Behavioristen und Poststrukturalisten auftauchen, doch insgesamt hat seine Einführung ein klares Programm: Der Mensch ist ein Tier, heißt es, und vor allem: Er hat als Tier schon Geist. Tiere können denken, viele nur auf bescheidene Weise, doch von der Struktur her ist es vergleichbar.
Darwins Ideen von Evolution und Selektion stehen im Hintergrund. Sie begründen naturalistisch die Kontinuität zwischen den geistigen Fähigkeiten von Menschen und anderen Tieren. Doch Wild konzentriert sich auf zeitgenössische Argumentationen darüber hinaus.
Herr und Hund
Ein zunächst schlagendes Hauptargument für die klassische Unterscheidung zwischen Mensch und Tier scheint die Sprache. Wenn man Denken für grundsätzlich sprachlich verfasst hält, kann denken nur, wer sprechen kann, und die sprachlosen Tiere fallen heraus aus der Gemeinschaft der Denker. Sie können nur unterscheiden und reagieren. Mit solchen Theorien sind beispielsweise Descartes und Davidson von einem absoluten Unterschied zwischen Mensch und Tier überzeugt.
Die von Wild vertretene Tierphilosophie, mit Montaigne als einem historischem Vorreiter und der kognitiven Verhaltensforschung als gegenwärtigem Mitstreiter, bezweifelt diesen notwendigen Zusammenhang zwischen Denken und Sprechen. Sie hält diese Vorstellung von Denken für zu hoch. Dagegen setzt sie die Idee der mentalen Repräsentation, die auch ohne Begriffe ablaufen kann. Danach kann jedes Lebewesen Gedanken haben, das Dinge in seiner Umwelt auf bestimmte Weise repräsentiert und sich infolgedessen verhält. Das beginnt beispielsweise beim Frosch, der eine schwirrende Mücke als „Froschfutter via dunkles, vorüberfliegendes Ding” auffasst und entsprechend die Zunge herausschnellen lässt; es erklärt den Häher, der sein Futter, wenn es ihm einmal geraubt wurde, bei nächster Gelegenheit versteckt; in dem Sinn denkt freilich der Haushund – wozu jedes Herrchen Geschichten zu erzählen weiß – wie schließlich das Herrchen, der Mensch selbst.
Für eine Erklärung des dennoch bestehenden Unterschieds zwischen Menschen und allen anderen Tieren, greift Wild dann auf Martin Heidegger zurück: „Der Stein ist weltlos, das Tier weltarm, der Mensch ist weltbildend.” „Welt” bedeutet hier die Erfahrungsdimension, in der man Dinge um sich herum dahingehend auffasst, wofür sie da sind. Die Welt der Menschen ist voll von solchen Dingen: vom Hammer bis hin zum Laptop. Diese Welt vergleicht Wild mit der ökologischen Nische, die jede Tierart hat. Dann lässt sich sagen: Der Mensch ist das einzige Tier, das sich seine Nische selbst schafft. Denn die Welt besteht aus selbst hergestellten Kulturdingen.
Ändert sich mit dieser neuen Beschreibung des Unterschieds etwas an der alten Idee? Der Dreh dieser Tierphilosophie ist: Mensch und Tier können aufgrund gemeinsamer Rationalität auf eine Stufe gestellt werden, nicht nur aufgrund ihrer Körperlichkeit und dazugehöriger Leidensfähigkeit, wie klassischerweise in der Tierethik.
Vor allem aber werfen diese naturwissenschaftlich informierten Überlegungen zu Tieren zurück auf die großen Fragen der Philosophie nach Bewusstsein, Wissen und Sprache, nur unter einer besonderen Perspektive und mit viel neuem Material. Auch wenn Tierphilosophie draufsteht: Gerade um den Menschen geht es darin. EVA WEBER-GUSKAR
MARKUS WILD: Tierphilosophie zur Einführung. Junius Verlag, Hamburg 2008. 232 Seiten. 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Als anspruchsvoll und kompetent lobt Rezesentin Hilal Sezgin das Buch des Berliner Philosophen über die Grenze zwischen Mensch und Tier. Es gehe um die Vorbedingungen dieser Beziehung ebenso wie die grundsätzliche Frage, ob ein Mensch lediglich ein durch das Denken erweitertes Tier sei. Wild referiere repräsentative Positionen von Philosophen, Kognitionswissenschaftern und Biologen, und zwar, wie die Rezensentin findet, ausführlich und fair. Dass der Begriff "Tierphilosophie" nicht immer ganz präzise und eindeutig verwendet wird und auch zwischen Darstellung und Interpretation mitunter wenig unterschieden wird, verwirrt die Rezensentin mitunter.

© Perlentaucher Medien GmbH