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Ein Geschenk, ein neuer Füller, wird zum Auslöser für die tägliche Niederschrift. Christoph Peters schreibt sein neues Arbeitsgerät ein, und lässt den Leser für ein Jahr an den Beobachtungen und Gedanken seines Alltags teilhaben. Scheinbar Banales wird beschreibenswert, Routine wird zum Ereignis. Matthias Beckmann hat Zeichnungen dazu gefertigt, die den Charakter der Notate präzise widerspiegeln und Peters Alltag illustrieren.

Produktbeschreibung
Ein Geschenk, ein neuer Füller, wird zum Auslöser für die tägliche Niederschrift. Christoph Peters schreibt sein neues Arbeitsgerät ein, und lässt den Leser für ein Jahr an den Beobachtungen und Gedanken seines Alltags teilhaben. Scheinbar Banales wird beschreibenswert, Routine wird zum Ereignis. Matthias Beckmann hat Zeichnungen dazu gefertigt, die den Charakter der Notate präzise widerspiegeln und Peters Alltag illustrieren.
Autorenporträt
Christoph Peters wurde 1966 in Kalkar geboren. Nach dem Abitur studierte er Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe, unter anderem bei Horst Egon Kalinowski und Günter Neusel, zuletzt als Meisterschüler von Meuser. Sein erster Roman Stadt Land Fluß erschien 1999 und erregte großes Aufsehen. Er hat bislang fünf Romane (darunter Tuch aus Nacht, Ein Zimmer im Haus des Krieges, Mitsukos Restaurant) und mehrere Bände mit Erzählungen veröffentlicht. Seine Bücher wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem aspekte-Literaturpreis und dem Rheingau-Literaturpreis. Sein letzter Roman Wir in Kahlenbeck war für den Deutschen Buchpreis 2012 nominiert. Peters lebt und arbeitet in Berlin.

Matthias Beckmann, geboren 1965 in Arnsberg, studierte in Düsseldorf und Stuttgart. Der vor allem als Zeichner bekannte Künstler erhielt zahlreiche Preise und Stipendien, seine Werke sind in vielen öffentlichen Sammlungen vertreten.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wer derart verschwenderisch seine Einfälle in die kleine Form gießen kann, der muss ja jede Menge Talent haben, mutmaßt Christoph Schröder angesichts von Christoph Peters' Buch, das sich der Einschreibeprozedur eines Füllers verdankt. Jeden Tag eines Jahres setzt sich der Autor zu diesem Zweck hin und schreibt in ein Notizbuch - Alltagsbeobachtungen, Erinnerungen, Auratisches, und all das immer munter mischend. Schröder gefällt daran besonders der Moment, wenn sich die Protokollierungen quasi selbstständig machen, neue, ungeahnte Verbindungen schaffen und Bögen schlagen. So naiv das alles auf den ersten Blick vom Autor gemacht scheint, so sehr erkennt Schröder doch eine ausgefuchste Poetologie dahinter, die so manches Disparate zusammenführt. Daraus entstehen zum Teil wunderbare Miniaturen, versichert der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.01.2014

Wer berechtigt ist, die Atombombe zu besitzen
Ein Jahr lang hat der Schriftsteller Christoph Peters sich selbst und die Welt beobachtet: Mit gehörigem Abstand kommen die Notizen nun heraus

Schriftsteller bekommen von Bekannten, die nicht genau wissen, wie Schriftsteller zu beschenken seien, bevorzugt Notizbücher geschenkt, in allen Formaten und blanko, kariert oder liniert, "damit du was für deine Notizen hast". Darüber freut man sich dann, fängt das Heft auch an, es werden fünf, zehn, vielleicht sogar dreißig Seiten gefüllt, und dann verschwindet es in irgendeiner Schublade, aus der man es drei Jahre später zufällig wieder ausgräbt, was unausweichlich die Frage aufwirft: wie weiter?

Christoph Peters hat vor acht Jahren, nicht von Bekannten, sondern von seiner Frau, einen in England gefertigten silbernen Füller geschenkt bekommen. Einen Füller, das sollte jeder wissen, wissen aber viele nicht, muss man einschreiben, und das, schreibt Peters, "kann Tage oder Wochen dauern. Am besten man hält sich an das Naheliegende, damit der Fluss nicht ins Stocken gerät. Darum geht es."

So fängt es an, im Februar, und wird dann ein Jahr lang fortgesetzt, fast täglich, "nulla dies sine linea", denn anders wäre der Füller nicht wirklich einzuschreiben. Dass es sich um das Jahr 2006 handelt, wird bald klar, spätestens Anfang März, als von Tim Wieses missglückter Showeinlage als Torwart gegen Juventus Turin die Rede ist, die Werder Bremen das Weiterkommen in der Champions League kostete. Und später ist natürlich auch von dem sogenannten Sommermärchen die Rede, das - wieder gegen die Italiener! - im Juli ein abruptes Ende fand.

Vom Naheliegenden ist also zunächst die Rede, von dem etwa, was sich im Haus gegenüber abspielt (wir sind in Berlin), vom Windrad, das der Trinker auf seinem Balkon hat, von der Katze, die das Tintenfass auf dem Schreibtisch umgestoßen hat, vom dreijährigen Töchterchen und seiner Puppe Lisa, von der durch den Brockhaus langsam dämmernden Erkenntnis, dass es sich bei den Bäumen vorm Fenster nicht um Eukalyptusbäume, sondern um Silberweiden handelt.

Naheliegend ist aber immer das, was als Erstes einfällt, wenn der Füller in Betrieb genommen wird, denn in der Regel werden diese Notizen früh gemacht. Dementsprechend ist das Bild als Ganzes ähnlich disparat wie das alltägliche Leben. Peters hat es nicht darauf angelegt, ein kluges und gedankenreiches Tagebuch zu führen und sich in die Reihe der berühmten Diaristen einzureihen. Das schließt natürlich nicht aus, dass ihm ständig Klugheit und Gedankenreichtum unterlaufen und zuweilen auch ein so glänzend gelungener Sarkasmus, dass ich versucht wäre, die ganze Tagesnotiz zu zitieren, wofür hier aber der Platz fehlt. Da geht es um die Perser (Iraner), die bekanntlich schon immer böse waren und nun die Atombombe haben wollen, dabei verhält es sich doch so: "Als Erben der Römer steht den Amerikanern das meiste zu und eigentlich wären auch nur sie berechtigt, die Atombombe zu besitzen. Sie sind die Einzigen, die sie an Menschen ausprobiert haben, und wissen, wie man sie benutzt."

Kein Tagebuch also und auch kein Arbeitstagebuch, obwohl natürlich hier und da die aktuelle Arbeit durchscheint, denn der Leser begegnet etwa schon mehrmals Achim (diesmal nicht Tim) Wiese, den man drei Jahre nach diesen Aufzeichnungen als Gast von "Mitsukos Restaurant" in Peters' gleichnamigem Roman kennenlernen konnte. Und im Hintergrund vieler Notizen ist das eigentliche Feld erahnbar, auf dem sich die Arbeit dieses Autors abspielt. Das bisherige Werk von Peters bewegt sich ja bekanntlich zwischen der christlichen, islamischen und (zen-) buddhistischen Welt, und zwar, das sei ausdrücklich betont, ohne in Ethnokitsch oder in interkulturelle Einfühlungsekstasen abzurutschen. Dass dieser Autor eine explizit katholische Sozialisation am katholischen Niederrhein erfahren hat, merkt man auch bisweilen an Aufzeichnungen und Fragestellungen, die einem gut säkularisierten Kollegen gar nicht erst in den Sinn kämen.

In all dem Disparaten gibt es also durchaus ein paar durchgängige Kontexte, angefangen von der eigenen Familie (und Wohnung) über das Verhältnis zu den Eltern bis hin zu Adolph von Menzel, der plötzlich auftaucht, weil er im weiteren Sinn zur Ahnenreihe gehört, und dann nicht mehr von uns weicht. Man darf nicht vergessen, dass Peters sechs Jahre lang Malerei an der Kunstakademie in Karlsruhe studiert hat und dort Meisterschüler war, bevor er sich für die Literatur entschied.

Das dürfte auch das langjährige Verhältnis zu Matthias Beckmann geprägt haben, der den schönen Band mit den detailbesessenen Zeichnungen versehen hat, die man von ihm kennt. Illustrationen sollte man sie dennoch nicht nennen, eher Kommentare. Beckmann und Peters hatten sich 1996 als Stipendiaten im Künstlerdorf Schöppingen kennengelernt (und der Rezensent gesteht hier verschämt, dass er damals auch dabei war). Es ist nicht die erste Zusammenarbeit der beiden. Der Dialog, den sie miteinander führen, beruht auf einem sehr untergründigen Humor von beiden Seiten.

"In der Literatur", notiert Christoph Peters am 13. September, "gibt es keine Geheimnisse, nur das, was da steht. Aber was steht da?" Selbst nachlesen!

JOCHEN SCHIMMANG

Christoph Peters: "Einschreiben Aufzeichnen". Mit Zeichnungen von Matthias Beckmann.

Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2013. 424 S., geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.02.2014

Am Sonntag hat der Füller frei
Christoph Peters vereint in seinen Schreibheften federleichte Gedankenblitze mit scharfer Beobachtung
Am 2. Juni geschieht es: „Ich schaue auf den Boden. Dort liegt mein Füller. Ohne Kappe. Er muss direkt auf die Federspitze gefallen sein. Sie ist krumm wie ein gebogener Nagel.“ Der Füller ist ein Geschenk der Frau. Ein edles Stück, in England gefertigt. Er muss eingeschrieben werden, muss in einen kratzfreien Fluss von Schrift hineinkommen. Darum geht es. Dieser Notwendigkeit verdanken wir das Buch, das wir in den Händen halten: Ein Jahr lang, von Februar 2006 bis Februar 2007, hat Christoph Peters sich an jedem Werktag an seinen Schreibtisch gesetzt und einen Eintrag verfasst, zunächst jeweils auf ein weißes DIN-A4-Blatt, später in ein Schreibheft, das seine Tochter ihm geschenkt hat. Keiner der Einträge umfasst mehr als eine Druckseite. Den Unfall vom 2. Juni hat die Feder überstanden; sie konnte repariert werden.
  „Einschreiben. Aufzeichnen“ ist eine in ihren überraschenden Wendungen und scharfen Gedankenzügen flirrend unterhaltsame Lektüre. Vermeintlich banale Alltagsbeobachtungen, die Abläufe des täglichen Lebens und die sprunghaften Protokollierungen des Zeitgeschehens (Fußballweltmeisterschaft: Sommermärchen; Handballweltmeisterschaft: Wintermärchen) – all das bündelt sich in einem ungemein präzisen Beobachtungs- und Reflexionsapparat, in einem assoziativ-sprunghaften Denken, dem es dennoch gelingt, über das Jahr hinweg einen erzählerischen Bogen zu schlagen.
  Die Form des Tagebuchs und das Medium des Handschriftlichen mitsamt ihrer mythisch aufgeladenen Aura denkt Peters dabei mit; er nimmt sie ernst und ironisiert sie zugleich immer wieder: Texte wie diese, so schreibt er am 12. Juli, trügen die Gefahr in sich, „als naive Selbstbespiegelungsprosa“ aufgenommen zu werden, „das könne schlimmstenfalls einen Karriereknick nach sich ziehen, der nur schwer wieder auszubügeln sei, befinden die Agentin und der Verleger.“
  Peters’ Blick auf die Welt gestattet sich in der Tat eine in jeder Hinsicht vorurteilsfreie Naivität; daraus erwächst eine Poetologie, die das Säkulare ebenso umschließt wie das Religiöse, die von einem Augenblick auf den nächsten Philosophisches und Alltägliches miteinander verquickt. Dieser Autor bewegt sich flexibel auf der Zeitschiene; immer wieder kehrt er, der mittlerweile in Berlin lebt, in Gedanken (und in der Realität) zurück an den Niederrhein, in seine Kindheit, und es entstehen dabei wunderbare Miniaturen: Am 8. März beispielsweise geht laut Aushang im Kindergarten der Scharlach um. Am Tag zuvor hat Werder Bremen in Turin aufgrund eines Torwartfehlers mit 1:2 verloren. Zwei Ereignisse, die Peters auf engstem Raum zu einer fieberträumerischen Erinnerungssequenz verbindet, an deren Ende die Erkenntnis steht, dass früher, entgegen allen Behauptungen, möglicherweise nicht alles besser war, aber in jedem Fall besser gewesen sein könnte.
  So ist es oft mit den Notaten, zu denen Matthias Beckmann an Stelle der fehlenden Sonntagseintragungen (am Tag des Herrn hatte der Füller frei) Zeichnungen beigesteuert hat, die die Texte illustrieren und erweitern: In ihnen vereinen sich Gedankenblitze mit Offenheit und Humor. Es wäre falsch, „Einschreiben. Aufzeichnen“ als ein bloßes spielerisches Nebenwerk des ungemein produktiven Christoph Peters abzutun. Wer es sich leisten kann, in der kleinen eleganten Form so verschwenderisch mit seinen Einfällen umzugehen, muss schon ein großartiger Schriftsteller sein.
CHRISTOPH SCHRÖDER
Christoph Peters: Einschreiben. Aufzeichnen. Mit Zeichnungen von Matthias Beckmann. Verlag Matthes & Seitz., Berlin 2013. 424 Seiten, 29,90 Euro.
„Fußball-WM: Sommermächen,
Handball-WM: Wintermärchen“
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