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Sechs alte Schulfreunde kommen mit ihren Frauen zum ersten Mal nach fünfzehn Jahren zu einem gemeinsamen Wochenende in einem Landhaus zusammen. Die Wiedersehensfreude ist groß, aber schon bald stellt man fest, dass man sich voneinander entfernt hat. Es kommt zu Verstimmungen, bis schließlich bei «Mörder und Detektiv», einem harmlosen Gesellschaftsspiel, das die Lage entspannen soll, das Unfassbare passiert: Nachdem für kurze Zeit das Licht gelöscht war, liegt eine der Mitspielerinnen erdrosselt im Wohnzimmer. Hauptmann Beke, Ermittler der ungarischen Spionageabwehr, macht sich umgehend daran,…mehr

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Produktbeschreibung
Sechs alte Schulfreunde kommen mit ihren Frauen zum ersten Mal nach fünfzehn Jahren zu einem gemeinsamen Wochenende in einem Landhaus zusammen. Die Wiedersehensfreude ist groß, aber schon bald stellt man fest, dass man sich voneinander entfernt hat. Es kommt zu Verstimmungen, bis schließlich bei «Mörder und Detektiv», einem harmlosen Gesellschaftsspiel, das die Lage entspannen soll, das Unfassbare passiert: Nachdem für kurze Zeit das Licht gelöscht war, liegt eine der Mitspielerinnen erdrosselt im Wohnzimmer. Hauptmann Beke, Ermittler der ungarischen Spionageabwehr, macht sich umgehend daran, den Fall aufzuklären. Im Folgenden spielen verstecktes Geld, ein Selbstmord mittels Zyankalikapsel, ein möglicher Doppelgänger und englischer Geheimagent, giftige Pilze und ein dubioser Wildschweinbraten eine Rolle - ein wahnwitziger Reigen von Ereignissen, in dem sich alle vermeintlichen Wahrheiten verflüchtigen ...
«Die Wolfsgrube» liest sich packend wie ein Whodunnit - und zugleich zeichnet Szilárd Rubin das Bild einer Gesellschaft, die von alten Vorurteilen und ewiger Missgunst zerfressen wird. Ein fesselnder Krimi und eine zeitlose Parabel auf den Menschen, der dem anderen immer und überall ein Wolf ist.
Autorenporträt
Der ungarische Autor Szilárd Rubin, geboren 1927 in Budapest, gestorben 2010, schrieb bereits seit den fünfziger Jahren. Würdigung als Autor von Weltrang erfuhr der geistreiche Melancholiker aber erst in den letzten Jahren seines Lebens. Als sein Roman «Kurze Geschichte von der ewigen Liebe» (1963 veröffentlicht, 2004 in Ungarn wiederentdeckt) 2009 in deutscher Sprache herauskam, löste er Begeisterung aus: Ihm gebührt, schrieb die FAZ, «ein Platz unter den aufregendsten Liebesromanen des 20. Jahrhunderts, auf Augenhöhe mit Scott Fitzgeralds 'Großem Gatsby'». 2010 erschien «Eine beinahe alltägliche Geschichte», 2012 «Die Wolfsgrube».

1978 geboren, verbrachte ihre Kindheit in Ungarn und Deutschland. Sie studierte Französisch, Spanisch und Kulturwissenschaften. Seit 2003 arbeitet sie als literarische Übersetzerin aus dem Ungarischen (u.a. Ádám Bodor, Andor Endre Gelléri und István Kemény) und Französischen. Für ihre Übersetzung Apropos Casanova von Miklós Szentkuthy erhielt sie 2021 den Preis der Leipziger Buchmesse.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.01.2013

Mulatschak und Spitzenhöschen
Partyspiele, ein Mord und eine untergehende ungarische Generation: Szilárd Rubins Kriminalroman "Die Wolfsgrube"

"Die junge Frau, die neben der kleinen französischen Kommode lag, war nicht im Spiel gestorben. So, wie sie da lag, mit starrem Blick, nadelspitzengroßen geröteten Äderchen in den glasigen Augen . . ., hätte sie den schönsten Applaus nicht mehr gehört. Dieser Tod auf dem Boden des Salons der Dorfvilla war Bea Nickys echter Tod." Die Balletttänzerin Bea, und als solche mit ihren einunddreißig Jahren in diesem Beruf strenggenommen nicht mehr ganz jung, war im verdunkelten Zimmer während eines Partyspiels erwürgt worden. "Mörder und Detektiv" nennt sich das Spiel, wobei die Rollen zufällig zugeteilt werden, der "Detektiv" den Raum verlässt, der "Mörder" ein beliebiges Opfer auswählt und der nach dem "Mord" zurückgekehrte Ermittler durch geschickte Fragen herausbekommen soll, wer sein Widersacher ist. Allein diesmal ging etwas schrecklich schief.

"Diesmal", das ist im Kriminalroman "Die Wolfsgrube" (im Original: "Mulatság a farkasveremben", also wörtlich etwa: Remmidemmi in der Wolfsgrube) von Szilárd Rubin. Aus der Bibliographie des Autors lässt sich schließen, dass dies sein einziger im Druck erschienener Versuch in jenem Genre war, und zwar im Jahre 1973. Rubin, 1927 in Budapest geboren und 2010 verstorben, wurde erst vor kurzem zuerst in seiner Heimat und nach Übersetzungen seiner Erzählungen "Kurze Geschichte von der ewigen Liebe" und "Eine beinahe alltägliche Geschichte" (beide bei Rowohlt Berlin, übertragen von Andrea Ikker) auch im deutschen Sprachraum als bedeutender Romancier des zwanzigsten Jahrhunderts überschwänglich gewürdigt. Man begegnete da zwei Liebesgeschichten, die nicht nur in wunderbar lakonischem Stil verfasst waren, sondern viel aus der Geschichte seiner Heimat offenbarten, über all die Brüche hinweg, die das Land zu Lebzeiten ihres Autors durchmachte.

Wer den schmalen, jetzt erstmals auf Deutsch vorliegenden Band "Die Wolfsgrube" als reine Kriminalerzählung liest, stößt auf einen rätselhaften Fall. Sechs ehemalige Schulfreunde verabreden sich fast zwanzig Jahre nach der Reifeprüfung zu einem Treffen. Das Leben hat sie ganz schön weit auseinandergerissen, sie sind Arzt, Apotheker, Journalist, Schriftsteller, Biochemiker, der auch Nuklearforschung betreibt, und hochrangiger Polizist geworden. Die Ehefrauen von Arzt und Apotheker, eine Arzthelferin und ebendie Tänzerin, mit welcher der Journalist ein Interview führen soll und sich auch eine intimere Begegnung verspricht, sind gleichfalls anwesend. Der Mord ereignet sich ziemlich genau in der Mitte des Buches.

Polizeihauptmann Beke, der ironischerweise gerade eben noch in der Detektivrolle steckte, übernimmt sofort die Aufklärung. In bester Whodunnit-Manier werden in Einzelverhören die Beziehungen der Anwesenden untereinander erörtert. Alle haben etwas zu verbergen, freilich nicht notgedrungen im Zusammenhang mit dem aktuellen Verbrechen. Die Auflösung, von Beke dann auf dem Rückflug aus dem Provinzkaff nahe Pécs (Fünfkirchen) nach Budapest als Gedankenprotokoll präsentiert, ist noch um einiges überraschender und auch verwirrender, scheint das ganze Klassentreffen doch womöglich von der Spionageabwehr geplant worden zu sein. Mit einem Mord war zwar gerechnet worden, aber man hatte ein anderes Opfer im Visier.

Ohne die Verkaufszahlen der Originalauflage zu kennen, darf man dennoch vermuten, dass sich der Absatz 1973 in Grenzen gehalten haben wird. Das aber könnte - und sollte - sich mit der aktuellen Ausgabe ändern. Nicht nur bekommen wir hier ein spannend komponiertes Stück Genreliteratur in einer unterhaltsamen Mischung aus Agatha Christies Small-Village-Verbrechen und Spionagethriller serviert, wir halten auch ein erstaunliches Zeitdokument in Händen. Damit ist weniger gemeint, dass wir in eine Welt eintauchen, in der es noch üblich war, in Flugzeugen oder Eisenbahncoupés zu rauchen - das ist freilich am Rande ebenfalls unterhaltsam. Man erfährt, auch weil die Handlung zeitnah dem Erscheinungsdatum des Buches angeglichen ist, vieles von einer durch die Vorkriegsdiktatur, den Antisemitismus, den Krieg, die Besatzung durch die Wehrmacht, manchmal Flucht geprägten Grundstimmung im Lande. Zumindest für Rubin wird es sich so angefühlt haben, und da über den Autor immer noch wenig bekannt ist, lernen wir ihn auch in diesem Kriminalroman ein bisschen besser kennen.

Während der ermittelnde (Geheim-)Polizist Beke seltsam unpersönlich bleibt, ein Eindruck, der durch eingestreute Erinnerungen aus der Schulzeit eher verstärkt als abgemildert wird, sehen wir andere wie durch ein Vergrößerungsglas. Da gibt es die eifersüchtige Ehefrau, die, um das Erreichte zu erhalten, bereit wäre, die vermeintliche Nebenbuhlerin wenn schon nicht selbst zu ermorden, so doch an den Galgen zu bringen. Da wäre der sich verstellende Antisemit, der in zunehmendem Maße befürchtet, nicht eine Ungarndeutsche geheiratet zu haben, sondern ein jüdisches Mädel, das in Todesgefahr jene Identität angenommen hatte und nach Kriegsende mit dieser Rolle verschmolzen war. Einer hat Angst vor einer fatalen medizinischen Diagnose (Kehlkopfkrebs), ein anderer gar, dass er auf einer Auslandsreise durch einen Doppelgänger ersetzt worden sei. Dieser kurze Roman also bietet ein erstaunliches, aufregendes Kaleidoskop einer nun wohl wirklich bald endgültig verschwundenen Generation.

MARTIN LHOTZKY

Szilárd Rubin: "Die Wolfsgrube". Kriminalroman.

Aus dem Ungarischen von Timea Tankó. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2013. 204 S., geb., 17,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Oliver Pfohlmann begrüßt die vorliegende deutsche Übersetzung von Szilárd Rubins 1973 erschienenen Roman "Die Wolfsgrube", dem einzigen Krimi des 2010 verstorbenen ungarischen Autors, der seit einigen Jahren wieder entdeckt wird. Auch wenn er den Roman um ein Wiedersehen von Schulfreunden, das nach einem Detektiv-Partyspiel für eine der Beteiligten tödlich endet, nicht unbedingt als großartiges "Meisterwerk" der Kriminalliteratur werten möchte, hat er das Buch mit einigem Vergnügen gelesen. Er bescheinigt dem Autor, ein vertracktes "Whodunnit"-Spiel zu inszenieren, das den Leser mehr als einmal auf die falsche Fährte führt und zum Rätseln geradezu herausfordert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.04.2013

DIE KRIMI-KOLUMNE
Die Wolfsgrube
als Mausefalle
In einem Buch mit dem Untertitel „Kriminalroman“ ist jeder Satz verdächtig. Darum gehört zur Lektüre eines Kriminalromans das Misstrauen des Leser gegen die Blickrichtung, die ein Satz des Autors vorgibt. „Zerstreut steckte er die Uhr in die Tasche, ohne die Augen von der ermordeten jungen Frau zu nehmen.“ Unweigerlich heften sich die Augen des Lesers in diesem Satz nicht auf die Frau, sondern auf die Uhr. Das Signalwort, bei dem die Verdachtslampe des Lesers aufleuchtet, ist gleich das erste: „zerstreut.“
  Hauptmann Beke, in hoher Position in der Spionageabwehr tätig und ein ausgefuchster Ermittler, ist entweder der, der er ist, oder er steckt die schäbige Armbanduhr, die er in der Manteltasche des Opfers findet, zerstreut ein. Es ist durch die stillschweigende Operation, durch die der Leser das Wort „zerstreut“ in ein „scheinbar zerstreut“ verwandelt, zwar dem Verdacht Nahrung gegeben, es bei der Uhr womöglich mit einem für die Aufklärung des Falls entscheidenden Requisit zu tun zu haben. Es ist dadurch aber noch nichts gewonnen. Denn es können nur deshalb so viele Sätze verdächtig sein, weil bei den meisten der Verdacht trügt.
  Der ungarische Autor Szilárd Rubin (1927-2010) ist dem deutschen Publikum erst kurz vor seinem Tod bekannt geworden, als 2009 sein im Original 1963 erschienener Roman „Kurze Geschichte von der ewigen Liebe“ erstmals übersetzt wurde. In dieser hinreißend scheiternden Liebesgeschichte aus der Nachkriegszeit waren die Gesten, Dinge und Requisiten des Alltags schon so genau gesehen, als stünden sie unter Verdacht. Und der Roman „Eine beinah alltägliche Geschichte“ von 1985, der bei uns im Todesjahr des Autors erschien, begann damit, dass der Ich-Erzähler einen Krimi liest. Angeblich um die zähe Zeit im Krankenbett eines Sanatoriums totzuschlagen.
  Kriminalromane sind aber nicht dazu verurteilt, die Zeit totzuschlagen. Jedenfalls dann nicht, wenn Szilárd Rubin sie schreibt. Sein jetzt auf deutsch erschienener Roman „Die Wolfsgrube“, im Original 1973 erschienen, ist eine gute Gelegenheit, einem der ausgelaugtesten Sätze, die es über Kriminalromane gibt, die wohlverdiente Auszeit im Sanatorium zu wünschen: Raymond Chandlers Lobspruch für Dashiell Hammett, er habe „den Mord den Leuten zurückgegeben, die Grund haben zu morden, und nicht nur da sind, um eine Leiche zu liefern“.
  Denn Szilárd unterwirft seinen Kriminalroman mit aufreizender Lässigkeit den Konventionen des Miss Marple/Hercule Poirot-Modells, gegen das Chandlers Satz so gern zitiert wird – und gibt seinen Figuren innerhalb dieses Modells gute Gründe zu morden. Es ist nicht weit von seiner Wolfsgrube zu Agatha Christies „Mausefalle“: „Der Täter war immer noch unter ihnen am Tisch, womöglich saß er auf dem Nachbarstuhl.“ Hier, in der ungarischen Provinz, in einem Dorf bei Pécs im Jahre 1960, wird noch einmal das alte Stück gegeben. Sechs Schulfreunde, die im Jahr 1945 Abitur gemacht haben, kommen erstmals wieder zusammen, dazu ihre eigenen – oder andere – Frauen, man spielt „Mörder und Detektiv“, bis in der dritten Runde tatsächlich ein Mord geschieht, und einer muss der Täter sein.
  Alles, so will es das Formmodell, steht nun unter Verdacht: jeder Dominostein, jeder Geldschein, jedes verschwiegene Detail einer Ehe, jede Wendung einer Biografie. Die kleinen grauen Zellen kommen auf ihre Kosten, die logische Maschinerie des Whodunit, gern als müßige Deckchenstickerei verspottet, funktioniert perfekt, aber sie läuft nicht leer, sondern zieht unwiderstehlich Wirklichkeiten in sich hinein, die sich vor dem berühmten Realismus und der Härte der amerikanischen Tradition nicht zu schämen brauchen.
  Denn der Stoff, um dessentwillen Szilárd die Agatha Christie-Maschinerie anwirft, ist die ungarische Nachkriegsgeschichte, und da gibt es neben der Liebesunordnung und Allerweltsmotiven wie Geiz und Habgier auch die Deportationen des Jahres 1944, die durch Identitätstausch geretteten Juden, die bürgerlichen Emigranten bei der Etablierung des Sozialismus und ihre zurückgelassene Habe, die Umsiedlungen aus Siebenbürgen, die Spitzel und Möchtegernspitzel. Hauptmann Beke, der den Hercule-Poirot-Part übernimmt, gehört zur ungarischen Spionageabwehr, aber Ost-West-Gegensatz und Kalter Krieg spielen, obwohl ein Agent „06“ vorkommt, nur zum Schein mit. Sie haben keine Chance gegen Rubins Porträt seiner Generation, die 1945 erwachsen und rasch, spätesten 1956 desillusioniert wurde.  
  Alle guten Mordgründe sind hier hausgemachte, ungarische Gründe, und wenn schließlich – noch ist der Mörder nicht enttarnt – Hauptmann Beke die Befürchtung, es könne weitere Opfer geben, mit dem knappen Satz zerstreut: „Ausgeschlossen. Ihr werdet überwacht,“ dann war das im Jahr 1973 eine sehr witzige Pointe. Der Kriminalroman steht in diesem Buch unter dem dringenden Verdacht, nur der Strohmann für einen scharfzüngigen Gesellschaftsroman zu sein.
LOTHAR MÜLLER
Szilárd Rubin: Die Wolfsgrube. Kriminalroman. Aus dem Ungarischen von Timea Tankó. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2013. 204 Seiten, 17,95 Euro.
„Der Täter war immer noch unter
ihnen am Tisch, womöglich saß
er auf dem Nachbarstuhl.“
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Fesselndes Vergnügen. Der Standard