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Der Aufklärer der Nation wird achtzig - Oswalt Kolle erzählt sein Leben.
Keine andere Persönlichkeit hat den Umgang der Deutschen mit Sexualität mehr geprägt als Oswalt Kolle. Mit seinen Filmen und Büchern, die ein Millionenpublikum erreichten, gelang es ihm, die herrschende Sexualmoral der Adenauerjahre zu untergraben. Dabei kämpfte er für ein Lebensgefühl, das man bis dahin gefälligst zu unterdrücken hatte: die Lust an der Liebe. Und wie kein Zweiter zog er damit die Wut der Konservativen auf sich, die ihn am liebsten mundtot gemacht hätten. Doch die von ihm mit ausgelöste Revolution war…mehr

Produktbeschreibung
Der Aufklärer der Nation wird achtzig - Oswalt Kolle erzählt sein Leben.
Keine andere Persönlichkeit hat den Umgang der Deutschen mit Sexualität mehr geprägt als Oswalt Kolle. Mit seinen Filmen und Büchern, die ein Millionenpublikum erreichten, gelang es ihm, die herrschende Sexualmoral der Adenauerjahre zu untergraben. Dabei kämpfte er für ein Lebensgefühl, das man bis dahin gefälligst zu unterdrücken hatte: die Lust an der Liebe. Und wie kein Zweiter zog er damit die Wut der Konservativen auf sich, die ihn am liebsten mundtot gemacht hätten. Doch die von ihm mit ausgelöste Revolution war nicht mehr aufzuhalten. Oswalt Kolle erzählt in diesem Buch sein bewegtes Leben. Schon als Kind wird er mit der Verlogenheit der herrschenden Moral konfrontiert: Der Großvater setzt sich als Medizinprofessor für die Rechte von Homosexuellen ein, der Vater darf als Psychiater unter den Nazis nicht mehr publizieren. In den fünfziger Jahren findet Oswalt Kolle dann sein Lebensthema, er schreibt u. a. für die "Quick" die Erfolgsserie "Das Wunder der Liebe". Im Rückblick schildert er mit Witz und Charme, wie seine Werke die Nation erregt haben und wie er bis heute gegen Doppelmoral und Bigotterie streitet. Eine Autobiographie voller Leidenschaft - und ein Stück deutscher Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts.
Autorenporträt
Oswalt Kolle, geboren 1928 in Kiel als Sohn des renommierten Psychiaters Kurt Kolle, absolvierte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Ausbildung in der Landwirtschaft und kam dann zum Journalismus. 1951 wurde er Lokalchef der "Frankfurter Neuen Presse" und später stellvertretender Chefredakteur der "Star Revue". In den sechziger und siebziger Jahren war Kolle maßgeblich an der Popularisierung der sexuellen Aufklärung beteiligt - als Buchautor und Produzent verschiedener Aufklärungsfilme (u.a. "Das Wunder der Liebe"), die trotz heftiger Kritik der Konservativen zu riesigen Publikumserfolgen wurden. Weltweit sahen 140 Millionen Zuschauer die Filme. Seit den siebziger Jahren lebt Kolle in Amsterdam. Er hat drei Kinder und ist - nach 48 Ehejahren - seit 2000 verwitwet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Freundlich aufgenommen hat Rezensentin Verena Mayer die Autobiografie Oswalt Kolles, der in den sechziger Jahren mit Filmen wie "Deine Frau, das unbekannte Wesen" zum Aufklärer der Nation wurde. Ausführlich schildert sie Kolles Leben, berichtet über seine Karriere als Boulevardjournalist, seine Aufklärungsbücher und -filme. Sie bescheinigt dem Autor, mit Anstand gealtert zu sein und aus seinem Leben im "kultivierten Plauderton" zu erzählen. Dabei bleibe Kolle "angenehm undoktrinär", erfahren wir. Das Buch sei kein Vehikel zur Abrechnung mit ehemaligen Kontrahenten. Mayer hebt Kolles langjährige Ehe hervor, die zahlreiche Affären überlebt hat. Seine Frau Marlies habe ihm immer den Rücken freigehalten und die Kinder großgezogen. Insofern belegt Kolles Autobiografie für Mayer wieder einmal: "dass die sexuelle Befreiung hauptsächlich ein Spaß der Männer war."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.08.2008

Deutsche Frau, das ist dein Mann
Oswalt Kolle, der Erforscher des deutschen Beischlafs, legt in seinem achtzigsten Lebensjahr seine Autobiographie vor
Die Filme sagen eigentlich alles. Mann und Frau, nackt und mit viel Haaren, wie sie sich umarmen, aufeinanderliegen oder eine Kissenschlacht veranstalten, dazu Kommentare wie dieser hier: „Die Frau wird durch orale Techniken besonders befriedigt. Sie genießt den Cunnilingus.” In den Aufklärungsfilmen von Oswalt Kolle werden die Menschen im Bett beobachtet wie Tiere in der freien Wildbahn, mit einer heute ziemlich ironisch wirkenden Mischung aus angeregtem Interesse und weichgezeichneter Anschaulichkeit. Und dann die Titel der Filme: „Dein Mann, das unbekannte Wesen”, „Deine Frau, das unbekannte Wesen”, „Dein Kind, das unbekannte Wesen”, „Das Wunder der Liebe”. Wir befinden uns in den sechziger Jahren, der Weltraum wird erforscht und der Mond, also warum nicht auch Mann, Frau und Kind?
Oswalt Kolle gilt als der Erforscher des deutschen Beischlafs, sein Name ist eine Marke wie Blumenkinder oder Alice Schwarzer. Kolles Filme trafen den Nerv einer Zeit, die schon liberal genug war, sich im Kino Sexklamotten (Franz Antel!) anzugucken, aber noch zu verklemmt, um dabei ohne Zensur auszukommen. In diesem Zusammenhang erzählt Oswalt Kolle in seinem neuen Buch „Ich bin so frei” eine nette Anekdote aus der Freiwilligen Selbstkontrolle, als elf Männer und eine Frau über die Freigabe des Films „Dein Mann, das unbekannte Wesen” zu befinden hatten. Die elf Männer verlangten unisono, eine Szene mit einem Penis aus dem Film zu schneiden, da so etwas auf der großen Leinwand nicht gehe. Die Frau soll daraufhin gesagt haben: „Der Schwanz bleibt drin!”
Als die Achtundsechziger Sex als etwas Politisches ansahen und die freie Liebe auch die letzten WG-Matratzen erreicht hatte, wurde es still um den Aufklärer der Nation. Kolle schrieb noch Texte für Beate Uhse und für Zeitschriften, später hielt er im Auftrag eines Pharmaunternehmens Vorträge über Frigidität, Impotenz und Alterssexualität. Fürs Privatfernsehen dreht er die fünfteilige Serie „Sexualreport 2008”, und er tritt immer mal wieder in Talkshows auf und spricht über die Pornographisierung der Gesellschaft. Jetzt, in seinem 80. Lebensjahr, hat er seine Autobiographie vorgelegt.
„Ich bin so frei” beginnt nicht als Bestandsaufnahme deutschen Sexualverhaltens, sondern als Sittenbild der deutschen Medien. Kolle, 1928 als Sohn des Psychiaters Kurt Kolle in gutbürgerlichen Verhältnissen groß geworden, machte nach dem Krieg Karriere als Boulevard-Journalist. Erst in Frankfurt, dann bei der neu gegründeten Bild-Zeitung in Hamburg. Dort machte er, was von einem Bild-Mitarbeiter Mitte der fünfziger Jahre verlangt wurde: Storys über die Eheprobleme einer Opernsängerin oder darüber, dass Romy Schneider angeblich entjungfert worden sei. „Bild, das merkte ich schnell, war eher ein Märchenblatt als eine Zeitung.” Dazwischen schrieb er Texte, die von Anzeigenkunden bezahlt wurden, durfte ordentlich Spesen machen, und einer der Chefs bei Springer bot ihm sogar an, auf Verlagskosten ein Edelbordell auf der Reeperbahn zu besuchen. Doch Kolle behagte, wie er es nennt, „die Richtung nicht”, und er wechselte zum Berliner Boulevardblatt B. Z. Dort, als Society-Reporter, fühlte er sich angekommen: Theater, Berlinale, Hildegard Knef – das Leben „eine turbulente Pressekomödie à la Billy Wilder”.
Anfang der sechziger Jahre ist aus Kolle ein richtiges Boulevard-Urgestein geworden, nah dran an den Intimzonen der Stars und journalistisch getrimmt auf das wichtigste Genre der Zeit: die Fortsetzungsserie. Für die Illustrierte Quick (das war die mit den Nackten und Nick Knatterton) konzipierte er zwei Serien, die den Beginn einer gewaltigen Verwertungskette bilden sollten, Arbeitstitel: „Deutscher Mann, das ist deine Frau” und „Deutsche Frau, das ist dein Mann”. Das klingt ein bisschen wie Loriot, und tatsächlich schlug er Loriot vor, die Serie zu illustrieren. Ein weiterer Quick-Mitarbeiter hieß übrigens Johannes Mario Simmel.
Aus Kolles Serien (die dann in der Neuen Revue erschienen) wurden Bücher, aus den Büchern wurden Filme, die 140 Millionen Menschen auf der ganzen Welt sahen. Der Rest klingt wie eine Episode aus dem Leben von Gunter Sachs: Kolle schwamm im Geld, hatte Frauen, Autos und ein Haus auf Sylt. Im kultivierten Plauderton eines in Würde gealterten Dandys ist „Ich bin so frei” dann auch verfasst. Kolle erzählt ein Leben in Anekdoten, vom ersten Kuss über das glamouröse Nachtleben in Berlin bis zu den Marotten seiner Chefs. Er streift das gesellschaftliche und politische Klima, in dem seine Filme entstehen, viel Platz nehmen die Verhandlungen mit der Bundesprüfstelle oder der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft ein. Außerdem hagelte es immer wieder Anzeigen wegen Verbreitung pornographischer Schriften, und die Kirchen sahen sehr oft die abendländischen Werte gefährdet. Wobei vor allem Kolles Ausflüge in die Sprache der fünfziger Jahre ihren Charme haben: „Die Angst vor ungewollter Schwangerschaft war ein Riesenproblem für alle jungen Paare. Man lebte im Vierwochenrhythmus. Die Frage war stets: Kommt rot oder kommt rot nicht?”
Kolle bleibt dabei angenehm undoktrinär, er muss mit niemandem abrechnen, nicht einmal mit den Achtundsechzigern, die in ihm einen „scheinliberalen Spießer” sahen. Man folgt ihm wie einem reizenden älteren Herrn, der ins Reden gekommen ist. Das augenzwinkernde Preisen der eigenen Vorzüge darf natürlich nicht fehlen: „Mir flogen die Mädchenherzen zu. Ich war Arztsohn, ein hübscher Kerl, geschniegelt, Zigarette im Mundwinkel, die Haare mit Pomade nach hinten gekämmt. Mein Blick war konstant melancholisch, was, wie ich nur jedem empfehlen kann, bei Frauen viel besser ankommt als penetrant gute Laune.”
„Mein Leben” lautet der Untertitel von Kolles Autobiographie. Allerdings ist nach den siebziger Jahren schnell Schluss. Gerade zwanzig Seiten sind dem Leben nach dem Ruhm gewidmet, das Kolle mit seiner Frau und den Kindern in Holland verbrachte. Ach ja, die Ehefrau. 48 Jahre war Kolle verheiratet, und Marlies Kolle, genannt „meine kleine Engländerin”, musste an seiner Seite einiges mitmachen. Kolle küsste schon vor der Hochzeit eine andere, gab sich seiner Bisexualität hin und hatte zahlreiche Affären, unter anderem mit Romy Schneider, über die er in seinem Buch auch ausführlich berichtet. Man traf sich in Kitzbühel, Kolle flog zu ihr nach Paris, Marlies Kolle blieb indessen zu Hause bei der Familie. Sie war es auch, die ihm den Rücken freihielt, drei Kinder großzog und in Kolles Memoiren solche Sätze sagt: „,Wichtig ist: Was willst du? Und was du willst, das musst du tun.‘ Und dann fügte sie wie immer an: ,Wir kommen schon durch. Ich kann auch putzen gehen.‘”
Eine Ehefrau, die bereit ist, putzen zu gehen, damit der Mann seine Ideale der Libertinage leben kann – Kolles Autobiographie belegt nicht zuletzt eine alte Erkenntnis: Dass die sexuelle Befreiung hauptsächlich ein Spaß der Männer war. VERENA MAYER
OSWALT KOLLE: Ich bin so frei. Mein Leben. Rowohlt Berlin, Berlin 2008. 312 Seiten, 19,90 Euro.
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