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"Ich war ein Nachkriegsmädchen, hungrig endlich etwas von der Welt zu sehen. Deshalb zog ich 1950 von Göttingen nachHamburg. Ich lernte das Abc des Fotografierens, und da ich ein flottes Mädchen war, konnte ich als Fotomodell etwas Geld verdienen. Als ich mit dem Fahrrad durch Pöseldorf fuhr, stoppte neben mir ein schickes weißes Auto. Der Mann am Steuer deutete auf meinen Fotoapparat und fragte, ob ich Fotografin sei. Es war Hans Huffzky, der Gründer der Frauenzeitschrift Constanze. Als er meine Fotos sah, sagte er: 'Entsetzlich! Eine Katastrophe! Hören Sie auf, Schiffe im Hafen zu knipsen.…mehr

Produktbeschreibung
"Ich war ein Nachkriegsmädchen, hungrig endlich etwas von
der Welt zu sehen. Deshalb zog ich 1950 von Göttingen nachHamburg. Ich lernte das Abc des Fotografierens, und da ich
ein flottes Mädchen war, konnte ich als Fotomodell etwas
Geld verdienen. Als ich mit dem Fahrrad durch Pöseldorf
fuhr, stoppte neben mir ein schickes weißes Auto. Der Mann
am Steuer deutete auf meinen Fotoapparat und fragte, ob
ich Fotografin sei. Es war Hans Huffzky, der Gründer der
Frauenzeitschrift Constanze. Als er meine Fotos sah, sagte er:
'Entsetzlich! Eine Katastrophe! Hören Sie auf, Schiffe im
Hafen zu knipsen. Sie müssen Menschen fotografieren.'
Huffzky wurde mein Professor Higgins und stellte mir die
Verleger Rudolf Augstein und Axel Springer vor. Beide waren
noch auf ihrem Weg nach oben und sehr easy going. Es war
damals leicht, nach den Sternen zu greifen und die Welt zu
erobern." Neben ihrem fotografischen Geschick und ihrem
glänzenden Aussehen, war es immer wieder dieses Talent, zur
rechten Zeit am rechten Ort zu sein, das Inge Feltrinelli Tür
und Tor öffnete. So gelangen ihr legendäre Schnappschüsse
von den Reichen, Klugen und Berühmten ihrer Zeit. Alle Bilder
verraten das ungezwungene, ja freundschaftliche Verhältnis
zwischen der Fotografin und ihrem Objekt. Marc
Chagall machte für sie ein freundliches Gesicht, Simone de
Beauvoir lächelte zufrieden, und Gary Cooper betrank sich in
aller Ruhe weiter, während Inge ihrer Arbeit nachging.
Autorenporträt
Inge Feltrinelli, geborene Schönthal (1930), begann ihre Karriere als Gesellschaftsfotografin. Ihre Fotos erschienen in internationalen Magazinen wie Constanze, Paris Match und Life. Nach ihrer Hochzeit 1960 folgte sie Giangiacomo Feltrinelli nach Mailand. Ab 1969 war sie Vizepräsidentin des Verlags Feltrinelli und übernahm nach dem Tod ihres Mannes 1972 die Verlagsleitung. Inge Feltrinelli erhielt zahlreiche internationale Auszeichnungen, zuletzt 2011 die Karlsmedaille für europäische Medien.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Inge Feltrinelli ist zum Glück für Rezensent Michael Krüger nicht hinter dem Objektiv stehengeblieben. Die Bilder in diesem Band zeigen immer wieder ihr Lachen, wie Krüger es kennt und auf der letzten Buchmesse erstmals schmerzlich vermisst hat. Ferner zu sehen: Hemingway im Mittagsrausch, Allen Ginsberg in Badehose, Gary Cooper mit Champagner und immer wieder rauchende Größen aus Kultur und Politik. Für Krüger ist die "generöse" Herstellung des Bildbands schon deshalb genau das Richtige, und der Einleitungsessay von Fritz J. Raddatz auch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2013

Die Feltrinelli

Seit Jahrzehnten gilt sie als eine der bedeutendsten Verlegerinnen Europas und als vitale Legende der literarischen Welt. Jetzt ist ein faszinierender Bildband erschienen, der Inge Feltrinellis frühe Jahre als Model und Fotografin beschreibt. Sein Titel ist Programm: "Mit Fotos die Welt erobern".

Von Michael Krüger

Eine Frankfurter Buchmesse ohne Inge Feltrinelli ist eigentlich keine. Da können sich die Herren in ihren erstklassigen dunklen Anzügen und die Frauen in ihren Designerklamotten noch so anstrengen, ohne die schillernden Paillettenkleider und die vibrierenden Federboas von Inge kommen die Abende nicht so richtig in Schwung - Inge ist keine "Gattin" und keine "Darf-ich-Ihnen meine Frau-vorstellen"-Frau. Außerdem kann Inge so herzlich laut lachen, dass die Gattinnen zusammenzucken, und sie ist schneller, witziger und inspirierender als ganze Männergruppen, wenn sie mit sauren Mienen das E-Book-Problem und steigende Papierpreise besprechen. Ich war wirklich tief betrübt und besorgt, als sie dieses Jahr zum ersten Mal in Frankfurt fehlte. Mit einem Wort: Die letzte Buchmesse war ein Desaster!

Dafür gibt es nun, generös hergestellt und mit einem kenntnisreichen Essay ihres Freundes Fritz J. Raddatz eingeleitet, einen Band mit ihren Fotografien, auf denen Inge gottlob auch zu sehen ist - nein, sie ist, dem Selbstauslöser sei Dank, neben Greta Garbo eine der beiden weiblichen Hauptpersonen. Schon auf der Fotoserie, die Inge Schönthal bekannt gemacht hat, balanciert sie lachend neben einem riesigen Marlin und einem bräsig und still vergnügt lächelnden Hemingway auf der "Pilar", Hemingways Boot. Das war auf Kuba, 1953. Inge war eine blendend aussehende Abenteurerin, der es irgendwie gelungen war, bis nach Kuba vorzudringen und dann die noch viel schwierigere Aufgabe zu lösen, in das Haus des misstrauischen "Papa" Hemingway aufgenommen zu werden. Eines der schönsten Bilder zeigt den Schriftsteller, wie er, vor einer Wand mit zerfledderten Büchern, auf dem kühlen Steinboden seines Hauses seinen Mittagsschlaf macht. Da er zum Essen zwei Flaschen Rotwein zu trinken pflegte - mehr noch als Goethe! -, hat "Papa" nicht bemerkt, wie Inge ihn fotografiert hat: ein trunkener Silen.

Solche Fotografien sind heute nicht mehr möglich, da der Autor entweder korrekt am Schreibtisch oder mit einem Glas kalorienarmen Orangensaft im Garten seines Hauses um die Gunst der Leser wirbt. Die unbekümmerte Inge dagegen hat Allen Ginsberg in der Badehose abgelichtet. Und damals durften alle Autoren noch rauchen, ohne abschreckend auf die Kundschaft zu wirken: Ernst von Salomon und der als Laokoon mit dem Gartenschlauch posierende Gregor von Rezzori, Erich Kästner und Arthur Koestler und natürlich Winston Churchill. Am meisten geraucht hat gewiss ihrer späterer Ehemann Giangiacomo Feltrinelli, dem die schwere "Senior Service"-Zigarette auch im Schlaf nicht ausgegangen ist. Ihn hat Inge auf einer Rowohlt-Party kennengelernt und fortan - über seinen mysteriösen Tod hinaus - als Inge Feltrinelli mit dem gemeinsamen Sohn Carlo den Feltrinelli-Verlag in Mailand zu einer der ersten Adressen für italienische und internationale Literatur in Italien gemacht.

Begonnen hat dieses weitere Abenteuer dieser ungewöhnlichen Frau mit "Doktor Schiwago" und dem "Leopard", und heute sind die Feltrinelli-Buchhandlungen der einzige Garant dafür, dass im krisengeschüttelten Italien in allen größeren Städten überhaupt noch Bücher angeboten werden. Eines ist sicher: Solange Inges Lachen, das in diesem Band in aller Frische und Unbekümmertheit zu sehen ist, nicht verstummt ist, so lange wird es gedruckte Bücher in Italien geben.

Inge Feltrinelli: "Mit Fotos die Welt erobern".

Steidl Verlag, Göttingen 2013. 280 S., Abb., geb., 38,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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