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Dass Roald Amundsen in einem Rennen auf Leben und Tod als erster Mensch den Südpol erreichte, weiß jedes Kind. Kaum bekannt ist hingegen, dass sein wahres Lebensziel der Nordpol war, den er wie ein Besessener wieder und wieder zu erstürmen versuchte und 1926 schließlich in einem Zeppelin überflog. Tor Bomann-Larsen erzählt die Geschichte des Mannes, der stets danach trachtete, als erster Mensch den Fuß in bis dahin unbekannte Weltgegenden zu setzen, während er sein eigenes Leben in Nebel hüllte und "sein Hirn wie einen Banktresor verschloss" (Lion Feuchtwanger). So blieb eine Frage bislang…mehr

Produktbeschreibung
Dass Roald Amundsen in einem Rennen auf Leben und Tod als erster Mensch den Südpol erreichte, weiß jedes Kind. Kaum bekannt ist hingegen, dass sein wahres Lebensziel der Nordpol war, den er wie ein Besessener wieder und wieder zu erstürmen versuchte und 1926 schließlich in einem Zeppelin überflog. Tor Bomann-Larsen erzählt die Geschichte des Mannes, der stets danach trachtete, als erster Mensch den Fuß in bis dahin unbekannte Weltgegenden zu setzen, während er sein eigenes Leben in Nebel hüllte und "sein Hirn wie einen Banktresor verschloss" (Lion Feuchtwanger). So blieb eine Frage bislang offen: Wer war Roald Amundsen wirklich? Der norwegische Journalist und Histo-riker Tor Bomann-Larsen erzählt das atemberaubende Leben einer Figur von antiker Wucht: Ohne falsche Ehrfurcht zeigt er die vielen Gesichter des gefei-erten Entdeckers, der nicht nur Held und Idol, sondern auch ein kaltschnäuziger Lügner, ein skrupelloser Geschäfts- mann und nicht zuletzt ein brillanter Vermarkter seiner selbst war. Amundsen war ein rastloser, zuweilen erratischer Getriebener, der sein Leben lang das Abenteuer suchte und darüber schließlich zum Mythos wurde - als er 1928 bei dem Versuch, mit dem Flugzeug einen Konkurrenten aus Seenot zu retten, spurlos verschwand.
Autorenporträt
Tor Bomann-Larsen, geboren 1951 in Norwegen, ist einer der bekanntesten Autoren seines Landes und hat unter anderem ein mehrbändiges Werk über die nordischen Königshäuser veröffentlicht. Den Anstoß zu seiner Amundsen-Biographie gab ihm ein unglaublicher Fund: In der Scheine eines Bauernhofs bei Oslo stieß er zufällig auf einen verstaubten Koffer mit Hunderten von Originalbriefen und –dokumenten des Polbezwingers. Tor Bomann-Larsen lebt bei Oslo.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.10.2007

Schlittenfahren muss man üben
Der genau planende Abenteurer fuhr dem Polarblues hinterher: Tor Bomann-Larsens große Biographie des Südpolentdeckers Roald Amundsen
Im Sommer 2007 setzte Russland ein Mini-U-Boot zum Nordpol in Marsch, um unter dem Eis des geographischen Pols eine russische Flagge, eingelassen in Titan, im Meeresgrund zu befestigen. Kanada meldete sich daraufhin ebenso wie Dänemark: Weder haben die Pole ihre Faszination verloren, noch sind territoriale Ansprüche geringer geworden. An Nord- und Südpol kreuzen sich alle Längengrade; 90 Grad nördliche und 90 Grad südliche Breite – so hießen die letzten, unentdeckten Sehnsuchtsziele im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Roald Amundsen (1872-1928) ist der sicher berühmteste große Polarforscher dieser Zeit – er ist gleichzeitig der, von dessen Persönlichkeit, Erziehung, Leben bislang wenig bekannt ist. Sein Landsmann, älterer Freund und wohlwollender Gönner, Frithjof Nansen, steht für die Drift mit dem Schiff Fram im Eismeer, für den Beginn norwegischen internationalen humanitären Engagements und für die seit der Unabhängigkeit 1905 erwachende norwegische Nation – von Amundsen ist vor allem sein Südpoltrip bekannt, der mit einem Betrugsmanöver, halbwegs mitgetragen von Nansen übrigens, gegenüber Politik und Banken begann: Kurzes Kabel aus Madeira, dass die Fram (das Nansen-Polarmeer-Schiff) jetzt auf dem Weg in die Antarktis sei und nicht in die Arktis, um den Nordpol zu entdecken, wie ursprünglich geplant.
Frauen, im Eis unerreichbar
Amundsen war eine stets klug kalkulierende Abenteurerpersönlichkeit – mit einer Lüge gegenüber seiner Mutter Gustava, die ihn nach dem Tode ihres als Reeder vermögend gewordenen Mannes Jens als einzigen ihrer vier Söhne gern in der akademischen Laufbahn gesehen hätte, begann seine Polarkarriere. Roald war offiziell als Medizinstudent eingeschrieben – trieb sich aber vor allem auf Skiern in Norwegens Bergen herum und durchquerte, noch keine zwanzig, die Hardanger-Vidda im Winter: Auf seine Konstitution war er ein Leben lang stolz (seine Kurzsichtigkeit verschwieg er). Er litt dementsprechend, als es in seinen späten Fünfzigern nicht mehr ganz so flott ging. Als er 21 war, starb die Mutter – der Sohn schreibt in seinen Memoiren: Ihr Tod habe sie vor der traurigen Entdeckung bewahrt, dass sein Ehrgeiz ganz andere Wege ging.
Den Südpol erreichte Amundsen am 14. Dezember 1912 im Wettlauf mit dem Briten Robert Falcon Scott – Scotts britische Tugenden, sein Sportsgeist reichten in dieser Gegend nicht aus, die idiotischerweise eingesetzten Ponys und frühen Motorschlitten beschleunigten die Untergangstragik im Verein mit Schlittenhunden, die keiner der Engländer zu führen verstand (Nansen hatte Scott den Rat gegeben, Schlittenhunden zu vertrauen – dass man das Fahren mit ihnen üben muss, sagte er nicht). Amundsen dagegen hatte den Umgang mit Hundeschlitten bei seiner ersten eigenverantwortlichen Expedition – der Verwirklichung des John-Franklinschen Traums mit der Entdeckung der Nordwestpassage – systematisch von den Innuit gelernt; ihm war jeder technische oder klassenbezogene Hochmut gegenüber bodennahen Kenntnissen fremd. Der Abenteurer plante derart genau, dass die Berechnung der Anzahl der Schlittenhunde für die Südpolexpedition auch deren partiellen Verzehr berücksichtigte.
Und er war auf allen Fahrten eine äußerst geschickte Führungspersönlichkeit zu Schiff und im Eis – solange man „dem Chef” nicht widersprach. Dann sprach Amundsen sogar Entlassungen im Iglu aus, die erst Monate oder Jahre später wirksam werden konnten. Der übliche Patriotismus seiner Zeit war ihm allenfalls Mittel zum Zweck – die Zivilisierung der norwegischen Nation und möglichst der gesamten Menschheit durch die (Polar-)Wissenschaft war Nansen ein Herzensanliegen. Amundsen hingegen wollte, wortkarg (weil er im Grunde wenig zu sagen hatte) und getrieben, ins Eis, um als außerordentliche Persönlichkeit und Vorbild nach Hause zurückzukehren und sich feiern zu lassen. Und um wieder wegzufahren – dem Polarblues hinterher. Dort konnte man am besten möglichst unerreichbaren Frauen schriftliche Heiratsanträge machen – erst der in England erstklassig in der Oberschicht verheirateten Halbnorwegerin Kiss Bennet, gegen Ende seines Lebens der Amerikanerin Bess Magids.
Roald Amundsen hatte ein von erdverbundenem Machismo geprägtes Frauenbild (die Schönheit und Freizügigkeit von Eskimofrauen ist großes Thema auf der Nordwestpassagenexpedition), welches seine spirituelle Erfüllung in heiklen Liebesverhältnissen mit gebildeten, modernen und verheirateten Oberschichtenfrauen fand – attraktiv als Liebhaber war er allemal. Doch als Bess Magids sich 1928 geschieden auf den Weg nach Norwegen machte, war es zu spät – der Polarfahrer war da schon im Eismeer verschollen.
Die für damalige Zeiten hochprofessionelle Vermarktung der Marke Amundsen begann gleich nach der Nordwestpassage. Der Manager im Hintergrund wurde Roalds Bruder Leon, erfolgreicher Geschäftsmann und engster Vertrauter bis zum endgültigen Zerwürfnis 1924. Roald hielt Vorträge und schrieb (mit Ghostwriter-Hilfe) Bücher, Leon sicherte Rechte und schloss Verträge mit der Presse ab, sicherte ergebene Agenten in Europa und den USA.
Nach dem Südpol fiel Amundsen nichts Rechtes ein – den Nordpol hatten inzwischen die US-Amerikaner Robert Peary/Matthew Henson oder Frederick Cook entdeckt, wobei beides nicht recht gesichert ist. Roald machte den Flugschein 1914, den ersten in Norwegen vergebenen, der Erste Weltkrieg vereitelte aber eine Flugexpedition zum Nordpol.
Eisbärkampf und Schoßhund
Anstelle dessen lief das Schiff Maud (benannt nach der norwegischen Königin), finanziert vom norwegischen Staat und dem durchaus vermögend gewordenen Eisabenteurer, vom Stapel: Amundsen durchfuhr 1918 bis 1920 als Erster die Nordostpassage, zog sich an der nordsibirischen Küste einen Splitterbruch der linken Schulter zu, kämpfte mit einem Eisbären und überlebte, vergiftete sich heftig mit Kohlenmonoxid und überlebte mit eingeschränkter Herzgesundheit; der Hafen von Nome in Alaska wurde am 20. Juli 1920 von einer völlig demotivierten Mannschaft erreicht.
1926 folgte die Luftschiffexpedition mit der in Italien gebauten Norge unter dem Kommando des italienischen Offiziers Umberto Nobile und Roald Amundsen – für den Polarfahrer gab es nichts zu tun, außer dick eingemummelt aus der Gondel nach unten auf 90 Grad nördlicher Breite zu schauen. Die Zeit der Schlitten und Skier, die man für den Fall eines Unfalls mitgenommen hatte, war vorbei. Der reichlich eitle Italiener war ihm fremd – dessen ins Polarluftschiff mitgenommenes Schoßhündchen taxierte Amundsen eiskalt auf seine Verzehrbarkeit.
Die zweite Luftexpedition Nobiles 1928 ohne Amundsen ging gründlich schief – der vollkommen polarunerfahrene General und Ingenieur wäre auf einer Eisscholle gestorben, hätte ihn nicht der Schwede Lundborg mit einer kleinen Fokker gerettet (Mussolini wäre ein Heldentod lieber gewesen). Doch Amundsen kam von seiner Nobile-Rettungs-Mission nicht zurück – mit dem Flugboot Latham 47 brach er am 18. Juni 28 auf, um den Italiener zu retten, und kehrte nicht wieder zurück.
Tor Boman-Larsen nutzte für sein 1995 in Norwegen erschienenes Buch über Roald Amundsen bislang unbekannte Quellen. Er entwickelt so ein hochauflösendes Bild des norwegischen Weltheros, der ein Spieler, zeitweiliger Bankrotteur und Abenteurer mit besonderen, tief im 19. Jahrhundert verankerten Qualitäten war. Boman-Larsen konnte das Archiv der Brüder Amundsen mit der gesamten Planungs- und Geschäftskorrespondenz als Erster nutzen und ebenso das erst 1990 zugänglich gemachte private, orthographisch experimentierende Tagebuch des Polarmannes.
Dieser steht in einer Reihe mit den großen Figuren Norwegens, welche dieses Land am Rande Europas, befreit von der schwedischen Vormundschaft 1905, dringend für seine innere Integration und seine durch Geschichte zu sichernde Wiedererkennbarkeit brauchte. Als Nansens Auftritt vorbei war, trat Amundsen aus den Kulissen. Und in den anderen Akten des Schauspiels „Norwegens Wiederauferstehung” mit der Bühnenmusik von Edvard Grieg spielten Henrik Ibsen, Björnstjerne Björnson und Knut Hamsun weitere Hauptrollen (der Letztgenannte flog nach 1945 von der Bühne). Der Polarmann Amundsen aber verschwand für die Norweger, vielleicht unsterblich?, im Eis – die jetzt auf Deutsch vorliegende große, die Lektüre sehr lohnende Biographie von Tor Bomann-Larsen stellt nüchtern seinen Tod durch Ertrinken fest. STEPHAN OPITZ
TOR BOMANN-LARSEN: Amundsen. Bezwinger beider Pole. Die Biographie. Aus dem Norwegischen von Karl-Ludwig Wetzig. Mare Buchverlag, Hamburg 2007. 704 Seiten, 29,90 Euro.
„Teufels Tanzplatz” heißt die Strecke, auf der Roald Amundsen hier bei seiner Südpol-Expedition im Jahre 1911 mit seinen Begleitern und Hundeschlitten fotografiert wurde. Foto: Scherl
Roald Amundsen – hier mal in bürgerlicher Kleidung (1912) Foto: Scherl
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2010

NEUE REISEBÜCHER

Für die Tasche Nächstes Jahr ist es genau hundert Jahre her, dass der Südpol bezwungen wurde - der Mann, der am 14. Dezember 1911 seine Fahne dort aufstellte, war der Norweger Roald Amundsen. Das ist bekannt. Weniger bekannt ist jedoch, was für ein Mensch dieser Amundsen eigentlich war. Der norwegische Journalist und Historiker Tor Bomann-Larsen stellt in der jetzt auf Deutsch erschienenen Biographie "Amundsen. Bezwinger beider Pole" einen Mann vor, der sich viel weniger ruhmhaft verhalten hat, als die Weltgeschichte es erinnert.

In einer Scheune eines Bauernhofs bei Oslo hatte Bomann-Larsen zufällig einen verstaubten Koffer mit Hunderten von Originalbriefen und -dokumenten des Polarforschers entdeckt - viel Stoff für eine umfangreiche Darstellung von Amundsens Werdegang und Charakter. Nach 700 Seiten weiß man: Amundsen war zwar schon zu Lebzeiten ein Mythos, doch gleichzeitig auch ein Schwindler, ein Hochstapler, ein Mann, der ständig bankrott war, sich verkleidete, um vor seinen Gläubigern zu flüchten, und auf einigen Expeditionen auch nicht davor zurückschreckte, über Leichen zu gehen.

Seine Mutter war der erste Mensch, den er hinters Licht führte. Sie wünschte sich, dass er Medizin studierte, also schrieb er sich an der Universität ein und ließ sie jahrelang in dem Glauben, dass er Arzt werden würde - tatsächlich jedoch träumte er von der Entdeckung gefrorener Landschaften. Den Vorsprung gegen Robert Falcon Scott bei der Eroberung des Südpols verdankte er, das hat schon Rainer-K. Langner in seinem Klassiker "Duell im ewigen Eis" erzählt, einem Täuschungsmanöver. Amundsen war 1909 eigentlich auf dem Weg in die Arktis, doch als er erfuhr, dass der Amerikaner Peary den Nordpol bezwungen haben sollte, lenkte er sein Schiff kurzerhand in den Süden. Als Erster am Südpol angekommen, hinterließ er einen Brief für Scott, den dieser dem norwegischen König übermitteln sollte. Eine große Demütigung für den Engländer, der auf dem Rückweg ins Basislager entkräftet ums Leben kam.

Doch trotz des Triumphes, der Erste am Südpol gewesen zu sein, blieb Amundsens Ziel der Norden, sein Leben lang. Immer wieder brach er auf, war der Erste, der über den Nordpol flog, und gab Unsummen an Geld der norwegischen Regierung aus. Am Ende hatte er sich mit der Welt überworfen, ein gekränkter Held, weil der Pilot des Nordpolfluges mehr geehrt wurde als er selbst. 1928 kam er in der Arktis ums Leben, seine Leiche wurde nie gefunden.

Tor Bomann-Larsen hat eine große kulturkritische Biographie geschrieben, die sich nicht nur spannend liest, sondern erfreulicherweise hundert Jahre nach der Eroberung des Südpols auch mit dem Geschichtsbild eines Helden aufräumt.

akro

Tor Bomann-Larsen: "Amundsen. Bezwinger beider Pole. Die Biographie", mare, 704 Seiten, 17,90 Euro

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Stephan Opitz rekapituliert fasziniert und eingehend das bewegte Leben des Südpolentdeckers Roald Amundsen, so wie es ihm aus der im norwegischen Original bereits 1995 erschienenen Biografie von Tor Bomann-Larsen entgegentritt. Der Autor hat für seine Lebensbeschreibung bis dahin unerschlossene Quellen, wie die gesamte Korrespondenz der Brüder Amundsen mit ihren geschäftlichen Unterlagen, die Fahrtenplanungen oder das Tagebuch Amundsens nutzen können, erklärt der Rezensent. Bomann-Larsen gelingt ein sehr genaues Porträt dieser ambivalenten Persönlichkeit, die auch vor Lüge und Betrug nicht zurückschreckte, um seiner Sehnsucht nach den Polen nachgeben zu können, lobt Opitz. Er erkennt in Amundsen eine wichtige Identifikationsfigur und einen Volkshelden für die Norweger des 20. Jahrhunderts, die nicht zuletzt durch ihre späte Unabhängigkeit von Schweden und ihre geografische Abgelegenheit dergleichen bedurften. Von dieser gewichtigen Biografie ist der Rezensent hellauf begeistert, und er preist die Lektüre als sehr Gewinn bringend.

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