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Erstmals auf Deutsch: Der preisgekrönte, legendäre literarische Reisebericht des berühmten Autors der chinesischen lost generation. Ausgezeichnet mit dem Thomas Cook Travel Book Award. Von Beijing in die weiten Steppen des Westens, von heiligen Bergen in Urwälder und Schluchten, von den verlassenen Ruinenstädten der ehemaligen Seidenstraße in die vibrierenden, überbevölkerten Städte der Südküste.

Produktbeschreibung
Erstmals auf Deutsch: Der preisgekrönte, legendäre literarische Reisebericht des berühmten Autors der chinesischen lost generation. Ausgezeichnet mit dem Thomas Cook Travel Book Award. Von Beijing in die weiten Steppen des Westens, von heiligen Bergen in Urwälder und Schluchten, von den verlassenen Ruinenstädten der ehemaligen Seidenstraße in die vibrierenden, überbevölkerten Städte der Südküste.
Autorenporträt
Ma Jian, geb. 1953 in Qingdao, lebte als Schriftsteller und Maler in Beijing. Im Jahr 1976 ist er von Qingdao nach Peking gezogen. Nachdem in der VR China einige seiner Werke verboten wurden ging er 1986 nach Hong Kong, wo er das Verlagshaus Hong Kong New Century Press gründete. Im Jahr 1997 zog er nach Deutschland und unterrichtete dort Moderne chinesische Literatur. Zwei Jahre später zog er nach England, wo er heute noch lebt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.03.2009

Schwarzfahrer im inneren Exil
Von China nach Amerika, von der Vorhölle ins Pandämonium: Die Romane „Ein freies Leben” und „Red Dust” schildern die unterschiedlichen Erfahrungen der Generationsgefährten Ha Jin und Ma Jian Von Tilman Spengler
Mit zulässiger philologischer Unverfrorenheit kann man den chinesischen Ausdruck für „Verbannung” im Deutschen auch mit dem Wort „Irrsal” wiedergeben. Der Vertriebene wird achtlos davongespült, an die Grenzen des Reiches oder über diese Grenzen hinaus, dorthin, wo das Befremden zur alltäglichen Erfahrung wird. Das ist die gerechte Strafe für all jene, die durch ihr Aufmüpfen den Schutz der staatlichen Ordnung verwirkt haben. Denn das Fremde ist nicht Verlockung oder kühne Herausforderung, es ist der frostige Ort der Einsamkeit, der Isolation von Familie und Vorfahren. Man lebt nicht länger unter Seinesgleichen. In der Fremde, auch das sagt alles, kann man als Chinese nicht einmal mehr gescheit essen. Zugestanden, es kommt zu aufregenden, zu gänzlich neuen Erfahrungen mit der Natur, manchmal auch zu wunderlichen Begegnungen mit den Fremden. Eine Entschädigung ist das nicht, denn gerade das Bizarre erinnert nur umso schmerzlicher an das verlorene Vertraute.
Das Schicksal der Vertreibung hängt als Drohung über den Biographien chinesischer Dichter und Denker, seitdem es diesen Berufsstand gibt. Kein Wunder, dass in oder aus den erzwungenen Verhängnissen einige der schönsten Gedichte und Prosastücke der chinesischen, der Weltliteratur entstanden. Wie immer haben die dafür verantwortlichen Herrschenden keinen Grund, sich diese ungewollten Geschenke ihrer Politik als Verdienst anzurechnen.
Auf der Frankfurter Buchmesse im Herbst dieses Jahres wird die chinesische Literatur den Schwerpunkt setzen, doch die Neugier will schon vorher gereizt sein. Zwei Werke sind gerade auf dem hiesigen Markt erschienen, die auf höchst unterschiedliche Weise das Motiv des Fremdseins in der chinesischen Gesellschaft zu ihrem Leitfaden machen. Ha Jin, der seit einem guten Jahrzehnt bereits mit zahlreichen amerikanischen Preisen ausgezeichnete Autor, berichtet in seinem neuen Roman „Ein freies Leben” von dem Versuch eines in den USA gestrandeten Studenten aus dem Norden Chinas, für sich „den amerikanischen Traum” zu verwirklichen. Sein um drei Jahre älterer Landsmann Ma Jian erzählt in „Red Dust” von seiner mehrjährigen Flucht aus der chinesischen Hauptstadt in das Innere (und das bedeutet das Äußere) des Landes.
Die zwei Werke können als Entwicklungsromane gelesen werden: Nan Wu, der Held in „Ein freies Leben” steigt vom Studenten auf zum Restaurantbesitzer und erfüllt sich seinen (unamerikanischen) Traum von einem Leben als Dichter. Der Ich-Erzähler in Ma Jians „Red Dust” beginnt als staatlicher Angestellter in der chinesischen Hauptstadt und endet als Landstreicher. Am Schluss gilt für beide der Satz: „Wo ich her bin, das gibt es nicht mehr.” Und dennoch bleibt China die einzige Bezugsgröße, die ihrem Leben einen Sinn verleihen kann.
Beide Autoren, der aus Harbin stammende Ha Jin wie sein Kollege Ma Jian, sind jetzt knapp über Fünfzig, Angehörige derselben Generation. Beide mussten 1985, wenige Jahre vor dem Blutbad am Platz des Himmlischen Friedens, fast zeitgleich die Volksrepublik verlassen, beide schreiben jetzt ihre Bücher auf Englisch. Als ihr Schicksal zum Irrsal wurde, hatte in der Volksrepublik gerade eine politische Kampagne ihren traurigen Höhepunkt erreicht, die den „Kampf gegen geistige Umweltverschmutzung” auf ihr Panier geschrieben hatte. Diese Losung hätte von George Orwell stammen können, die Opfer, vom intellektuellen Dissidenten bis zum Hooligan, hat bis heute niemand verlässlich gezählt.
Schon weil er eine auffällig milde, freundlich Respekt erheischende Erscheinung ist, käme der Autor Ha Jin in diesem Besetzungsplan möglicher Opfer jener Kampagne nie als Kandidat für die Rolle des Hooligan in Frage. Ha Jin ist mittlerweile Professor für englische Literatur in Boston und also ein Bücherwurm wie sein Held Nan Wu, wenn er nicht als Koch vor dem Herd steht. Dieser gescheiterte Student der Politikwissenschaften, lange unglücklich verliebt und ebenso lange unglücklich verheiratet, entdeckt, dass Eigentum die erste Bestimmung der Unabhängigkeit ist, und baut seiner Familie mit viel Fleiß und Entbehrung ein kleines Reich der Freiheit in Form eines China-Restaurants.
Dieses Reich liegt auf amerikanischem Boden, doch seine Bewohner, Besucher und Nachbarn sind mit wenigen Ausnahmen chinesische Landsleute. Ihre Gefühle, ihre Hoffnungen, ihre Sichtweisen transponieren die zurückgelassene Heimat in die Neue Welt – und naturgemäß ihre Konflikte. Die wahre Befreiung kann Nan Wu nur durch einen radikalen Bruch erreichen. Für ihn bedeutet das eine Existenz als Dichter, der seine Werke auf Englisch schreibt.
Fiktion und Autobiographie sind in „Ein freies Leben” nur selten klar voneinander zu trennen, der Koch trägt viele Züge des Autors Ha Jin, mal findet sich der Leser vor einem Schlüssel-, mal von einem Schüsselroman. Aufschlussreich, packend ist das in jedem Fall. Denn in diesem Prozess der Verwandlung und Umgestaltung einer kulturellen Identität zeigen viele traditionelle Momente eine erstaunliche Beharrungskraft. Der ungelenke, ängstlich verklemmte Umgang mit dem anderen Geschlecht wäre ein Beispiel, die gleichsam kosmische Bedeutung des Essens ein anderes, die Volatilität der Gefühle ein drittes („Er schäumte vor Wut und seine Augen glühten”).
Chinese bleibt der englischsprachige Erzähler auch, wenn er seinem Helden in bester konfuzianischer Manier auferlegt, sich selbst mit moralischen Backpfeifen auf dem rechten Weg zu halten („Besser, man bleibt sich selbst treu!”). Ha Jin hält sich an diese Regel und gewinnt dadurch die Souveränität, uns unaufdringlich in einer Welt einzuquartieren, deren Spannung völlig auf den Reiz des Exotischen verzichten kann. Doch um es noch einmal zu sagen: Diese Welt liegt nicht mehr in China.
Den Dropout, um im Bild des Irrsals zu bleiben, den Wilden, jenen gnadenlosen Schwarzfahrer in das chinesische Rätsel gibt dagegen Ma Jian, der nichts zu verlieren hat, weil ihm, dem Photographen, der sich nicht anpassen wollte, alles genommen wurde. Das beginnt – für westliche Augen – harmlos genug in der verlotterten Wohnung des Erzählers mit ein paar ausgelasseneren Künstlerfesten, bei denen der Höhepunkt der Frivolität schon erreicht ist, wenn die jungen Leute den Schlagern einer Sängerin aus Taiwan lauschen. Diese Sängerin, das ist Teil des Skandals, trägt denselben Nachnamen wie der damals mächtigste Mann der Volksrepublik, Deng Xiaoping.
In einer so feinhörigen Diktatur wie der chinesischen achtete eine selten wohlgesinnte Umwelt sehr wohl darauf, welchem Deng die größere Verehrung galt. Nein, ein Verbrechen ist das noch nicht, doch im Zusammenhang mit anderen Disziplinlosigkeiten, einer gescheiterten Ehe, einigen beruflichen Beschwerden . . . Ma Jian jedenfalls durchläuft die schnelle Vorhölle eines parteiinternen Mobbing und sucht dann das Weite. Wie weiland Mao, als ihm die Vernichtung drohte, macht sich Ma auf einen Langen Marsch durch sein Land, um den feindlichen Machthabern zu entgehen.
Keine Reise in das Herz der Finsternis, denn das liegt für ihn ja eher in der Hauptstadt, dafür eine Irrfahrt durch die Pandämonien der chinesischen Gesellschaft in all ihren lokalen Eigenarten. So kunterbunt, so bizarr, so hautnah sind die Regionen, die sich bislang der touristischen Erfassung entzogen, noch nicht beschrieben worden – und das aus der Perspektive eines Photographen, der, „als die Welt noch in Ordnung war”, für eine staatlich geförderte Zeitschrift Propagandaaufnahmen machte. Ja, das alles steckt auch in mir, erkennt Ma Jian, für den die Reise durch das eigene Land zum großen analytischen Selbstversuch mit offenem Ausgang wird.
Das Wort vom offenen Ausgang kann sich im Chinesischen auch auf das Exil beziehen, in dem diese beiden Bücher, hervorragend übersetzt, erschienen sind. In China finden sie nur Leser, die sich auf die List der elektronischen Kommunikation verstehen. Die chinesische Zensur hat in beiden Fällen den Knüppel aus dem Sack geholt. Das soll aber weder das letzte Wort noch der letzte Schlag gewesen sein.
Ha Jin
Ein freies Leben
Roman. Aus dem Amerikanischen von Sonja Hauser und Susanne Hornfeck. Ullstein Verlag, Berlin 2009. 639 Seiten, 24,90 Euro.
Ma Jian
Red Dust
Roman. Aus dem Englischen von Barbara Heller. Schirmer Graf Verlag, München 2009. 422 Seiten, 25,80 Euro.
Am Schluss gilt für beide Helden der Satz: „Wo ich her bin, das gibt es nicht mehr.”
Die Kampagne „Kampf gegen geistige Umweltverschmutzung” klang sehr nach George Orwell
Vor 200 Jahren lebten die Menschen auf dem Land. Nur drei Prozent der Weltbevölkerung besiedelten Städte, heute sind es fünfzig. In einem „urbanen Millennium” gehört den Städten die Zukunft. Der Philosoph Paul Virilio aber sagt den Metropolen „das große Scheitern” vorher. Sie seien die betonharten Brutstätten von Terror, Angst und Hässlichkeit. Ganz anders betrachtet der Fotokünstler H. G. Esch die Stadt: als faszinierende, bildmächtige Konstrukte. In einem von Kristin Feireiss herausgegebenen, prächtigen Bildband (City and Structure, Hatje Cantz Verlag, 256 S., 359 Abb., 39,80 Euro) versammelt er staunenswerte Stadtansichten von Shanghai (oben) bis New York. zig
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.04.2009

Grashalme im Reisegepäck

1982. Ma Jian arbeitet in Beijing als Fotograf bei der Auslandspropaganda, seine Freunde sind Maler und Dichter. Jeans zu tragen ist bereits verdächtig, die Polizei sprengt die Dichtertreffen. "Geistige Verschmutzung" gilt als Verbrechen, es fördere Passivität, verderbe den Geist. Ma Jian kauft sich eine Zugfahrkarte und bricht zu einer Reise durch China auf, die drei Jahre dauern wird. Viel später erst schreibt er dies Buch. Nun ist "Roter Staub" auch auf Deutsch erschienen, der Buchtitel zitiert ein buddhistisches Lehrbuch, "Fühlende Wesen, verloren im roten Staub der Welt". Verloren - das ist Ma Jians Grundgefühl. Er ist fremd in Beijing, fremd in der Liebe. Also geht er los, Tibet ist sein Ziel. Kurz hinter Beijing steht er an einer Schotterwüste, die sich endlos nach Westen dehnt. Er gräbt die Finger in die kalte Erde und flüstert: "Ich bin hier, endlich, und alles ist schön." Das ist das Glück des Reisenden. Ma Jian reist als Fremder im eigenen Land. Er schlägt sich durch mit gefälschten Empfehlungsschreiben, schneidet Haare oder verkauft Seidentücher, um Geld zu verdienen. Er schickt Briefe nach Hause, mit Wüstensand oder mit gepressten Blumen aus der kasachischen Steppe. Ma Jian ist eine hochromantische Seele. Er schreibt: Auf einer "harten, schwarzen Straße, die am Horizont an den Himmel genäht ist, wandere ich westwärts". Da lässt sich herauslesen, was seine Reisebibel ist: Er hat Walt Whitmans "Grashalme" eingepackt. Alle Werke von Ma Jian, der heute in London lebt, stehen in China auf dem Index, seit 1987 sein Buch über Tibet erschienen ist. Auch "Red Dust" erzählt drastisch vom Leben in den Hohen Bergen. Von Frauen, die während der Schwangerschaft sterben, von Himmelsbestattungen, bei denen Leichen den Geiern übergeben werden. Er ist ein schonungsloser Beobachter. Gerade das macht sein Buch anrührend, er öffnet seine Augen und verschließt nicht sein Herz. Die vielen Dialoge lassen seine Reisebekanntschaften lebendig werden. Doch seine Abenteuer werden immer wilder. Er ertrinkt beinahe im Grenzfluss vor Burma, wird als burmesischer Spion verhaftet. Soll sich das alles wirklich so zugetragen haben, fragt sich der Leser. Immerhin hat Ma Jian das Buch erst gut fünfundzwanzig Jahre nach seiner Reise geschrieben, es erschien 2001 in London. Schließlich Tibet. Doch seine Hochstimmung flaut ab. Er vermutet, viele der Lamas seien Bauern, die zu faul zur Feldarbeit seien. "Als der Dalai Lama nach Indien geflohen ist, muss er die besten Lamas mitgenommen haben." Nach drei Jahren des Reisens stellt er fest: "Ich muss in großen Städten leben, in denen es Krankenhäuser, Buchhandlungen und Frauen gibt."

bär

"Red Dust. Drei Jahre unterwegs durch China" von Ma Jian. SchirmerGraf Verlag, München 2009. 422 Seiten. Gebunden, 25,80 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Tilman Spengler stellt zwei Romane vor, die in seinen Augen das "Fremdsein in der chinesischen Gesellschaft" thematisieren. Sehr beeindruckt ist der Rezensent vom autobiografischen Bericht einer Reise aus Peking ins Landesinnere vom heute im Londoner Exil lebenden Ma Jian. Die Reise des einstigen staatlich angestellten Fotografen kommt einer Flucht aus den bedrückenden privaten wie politischen Lebensumständen gleich, erklärt der Rezensent. Höchst fasziniert hat er sich mit Jian auf die fremdartige, kuriose und farbige "Irrfahrt" durch Gegenden, die touristisch überhaupt noch nicht erschlossen sind, begeben. Zugleich sei der Roman eine Reise quer durch die chinesische Gesellschaft, wie man sie bisher noch nicht lesen konnte, lobt Spengler gefesselt.

© Perlentaucher Medien GmbH