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Der literarische Durchbruch des französischen Bestsellerautors. Ein junger Schriftsteller vor der dramatischen Kulisse der Felsklippen von Etretat, wo zwanzig Jahre zuvor seine Kindheit ein jähes Ende genommen hat. Vielfach preisgekrönt, steht Olivier Adam mit diesem poetischen, starken Text in der ersten Reihe der europäischen Gegenwartsautoren.

Produktbeschreibung
Der literarische Durchbruch des französischen Bestsellerautors. Ein junger Schriftsteller vor der dramatischen Kulisse der Felsklippen von Etretat, wo zwanzig Jahre zuvor seine Kindheit ein jähes Ende genommen hat. Vielfach preisgekrönt, steht Olivier Adam mit diesem poetischen, starken Text in der ersten Reihe der europäischen Gegenwartsautoren.
Autorenporträt
Olivier Adam, geboren 1974 in der Banlieue von Paris, hat bisher vier Romane, drei Jugendbücher und den mit dem Prix Goncourt de la nouvelle ausgezeichneten Erzählungsband Passer lhiver (Am Ende des Winters, dt. 2004) veröffentlicht. Er war Co-Autor des Filmdrehbuchs Keine Sorge, mir gehts gut; der Film erreichte in Frankreich Kultstatus und war auch bei uns ein großer Erfolg. Olivier Adam lebt mit seiner Frau und seiner Tochter an der bretonischen Küste.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.06.2008

Das Leben als Vollzeitbeschäftigung

Olivier Adam, Träger des Prix Goncourt, legt seinen ersten Erwachsenenroman vor: die Geschichte eines Muttersterbens, die den Helden vor manch steilen Abgrund treibt.

Von Franziska Seng

An den Klippen bei Étretat gibt es keine Geländer. Wer das Risiko scheut, bleibt hier auf den befestigten Pfaden, sieht das unruhige Meer aus sicherer Entfernung. Anderen fällt es schwer, die rechten Wege nicht zu verlassen. Ein junges Brüderpaar aus einem tristen Pariser Vorort macht mit den Eltern Urlaub in der Normandie, an der Atlantikküste. Man unternimmt stumme Wanderungen und beugt sich "über Abgründe, um den Schwindel zu spüren". Ein sanfter Sog ergreift auch den Leser nach wenigen Sätzen von Olivier Adams neuem Roman, zieht ihn mit auf den Grund einer verschütteten Erinnerung.

Mit "Klippen" hat der vierunddreißigjährige Autor, der in seiner französischen Heimat mit Jugendbüchern bekannt und für den Erzählungsband "Am Ende des Winters" mit dem Prix Goncourt de la nouvelle ausgezeichnet wurde, einen Roman abgeliefert, der vom ersten Satz an beglückt mit seiner klaren, kargen, funkelnden Sprache, nicht ohne zugleich tief zu berühren und zu verstören.

Der Protagonist Olivier ist elf Jahre alt, als sich seine Mutter im Urlaub von den Felsen stürzt. Als man sie findet, ist sie von "schwarzem Sand, winzigen Kieseln, Muscheln und Glimmer bedeckt". Nachts, zwanzig Jahre später, sitzt Olivier wieder auf einem Balkon des damaligen Hotels und blickt auf ebenjene Klippen. Mittlerweile ist er selbst Vater, Freundin und Tochter schlafen im Zimmer. Étretat ist mit seinen spektakulären, natürlich geformten Felsentoren und Kiesstränden mehr als ein beliebter Badeort. In der Vergangenheit besuchten viele Künstler, vor allem Maler, die Küste. Die berühmtesten Abbildungen Étretats stammen von Claude Monet, der die grellweißen Felsen im wechselhaften, irisierenden Farbenspiel des Lichts festzuhalten versuchte. Ein klares, scharf umrissenes Bild fehlt auch Olivier von den früheren Ereignissen. Die Erinnerung: verschwommen, lückenhaft. "Mein Gedächtnis ist wie der Himmel, über den anthrazitgraue Wolken ziehen, und meine Kindheit, unter wie vielen Kilo Sand liegt sie verschüttet?" Nach dem Freitod der Mutter lebte der Erzähler jahrelang in einer "Wattewelt", benebelt von einem Cocktail aus Schmerz, Erschöpfung und Drogen.

Olivier nähert sich der eigenen, verschütteten Vergangenheit wie ein Mann, der gräbt, allerdings nicht auf der Couch des Psychoanalytikers, sondern allein, in einer Liege auf dem Balkon. Zum ersten Mal in seinem Leben vergegenwärtigt er sich das langsame Muttersterben, das regungslose Dasein, dem die zarte Frau lange vor ihrem Tod verfallen war, ihre Unfähigkeit zum emotionalen Gefühlsaustausch, die kleinen Fluchten ins abgedunkelte Schlafzimmer. Frühe Szenen flackern auf, Erinnerungen an den verwilderten Vorgarten und die bedrückende Stille, die über allem lag: "Wir hatten gelernt, das Geräusch zurückzuhalten, umzuwandeln, bis zur absoluten Lautlosigkeit zu unterdrücken."

Aus diesem Schweigen schließlich herauszufinden nahm viel Zeit in Anspruch. Die nachzuholende Erinnerungsarbeit erstreckt sich über einen Zeitraum von zwanzig Jahren. Auf exzessive Jugendjahre in der Banlieu folgte die Flucht vor dem despotischen Vater nach Paris, dann die Flucht aus Paris an einen kleinen Ort am Meer. Die sprachliche Fassung verliert der Erzähler jedoch nie; in einfachen, schonungslosen Sätzen und ohne Larmoyanz bringt er sein Leben auf den Punkt. Adams schlichter Stil dient nicht der drastischen Inszenierung körperlicher und seelischer Ausschweifungen. Er macht so die Frage, wie viel autobiographisches Material hier verarbeitet wurde - der Protagonist lebt und arbeitet wie der Autor in Saint-Malo -, gänzlich zur Nebensache. Nicht um Ästhetisierung von Trauer und Wut handelt es sich, weil Kunst hier nicht letzte Referenz ist, sondern dem Überleben dient. Der einsame, erwachsen gewordene Langstreckenläufer hält zum ersten Mal inne: "Ich bin einunddreißig, am Leben zu bleiben war für mich lange eine Vollzeitbeschäftigung." Mit "Klippen" ist der Jugendbuchautor Olivier Adam in der zeitgenössischen Literatur angekommen.

- Olivier Adam: "Klippen". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Carina von Enzenberg. SchirmerGraf Verlag, München 2008. Geb., 240 S.,17,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit Jugendbüchern ist Olivier Adam bisher hervorgetreten, für seinen Erzählungsband "Am Ende des Winters" erhielt er bereits den Prix Goncourt für Jugendliteratur. Mit "Klippen" begibt er sich nun aufs Erwachsenen-Terrain, und zwar, wie Franziska Seng feststellen darf, mit dem schönsten Erfolg. Erzählt wird die Geschichte des jetzt 31jährigen Olivier, der zu den Atlantikklippen von Etretat reist, um sich dort, in einer Art Therapiesitzung, an den Selbstmord seiner Mutter vor vielen Jahren zu erinnern. Sehr geschickt setze der Autor auf kunstvolle Unschärfe, keineswegs klären sich die Dinge und werden eindeutig. Beträchtlich der "sanfte Sog" der "klaren, kargen, funkelnden Sprache", mit der berichtet wird, was zwischen dem Vergangenen und der Gegenwart des Zurückblickens dem Erzähler widerfuhr. Die Rezensentin ist, daran lässt sie keinen Zweifel, vom alles andere als angeberischen Können des Autors sehr angetan und begrüßt ihn als vielversprechendes Talent "in der zeitgenössischen Literatur".

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