Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 2,50 €
  • Gebundenes Buch

Der Skandal um Christian Wulff erschütterte die Republik. Doch was geschah hinter den Kulissen?Dieses Buch ist keine Chronik der Affäre Wulff. Es ist auch keine Dokumentation der Vorwürfe, die zum Rücktritt des Bundespräsidenten führten. Und es ist keine Darstellung aus der Perspektive eines Betroffenen. Dieses Buch betrachtet die Präsidentschaft von Christian Wulff und erzählt die Geschichte hinter der Geschichte: von der Wahl eines Staatsoberhaupts, das die Medien nicht wollten, über einen Präsidenten auf der Suche nach seiner Rolle bis hin zu seinem politischen Untergang. Ein Insider des…mehr

Produktbeschreibung
Der Skandal um Christian Wulff erschütterte die Republik. Doch was geschah hinter den Kulissen?Dieses Buch ist keine Chronik der Affäre Wulff. Es ist auch keine Dokumentation der Vorwürfe, die zum Rücktritt des Bundespräsidenten führten. Und es ist keine Darstellung aus der Perspektive eines Betroffenen. Dieses Buch betrachtet die Präsidentschaft von Christian Wulff und erzählt die Geschichte hinter der Geschichte: von der Wahl eines Staatsoberhaupts, das die Medien nicht wollten, über einen Präsidenten auf der Suche nach seiner Rolle bis hin zu seinem politischen Untergang. Ein Insider des Medien- und Politikbetriebs der Hauptstadt beschreibt, was sich hinter den Kulissen von Bellevue, Parteien und Medien abgespielt hat. Das Buch analysiert die Rolle der einzelnen Akteure während der Causa Wulff: Wie kam es zu den schweren Fehlern im Krisenmanagement des Bundespräsidenten? Welche Strategie verfolgten die Parteien? Welche Rolle spielten die Medien? Wie kam es zum Bruch zwischen Präsident und BILD-Zeitung, nachdem Christian Wulff jahrelang ein BILD-Liebling war? Diesen Fragen geht der Autor konsequent, sachkundig und fundiert nach und stützt sich dabei auf eine Vielzahl persönlicher Erlebnisse im Umfeld des Bundespräsidenten und auf Gespräche mit zahlreichen Informanten aus Politik, Medien und Bellevue.
Autorenporträt
Götschenberg, Michael
Michael Götschenberg ist politischer Korrespondent in Berlin und seit 2010 Leiter des gemeinsamen Hauptstadtstudios von RBB, MDR, Radio Bremen und Saarländischem Rundfunk. Er hat die rund 600 Tage von Christian Wulff im Amt des Bundespräsidenten intensiv verfolgt: Er hat den Präsidenten auf mehreren Auslandsreisen begleitet und war auch bei der letzten Reise des Präsidentenpaares nach Italien dabei. Götschenberg lebt in Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dies ist weniger eine Rezension als ein kleinlauter Gedenkartikel zum Jahrestag des Rücktritts von Christian Wulff, in dem Rezensent Heribert Prantl auch auf das Buch zu sprechen kommt. Man hat vor allem den Eindruck, dass aus dieser Affäre ein schlechter Geschmack zurückbleibt, und zwar auch im Munde der moralischen Instanz. Prantl versucht ihn auszuspucken, indem er die Hauptverantwortung auf andere schiebt - nämlich die Bild-Zeitung, als wollte er davon ablenken, dass erst die Süddeutsche und die FAZ die Affäre im Zusammenspiel mit der Bild maßgeblich ins Rollen brachten. Und die ideelle Gesamtschuld liegt für Prantl ohnehin beim Internet, wo bekanntlich Gerüchte über Bettina Wulff waberten, denen weder die Presse noch die Wulffs entgegentraten. Insgesamt gibt Prantl eine Leseempfehlung für jeden, der sich wenigstens im Nachhinein aus der Affäre stehlen will.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.02.2013

Goldener Dolch
auf rotem Kissen
Wie Christian Wulff aus eigener Schuld, aber
mit viel fremdem Zutun gestürzt wurde
VON HERIBERT PRANTL
Vor einem Jahr stand die Qual kurz vor ihrem Ende. Die Nachrichtenfolter dauerte da schon gut zwei Monate lang: Jeden Tag neue Unglaublichkeiten, jeden Tag neue angebliche und echte Tollpatschereien des Bundespräsidenten.
  Vorwürfe um die Finanzierung des Privathauses von Christian Wulff in Großburgwedel hatten die ganze Malaise ausgelöst. Von diesen Vorwürfen war schon damals, vor einem Jahr, juristisch nichts mehr übrig geblieben: Die Prüfung der Bank hatte ergeben, dass an den Krediten nichts auszusetzen sei, diverse Staatsanwaltschaften waren zum Ergebnis gekommen, dass kein Anfangsverdacht vorliege.
  Aber dieser Ausgangsvorwurf wurde von den öffentlichen Anklägern, an deren Spitze die Bild -Zeitung stand, durch täglich neue substituiert; unter den Vorwürfen waren auch solche, die die Albernheit nicht scheuten. Selbst ein Bobby-Car, das die Wulffs von einem Autohändler geschenkt bekommen hatten, musste als Beleg für die Raffgier des Präsidenten herhalten. Und zum bitteren Schluss war selbst noch sein Wunsch, ihm vier statt drei Lieder beim Großen Zapfenstreich zu spielen, Anlass für öffentliche Empörung. Nach der kürzesten Amtszeit eines Bundespräsidenten in der Geschichte der Bundesrepublik.
  Am Freitag, 17. Januar 2012, trat Christian Wulff zurück: nach 598 Tagen als Bundespräsident; nach neun Wochen schwerer Krise; nach unendlich peinlichen, ja makabren Wochen; nach törichten Versuchen des Staatsoberhaupts, Fehler zu vertuschen; nach unverschämten, wabernden, aber gezielt verbreiteten Gerüchten über das Vorleben von Wulffs Ehefrau; nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Hannover wegen Unklarheiten um diverse von Freunden bezahlte Hotelrechnungen; nach schweren persönlichen Fehlern des Präsidenten in der Krise – unter anderem dem furchtbaren Fehler, dem Chefredakteur der Bild -Zeitung auf die Mailbox zu sprechen. Christian Wulff überreichte, so schreibt es Michael Götschenberg in seinem soeben erschienen Buch über die Albtraum-Wochen, „der Bild-Zeitung damit einen goldenen Dolch auf einem roten Kissen“.
  Götschenberg ist Hörfunk-Journalist, Studioleiter des Gemeinschaftstudios von Radio Berlin Brandenburg, Mitteldeutschem Rundfunk, Radio Bremen und Saarländischem Rundfunk im ARD-Hauptstadtstudio, ein sehr naher Beobachter also. Es gelang der Bild -Zeitung, „eine flächendeckende Empörung in der Medienlandschaft zu schüren und sich gleichzeitig selber als Gralshüter der Pressefreiheit zu inszenieren“, analysiert er und vermerkt: „Nicht alle fühlten sich wohl dabei.“ Nach Ansicht Götschenbergs war die Krise nämlich am Ende „ein Machtkampf zwischen Präsident und Medien, die beanspruchen, über Sein oder Nichtsein dieser Präsidentschaft mitentscheiden zu dürfen“. Götschenberg ist der Ansicht, dass sich dieser Machtkampf auch deshalb mit so großer Wucht entfalten konnte, „weil die Parteien die Lösung der Präsidentenfrage den Medien überlassen und sich aus taktischen Gründen in eine Zuschauerrolle begeben“ hatten.
  Der Bild -Zeitung, die diesen medialen Machtkampf anführte, wurde im Mai 2012 von der Jury des Henri-Nannen-Preises die Auszeichnung in der Kategorie „investigative Recherche“ verliehen. Investigativ? Die Juroren in Hamburg haben dieses Wort, um die Bild -Zeitung zu belohnen, noch weiter gedehnt, als die Staatsanwälte in Hannover die Strafnormen dehnen müssten, um Wulff anzuklagen. Eine Untersuchungsleistung war die Wulff-Publizistik der Bild -Zeitung eher nicht; es war eher eine Harpunierleistung. Investigativ kommt vom lateinischen „investigare“, das heißt „aufspüren“, „genau untersuchen“. Eine Preiskategorie für „venatorischen Journalismus“ gibt es noch nicht; „venare“ heißt „jagen“. Sollte es sie geben? Es galt bisher nicht als Aufgabe von Medien, einen Rücktritt zu erzwingen.
  Roman Herzog, der frühere Bundespräsident und Präsident des Bundesverfassungsgerichts, hat nach dem Rücktritt Wulffs in einem Interview mit der Heilbronner Stimme eine andere, viel wichtigere Frage aufgeworfen – die Frage, ob nicht die Verfassung geändert werden müsse. Während bei einem schweren Verbrechen des Bundespräsidenten das Bundesverfassungsgericht entscheiden müsse, ob er des Amtes enthoben wird, reiche es, so Herzog, bei einem „vergleichsweise leichten Vergehen“ aus, wenn „ein Staatsanwalt aus Hannover“ komme. Herzog spielte hier darauf an, dass Wulff sofort nach der von der Staatsanwaltschaft Hannover beantragten Aufhebung der Immunität und der nachfolgenden Einleitung von Ermittlungen zurücktrat – zurücktreten musste; es ist in Deutschland undenkbar, dass Ermittlungsbehörden Akten und Computer aus dem Büro eines noch amtierenden Präsidenten tragen. Also hat die Entscheidung eines Staatsanwalts, ein Ermittlungsverfahren wegen eines Anfangsverdachts einzuleiten, ein ungeheures Gewicht – weil er damit zwar nicht de jure, aber de facto vorbestraft ist.
  Herzog plädiert dafür, solche Konflikte ganz anders zu lösen: Die Bundesversammlung, die das Staatsoberhaupt wählt, soll es künftig auch wieder abwählen können. Götschenberg zitiert dieses Herzog-Interview quasi als Resümee seines Buches, am Ende seiner peniblen, klugen Chronik der Krise, die nun zum ersten Jahrestag des Rücktritts erschienen ist. Mit eigenen Wertungen drängt sich Götschenberg nicht in den Vordergrund. Herzogs Vorschlag, den er goutiert, führt den Autor aber zu folgendem Fazit: „Vermutlich hätte allein die Option auf ein solches Verfahren, den Bundespräsidenten aus dem Amt wählen zu können, die Politik gezwungen, sich eindeutig zu positionieren, ob sie Wulffs Rücktritt will oder nicht. Für die Klärung der Machtfrage wäre dann die Politik zuständig gewesen, und nicht die Medien.“
  In Kürze wird die Staatsanwaltschaft in Hannover das Verfahren gegen Wulff einstellen, es gibt keinen ausreichenden Tatverdacht, für Anklage oder Strafbefehl reichen die Erkenntnisse nicht; die Ermittlungen, die der Auslöser für den Rücktritt waren, sind offensichtlich im Sande verlaufen. Das ist überaus peinlich für die Staatsanwaltschaft, die sich fragen lassen muss, ob sie sich bei der Annahme des Anfangsverdachts vom venatorischen Treiben im Internet und anderswo hat mitreißen lassen. Dass sie sodann die Ermittlungen nicht mit aller Kraft betrieben hätte, kann man ihr nicht vorwerfen. Der Ermittlungsaufwand wäre der Mafia und des Paten würdig gewesen. Es ging und geht aber letztendlich und letztlich nur um etwa dreitausend Euro: um Übernachtungskosten, die der Filmproduzent Groenewold um politischer Vorteile willen für Wulff beglichen haben soll. Die juristischen Vorwürfe waren und sind eher läppisch. Aber deren Folgen waren es halt nicht.
  Gewiss: Justiziabilität und Moralität sind zwei Paar Stiefel. Von einem Bundespräsidenten erwartet man schon mehr, als dass er sich nicht strafbar macht. Was juristisch nicht fassbar ist, ist deswegen noch lange nicht in Ordnung. Früher sagte man gern, der Bundespräsident solle ein Vorbild sein, man solle zu ihm aufschauen können. Vielleicht ist es besser zu sagen: Man soll mit Respekt zu ihm hinschauen können, bei allen Fehlern, die ein jeder hat – die auch Heuss, Heinemann und Weizsäcker hatten. Wulff hat sich wohl, und das begann schon in seiner Ministerpräsidenten-Zeit, mit falschen Freunden umgeben, zu denen er offenbar lange auch die Bild -Zeitung zählte. Er glaubte, es sei ein schönes Fundament für seine Präsidentschaft, wenn dort schöne Geschichten aus seinem Privatleben stehen. Das Fundament war aus Papier. Vielleicht hatte er auch Gerhard Schröders Kalauer aus dem Jahr 1999 zu ernst genommen, wonach man zum Regieren nur „Bild, BamS und Glotze“ brauche.
  Man liest Götschenbergs Buch und legt sich ein zweites dazu: Elias Canettis „Masse und Macht“. Das Buch ist so alt wie Christian Wulff. Man blättert zu den Seiten, die von der Meute, der Jagdmeute handelt: Die Meute „bildet sich überall, wo es gegen ein gefährliches oder starkes Tier geht, das der einzelne allein schwer erbeuten kann (. . .) Die Meute will eine Beute; sie will ihr Blut und ihren Tod. Sie muss rasch und unablenkbar, mit List und Ausdauer hinter ihr her sein, um sie zu erlangen. Sie muntert sich durch gemeinsames Kläffen auf. Die Bedeutung dieses Lärms, in dem die Stimmen der einzelnen Tiere zusammenfallen, ist nicht zu unterschätzen. Er kann nachlassen und wieder anschwellen; aber er ist unbeirrbar, er enthält den Angriff.“
  Canetti hat, in einer Zeit, in der es die Internet-Gesellschaft noch nicht gab, den schärfsten Kommentar dazu geschrieben. Götschenberg zeichnet in seinem Buch ein differenziertes Bild von Christian Wulff; das schmähliche Ende seiner Amtszeit deckt nicht alles zu. Götschenberg ist der Überzeugung, „dass Wulff kein schlechter Präsident war“, so urteilt er über die Zeit bis zum Spätherbst 2011, in der Wulff ja auch zum beliebtesten Politiker aufgestiegen war. Götschenberg zitiert mit Recht Wulffs berühmte Rede, deretwegen die Türken in Deutschland ihn bis heute als „ihren“ Präsidenten verehren: „Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ So steht es in seiner Rede zum Einheitstag am 3. Oktober 2010, keine 100 Tage nach Amtsantritt.
  Wulff hat sich bei Auslandsreisen Respekt erworben – in Israel, in der Türkei. Er war der erste Bundespräsident, der in Auschwitz eine Rede hielt, zum Holocaust-Gedenktag, am 27. Januar 2011. Und im November 2012, das Ende seiner Amtszeit war da quasi schon eingeleitet, hat Wulff die Angehörigen der NSU-Mordopfer zu sich ins Schloss Bellevue eingeladen, zu einem Abendessen, zu einem höchstpersönlichen Staatsakt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. An jedem Tisch saß ein Spitzenpolitiker als Ansprechpartner für die Angehörigen. Wulff hielt eine kleine Ansprache, bei der ihm die Stimme versagte.
  Dieses Versagen gereicht ihm zur Ehre. Das andere nicht. Mit dem Rücktritt des Bundespräsidenten am 17. Februar 2012 waren die grausamen Wochen noch nicht ganz zu Ende. Bettina Wulff schrieb ein Buch in einem, wie Götschenberg das qualifiziert, „spät-pubertären Erzählstil“. Es war, es ist, als wollten die Peinlichkeiten kein Ende mehr nehmen. Christian Wulff hat nicht mehr viel gesagt seit seinem Rücktritt. Es ist dies ein selbstauferlegtes Bußschweigen. Was soll er auch sagen?
Michael Götschenberg : Der böse Wulff? Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien. Plassen-Verlag, Kulmbach 2013. 271 Seiten, 19,90 Euro.
Zur Anklage gegen Wulff wird es
nicht kommen, das ist peinlich
für die Staatsanwaltschaft
Zum Bundespräsidenten muss
man nicht aufschauen, es genügt,
mit Respekt hinzuschauen
Als Wulff die Angehörigen der
NSU-Mordopfer in Bellevue
empfing, versagte ihm die Stimme
Galant von dannen gehen: Das war Christian Wulff nicht vergönnt. Mit Schimpf und Schande wurde er vom Hof gejagt. Teils hatte er es sich selbst zuzuschreiben, teils wurde ihm übel mitgespielt. Das Bild entnehmen wir dem dritten Band der Serie „Ins Bild geschlichen“ von Reinhold Löffler und Ulrich Kühne, es erschien 2012 im Sandmann-Verlag und kostet 16,95 Euro.
ABB: ELISABETH SANDMANN VERLAG
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr