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Barbara Zeizingers Gedichte "sind in ständiger Bewegung", schrieb Astrid Nischkauer auf fixpoetry über den letzten Lyrikband der Autorin. Dies trifft auch für die neuen Gedichte zu. In ihnen spricht sie vom Weggehen, von nicht immer freiwilligen Abschieden und vom Ankommen, von einer Welt, in der man sich stets neu verorten muss. Sowohl bei Gedichten, in denen ein biografischer Hintergrund durchschimmert, als auch in solchen, die das lyrische Ich mit dem Fremden konfrontiert, immer eröffnet die Autorin in poetisch dichter Sprache unbekannte Räume. Trotz der von Empathie getragenen Grundhaltung der Gedichte verweigern sie einfache Antworten.…mehr

Produktbeschreibung
Barbara Zeizingers Gedichte "sind in ständiger Bewegung", schrieb Astrid Nischkauer auf fixpoetry über den letzten Lyrikband der Autorin. Dies trifft auch für die neuen Gedichte zu. In ihnen spricht sie vom Weggehen, von nicht immer freiwilligen Abschieden und vom Ankommen, von einer Welt, in der man sich stets neu verorten muss. Sowohl bei Gedichten, in denen ein biografischer Hintergrund durchschimmert, als auch in solchen, die das lyrische Ich mit dem Fremden konfrontiert, immer eröffnet die Autorin in poetisch dichter Sprache unbekannte Räume. Trotz der von Empathie getragenen Grundhaltung der Gedichte verweigern sie einfache Antworten.
Autorenporträt
erinnen und Lyriker QuadArt. Mehrfache Stipendiatin des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Letzte Veröffentlichungen: Bildort, dreisprachige Lyrik (deutsch, italienisch, polnisch) 2013, herausgegeben von Malgorzata Ploszewska, Verlag Ars Pro Memoria Starachowice, Polen Weitwinkel nah, Lyrik 2013, Pop-Verlag Ludwigsburg Am weißen Kanal, Roman 2014, Pop-Verlag Ludwigsburg
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.11.2017

Bewundern, nicht begreifen
In polnischer Tradition: Barbara Zeizingers Gedichte

Barbara Zeizingers neue Gedichte verdanken sich überwiegend genauer Beobachtung der Welt und der Erinnerung. Ob es Familienangehörige sind, Unbekannte im Café oder Fremde in unserem Land, ob Muscheln am Strand, eine kaputte Puppe oder die Turmuhr auf einer Piazza, die Schriftstellerin ist eine sensible und präzise Beobachterin ihrer Umgebung, sie beschreibt Menschen und Gegenstände, hält Augenblicke fest, ·beschwört Kindheitssituationen, denkt an ihre Eltern und Großeltern zurück.

Ihr großes Thema ist die Zeit, die Vergänglichkeit. Das lyrische Ich ist fest in der Gegenwart verortet, aber es hat immer die Vergangenheit, die Geschichte, und auch die Zukunft im Blick: "Wir werden Zeiten üben, Zukunftssätze." Mühelos schafft Barbara Zeizinger die Verbindung von Konkretem und Abstraktem, fast immer kann das Konkrete auch übertragen gelesen werden, wie in dem Gedicht "Meine Augen sind grün-braun", wo sie über ihre Enkelin schreibt: "Noch braucht sie keinen . . . Plural für die Wahrheit des Augenblicks."

Die Doppelbödigkeit solcher Sätze kommt auch in "Ein Sonntag im Oktober" zum Ausdruck, am Schluss des Gedichts: "Nichts wird von mir erwartet, nicht einmal, dass ich da bin." Vordergründig ist die Umstellung auf Winterzeit gemeint, doch man kann darin auch eine allgemeine Aussage über unsere Existenz lesen. Um etwas über unser Dasein zu sagen, greift die Dichterin bisweilen auch zu den Sternen und schafft große räumliche Distanz. So heißt es: "Ich schaue zum Nordstern, zum Großen Wagen. Sie sind einfach nur da."

Einfach da sein zu dürfen, die Wirklichkeit anzunehmen und ihre Botschaften auszuloten, das ist es wohl, was die Autorin "die Wahrheit des Augenblicks" nennt - und darum geht es in diesen Gedichten: "Es ist die Zeit dazwischen, die zählt." Und darum, die Welt in den Gedichten "aufgehoben" (im doppelten Sinn des Wortes) zu wissen. Barbara Zeizingers Lyrik stellt scheinbar Selbstverständliches in Frage, aber sie bewahrt auch Augenblicke und Stunden, hebt sie auf eine poetische Ebene, berührt den Leser, indem sie etwas anstößt, vielleicht ein Echo auf Eigenes erzeugt. In einem Zyklus mit dem Titel "Grundton Büchner" werden Barbara Zeizingers Gedichte selbst zum Echoraum für Aussagen des hessischen Dichters, die sie der Gegenwart anverwandelt.

Die Autorin geht fast immer vom Konkreten aus, doch öffnen sich ihre Texte vielen Deutungen. Mit knapper Sprache und starken Bildern sagt sie uns etwas über die Welt, etwa wenn sie Gedanken mit Libellen vergleicht oder in einem kurzen Satz zwei Generationen umreißt und über ihren Vater schreibt: "Bald würde er den Krieg begraben, Türen öffnen mit mir auf dem Arm."

Die Mehrdeutigkeit der Sprache verweist auf die Ambivalenz der Welt, auf unser grundlegendes Nichtwissen. Aus vielen Gedichten spricht die Gewissheit, dass die Welt mit der Wissenschaft nicht hinreichend erklärt werden kann, dass wir ihre Geheimnisse nie ganz verstehen werden. Aber wir können uns ihnen nähern - durch die Kunst, die Literatur, die Poesie.

Beim Gedicht "Aus dem Fluss nehme ich einen Kieselstein" denkt man sofort an Zbigniew Herberts "Kiesel". Barbara Zeizinger bringt dem Stein, der "als Geschöpf vollkommen" (Herbert) ist, dieselbe Achtung entgegen wie der polnische Klassiker: "Ich bewundere seine Maserung, begreife sie nicht." Ihr Staunen ist das Staunen großer Dichter, man denke nur an Wyslawa Szymborska, für die das Staunen die Grundvoraussetzung des Schreibens war.

Mit der polnischen Lyrik haben Barbara Zeizingers Gedichte gemein, dass sie durch ihre Authentizität und scheinbare Einfachheit bestechen. Dabei ist das Einfache ja das Schwierigste. Es scheut sich nicht, eine ungebrochene verständliche Sprache zu benutzen, es resultiert aus persönlicher Erfahrung und schafft glaubwürdige poetische Bilder. Der ironisch verwendete Begriff "Konkrete Poesie" in dem gleichnamigen Gedicht verweist darauf, dass Barbara Zeizinger sich bewusst dazu entschlossen hat, in ihren Gedichten nicht mit Sprache zu experimentieren. Sie konzentriert sich auf das Benennen, Beschreiben, Besingen der Welt - die älteste Aufgabe der Dichtung. Barbara Zeizinger spricht es direkt aus: "Ich sage den Namen laut vor mich hin . . ., möchte alle aufsagen". Dem kleinen Pop Verlag sei Dank für diesen Gedichtband.

RENATE SCHMIDGALL.

Barbara Zeizinger: "Wenn ich geblieben wäre".

Pop Verlag, Ludwigsburg 2017. 83 S., br, 14,- [Euro].

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