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"Sterben mag ich nicht - das ist das Letzte, was ich tun werde." Mit diesem Satz von Roberto Benigni endet dieses Buch, endet eine bewegende, ja erschütternde Geschichte. Hermann Kinder erzählt, wie ihn, den sportlichen, kräftigen Mann, eines Tages eine Krankheit heimsucht und ihn bald immer vehementer überwältigt. Doch er nimmt den Kampf an und behauptet das Leben - mit einer Mischung aus Trotz, List und radikaler Offenheit.
Entstanden ist eine Erzählung, in die der Autor ihn bedrängende Träume und farbige Zeichnungen einstreut, ein Buch, "luzid und buchstäblich Atem beraubend." (Klaus Merz).
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Produktbeschreibung
"Sterben mag ich nicht - das ist das Letzte, was ich tun werde." Mit diesem Satz von Roberto Benigni endet dieses Buch, endet eine bewegende, ja erschütternde Geschichte. Hermann Kinder erzählt, wie ihn, den sportlichen, kräftigen Mann, eines Tages eine Krankheit heimsucht und ihn bald immer vehementer überwältigt. Doch er nimmt den Kampf an und behauptet das Leben - mit einer Mischung aus Trotz, List und radikaler Offenheit.

Entstanden ist eine Erzählung, in die der Autor ihn bedrängende Träume und farbige Zeichnungen einstreut, ein Buch, "luzid und buchstäblich Atem beraubend."
(Klaus Merz).
Autorenporträt
Kinder, Hermann
Hermann Kinder, geboren 1944 in Thorn, lebt in Köln und Konstanz. Vielfach für sein literarisches Werk ausgezeichnet, erhielt er zuletzt den Literaturpreis der Stadt Stuttgart.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Jochen Schimmang gratuliert Hermann Kinder nicht nur zum siebzigsten Geburtstag, sondern auch zu seinem neuen Roman "Der Weg allen Fleisches". Denn diesen hat der Kritiker mit großer Begeisterung gelesen. Er liest hier die Geschichte eines an Hiob gemahnenden alternden Erzählers, der neben einem Herzinfarkt und einer schweren Autoimmunkrankheit auch Amputationen über sich ergehen lassen muss, dennoch aber mit aller Macht am Leben festhält. Schimmang fühlt sich während der Lektüre zeitweise an Samuel Beckett erinnert und bewundert insbesondere Kinders Gabe, die Liebe zum Leben trotz aller Widrigkeiten eindrucksvoll und ganz ohne Pathos zu schildern. Und so kann er dieses Buch nur nachdrücklich empfehlen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.05.2014

So haben wir uns das Altern nicht vorgestellt
Hermann Kinder erschafft in seiner Erzählung "Der Weg allen Fleisches" einen modernen Hiob

Entgegen sonstiger Gepflogenheit steht das Motto dieses Buches ganz am Ende. Es stammt von Roberto Benigni und lautet: "Sterben mag ich nicht. Das ist das Letzte, was ich tun werde." Man darf getrost davon ausgehen, dass der Autor dieser Erzählung diese Maxime ganz ohne Ironie zitiert.

Hermann Kinder war seit seinem Debüt "Der Schleiftrog" aus dem Jahr 1977 immer wieder ein Autor, der "Ich" gesagt hat und dabei nie auch nur in die Nähe von Betroffenheitsliteratur geraten ist. Auch nicht in seinen letzten Büchern, die zunehmend vom Altern und der Nähe des Todes berichten, also vom "Weg allen Fleisches", wie die jetzt vorliegende Erzählung heißt. Dabei handelt es sich streckenweise durchaus um einen Bericht aus der Hölle oder wenigstens aus dem Fegefeuer, und der autobiographische Gehalt liegt klar zutage, auch wenn im ersten und dritten Teil in der dritten Person berichtet wird, und nur das Mittelstück, eine Folge von Traumsequenzen, einen Ich-Erzähler aufweist.

Anfangs macht sich einer fertig fürs Rennrad: "Gewaschen und duftend zog er die elastische schwarze Hose an und ruckte die Ledereinlage zurecht. Das Gemächt eingekugelt. In die gepolsterten Handschuhhände geklatscht. Den treuen abgewetzten Geierschnabel gestreichelt." Und dann geht es los, mit voller Kraft über die Hügel und durch die Täler. Ein Bild des voll entfalteten Lebens. Nur, dass es plötzlich nicht weitergeht, dass die Kräfte nicht mehr reichen für das, was man sich vorgenommen hatte.

Das ist der Anfang. Wenig später wird ein Lungenemphysem diagnostiziert, spezielle Atemübungen werden angeraten. Die Höhenflüge sind beendet, es folgt die Entdeckung der Langsamkeit. Am Vorabend des sechzigsten Geburtstags kommt der Kollaps, die Notaufnahme, der Herzinfarkt: "Die Ärzte gratulieren ihm zu seinem 2. Geburtstag, der zufällig auch sein 60. war. Glück gehabt." Übrigens ist am morgigen Sonntag Kinders siebzigster Geburtstag, obwohl er selbst daraus ein Mysterium macht und statt des 18. Mai den 18. Juni 1944 zu seinem Geburtstag proklamiert hat.

Doch das Glück der sechzigjährigen Romanfigur ist nicht vollkommen, denn "er" - anders wird der Protagonist in diesem Buch nicht heißen - hat eine Autoimmunkrankheit, und die Schmerzen, Entzündungen, Symptome vagabundieren durch seinen Körper und werden kein Ende nehmen. Kinder wirft schon auf Seite 26 einen summarischen Blick auf die Zukunft dieses Kranken: "Zu einer Operation wird die nächste kommen. Es werden ein Dutzend werden. Manchmal wird er aber auch nur ein Lungen- und Bronchialnotfall sein und eine Woche an der Antibiotika-Infusion hängen ohne Operation. Er wird sich, um Übersicht zu haben, seine Operationen, die Wochen, Monate seiner Krankenhausaufenthalte in ein Oktavheft eintragen, zumal er bei jeder neuen Anamnese seine Krankheitsgeschichte nur vage in Erinnerung haben wird, weshalb sie ihm auf die Sprünge ... helfen müssen." Dieser Ausblick auf die kommenden Jahre geht noch über fünf Seiten fort, nur die teilweise Amputation des rechten Vorfußes wird hier noch nicht angesprochen.

Hiob kommt nicht vor in dieser Erzählung, an ihn denken darf man aber schon hier und da. Samuel Beckett ist keine der Referenzen, auf die Kinder literarisch Bezug nimmt, der lakonische Duktus von dessen Schilderungen körperlichen Verfalls klingt aber an vielen Stellen an, den grimmigen Humor eingeschlossen. Die Bewegung der Erzählung ist jedoch der von Becketts Texten diametral entgegengesetzt: Geht es dort immer um das ersehnte Ende ("Um abermals zu enden"), strebt Kinders Buch dem Satz von Benigni zu. Es demonstriert - zum Glück aber ganz ohne das falsche Pathos des Positiven - eine heftige Liebe zum Leben.

Die natürlich mit der Liebe zu "ihr" zusammenhängt, denn "er", der Protagonist, hat auch eine "sie", die im Buch auch nie anders heißen wird und im träumerischen Mittelteil sogar nur zu "s." wird. Von ihr heißt es, dass sie "ihr Leben abgeschrieben hatte wegen der zwei Stunden des Besuches bei ihm" (in den Kliniken), denn "er" und "sie" leben große Teile des Jahres beruflich bedingt in zwei verschiedenen Städten.

Erträumt haben sich beide ein ganz anderes Leben, wie die meisten. Der Mittelteil trägt den Titel "Im Traum bin ich Fußgänger" und zitiert damit einen Satz von Wolfgang Schäuble. Kinders Abfolge von Träumen über 32 Seiten ist Witz und Irrwitz, seltener Albtraum. Das liest sich zum Beispiel so: "Die bedeutende, mächtige Literaturkritikerin ist bei uns zu Hause. So hatte sich s. das immer gewünscht: eine hohe, weitläufige Berliner Altbauwohnung, voller Bücher, voller Bilder, Parkett, so wie Herta Müller und Rüdiger Safranski wohnen." Drei Träume später begegnet der Erzähler auf dem Konstanzer Bahnhof Hans Magnus Enzensberger und einer Redakteurin vom "Spiegel". Schließlich stellt er sich vor. Die beiden kennen ihn nicht. Er erwähnt die "Transatlantik". "Nun erinnert sich Enzensberger: Sind Sie etwa der, der vergeblich versucht hat, den Münsch herauszugeben. Ja, rufe ich, froh, erkannt zu sein, obwohl ich nicht weiß, wer oder was Münsch ist."

Am Ende, nachdem der dritte Teil der Erzählung aufgezählt hat, wovon "er" alles Abschied nehmen muss, wird das stärkste Argument dafür angeführt, warum der endgültige Abschied bitte noch warten soll. Die Freunde sind es, die Liebste ist es, vor allem aber: "Wäre nur der Amselschlag nicht, früh und spät auf den Dachfirsten; abends wenn sie beieinander sitzen mit weichen Kissen unter dem Gesäß. Es reicht kein Leben, um die Melodien der Amseln zu verstehen und ob sie dieselben wie die des Vorjahres sind."

JOCHEN SCHIMMANG

Hermann Kinder: "Der Weg allen Fleisches". Erzählung. Mit farbigen Zeichnungen des Autors.

Weissbooks, Frankfurt am Main 2014. 136 S., Abb., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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