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"Große Fragen ist ein modernes literarisches Wunder: wagemutig wie Werke von Orwell oder Beckett, voller absurdem Humor und Tragisch-Wunderbarem." Joe Meno Die großen Fragen der Menschheit, neu verhandelt von kleinen Philosophen: Warum sind wir hier? Hat unsere Existenz einen Sinn? Und falls ja, haben wir eine Möglichkeit, ihn zu erkennen? Geht es um Liebe? Was aber ist dann stärker die Liebe oder der Tod? Was ist der Tod? Und was kommt danach? Auf einer Wiese steht eine Hütte, in der ein geistig behinderter Junge bei seiner Großmutter lebt. Ein Flugzeug überfliegt diese Wiese und wirft eine…mehr

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Produktbeschreibung
"Große Fragen ist ein modernes literarisches Wunder: wagemutig wie Werke von Orwell oder Beckett, voller absurdem Humor und Tragisch-Wunderbarem." Joe Meno
Die großen Fragen der Menschheit, neu verhandelt von kleinen Philosophen: Warum sind wir hier? Hat unsere Existenz einen Sinn? Und falls ja, haben wir eine Möglichkeit, ihn zu erkennen? Geht es um Liebe? Was aber ist dann stärker die Liebe oder der Tod? Was ist der Tod? Und was kommt danach?
Auf einer Wiese steht eine Hütte, in der ein geistig behinderter Junge bei seiner Großmutter lebt. Ein Flugzeug überfliegt diese Wiese und wirft eine Bombe ab, die nicht explodiert. Wenig später stürzt das Flugzeug in die Hütte. Eine Gruppe Vögel findet den Blindgänger und beobachtet den Absturz. Die Vögel erleben den Einbruch des Unerklärlichen in ihre kleine Welt und stehen unvermittelt vor genau den großen Fragen, die die Menschheit von jeher beschäftigen. Als der Blindgänger explodiert, der Pilot aus dem Cockpit seines Flugzeugs klettert und der geistig behinderte Junge aus den Trümmern der Hütte in die Welt hinaustritt, gerät eine Lawine von dramatischen Ereignissen ins Rollen, die die Vögel zwingt, Antworten zu finden.
Autorenporträt
Anders Nilsen, Jahrgang 1974, gilt als "einer der überragenden Zeichner" (Los Angeles Times) seiner Generation. Er veröffentlichte verschiedene Graphic Novels und wurde mit dem Ignatz Award ausgezeichnet. Nilsen lebt mit seiner Katze in Chicago.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.12.2012

Finken-Philosophie
Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Anders Nilsen verhandelt in seinem Comic „Große Fragen“ – aus der
Vogelperspektive. Damit nimmt er auf das Erbe der Fabel Bezug und bringt es gleichzeitig zur Implosion
VON THOMAS VON STEINAECKER
Als Tier hat man es in der Kunst nicht leicht. In Romanen liest der Mensch lieber von seinesgleichen, und im Film dienen Erdhörnchen oder Katzen lediglich zur Unterhaltung der Kleinsten. Glücklicherweise gibt es den Comic. Das lang geschmähte Medium hat ein Faible für Außenseiter und für Plots, die als verpönt und billig gelten. Neben den Abenteuer-, Fantasy und Science-Fiction-Genres erfreute sich hier immer schon die Tiergeschichte größter Beliebtheit. Nach Superman und Batman waren es Donald Duck und Snoopy, die zum ureigensten Motiv-Inventar der Neunten Kunst wurden. Im grellbunten Gewand vermeintlichen Schunds feierte dabei eine Erzählform ein Comeback, die seit dem Humanismus weitestgehend ausgestorben war: die Fabel. Sowohl das Holzschnittartige ihrer Struktur, an deren Ende eine klare Moral stand, als auch die Typisierung der vermenschlichten Vertreter des Tierreichs passten perfekt zur prägnanten Kürze und leicht verständlichen Pointe des Comics, der ja ursprünglich ausschließlich als schnell konsumierbare Gag-Beigabe in Zeitungen erschien.
  Wahrscheinlich hat es aber noch nie einen Comic gegeben, der so mustergültig auf das Erbe der Fabel Bezug nimmt und es gleichzeitig zur Implosion bringt, wie Anders Nilsens „Große Fragen“. Der Titel ist Programm. Es geht um die Verhandlung der wichtigsten Menschheitsprobleme: Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Ist die Liebe stärker als der Tod? Fabelunüblich, aber dem Gegenstand angemessen, beschäftigt sich der Autor mit diesen Fragen auf über 600 Seiten; und, was das ganze Vorhaben noch wahnwitziger erscheinen lässt: Die, die sich da Gedanken über den Sinn des Lebens machen, sind kleine Finken. Das ist insofern noch comictypisch, als dass die Sperlingsvögel zwar wie die ungleich populäreren Mäuse irgendwie niedlich anzusehen sind und ihre körperliche Schwäche durch Intelligenz wettmachen müssen; doch Nilsen zeichnet sämtliche philosophierende Hauptfiguren ihren bedeutungsschwangeren Namen wie Algernon, Zwingly oder Theodorus zum Trotz ununterscheidbar grau. Hinter dieser Ausgangssituation lässt sich bereits der Witz des Buches erkennen, der sich hauptsächlich daraus ergibt, dass sich winzige Vögel, die für jeden außer für sie selbst nahezu identisch aussehen und hochneurotisch wirken, über die Bedeutung ihrer Existenz und die Beschaffenheit des Kosmos wundern. Das allein wäre freilich für 600 Seiten zu wenig, zumal sich die Pointen der Vogelunterhaltungen rasch erschöpfen. In einer offenkundigen Variation von Kafkas „Kleiner Fabel“ sagt einmal der tapfere Leroy zur herbeiflatternden Eule: „Was für ein glücklicher Zufall, dass du gerade jetzt vorbeikommst. Wärst du gewillt, deine scharfsichtige Weisheit einem bestimmten philosophischen Dilemma zu widmen, das mich beschäftigt? Ich frage mich, ob es angesichts der enormen Komplexität der Welt und dem Ausmaß an Unsicherheit  . . .“ – worauf die Eule den armen Finken frisst.
  Diese kurzen Episoden sind nur Bindeglieder zwischen den vielen unterschiedlichen Schauplätzen und Protagonisten des Comics. Was die Handlung in Gang setzt wie ein fallender Dominostein, ist ein Blindgänger, der auf unerklärliche Weise in der einsamen Steppe niedergeht, in der die Finken wohnen. Handelt es sich bei dem Riesen-Ei etwa um eine Prüfung von höherer Stelle? Erst einmal beschließt man also, das Ding zu bebrüten. Als bald darauf ein Pilot mit seinem Flugzeug abstürzt, wobei die Hütte der beiden einzigen Menschen in der Gegend, eine gerade verstorbene alte Frau und ihr geistig behinderter Enkel, zerstört wird, steht der Finkenschwarm vor einem weiteren Problem: Warum nur ist aus dem metallenen Vogel ein Küken geschlüpft? Aufopfernd versorgt die Vogel-Gemeinschaft fortan den übellaunigen Piloten mit Nahrung, während der nichtsahnende Behinderte aus der Hütte, der den Crash überlebt hat, durch die karge Landschaft irrt. Außerdem ist da noch, in einer Anspielung an den Orpheusmythos, der vor sich hin singende Fink Algernon, der auf der Suche nach seiner verschwundenen Frau in die Höhle einer geheimnisvollen Schlange hinabkriecht. Und so unwahrscheinlich das auch klingen mag: Wie im antiken Drama, in dem sich im nahezu abstrakten Raum die Geschicke der Figuren enger und enger verstricken, bis es zur blutigen Tragödie kommt, endet der Comic tatsächlich in einem richtigen Showdown mit einer Zusammenführung von Tier und Mensch.
  Über sechzehn Jahre hat der US-Amerikaner Nilsen an diesem Mammutwerk gearbeitet. Und es ist eine schöne nachträgliche Erfahrung, wenn man sich nach der Lektüre noch einmal vergegenwärtigt, wie hier ein junger Kunststudent das Medium für sich entdeckt, bis er schließlich zu einem Meister geworden ist, der heute in Comic-Kreisen einen hervorragenden Ruf genießt. Die stilistischen Brüche, die bei so einer langen Entstehungszeit zwangsläufig auftreten, werden durch die ausgestellte Heterogenität des Materials versteckt: Die unterschiedlich langen Schwarzweiß-Episoden changieren zwischen den eher krude gezeichneten existenzialistischen Dialogen der Finken, faszinierend abstrakten Passagen, die die verschiedenen Formen eines Vogelschwarms zeigen, und klassischen Erzählstrecken, die vom feinen Strich Nilsens geprägt sind. Flächen bleiben unausgemalt, sodass die Steppe, die wenigen Büsche und das kleine Wäldchen in dem endlosen Weiß einen geradezu meditativen Charakter bekommen.
  Allerdings droht besonders in der zweiten Hälfte der Geschichte der Atem auszugehen; hier und da fürchtet man als Leser, in einem Meer der nihilistischen Trostlosigkeit zu versinken, die allzu vorhersehbar wirkt. Die Moral dieser Fabel fällt dann doch recht schlicht aus: „Man sollte jeden Tag so leben, als wäre es der letzte.“ Trotzdem: Selten findet man einen Comicautor, der eine derart intensiv-außerirdische Atmosphäre herzustellen vermag. Und wenn das Buch am Ende plötzlich fantastische Züge annimmt, dann hat das durchaus existenzielle Größe. In der Flut der realistischen, mit klarer Linie gezeichneten semi-autobiografischen Comics der Gegenwart ist Nilsens Werk zweifellos eine Ausnahmeerscheinung.
Anders Nilsen: Große Fragen. Atrium Verlag, Zürich 2012. 604 Seiten, 39,95 Euro.
Der singende Fink
Algernon steigt wie Orpheus
hinab in die Unterwelt
Der Kosmos ist rätselhaft: Warum nur ist der metallene Vogel vom Himmel gefallen? Und was ist mit den seltsamen Säugern auf zwei Beinen?
 ABBILDUNG AUS DEM BESPR. BAND
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Für den Rezensenten Christian Gasser handelt es sich hier um einen der ungewöhnlichsten Comics der letzten Zeit. Mit Bewunderung schildert er, wie der Autor über fünfzehn Jahre hinweg seine Grundidee zugleich aufrecht erhält und weiter entwickelte. Jahr für Jahr hatte er ein Kapitel aus dem jetzt vorliegenden Buch als Comic-Heft veröffentlicht. Nun ist ein Wälzer von 600 Seiten zusammengekommen, in dem sich eine kleine Finkenschar höchst philosophische Fragen stellt. Es ist keine einfache Verniedlichung unserer eigenen existenziellen Geworfenheit, betont Gasser - dafür begibt sich Nilsen viel zu sehr in die eigene Logik der Vögel, die zugleich zarte Wesen seien und dennoch ein auf ihre ganz eigene Art düsteres Universum bewohnten. Der Comic hat Längen so Gasser, aber er hätte sie am Ende wohl selbst nicht gestrichen. Einem solchen Wurf muss man auch seine Schwächen lassen.

© Perlentaucher Medien GmbH