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Erik Jansen, um die fünfzig, Deutschlehrer mit Leib und Seele, verliert seine Anstellung im katholischen Gymnasium zu Sankt Theresa. Wie es dazu gekommen ist, dass er nicht nur seine sichere Stelle, sondern auch seine Frau und ein wenig wohl auch sich selbst verlor, versucht er, alleine, auf einer Gruppenreise nach Jordanien zu reflektieren. Lange bleibt er freilich nicht für sich, bald schon hängt die ältere, naive Monique an seinen Lippen, bei der er ganz Lehrer sein kann sosehr er auch versucht, es nicht zu sein. Die Reise ist für ihn ein Aufbruch und Befreiungsschlag nicht nur aus der…mehr

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Produktbeschreibung
Erik Jansen, um die fünfzig, Deutschlehrer mit Leib und Seele, verliert seine Anstellung im katholischen Gymnasium zu Sankt Theresa. Wie es dazu gekommen ist, dass er nicht nur seine sichere Stelle, sondern auch seine Frau und ein wenig wohl auch sich selbst verlor, versucht er, alleine, auf einer Gruppenreise nach Jordanien zu reflektieren. Lange bleibt er freilich nicht für sich, bald schon hängt die ältere, naive Monique an seinen Lippen, bei der er ganz Lehrer sein kann sosehr er auch versucht, es nicht zu sein. Die Reise ist für ihn ein Aufbruch und Befreiungsschlag nicht nur aus der fatalen Liebe zu einer Schülerin, sondern aus seinem unerfüllten Leben und je länger sie andauert, umso mehr fühlt er sich wie Kafkas Reiter. Sylvie Schenks Überschreibung eines Kafka-Textes ist nicht nur die bewegende Geschichte eines Mannes in der Midlife-Crisis, sie ist auch ein Spiel mit der Literatur, mit Auslegungen und Signifikanz: ein kluger, feinsinniger Roman, durch den sich wie ein roter Faden die Liebe zu Kultur und Literatur zieht.
Autorenporträt
Sylvie Schenk wurde 1944 in Chambéry (Frankreich) geboren. Sie lebt als freischaffende Autorin in Stolberg, Rheinland. Sie schreibt Lyrik auf Französisch und Prosa auf Deutsch. Mehrere Auszeichnungen, darunter der Hasenclever-Förderpreis. Im Picus Verlag erschienen ihre Romane »Die Tochter des Buchhändlers«, »Parksünder«, »Der Gesang der Haut«, »Der Aufbruch des Erik Jansen« und zuletzt »Bodin lacht« (2013).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.12.2012

Im Brennspiegel der Frauen
Sylvie Schenk lockt in ihrem Roman einen Lehrer auf die abenteuerlichen Abwege eines Doppellebens
Hinter dem zukunftsfrohen Morgenluftwittern dieses Titelworts „Aufbruch“ ist, wenn man genauer darauf achtet, auch das gewaltsame Krachen im Getriebe der Vertrautheiten zu hören. Oder mit den Worten einer Siebzehnjährigen im Schulaufsatz: „Nur aus dem Verneinen entsteht das Bejahen“. Ausgangsthema für das Mädchen war Kafkas Kurzerzählung „Der Aufbruch“, eine Parabel über den Sprung ins Ungewisse. Fünf Texte wird die gar nicht mehr zu bremsende Johanna ihrem Lehrer Erik Jansen insgesamt abgeben: Aufsätze, die eher intimen Briefen gleichkommen und Jansens Leben aus der Bahn werfen. Erzählt wird das rückblickend aus der Distanz über die Zeitschwelle einer Jordanien-Reise hinweg, welche die Kollegen dem mittlerweile entlassenen Lehrer zum Abschied spendiert haben. Die Autorin beherrscht dabei vorzüglich die Konstruktionselemente der Perspektivenkreuzung, Figurenspiegelung, Ereignisverzögerung und des Stilwechsels zwischen Bestürzung und Komik.
  Die aus Frankreich gebürtige Sylvie Schenk lebt seit vielen Jahren in Deutschland und schreibt Lyrik auf Französisch, Prosa auf Deutsch. In den letzten Jahren waren es vier Romane, jeweils mit kompakten und doch locker geschnürten Geschichten, scharf gezeichneten Figuren, raffiniert verkeilten Textebenen. Die Art, wie im vorliegenden Roman zwischen Aachener St.-Theresa-Gymnasium und jordanischer Touristenwüste die Bruchspuren aus einer Midlife-Routine ins Unbekannte freigelegt werden, zieht den Leser in Bann. Erik ist ein hingebungsvoller Lehrer mit einer Frau im selben Beruf, einer studierenden Tochter, einem abgefederten Lebensalltag. Er ist aber zu feinsinnig, um darin sein flottes Rollenspiel nicht zu durchschauen. So strapaziert er seine Erzieherrolle, während er sich von der undurchschaubaren Johanna auf die Fährte des Abenteuers locken lässt, bis sie daran zerbricht. Zwar kämpft er beim gemeinsamen Spaziergang über die Frühlingswiese – der vierte Aufsatz liegt noch ungelesen im Handschuhfach des Autos – tapfer gegen seine Leidenschaft für die Siebzehnjährige, die ihre Kleider schon abgeworfen hat. Er sagt hilflose Sätze wie „Lassen Sie uns jetzt gehen, Johanna“. In die Rache des Mädchens schickt er sich dann aber willig, ohne zu murren.
  Dass Literatur und Phantasie eins zu eins ins Leben übertragbar sei – an diesen Schülerinnentraum kann er natürlich nicht glauben. Wie gelähmt lässt er ihn jedoch über sich hinwegziehen und an einer anderen Frau hängen bleiben. Monique ist eine Blondine im schon etwas vorgerückten Alter und eine der wenigen Singles unter den Rentner-Touristen auf Jordanien-Tour, die auch Erik gebucht hat. Bei dieser sich naiv stellenden Kindfrau kann er auf ganz andere Weise als bei der frühreifen Johanna weiterhin den Lehrer spielen, bis sie sich ebenfalls auf und davon macht. Sein eigener Aufbruch wirft Erik dann zwar aus der Bahn, nicht aber in ein wirklich anderes Leben, wie wir im Epilog des Buchs erfahren.
  Die fünf eingefügten Aufsätze Johannas und das Dauergeplapper von Monique im Reisebus sind gelungene sprachliche Stränge, mit denen eine etwas verfahrene Lehrerexistenz festgezurrt und aus ihrem Gleichgewicht gehoben wird.
  Zu den Stärken der Autorin Sylvie Schenk gehört die sorgfältige Zeichnung der Nebenfiguren. Im didaktisch verkrusteten Schülerbild von Eriks Gattin Viola, in der Egozentrik von Johannas malender Mutter Veronika, in der pedantischen Vormundschaft von Moniques älterer Schwester Nelly scheinen Charakterzüge unserer Epoche auf: das Tabu über der minderjährigen Körperlichkeit, hypostasierte Subjektivität, Erwachsensein zwischen Infantilität und Vorbildlichkeitsobsession. Nicht zufällig wohl handelt es sich bei diesen Figuren vorwiegend um Frauen. Erik Jansen ist der Brennpunkt, in dem, von Kafkas Parabel gebündelt, die Kraftlinien einer weiblich gefächerten Welt zusammenlaufen. Unnötig nur, dass diese Geschichte am Schluss des Romans als ein vom Erzähler verfasstes Buch an Johanna und Monique sich entpuppt. Die beiden sind schon weit weg und Erik wäre gewiss auch ohne das Schreiben über sein Abenteuer hinweggekommen.
JOSEPH HANIMANN
Sylvie Schenk: Der Aufbruch des Erik Jansen. Roman. Picus Verlag, Wien 2012. 168 Seiten, 19,90 Euro.
Der Ausbruch aus einer
soliden Existenz versandet
in der jordanischen Wüste
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit Wohlwollen stellt Rezensent Joseph Hanimann diese Autorin vor, die als Deutsch-Französin ihre Gedichte auf Französisch und ihre Romane auf Deutsch verfasst. Dieser vierte Roman der Autorin beeindruckt Hanimann durch virtuose Erzähltechniken, durch ihre "Figurenspiegelung, Ereignisverzögerungen und Stilwechsel zwischen Bestürzung und Komik". Ein alternder Lehrer gerät in Bedrängnis durch eine verehrende, ambitionierte und sexuell zu allem bereite 17-jährige Schülerin und eine weitere mögliche Geliebte, der er auf einer Jordanien-Reise begegnet. Das alles nutzt Schenk laut Hanimann zu einem kleinen, sehr aktuellen Panorama weiblicher Figuren, die sich in der Person dieses Lehrers spiegeln.

© Perlentaucher Medien GmbH