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Theo Altena lebt mit seiner Frau Sylvia in einem gepflegten Wohnviertel. Ihr Zusammenleben ist liebevoll und partnerschaftlich, keine Turbulenzen stören den geregelten Alltag. Bis Theo die Surinamerin Iris Pompier kennenlernt. Auch er kann sich ihrer exotischen Ausstrahlung nicht entziehen und ein ausgeklügeltes Doppellleben beginnt.

Produktbeschreibung
Theo Altena lebt mit seiner Frau Sylvia in einem gepflegten Wohnviertel. Ihr Zusammenleben ist liebevoll und partnerschaftlich, keine Turbulenzen stören den geregelten Alltag. Bis Theo die Surinamerin Iris Pompier kennenlernt. Auch er kann sich ihrer exotischen Ausstrahlung nicht entziehen und ein ausgeklügeltes Doppellleben beginnt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.05.2000

Lesetipp zum Wochenende
Moral der Liebe
„Die Nebenfrau”
von Joost Zwagerman
Eine gefährliche Liebe, eine prekäre Dreieckskonstellation, die zusätzlich durch einen „Clash” der Kulturen gefährdet wird. Die „buitenvrouw”, erklärt uns das „Woordenboek van het Surinams-Niederlands”, ist die „Außenfrau”, die neben der Gattin oder der Konkubine andernorts wohnt. Joost Zwagerman, Jahrgang 1963, stellt diese Definition seinem zweiten in deutscher Übersetzung erschienenen Roman voran.
Das erste Buch, „Falsches Licht” (1991; dt. 1995), hatte die Liebesunordnung zwischen einem Studenten und einer Prostituierten beschrieben. Im neuen Buch wird die Geschichte des Niederländisch-Lehrers Theo Altena erzählt, der mit seiner Frau Sylvia eine „harmonische” Ehe führt. Äußerlich ändert sich daran nichts, als er einer Kollegin „verfällt”, der aus Surinam stammenden Sportlehrerin Iris Pompier – die ihrerseits „glücklich” verheiratet ist.
Auch hier also romantische Genre-Versatzstücke, auch hier wieder ein Doppelleben, das (zunächst) verblüffend einfach zu organisieren ist. Theo und Iris haben jeden Dienstagnachmittag gemeinsam Freistunden, die verbringen sie bei ihr zu Hause, auf einer dreisitzigen Couch – von der Theo hofft, dass Iris es dort nie mit ihrem Mann „getrieben” habe. Indes: „Nie wäre ihm in den Sinn gekommen, Sidney Pompier sein Eheglück zu missgönnen, besonders weil Iris seine Ehe mit Sylvia immer respektiert hatte. Theo lief geradezu über vor Respekt, womöglich aus Schuld-, sicher aber aus Schamgefühl. Nicht eine Forderung stellte er an sie und hoffte insgeheim seine demütige Gelassenheit würde die Schuld des Fremdgehens verkleinern”.
Raffiniert wird der Roman aber da, wo Zwagerman die Lebens- und Liebeslüge seines Protagonisten frei legt. Denn Theos Beziehung zu Iris scheitert, als sie „ruchbar” wird, nicht an der „niederländischen” Ausländerfeindlichkeit, wie er sie bei seinen Schwiegereltern erbittert angreift, und auch nicht an den Vorurteilen seiner Schüler, die mit maliziösen Karikaturen – „Blackie is the best” – auf seine Liaison anspielen. Theo instrumentalisiert seine multikulturelle Moral für seine persönliche Rechtfertigung. Er scheitert an seinem eigenen Rassismus, den er als „pornographische Luzidität” verklärt: daran, dass er Iris immer nur betrachtet, nie aber wirklich ansieht. Auch seine Reflexivität schützt ihn nicht. „Alles wurde nur noch schlimmer, wenn er daran dachte, dass seine Anbetung ihrer Hautfarbe wie eine ins Gegenteil verkehrte Diskriminierung war, die allerdings” – hier macht er sich etwas vor – „bei näherem Hinsehen nichts mehr in ihr Gegenteil Verkehrtes hatte. ”
Im letzten Kapitel gelangt der Roman über den Bereich des politisch Korrekten hinaus – als Theo zu Sylvia „zurückkehrt”. Virtuos verbirgt sich der Ehebrecher in einem Geständnis: „Ich kann es dir erklären, sagt er und fragt sich, was er erzählen würde und wie viel er noch verschweigen könnte. ” Die Geschichte eines Lehrers, der durch seine Solidarität mit der Kollegin aus Surinam in schulische Schwierigkeiten geraten ist, fügt sich so glatt zusammen, dass ihn nunmehr die Gutgläubigkeit seiner Frau Sylvia irritiert: „War er denn so gerissen gewesen beim Beseitigen von Spuren? Hatte sie kein einziges Mal einen unbekannten Geruch an seinem Körper entdeckt?”
Ganz am Ende ist Theo noch einmal vor die Tür gegangen. Als Sylvia ihn ruft, geht er „schnell und langsam” wieder ins Haus. Schnell und langsam . . . Nicht ganz so lässig, aber ähnlich dräuend endet auch das 13. Kapitel des ersten Teils von Goethes „Wahlverwandtschaften”: „So setzen alle zusammen, jeder auf seine Weise, das tägliche Leben fort, mit und ohne Nachdenken; alles scheint seinen gewöhnlichen Gang zu gehen, wie man auch in ungeheuren Fällen, wo alles auf dem Spiele steht, noch immer so fort lebt, als wenn von nichts die Rede wäre. ”
HERMANN WALLMANN
JOOST ZWAGERMAN: Die Nebenfrau. Roman. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Picus Verlag, Wien 2000. 276 Seiten, 39,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hermann Wallmann ist sehr angetan vom zweiten, in deutscher Übersetzung erschienenen Roman Zwagermans. Stoße man auch in diesem Buch zunächst auf "romantische Genre-Versatzstücke", werde es dort "raffiniert", wo es um die Aufdeckung der "Lebens- und Liebeslügen" seiner Protagonisten geht. "Virtuos" sei das Geständnis des Ehebrechers inszeniert und der Schluss verleitet den begeisterten Rezensenten sogar zu einem Vergleich mit Goethes Wahlverwandtschaften, so vieldeutig und bedrohlich scheint ihm das Ende dieses Romans.

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