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Der Landschaftsarchitekt Fürst Hermann von Pückler-Muskau in England: ein libertärer Lebemann und Mitgiftjäger inmitten einer britischen Gesellschaftskomödie. Fürst Hermann von Pückler-Muskau kennen wir als schillernde Figur, berühmt als Landschaftsarchitekt und Reiseschriftsteller. Sein Aufenthalt im reichen England zwischen 1826 bis 1828 aber hatte delikat verschwiegene Gründe: Der verarmte adelige Besucher vom Kontinent kam als »fortune hunter« auf Brautschau, um mit einer lukrativen Heiratskandidatin den Konkurs des traumhaften Parkprojekts in Muskau abzuwenden. Zu diesem Zweck hatte er…mehr

Produktbeschreibung
Der Landschaftsarchitekt Fürst Hermann von Pückler-Muskau in England: ein libertärer Lebemann und Mitgiftjäger inmitten einer britischen Gesellschaftskomödie. Fürst Hermann von Pückler-Muskau kennen wir als schillernde Figur, berühmt als Landschaftsarchitekt und Reiseschriftsteller. Sein Aufenthalt im reichen England zwischen 1826 bis 1828 aber hatte delikat verschwiegene Gründe: Der verarmte adelige Besucher vom Kontinent kam als »fortune hunter« auf Brautschau, um mit einer lukrativen Heiratskandidatin den Konkurs des traumhaften Parkprojekts in Muskau abzuwenden. Zu diesem Zweck hatte er mit seiner Ehefrau Lucie von Hardenberg die Scheidung ersonnen - sie übernahm die heimische Verwaltung; er schrieb ihr täglich über seine Liebes- und Lebenslagen.

Auf der Grundlage dieser originalen Briefe, anderer Manuskripte im Pückler-Archiv in Branitz und britischer Quellen hat der englische Germanist Peter James Bowman jene verborgenen englischen Jahre von Fürst Pückler erkundet. Sie brachten ihm kein Glück, aber unterstützt von seiner Frau, Goethe und Varnhagen, wurde seine »berühmte Korrespondenz« wenigstens zum europäischen Bestseller.
Autorenporträt
Peter James Bowman studierte Moderne Sprachen an der Oxford University und promovierte dort über Theodor Fontane. Als Übersetzer und unabhängiger Forscher lebt er heute in Ely, Cambridgeshire.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.07.2015

Her mit den reichen Engländerinnen!

Deutscher Mitgiftjäger in Londoner Salons: Peter James Bowman erzählt die ganze Geschichte der England-Reise des galanten Gartenarchitekten Fürst Hermann von Pückler-Muskau.

Welch ein Schicksal! Da wird man zu einem der gefragtesten Landschaftsgärtner Deutschlands und zu einem der meistgelesenen Reiseschriftsteller, und wofür steht der eigene Name in der Nachwelt? Für eine der traurigsten Eiskreationen aller Zeiten. Jeder Billigfroster bewirbt heute seine Erdbeer-Vanille-Schoko-Klumpen mit den Worten "Fürst Pückler Art". Eines immerhin scheint die Zuckerorgie mit dem historischen Fürsten Hermann von Pückler-Muskau zu verbinden: Es handelt sich um eine Ménage à trois. Ganz ähnlich hatte sich der politisch liberale, persönlich tollkühne Hochadelige auch sein privates Glück vorgestellt: die mütterliche Frau zur einen Seite, ein junges Ding aus begüterten Verhältnissen zur anderen, und er selbst in der Position Vanille.

Dass er diese Situation nie wirklich erreichte, ist allein kuriosen Zufällen zu verdanken, in keiner Weise moralischen Bedenken. Das können wir einer der kurzweiligsten Biographien dieses Frühjahrs entnehmen, die nebenbei ein höchst lebendiges Sittenbild der europäischen Oberschicht im frühen neunzehnten Jahrhundert zeichnet. Ihr Autor, Peter James Bowman, in Oxford und Cambridge ausgebildeter Germanist, erweist sich dabei als englischer Gentleman, der Schlüpfrigkeiten andeutet, aber nie auskostet. Er kann es sich leisten, als Chronist die Kolportage beiseitezulassen, denn die Her-mit-den-kleinen-Engländerinnen-Geschichte ist verrückt genug.

Dass Pückler zwischen 1826 bis 1828 eine ausgedehnte Reise durch Großbritannien unternommen hat, ist wohlbekannt, schließlich haben seine Aufzeichnungen den Ruhm des Fürsten als Schriftsteller begründet. Weniger bekannt ist, dass es einen ganz handfesten Grund für diese Reise gab. Der Fürst war auf Brautschau, noch genauer: auf Mitgiftjagd. Daher ist der englische Titel von Bowmans Buch, "The Fortune Hunter", noch ein bisschen pfiffiger als der "Glücksritter" in der dafür sehr edel gedruckten Übersetzung. Eine reiche Erbin musste her, denn das ambitionierte Parkprojekt rund um Schloss Muskau - heute wieder in voller Pracht zu besichtigen - hatte Pückler an den Rand der Insolvenz gebracht. Die Idee war nicht neu. Schon 1814 hatte sich Pückler in England auf Geldbrautsuche gemacht, denn das schmucke Anwesen in der Oberlausitz war schon beim Erbantritt überschuldet. Doch der Verlobung mit einer begüterten reiferen Witwe ("noch recht leidlich", urteilte der Achtundzwanzigjährige) folgte keine Ehe, denn die um ihr Vermögen bangenden Angehörigen von Lady Lansdowne rebellierten. Pückler brachte nur die Dandy-Mode mit.

Und doch war die Situation 1826 grundlegend anders, denn der Fürst war inzwischen verheiratet. Er hatte sich 1817 mit der geschiedenen, neun Jahre älteren Lucie Gräfin von Pappenheim verbunden, die er zärtlich "Schnucke" nannte und laut Bowman wahrhaft liebte. Für die körperliche Variante der Zweisamkeit bevorzugte er freilich jüngere Frauen, was Schnucke ihm offenbar zugestand. Nur ihre siebzehnjährige Adoptivtochter wollte Lucie vor dem Draufgänger beschützen, "aber letztlich", schreibt der Autor knapp, "gelang es ihm doch, sie zu seiner Bettgefährtin zu machen". Der Gräfin gefiel es indes, sich an Pücklers Seite als Landschaftsplanerin zu betätigen, doch ihre Mitgift reichte nicht weit.

So baldowerten die beiden den Plan aus, sich zum Scheine scheiden zu lassen, damit Pückler in England, wo es von reichen Erbinnen nur so wimmelte, einen dicken Fisch an Land ziehen könne. Die neue Braut sollte nach der Heirat davon überzeugt werden, Schnucke als Hauptfrau respektive mütterliche Freundin zu dulden (nebst weiteren Happen vermutlich).

Köstlich ist es, nachzulesen, wie frech und doch galant Pückler, mit schwarzgefärbten Haaren den Jüngling vom Festland gebend, von einer Werbung zur nächsten schritt, wie kokett die Damen flirteten und wie hart die Eltern verhandelten. Stets ging die Sache schief: Meist waren die Eltern dagegen, manchmal die Umworbenen abgeneigt, und teils schlug Pückler selbst - in der Hoffnung auf höhere Rendite - Offerten aus. In Briefen an Lucie beschreibt er seine Zweck-Amouren in vollkommen offener Weise ("Diese würdest Du gewiß bald lieb gewinnen, und nicht lange eifersüchtig auf sie sein"), hält sich nicht einmal mit Lobeshymnen auf den "wollüstigen kleinen Körper" einer Kandidatin oder mit detaillierten Beschreibungen sexueller Eskapaden mit einer blutjungen Prostituierten zurück. Mit der Zeit sprach sich freilich Pücklers wahre Absicht herum. Auch die ehrlich offengelegten Vermögensverhältnisse erhöhten die Chancen des Prinzen nicht eben. Und London war schon damals ein teures Pflaster: Die ganze Aktion verschlang Unsummen.

Als sich Pückler eingestehen musste, gescheitert zu sein, geschah das Unvermeidliche: Er verliebte sich, und zwar ausgerechnet in eine gefeierte, aber keineswegs reiche deutsche Sängerin, die eine Saison in London verbrachte. "Ich glaube", schrieb er begeistert nach Hause, "mir fehlt nur Liebe - die Mutterliebe meiner Schnucke, und die einer Geliebten, welche wie ich dein Kind wäre. Warum kann das nicht sein!" Die Sängerin, Henriette Sontag, hätte er sogar ohne Geld geheiratet, aber bevor Schnucke nun doch einmal sauer werden konnte (so war das nicht ausgemacht), wies die Angebetete ihn zurück. Nach zwei Jahren kehrte der geschlagene Mitgiftjäger zu seiner Exfrau zurück.

Die Pointe, die Bowman zu einem ganzen Kapitel ausweitet, liegt darin, dass Pückler die Briefe, die er von seiner Tour d'amour geschrieben hatte, zur Grundlage einer Buchausgabe machte, welche zu einem gigantischen internationalen Erfolg wurde und - gemeinsam mit Folgewerken - den Verkauf des Muskauer Anwesens wenigstens zu verzögern erlaubte.

Freilich waren die "Briefe eines Verstorbenen" von allen Hinweisen auf die wahre Natur der Reise und damit von den tiefsten Einblicken in die High Society gereinigt. Bowman bringt uns unter Nutzung aller Quellen nun in schönster Weise die ganze Geschichte zurück. Dass er mit seinem Helden dabei äußerst nachsichtig ist, mag man dem Autor zugestehen. Nur im Hinblick auf Machbuba, vom ergrauten Pückler 1837 als Zwölfjährige auf dem Sklavenmarkt von Kairo erworben und zu Lucies Missfallen als Sexgespielin nach Muskau mitgebracht, wo sie noch als Teenagerin an Tuberkulose starb, hätte man sich etwas kritischere Töne gewünscht. Bowman wertet Pücklers Verhalten als Rettung und echte Liebe, Machbubas Ausgeliefertsein als "Dankbarkeit" dafür, dass er "so gut mit ihr umging". Liebe war das wohl nur nach "Fürst Pückler Art".

OLIVER JUNGEN

Peter James Bowman: "Ein Glücksritter". Die englischen Jahre von Fürst Pückler-Muskau.

Aus dem Englischen von Astrid Köhler. Die Andere Bibliothek, Berlin 2015. 288 S., geb., 42,- [Euro].

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