Produktdetails
  • Verlag: Gerstenberg Verlag
  • Seitenzahl: 128
  • Altersempfehlung: ab 11 Jahren
  • Erscheinungstermin: 26. Januar 2010
  • Deutsch
  • Abmessung: 210mm x 157mm
  • Gewicht: 320g
  • ISBN-13: 9783836952903
  • ISBN-10: 3836952904
  • Artikelnr.: 28108106
Autorenporträt
Herbert Günther wurde 1947 in Göttingen geboren und ist in einem kleinen Dorf zwischen Göttingen und Duderstadt aufgewachsen. Nach einer Buchhandelslehre arbeitete er als Lektor sowie als Leiter einer Kinderbuchhandlung in Göttingen. Er schrieb Drehbücher für Kinderfilme im ZDF und ist seit 1988 freier Schriftsteller. Zusammen mit seiner Frau Ulli übersetzt er auch Kinder- und Jugendbücher aus dem Englischen ins Deutsche. Für seine Bücher wurde er unter anderem mit dem Friedrich-Bödecker-Preis ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie und vielen Büchern in Friedland bei Göttingen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.03.2010

Bunte Kühe, rote Teufel
Deutsche Geschichten: „Roberts Land” von Herbert Günther
Die Russen kommen!” Mit diesem Schrei beginnt das Buch. Und der kleine Robert glaubt, was er hört, weil er seinen Vater in Uniform sieht: Die Uniform bedeutet Krieg. Das weiß Robert. Oft genug hat er den Vater vom Zweiten Weltkrieg erzählen hören. Erst nach einigen bangen Stunden entdeckt er, dass sein älterer Bruder ihn veräppelt hat: Die Scheune eines Nachbarn im Dorf war in Flammen aufgegangen, und der Vater hatte sich zum Löschen die Uniform der Freiwilligen Feuerwehr angezogen.
Das erste Kapitel ist eine sehr hübsche Miniatur. Dem Autor dient es als Sprungbrett, um die Geschichte von Roberts Großeltern, Eltern, Onkeln und Tanten zu erzählen. Und damit deren Geschichten. Und damit, wie es zum Zweiten Weltkrieg kam, wie es im Krieg war und wie die Deutschen anschließend weiterlebten. Das Buch ist eine feine Komposition: Jedes einzelne Kapitel liest sich wie eine gelungene Kurzgeschichte, alle zusammen ergeben „Roberts Land”.
Herbert Günther schreibt ein schönes, plastisches Deutsch. Und er beherrscht die Kunst der Verknappung: Mit muttimäßig-dämlichen „kindgerechten” Erklärungen hält er sich nicht auf. Er schreibt so, wie manche seiner Figuren sind: wortkarge Bauern, die nur das wichtigste sagen und zum Vieh manchmal besser reden können als mit Menschen. Das macht „Roberts Land” zu einem guten, aber auch anspruchsvollen Buch.
Ein Kapitel handelt davon, wie Roberts Vater als Soldat vor der Reichskanzlei Wache schiebt. Da heißt es: „Oft fuhr in diesen Tagen ein Auto beim Reichspräsidenten vor. Darin saß ein Mann im blauen Anzug, dem eine schwarze Haarsträhne über das rechte Auge hing.” Kurz darauf stellt er sich als jemand heraus, der mit „Heil Hitler!” gegrüßt wird. Etliche Seiten später, in einem anderen Kapitel, fängt „der Mann im blauen Anzug mit der schwarzen Haartolle über dem rechten Auge” einen Krieg an. Da muss man ein gutes Gedächtnis haben oder schon ein bisschen historisch beschlagen sein, um zu erkennen, dass Hitler gemeint ist – dies zumal, da dieser auf den Photos, die er von sich verbreiten ließ, stets mit glatt zurückgekämmten Haaren zu sehen ist.
Anspruchsvoll ist „Roberts Land” indes vor allem deshalb, weil der Autor nicht chronologisch erzählt. Seine Episoden haben nicht nur wechselnde Protagonisten, auch die Zeiten, in denen sie spielen, wechseln: Mal springt der Autor Jahre in die Zukunft, dann wieder geht er Jahrzehnte zurück. Das jeweilige Milieu hat er prägnant beschrieben. Freilich: Ein Leser, dessen Blick auf die Vergangenheit nicht schon an unterschiedliche Tiefenschärfen gewöhnt ist, wird Günthers nuancenreiche Darstellungen deutscher Lebensumstände verschiedener Jahrzehnte nicht ohne weiteres erfassen. Auch Günthers Technik, die jeweilige Zeit durch die – vielfach voruteilsbeladenen – Ansichten seiner Figuren darzustellen, wird nur erfahrene Leser nicht verwirren, die zwischen der Stimme des Autors und den Stimmen seiner Figuren zu unterscheiden vermögen. Anderenfalls könnten sie auf die Idee kommen, dass – mit Ausnahme von Onkel Adolf und Tante Ida – die DDR-Bürger alle Kommunisten und schlimm wie „Teufel” gewesen seien. FRANZISKA AUGSTEIN
HERBERT GÜNTHER: Roberts Land. Eine Familiengeschichte. Gerstenberg, Hildesheim 2010. 125 Seiten, 12,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In höchsten Tönen spricht Rezensentin Franziska Augstein über dieses Jugendbuch von Herbert Günther, das die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und ihren Niederschlag in den verschiedenen Generationen zum Thema hat. "Fein komponiert" findet sie die einzelnen Episoden mit wechselnden Protagonisten und Zeitebenen, allerdings auch sehr anspruchsvoll, denn Günther arbeite mit unterschiedlichen "Tiefenschärfen und zeichne die jeweilige Zeit durch die "vorurteilsbeladene" Sicht der dargestellten Figuren.Das erfordert nach Einschätzung der Rezensentin erfahrene Leser, die die einzelnen Stimmen auseinander und auf Distanz halten können.

© Perlentaucher Medien GmbH