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3 Kundenbewertungen

London 1884. Adrian Mayfield ist keine 17 und Lehrjunge bei einem Maßschneider in Soho. Als er eines Tages seine Anstellung verliert, sitzt er völlig mittellos auf der Straße. Bei einem ehemaligen Kunden, einem Kunstmaler namens Augustus Trops, findet er zunächst Unterschlupf und beginnt, Modell zu sitzen. Beim Modellsitzen bleibt es nicht, zu Adrians allergrößtem Erstaunen: Ja, er liebt Männer! Im London dieser Zeit ein Verbrechen. Durch Trops erhält Adrian Zugang zu den erlesensten Künstlerkreisen Londons, an deren Spitze Oscar Wilde im Café Royal thront. Adrian beginnt Gefallen zu finden an…mehr

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Produktbeschreibung
London 1884. Adrian Mayfield ist keine 17 und Lehrjunge bei einem Maßschneider in Soho. Als er eines Tages seine Anstellung verliert, sitzt er völlig mittellos auf der Straße. Bei einem ehemaligen Kunden, einem Kunstmaler namens Augustus Trops, findet er zunächst Unterschlupf und beginnt, Modell zu sitzen. Beim Modellsitzen bleibt es nicht, zu Adrians allergrößtem Erstaunen: Ja, er liebt Männer! Im London dieser Zeit ein Verbrechen. Durch Trops erhält Adrian Zugang zu den erlesensten Künstlerkreisen Londons, an deren Spitze Oscar Wilde im Café Royal thront. Adrian beginnt Gefallen zu finden an dieser dekadenten Gesellschaft, an ihren Eskapaden, ihrem Witz, ihrer Freizügigkeit und Intelligenz. Doch weder ein Zuhause noch wahre Freunde findet er hier, auch wenn er das feine Spiel der Verkleidungen und Scheinmanöver bald perfekt beherrscht. Zu viel trennt ihn von dieser illustren Gesellschaft. Am wohlsten fühlt er sich noch bei Vincent Farley, einem reichen jungen Maler, für den er als Modell arbeitet.Doch auch der verlässt im August London, und so bleibt Adrian nur der Weg in das Etablissement in der Little College Street, um nicht zu verhungern. Sind Adrians Träume von der großen Liebe und einem Zuhause nur Luftblasen? Wunschträume, auf deren Erfüllung einer wie er sowieso nicht hoffen darf?
Autorenporträt
Floortje Zwigtman, geb. 1974, ist eines der großen jungen Talente der niederländischen Jugendliteratur. Floortje Zwigtman arbeitete einige Jahre als Lehrerin und ist heute als freie Schriftstellerin und Lektorin tätig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.06.2009

Leben mit Oscar Wilde
Floortje Zwigtmans Roman „Ich, Adrian Mayfield”
Ich hatte ein Problem, das mich mein Leben lang am Boden halten würde. Ich liebte Männer.” Im London des Jahres 1894 hat der 16-jährige Adrian Mayfield sein „coming out”. Homosexuelles Leben im Viktorianischen Zeitalter bedeutete einen ständigen Balance-Akt am Rande des Absturzes. Selbst Prominente, wie etwa der Zeitgenosse Oscar Wilde, der eine wichtige Rolle in dem Roman Ich, Adrian Mayfield spielt, waren durch rigorose Gesetze bedroht.
Ehe Adrian als Lehrjunge aus dem Geschäft eines griechischen Modeschneiders fliegt, hat er schon eine gescheiterte Kneipenkarriere in Soho hinter sich. Er konnte die Gastwirtschaft der Familie, die der Vater, verhinderter Schauspieler und schwerster Alkoholiker, durch seine Trunksucht ruinierte, nicht retten. Als seine Situation immer aussichtsloser wird, – die Stelle bei einem seriösen Bestattungsunternehmer, die ihm die Mutter besorgt hat, tritt er nicht an, – erinnert er sich an die Offerte des Kunstmalers Augustus Trops. Er lässt sich von ihm aushalten und gerät in den Künstlerkreis, „den purpurnenen Hofstaat” um Oscar Wilde.
Die niederländische Autorin Floortje Zwigtman, 1974 geboren, meistert souverän in ihrem großen Roman „Ich, Adrian Mayfield” die im Jugendbuch immer noch heikle Problematik. Stilsicher, bildgewaltig, szenenmächtig und kongenial übersetzt von Rolf Erdorf, eröffnet sie ein facettenreiches Zeitpanorama, bei dem sie die Biographien historischer Persönlichkeiten wie Oscar Wilde und seiner Freunde mit den Geschichten fiktiver Personen wie Adrian und seinem Malerfreund Trops verbindet. Daraus entsteht ein gelungenes Gemisch von Adoleszenz-, Gesellschafts- und Epochen-Roman, das ein eindruckvolles Bild der Londoner Gesellschaft entwirft.
Unser Held lernt die wichtigsten Künstler der damaligen Zeit kennen, ist besonders von Wilde eingenommen und seinem „Bildnis des Dorian Gray”. Texte von Edgar Allan Poe, Nonsense-Verse von Edward Lear und die Begegnung mit zeitgenössischen Malern lassen ihn seine proletarische Herkunft vergessen, besonders als er sich in einen jungen Adeligen verliebt. Die Autorin nimmt sich viel Zeit, ihre höchst unterschiedlichen Charaktere sensibel zu entwickeln, ihre Lebensbahn über ein bis zwei Jahre zu begleiten und zu verfolgen. Ob in den schäbigen Behausungen des Lumpenproletariats oder in den Künstlerkneipen und gepflegten Haushalten des Adels, sie schafft es, durch Detailgenauigkeit, brillante Personenzeichnung und atmosphärisch dichtes Ambiente den Lesenden anzuziehen, eine Kunst, die sie schon in ihrem vielbeachteten historischen Roman „Wolfsrudel” (Gerstenberg ) bewies.
In Belgien und den Niederlanden wurde „Ich, Adrian Mayfield” mit der „Goldenen Eule” und dem „Goldenen Kuss” geehrt und die Autorin als „weiblicher Dickens” bezeichnet, in den Fortsetzungen, die bald folgen, kann sie das Lob bestätigen. (Für junge Erwachsene und Oscar-Wilde-Liebhaber) HORST KÜNNEMANN
FLOORTJE ZWIGTMAN: Ich, Adrian Mayfield. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Gerstenberg 2008. 508 Seiten, 16,90 Euro. (Auf der Auswahlliste zum Jugendliteraturpreis)
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.07.2009

Die Halbwelt betrügen

In ihrem Jugendroman "Ich, Adrian Mayfield" verknüpft Floortje Zwigtman Charles Dickens mit Oscar Wilde - als fiktive Memoiren eines viktorianischen Callboys.

Durch ein London wie aus einem Roman von Charles Dickens hangelt sich der sechzehnjährige Adrian Mayfield. Der Junge stammt aus dem armen Osten der Stadt und ist mit einem Säufer zum Vater schon früh auf seine eigenen Beine gestellt. Zu Beginn des Romans, der im Viktorianischen Zeitalter spielt, knechtet Adrian als Lehrjunge eines Herrenausstatters mit Mundgeruch. Ein scheinbar besonders anspruchsvoller Kunde mit einem Faible für Lindgrün fasst Adrian bei einer schier endlosen Anprobe beherzt in den Schritt - als Entschuldigung steckt er dem Jungen ein besonders großzügiges Trinkgeld zu und seine Visitenkarte. Schwer vorstellbar, dass diese kurze Begegnung mit dem geschwätzigen Koloss Trops eine schicksalhafte werden soll. Als der Ladenbesitzer Adrian feuert, schlüpft dieser bei dem ehemaligen Kunden mit den flinken Fingern unter: Zuerst sitzt Adrian dem Kunstmaler Modell, dann lockt ihn Letzterer in sein Bett - nicht zu Adrians Missfallen.

Nicht nur in die Homosexualität führt er Adrian ein, sondern auch in Malerei und Literatur. Vor allem aber bringt er den Jungen in die Kreise von Künstlern und Intellektuellen um Oscar Wilde, in das mondäne "Café Royal". Neben dem Sumpf der Gosse strahlt diese Welt, in der sich die Reichen und Schönen bewegen, noch heller. Adrian erweist sich als charmanter Straßenkater mit Haltung und Geschmack, Trops stattet ihn mit dem modischen und methodischen Rüstzeug aus: "Die Kunst liegt darin, den Eindruck zu erwecken. Stil, Adrian, darum geht es. Und wenn selbst deine Sockenhalter geliehen sind: Solange du eine gute Figur dazu machst und dich benimmst, als wärst du ein guter Trinkkumpan des Prince of Wales, findest du überall Einlass. Wie ging das alte Sprichwort noch mal? Mundus vult decipi, ergo decipiatur. - Die Welt will betrogen werden, also betrüge sie."

Die Schattenseiten des Ästhetizismus enthält Zwigtman ihren Lesern und Adrian nicht vor: zuerst das Schöne und die Lust, dann die Moral. So könnte das Credo seines neuen Freundeskreises lauten, der im Sommer standesgemäß Urlaub macht und London verlässt. Allein und ohne Geld heuert Adrian in der Little College Street 13 an - als eine Art männliche Prostituierte.

Die junge niederländische Autorin Floortje Zwigtman verschiebt mit Eigensinn und Temperament das gängige Panorama von Motiven und Sujets des Jugendromans. Mit Sinn fürs Detail und nicht ohne Humor beschreibt sie auch zum Beispiel die Sexszenen, in denen sich Adrian verdingt.

Doch homosexuelle Prostitution wurde zu der Zeit, in welcher dieses Buch spielt, hart verfolgt. Auch Oscar Wilde wurde bekanntlich auf Initiative von Lord Queensbury wegen "Unzucht" zu zwei Jahren Gefängnis mit schwerer körperlicher Arbeit verurteilt. An den Folgen der Strafe starb der Schriftsteller verarmt und einsam in Paris. Zwigtman webt diese historischen Fakten in ihren Roman ein: Queensbury bietet Adrian erfolglos Geld, um bei einer Intrige mitzuspinnen.

Mit dem Wissen um das Leben von Oscar Wilde gewinnt der Bildungsroman einen zusätzlichen Reiz; gleichwohl funktioniert und fesselt er auch ohne diese Kenntnis, denn Zwigtman paart unerwartete Wendungen mit Plausibilität. Ein eigenwilliger Jugendroman - und durchaus angreifbar. Schon Zwigtmans "Wolfsrudel" erregte Kontroversen wegen seiner Gewalt. Über diesen Vorwurf zumindest bleibt ihr jüngstes Werk erhaben, strittig hingegen: Fällt der Entwicklungsroman im Körperlichen zu explizit aus? Gehören Prostitution im Allgemeinen und homosexuelle im Besonderen in ein Jugendbuch?

In der Vorrede von "Das Bildnis des Dorian Gray" schreibt Oscar Wilde: "So etwas wie moralische oder unmoralische Bücher gibt es nicht. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben. Weiter nichts." Zwigtmans historischer Bildungsroman gehört zweifellos zur ersten Gattung. Die Odyssee des Jungen, deren zweiter Teil jetzt ebenfalls auf Deutsch erschienen ist, liest sich authentisch und poetisch, bodenständig und dekadent zugleich. Und wenn einen 16 Jahre alten Jungen im Viktorianischen Zeitalter weder seine homoerotische Erweckung schockiert noch sein vorübergehendes Dasein als Stricher oder die Abkehr davon, wird es im Zeitalter von Internet und Fotohandys jugendlichen Lesern nicht anders ergehen.

CHRISTINA HOFFMANN

Floortje Zwigtman: "Ich, Adrian Mayfield". Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2008. 508 S., geb., 16,90 [Euro]. Ab 15 J.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Freundlich bis neutral äußert sich Andrea Lüthi zu Floortje Zwigtmans neuem Roman. Sie schätzt die Geschichte des 17-Jährigen Jungen zwar als Bildungsroman, hält sich mit sonstigen Kommentaren aber zurück. In dem Buch geht es ihren Informationen zufolge um die Selbstfindung des 17-jährigen Adrian im viktorianischen England, der sich wegen seiner Homosexualität am Rande der Gesellschaft durchkämpfen muss. Er gerät an Oskar Wilde, fühlt sich zum Künstlermilieu hingezogen und erkennt schließlich, was ihm wichtig ist, schreibt Lüthi. Darum geht es ihrer Meinung nach in dem Buch: "sich selbst in Literatur und Kunst zu entdecken". An der historischen Stimmung erfreut sich die Rezensentin, die Sprache der Figuren findet sie "angemessen".

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