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Ein sprachmächtiger Roman, der uns einen Menschen näherbringt, und zugleich ein Jahrhundert in seinen Wirrungen, Irrtümern und großen Sehnsüchten.Ein Tag im Leben, der länger dauert, als die Monate und Jahre, die ihm folgen. Ein Augenblick von Ewigkeit, an dem das Leben stillzustehen scheint. Etwas Großes, das sich der Erinnerung verschließt - war's ein Wintertag? Oder war's im Mai?Es war Krieg.Der Held des Romans tastet sich an seine Erinnerungen heran, indem er sie wie besessen auf Band spricht. Erst als er im Sterben liegt, dämmert ihm, was an jenem Tag wirklich geschah. Wie einen Traum…mehr

Produktbeschreibung
Ein sprachmächtiger Roman, der uns einen Menschen näherbringt, und zugleich ein Jahrhundert in seinen Wirrungen, Irrtümern und großen Sehnsüchten.Ein Tag im Leben, der länger dauert, als die Monate und Jahre, die ihm folgen. Ein Augenblick von Ewigkeit, an dem das Leben stillzustehen scheint. Etwas Großes, das sich der Erinnerung verschließt - war's ein Wintertag? Oder war's im Mai?Es war Krieg.Der Held des Romans tastet sich an seine Erinnerungen heran, indem er sie wie besessen auf Band spricht. Erst als er im Sterben liegt, dämmert ihm, was an jenem Tag wirklich geschah. Wie einen Traum bewahren, wie überhaupt fortbestehen in einer Trümmerwelt, in der die Abwesenden anwesender sind als die Greifbaren und in der die Lüge mehr Ordnung schafft als die Wahrheit? Und: Ist es wirklich seine Geschichte - oder die des Erzählers, der mit den ererbten Kassetten wenig anzufangen weiß und nichts vom Krieg wissen will, sondern vom Leben und Lieben?In eigenwilligen Bildern erzählt Anna Baar- vor der Kulisse einer versunkenen Welt - vom Irren zwischen der Sorge um sich selbst und der Rücksicht auf andere, von Mutproben, Heldentum und menschlichem Versagen, von Gehorsam und Widerstehen. Es ist die Geschichte einer verpassten Liebe - voller erfundener Wahrheiten, menschlicher Abgründe und eigenwilliger Bilder. Ein großer Gesang auf das Leben.
Autorenporträt
Anna Baar wurde in Zagreb / Jugoslawien geboren und lebt in Klagenfurt und Wien. Ihre Romane, Kurzgeschichten, Erzählungen und Essays wurden vielfach ausgezeichnet. Unter anderem erhielt sie 2022 den Großen Österreichischen Staatspreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.07.2017

Wahrheit ist eine Zumutung
Anna Baars Roman "Als ob sie träumend gingen"

"Sie müssen sich erinnern!" Immer wieder versucht ein Arzt seinen Patienten auf dessen eigene Lebensgeschichte zu bringen, hat aber keinen Erfolg. Der Mann namens Klee liegt in einer Heilanstalt, die er nie mehr verlassen wird. Klee starrt an die Decke und nimmt die äußeren Hantierungen der Krankenschwestern kaum noch wahr. Zu tief ist er in sich und seinen Erinnerungen versunken. Neben ihm ruht eine Schachtel mit acht Tonkassetten, die wichtige Spuren seines Lebens enthalten. Mit den Worten: "Schreib du meine Geschichte!" gelangt dieses Vermächtnis an den Erzähler, der sich am Anfang und Ende von Anna Baars Roman "Als ob sie träumend gingen" zu Wort meldet.

So klar und einfach diese Rahmenhandlung auch ist, so verschlungen gestaltet sich die darin eingeschlossene Geschichte. "Tatsachen" erteilt die Erzählstimme eine Absage, denn Klees Erinnerungen seien durchmischt mit Einbildungen, Träumen und Erfindungen. Doch das erzählende Ich führt hier nicht allein Regie, sondern auch Klee selbst, von dem es heißt, sein Hirn ersetze "die ausgelöschten Erinnerungen durch Erfindungen". Auch wenn solche poetologischen Bemerkungen mit Vorsicht zu genießen sind, geben sie dem Leser dieses Textes besondere Rätsel auf. Nie kann man sicher sein, "ob Klee die Wirklichkeit nacherzählte oder im Erzählen die Wirklichkeit erst erfand". Der Effekt dieses Verfahrens ist Neugierde, die durch sorgfältige Chiffrierung befeuert wird. Ständig fragt man sich, wo der Bauernsohn Klee aufwuchs, durch welche Kriegshandlungen er traumatisiert wurde, wie er in eine Nervenheilanstalt als letzte Lebensstation geriet. Anna Baar beherrscht virtuos alle Techniken der Wirklichkeitsverschleierung ohne einen dabei völlig ins Leere laufen zu lassen.

Wie schon ihr Debüt "Die Farbe des Granatapfels", mit dem die Autorin 2015 beim Bachmannpreis antrat, führt auch der zweite Roman an die kroatischen und montenegrinischen Küsten. Die in Zagreb geborene, in Wien und Klagenfurt aufgewachsene Autorin verbrachte längere Zeit auf der Insel Brac. Die Heilanstalt Daleko, in der Klee liegt, befindet sich irgendwo in dieser trockenen Region am Rande des "Karsts". Der an sieben Stellen erwähnte Ortsname ist aber erfunden, er dient als Resonanzraum für Erinnerungen, denn noch manches Rufen und Schluchzen sei, so heißt es, wohl noch dort oder bis im montenegrinische Kotor zu hören. Wenn einmal "Daleko ist weit" im Text steht, handelt es sich nur vordergründig um eine Ortsangabe, denn "daleko" bedeutet in slawischen Sprachen "weit", im Kroatischen auch "weit von der Kindheit entfernt".

Genau um diese Entfernung von der Kindheit geht es in den ungeordneten assoziativen Erinnerungen Klees, die angesichts aktueller Ereignisse hervorbrechen: "Ein neuer Krieg begann", heißt es gegen Ende, und "sein Krieg ist fünfzig Jahre her". Ganz diskret ist damit der Zeitraum zwischen dem Kroatien-Krieg von 1991 bis 1995 und dem Überfall der Mussolini-Truppen auf Teile Dalmatiens 1941, die anschließende Volksbefreiung, die erneute Besetzung durch die faschistische Ustasa 1943 und die deutschen Truppen 1944 angedeutet. Klee, inzwischen Mitte siebzig, hat wie seine drei Brüder und alle anderen Dorfbewohner viel Schreckliches erlebt. Immer wieder tauchen in seinen Erinnerungen schwarz gekleidete Männer auf, die Bücher verbrennen, vergewaltigen und töten. Der "Totenkopf auf Helm und Mantelkragen" weist sie unverkennbar als Angehörige der SS aus.

Kriegstraumata sind das eine in diesem sprachmächtigen Roman, die Liebe das andere. Vom ersten Kapitel an steht eine Frau namens Lily im Zentrum. Sie wird dem Dorfarzt von einer "Leihmutter" geboren, bei einer Mutprobe am Meer bleibend versehrt, von den Besatzern gedemütigt und von der Hebamme um ein ungewolltes Kind erleichtert. Sie, die er nie gewinnen konnte, war Klees eigentliche Geliebte, sie, und nicht seine Frau Ida imaginiert er in der Heilanstalt an seinem Bett. Die Phantasie von einer Schneeballschlacht mit Lily, die sich in dieser immer warmen Region den vorgelesenen Büchern über den Norden verdankt, durchzieht Klees Erinnerungen ähnlich konstant wie die Trauer seines Bruders Malik um ein totes Maultier.

Anna Baar ist ein großer Roman über das Erinnern gelungen. Die Beobachtung, dass manchmal die Rückbesinnung auf einen einzigen letztlich unbedeutenden Tag das ganze Leben verdichten kann, belegt dieses Buch ähnlich schlüssig wie die These von der Wahrheit als Zumutung. Nicht aus dem bloßen Augenschein ist sie nämlich zu gewinnen, sondern nur aus der allmählichen Vergegenwärtigung, die sich aus einer langsamen sprachlichen und literarischen Verfertigung ergibt. Nur "manchmal, blitzschnell" vermag Klee "das schon Gelöschte wiederherzustellen". Dann sind wir gefordert, in wiederholender, ordnender Lektüre die Ausgangsfrage des Arztes zu beantworten, für die er sich selbst keine Zeit nimmt: "Wie hat das angefangen?"

ALEXANDER KOSENINA

Anna Baar: "Als ob sie träumend gingen".

Roman.

Wallstein Verlag, Göttingen 2017. 208 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»selten ist Gegenwartsliteratur so einnehmend erzählt.« (ORF, ZIB, 01.08.2017) »Anna Baar ist ein großer Roman über das Erinnern gelungen« (Alexander Kosenina, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.07.2017) »Anna Baar komponiert ihre Geschichten wie Musikstücke und schafft damit einen ganz unverwechelbaren Erzählton« (3sat kulturzeit, 25.08.2017) »Große Erzählkunst in magisch schöner Sprache.« (Heinz Sichrovsky, ErLesen, 13.09.2017) »schön (und gar nicht schwierig)« (Peter Pisa, Kurier, 12.08.2017) »Da will jemand von der Sprache alles wissen - und das ist beeindruckend gut so!« (Walter Pobaschnig, literaturoutdoors.wordpress.com, August 2017) »Eine große Leseempfehlung also an alle, die die Kraft der Sprache zu schätzen wissen... Ein Leuchten!« (Marina Büttner, literaturleuchtet.wordpress.com, 29.08.2017) »Als magisch-mystischen Grenzgang zwischen den Welten zeichnet Baar die Geschichte ihres Protagonisten« (Karin Waldner-Petutschnig, Kleine Zeitung, 02.09.2017) (Anna Baar) »schafft Bilder, die sich einprägen, und sie überzeugt durch Lebensernst und Klugheit, Geschichtsbewusstsein und psychologisches Feingefühl« (Carsten Hueck, Deutschlandfunk Kultur, 22.09.2017) »'Als ob sie träumend gingen' ist pure Erzählkunst, eine Kunst, die Staunen macht.« (Lothar Struck, www.glanzundelend.de, 16.10.2017) »Formal und sprachlich schlägt sie das meiste, was sonst unter der Rubrik Gegenwartsliteratur angeboten wird.« (Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten, 30.09.2017) »große Literatur« (Heiko Buhr, Lebensart im Norden, 10/2017) »Ein Buch, das man wieder und wieder lesen möchte.« (Erna R. Fanger, www.schreibfertig.com, November 2017) »(Anna Baar gehört) zu den kühnsten Stimmen der neuen österreichischen Literatur« (Julia Kospach, Welt der Frau, 11/2017) »schafft die geniale Verbindung zwischen Musik, Malerei (Paul Klee) und dem Erzählen eines Menschenlebens, eingebunden in historische Bezüge« (Cornelia Stahl, etcetera, Nr. 70 2017) »Sprachmächtig wie der Vorgängerroman "Die Farbe des Granatapfels"« (Cornelia Stahl, bn bibliotheksnachrichten, 2017/4) »Magisch ist dieser Roman, der so klar und unerbittlich die Bilanz eines Lebens zieht.« (kommbuch.com, Januar 2018) »Der Titel klingt so schön, wie der gesamte Roman geschrieben ist.« (Marlene Haider, WeiberDiwan, Winter 2017/18) »Ein so anrührendes wie fesselndes Werk, in dem man sich verlieren kann und das man nicht mehr aus der Hand legen möchte.« (Michaela Reichart, Steirerkrone, 26.02.2018) »In intensiven Bildern schreibt sie von Liebe, Gewalt, Freiheit, Mordlust und Besatzung.« (Sarah Rubal, literarischehebamme.ch, 07.03.2018) »Ein poetisch dichter, phantasievoller, anspruchsvoller Roman über das Leben in Kriegsjahren.« (Bettina Wolf, Der evangelische Buchberater, 03/2018) »Ungemein poetisch und real« (Christian Lehner, meinbezirk.at, 19.3.2020)…mehr