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Zum 300. Jubiläum der Personalunion: Die Memoiren der Kurfürstin Sophie von Hannover.Sophie von Hannover (1630-1714) war durch ihre Heirat Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg und Kurfürstin von Braunschweig-Lüneburg. Durch den »Act of Settlement« wurde sie 1701 designierte Thronfolgerin der britischen Monarchie. Bereits 1680 schrieb Sophie ihre Memoiren: Urteilsfreudig und mit feinem Humor erzählt diese bemerkenswerte Persönlichkeit vom Leben einer jungen Aristokratin im Spannungsfeld europäischer Dynastien. Sie wählt das höfische Französisch, um mit prägnantem Blick von Menschen und…mehr

Produktbeschreibung
Zum 300. Jubiläum der Personalunion: Die Memoiren der Kurfürstin Sophie von Hannover.Sophie von Hannover (1630-1714) war durch ihre Heirat Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg und Kurfürstin von Braunschweig-Lüneburg. Durch den »Act of Settlement« wurde sie 1701 designierte Thronfolgerin der britischen Monarchie. Bereits 1680 schrieb Sophie ihre Memoiren: Urteilsfreudig und mit feinem Humor erzählt diese bemerkenswerte Persönlichkeit vom Leben einer jungen Aristokratin im Spannungsfeld europäischer Dynastien. Sie wählt das höfische Französisch, um mit prägnantem Blick von Menschen und Ereignissen in einer Melange aus Raffinesse und Natürlichkeit unter dem Einfluss der Frühaufklärung zu erzählen. Ihre Schilderungen sind inspiriert vom freiheitlichen Schwung des Autonomiestrebens der Frühaufklärung.Nach der ersten Übersetzung von 1913 erscheint eine Neuübersetzung der Memoiren nun zu ihrem 300. Todestag am 8. Juni 2014 mit einem ausführlichen Kommentar und einer Einführung.
Autorenporträt
Leider ist derzeit keine AutorInnenbiographie vorhanden.

Martina Trauschke, geb. 1958, Theologin, ist die Gründerin der Leibniz-Festtage Hannover und Leiterin der Evangelischen Stadtakademie an der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Das 17. Jahrhundert hat wenig deutsche Memoiren hinterlassen, dabei verbinden sich doch gerade im Barock, wie Hans Pleschinski bemerkt, Zeremoniell und ungebändigte Leidenschaft "aufs Hinreißendste". Umso begeisterter nimmt er die Erinnerungen der Kurfürstin Sophie von Hannover auf, die nun nach langer Unterbrechung wieder vorliegen. Ulrich Klappstein hat sie aus dem Französischen übersetzt. Regierungsgeschäfte kommen nicht vor, stellt Pleschinski klar, es geht um Bootspartien, das Reisen in der Sänfte und ähnliche Verlustierungen. Die Titelparaden empfiehlt Pleschinski einfach an sich vorüber ziehen zu lassen und statt dessen die geistreichen Bemerkungen, Sottisen und kleinen Lästereien zu genießen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.08.2014

„Das Ende krönt das Werk“
Ausgefeiltes Zeremoniell und ungebändigte Leidenschaften: Die köstlichen Memoiren der
Kurfürstin Sophie von Hannover sind nun auch auf Deutsch wieder zu lesen. Von Hans Pleschinski
Ich wies nichts von allem zurück, was meine Neugierde befriedigen konnte.“ Dies ist ein idealer Vorsatz, um ein erlebnisreiches Leben zu führen. Und auch der Nachwelt davon zu berichten, wenn sich die Gelegenheit dazu findet. Das war im Jahre 1680 der Fall, als Kurfürstin Sophie von Hannover Todesfälle in ihrer engsten Verwandtschaft betrauerte und ihren eigenen Werdegang resümierte. Die Dame verfasste ihre Memoiren, ihr Freund Gottfried Wilhelm Leibniz schrieb sie ins Reine, dann verschwanden die Erinnerungen in Archiven. Ein Jahrhundert nach der letzten deutschsprachigen Präsentation ist dieser Nachlass nun, aus dem Französischen übersetzt, neu zu entdecken und zu genießen. Köstliche Beobachtungen aus dem menschlichen Lebenstheater teilt die Verfasserin auf jeder Seite mit: „Der gute Mann wollte immer etwas Außergewöhnliches sagen, um an der Konversation teilzuhaben, und so äußerte er eines Tages einmal, wenn er nur wolle, könne er sogar an nichts denken. Er schloß die Augen und sagte: Jetzt denke ich an nichts.“
  Sophie von Hannover war ein hochwohlgeborenes Flüchtlingskind. Als Tochter des vertriebenen Kurfürsten von der Pfalz und Königs von Böhmen Friedrich V. und der Tochter des englischen Königs Jakob I. kam sie 1630 in Den Haag zur Welt. Die vielköpfige Kinderschar wurde standesgemäß erzogen, um ohne Fehl in die europäischen Dynastien einheiraten zu können. Doch die hübsche muntere Sophie schien früh aus dem Rahmen zu fallen: „Man glaubte, ich würde sehr gelehrt werden, weil ich eine schnelle Auffassungsgabe hatte; aber ich wollte einfach nichts mehr lernen müssen; damit ich das, von dem man wollte, daß ich es wissen sollte, eben nicht mehr mühevoll zu lernen hätte.“ Während Deutschland von Glaubenskämpfen und dem Dreißigjährigen Krieg ausgezehrt wurde, hielt die turbulente Prinzessin, wie ein früher Geist der Aufklärung, über sich selbst fest: „Meine Heiterkeit wurde nur manchmal durch größere Anfälle von Frömmigkeit gestört.“
  Das deutsche 17. Jahrhundert hat wenige Lebensberichte hinterlassen. Krieg, Zerstörung und Tod banden die Kräfte, Muße zu kultureller Verfeinerung war selten. Vor allem in Frankreich blühte seit Montaigne die Memoirenliteratur, die nicht nur Zeitläufte festhielt, sondern die Analyse von Charakteren, menschlicher Leidenschaften ins Zentrum von Wissbegier rückte. Die Gestalten in den Erinnerungen des Kardinals de Retz, des Herzogs von Saint-Simon leben für die Franzosen weiter. Deutsche jener Epoche scheinen, mangels Bericht, wie für immer verschollen zu sein.
  Umso kostbarer ist der Lebensrückblick der hohen Dame von Hannover, die kleine und große Ereignisse, eine Bootsfahrt auf dem Rhein, einen Reichstag festhält und mit flinker Feder Zeitgenossen skizziert, zum Beispiel einen ihrer Heiratskandidaten: „Prinz Adolf, der Bruder des schwedischen Königs hatte eine angenehme Gestalt, aber ein überaus unvorteilhaftes Gesicht und ein Kinn, das wie ein Schuhlöffel aussah.“ Adolf wurde nicht ihr Gemahl.
  Um Querelen im Elternhaus zu entgehen, verbrachte die junge Sophie viele Jahre bei ihrem kurfürstlichen Bruder in Heidelberg, wo allerdings auch eine hysterische Kurfürstin und eine Mätresse sich Juwelen an den Kopf warfen. Ausgefeiltes Zeremoniell und ungebändigte Leidenschaften verbinden sich im Barock aufs Hinreißendste. Mit einem Herzog von Hannover wird Sophie verlobt; dieser Herzog verliebt sich auf der Weiterreise in Venedig in eine Griechin, und er bittet Sophie, doch seinen Bruder zu ehelichen. Sie willigt gerne ein, denn Ernst August ist ihr ohnehin lieber: „Ich war sehr froh, ihn liebenswert zu finden, weil ich entschlossen war, ihn zu lieben.“ Und in Hannover dann, noch eine trübe Residenz, bevor Sophie dort den Park von Herrenhausen ersinnt, finden rührende Eherituale statt: „Seine Besorgtheit um mich bereitete mir Vergnügen, und ich war es höchst zufrieden, wenn er nach dem Essen schlief, mich auf einem Stuhl ihm gegenüber Platz nehmen ließ und seine beiden Beine links und rechts neben mir aufstellte, damit ich ihm nicht entschlüpfen konnte; das dauerte manchmal stundenlang und hätte eine Frau, die ihn weniger liebte als ich, bestimmt gelangweilt.“
  Von Regierungsgeschäften lesen wir in den fürstlichen Erinnerungen nichts. Die Kleinarbeit der Staatswesen wurde offenbar in Kanzleien abgewickelt. Leicht heikel für den heutigen Leser sind die dynastischen Verquickungen, auf die Sophie rekurriert. Vier „Herzöge von Hannover“ können heute verwirren, aber man kann die barocken Titelparaden auch gelassen an sich vorbeiziehen lassen, denn alsbald belebt sich der offenherzige Bericht wieder durch eine deftige oder geistreiche Beobachtung der Autorin: „Das erste, was er die Achseln zuckend zu mir sagte, war: ,Ich bin froh, daß ich es nicht bin, der gestorben ist.‘ Mein Gemahl zeigte sich jedoch sehr betrübt über den Tod seines Bruders.“
  Durch ihren Mann wurde Sophie Gattin des Fürstbischofs von Osnabrück – dort wechselten turnusmäßig katholische und evangelische Oberhirten –, sodann, 1692, Kurfürstin von Hannover. Zu dieser Zeit galt sie längst als eine der gebildetsten Frauen ihres Zeitalters, die ihr grünes Traumreich Herrenhausen, dessen Alleen, Heckenrondelle und Blumenrabatten, auch zu einem Salon für den Austausch mit Gelehrten ihrer Epoche, allen voran Leibniz, machte. Durch ihren regen Briefwechsel stand Sophie mit den Machtzentren Europas in Verbindung, war über jeden Klatsch informiert, der ihr aus Paris durch die Nichte Liselotte von der Pfalz in unsterblicher Frische zugeliefert wurde.
  Von gleichrangiger Lebendigkeit sind in den Memoiren Sophies insbesondere ihre Reiseerinnerungen. Über die Qual auch fürstlicher Alpenüberquerungen erfahren wir: „Bis Bronzino benötigte ich neun Tage, weil die Wagen mehrere Male umgeworfen wurden. Die Keppel ging fast den ganzen Weg zu Fuß, und die La Motthe reiste lieber zu Pferde. Ich dagegen ging kein Risiko ein und bediente mich einer Sänfte.“ Ihr lebensbejahender Geist leuchtet auf: „Mir war stets beigebracht worden, Koketterie habe als Vergehen zu gelten; in Italien erfuhr ich das genaue Gegenteil.“ Und welches Selbstbewusstsein bestimmt eine Frau, die zwar an Gott glaubt, aber nicht ans konfessionelle Zaumzeug: „Es hieß, der Papst habe auch mich inkognito sprechen wollen, aber ich vermied es, ihm irgendeine Gelegenheit hierfür zu bieten.“
  Aus klassischem Französisch hat Ulrich Klappstein das Lebensbild getreu zugänglich gemacht, und ein farbenfroher Teil deutscher Vergangenheit ist wieder lebendig.
Memoiren der Kurfürstin Sophie von Hannover. Ein höfisches Lebensbild aus dem 17. Jahrhundert. Hrsg. Martina Trauschke. Aus dem Französischen von Ulrich Klappstein. Wallstein Verlag, Göttingen 2014. 204 Seiten, 19,90 Euro. E-Book 15,99 Euro.
„Prinz Adolf hatte eine
angenehme Gestalt, aber ein Kinn,
das wie ein Schuhlöffel aussah.“
Leicht heikel die dynastischen
Verquickungen. Vier „Herzöge von
Hannover“, das verwirrt
Eine Frau, die zwar an Gott
glaubt, aber nicht ans
konfessionelle Zaumzeug
Eine der gebildetsten Frauen ihres Zeitalters, mit einem Salon für den Austausch mit Gelehrten
ihrer Epoche, allen voran Leibniz. Hier sieht man die Kurfürstin als Indianerin, gemalt – nach 1644 – von ihrer Schwester,
Louise Hollandine von der Pfalz. Museum Wasserburg Anholt, Isselburg.
Foto: INTERFOTO/ IFPAD
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»ein farbenfroher Teil deutscher Vergangenheit ist wieder lebendig.« (Hans Pleschinski, Süddeutsche Zeitung, 04.08.2014)