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Über die dynamische Beziehung von Inhalt, Form und Vermittlung von gedruckten Büchern.Roland Reuß untersucht am Beispiel von Innenlayout, Typographie und Materialentscheidungen (Papier, Bindung) wie sich in den vergangenen 200 Jahren die Beziehung von Büchern zu ihrem Inhalt realisiert und auch verändert hat. Im Mittelpunkt dieses Bandes steht die Frage nach der spezifischen Ergonomie eines Buchdesigns, das für die Vermittlung kultureller Überlieferung von zentraler Bedeutung ist und bleibt und wegen seiner haptisch-sinnlichen Dimension durch digitale Medien nicht ersetzt werden kann.Dieser…mehr

Produktbeschreibung
Über die dynamische Beziehung von Inhalt, Form und Vermittlung von gedruckten Büchern.Roland Reuß untersucht am Beispiel von Innenlayout, Typographie und Materialentscheidungen (Papier, Bindung) wie sich in den vergangenen 200 Jahren die Beziehung von Büchern zu ihrem Inhalt realisiert und auch verändert hat. Im Mittelpunkt dieses Bandes steht die Frage nach der spezifischen Ergonomie eines Buchdesigns, das für die Vermittlung kultureller Überlieferung von zentraler Bedeutung ist und bleibt und wegen seiner haptisch-sinnlichen Dimension durch digitale Medien nicht ersetzt werden kann.Dieser Essay, dessen Titel einen berühmten Aufsatz Paul Valérys zur Bedeutung des Buches zitiert, untersucht die Grade der Aufmerksamkeit, die eine Gesellschaft der Materialisierung von Gehalten in Schrift schenkt.Ein typographisch gutes Buch ermöglicht die maximale Kraft- und Zeitersparnis beim Lesen!
Autorenporträt
Roland Reuß, geb. 1958, arbeitet als Literaturwissenschaftler und Editionsphilologe an der Universität Heidelberg und leitet dort den Masterstudiengang »Editionswissenschaft und Textkritik«. Zusammen mit Peter Staengle ist er Herausgeber der Franz Kafka-Ausgabe. Historisch-Kritische Edition sämtlicher Handschriften, Drucke und Typoskripte im Wallstein Verlag.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rhetorisch eiwandfrei und auch noch zündend findet Helmut Mayer, wie der Heidelberger Literaturwissenschaftler Roland Reuß in seinem Buch für das Buch eintritt. Für das Buch als perfekte Sache im Sinne der Lektüre nämlich. Was genau das bedeutet, lernt Mayer hier, etwa anhand eines Glossars, das ihm "Apostroph" und "Zweispaltigen Satz" erläutert. Ferner erfährt er von Reuß, was an typografisch Raffiniertem alles verlustig geht, wenn die Digitalisierung im Bereich der Bücher so fortschreitet wie bisher. All das macht auch "buchunkundige" Leser schlauer, versichert der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2014

Rabatt wird nicht gegeben
Wenn es um die Zukunft des gedruckten Buches geht, versteht Roland Reuß keinen Spaß - mit guten Gründen

Wer gut gemachte, das heißt gut gesetzte, -gedruckte und -gebundene Bücher zu schätzen weiß, kann an deren digitalen Präsentationsformen keinen Gefallen finden. Zumal der für den Bildschirm eingerichtete oder vielmehr nicht eingerichtete - sondern vom Ausgabegerät und dessen Einstellungen abhängige - Text die Verfallsform guten typographischen Handwerks ist; so wie das auch für unachtsam gemachte Bücher gilt. Der Computer per se ist daran natürlich nicht schuld, sondern die Neigung, sich eine überlegt lesefreundliche Einrichtung zu sparen oder - im Fall der Bildschirmdarstellung - technisch dazu gar nicht in der Lage zu sein.

Das ist eine traurige Sache, die aber richtig ärgerlich dann wird, wenn die digitalen Präsentationsformen als die unumgehbare Zukunft des Buchs ausgemalt werden. Dann entbrennt der Zorn des Heidelberger Literaturwissenschaftlers Roland Reuß. Und bei Reuß werden daraus keine blassen Flämmchen, sondern immer rhetorisch gut unterhaltende Brände. Man kann sich davon in zwei Büchern überzeugen, in denen er sich der Sache des Buchs widmet.

Der Titel des ersten, "Die perfekte Lesemaschine", geht auf einen Essay zurück, in dem Paul Valéry das gut gemachte Buch als die perfekte Passung an die physiologischen Bedingungen seiner Nutzung, also der Lektüre, beschreibt. Damit ist auch die Abzweckung des typographischen Handwerks - Reuß optiert für einen weiten Begriff der Arbeit des Typographen, die bereits mit der Wahl des Papiers beginnt - bestimmt: die im Druck niedergelegten Inhalte möglichst kraftsparend rezipierbar zu machen. Und Reuß führt in seinem Bändchen ganz konkret vor Augen, was das im Detail, auf das es nun einmal dabei ankommt, heißt. Nämlich in Form eines ausführlichen Glossars von "Apostroph" bis "Zweispaltiger Satz".

Vieles lässt sich aus ihm lernen, selbst für buchkundige Leser, und insbesondere auch darüber, wie viele der typographischen Feinjustierungen mit dem Übergang ins digitale Regime an breiter Front verlorengehen. Da fliegen dann die Zornesfunken. Und obzwar Reuß gar keinen rhetorischen Beistand braucht, stößt man doch einmal auf ein Zitat, das typographische Verhunzung in eindrucksvollem Stakkato anprangert: "Stereotype Ungestaltheit, eingeschrumpfte Genauigkeit, verhungerte Akkuratesse, minutiöse Menschenfeindlichkeit."

Die Pointe ist, dass sich das gar nicht auf gegenwärtige Verhältnisse bezieht, sondern Mitte des neunzehnten Jahrhunderts formuliert wurde. Von John Ruskin, der damals seine wilden Jahre noch vor sich hatte, aber bereits sehr genau wahrnahm, was der noch relativ junge kapitalistische Geist für die Standards gediegenen Handwerks bedeutete. Und weil Ruskin bald überall vor allem die Zerstörungen sah, die der ungebremste Wirtschaftsgeist und die Bequemlichkeit seiner Zeitgenossen anrichteten, wurde bei ihm daraus eine furios und ohne Reserve vorgetragene Kritik des Zeitalters und seiner ökonomischen Antriebe.

Mit seinen "Letters to the Workmen and Labourers of Great Britain", 1871 begonnen und mit einer Unterbrechung bis 1884 fortgeführt, fand Ruskin neben Büchern und Vorträgen und seinem Wirken als erster Oxforder Professor für bildende Künste für diese Kritik auch eine eigene Publikationsform. "Fors Clavigera" war der hermetische Haupttitel dieser Monatszeitschrift in Briefform, die er ganz allein verfasste. Mit ihr beschäftigt sich Roland Reuß in seinem anderen Buch, das ein wenig Ruskin-Interpretation treibt, dabei auch Gelegenheit zu Abschweifungen ergreift - zu Shakespeare und Ezra Pound - und vor allem immer wieder in die Gegenwart springt.

Das Prinzip von "Fors" war: einer gegen alles. Mit einer Unbedingtheit, die auch damit zu tun hatte, dass Ruskins Leiden an seiner Zeit sich eng mit seiner eigenen privaten Liebesleidensgeschichte verknüpfte - bis zum ersten Zusammenbruch von 1878. Es sind die Notizen bei Annäherung an dieses erste Abgleiten in den Wahn, bei denen Reuß einsetzt. Was ihn aber vor allem und mit Blick auf unsere Gegenwart interessiert, das ist der Widerständler Ruskin, der in "Fors" nicht nur gegen die Imperative des (Buch-)Markts anschreibt, sondern ihnen tatsächlich auch ein eigenes Geschäftsmodell entgegenstellt: Vertrieben werden die einzelnen Lieferungen nur zu einem kenntlich gemachten festgesetzten Preis, ohne Rabatt für Buchhändler, auch nicht bei Abnahme größerer Stückzahlen, Werbung wird nicht gemacht, Rezensionsexemplare werden nicht abgegeben, anfragende Leser "zu ihrem eigenen Nutzen" harsch belehrt.

Ruskin also spielte nicht mit, hatte damit aber doch beachtlichen Erfolg, über die Jahre hinweg auch im engeren ökonomischen Sinn. Dieser Erfolg interessiert Reuß allerdings weniger als die Verfahren, mit denen Ruskin seine Produktion der üblichen Rabbatierungskonkurrenz auf dem Buchmarkt entzog. Denn der angemessene Preis wird für Ruskin nicht auf dem Markt bestimmt, sondern von der Qualität des Buches selbst, von "paper, binding, eloquence, and all". Ruskin als Anwalt der Buchpreisbindung und damit des kulturellen Sonderstatus des Produkts Buch - das ist der Ansatzpunkt für Reuß, um in die Gegenwart zu wechseln.

Gegen die monopolheischenden Großanbieter, allen voran Amazon, sind die von ihnen bedrängten unabhängigen Buchhandlungen als unverzichtbare kulturelle Instanzen in Schutz zu nehmen, bekommen die Bibliotheken strenge Verweise, weil sie den Sirenenklängen der Digitalisierung folgen, statt sich dem wirklich dauerhaften und nicht von Lizenzen, veraltender Software und funktionierender Computerausrüstung abhängigen Textformat zu verschreiben, nämlich dem Buch.

So grundsätzlich, wie Reuß seine Auseinandersetzung mit den Versprechungen der Online-Welt anlegt, hat er damit auch ganz recht. Bekanntschaft mit einem hinreißenden Autor wie Ruskin kann man darüber obendrein schließen. Wer sie vertiefen möchte, sollte zu Wolfgang Kemps wunderbarem "John Ruskin - Leben und Werk" greifen, das Reuß natürlich anführt. Dass zwar dessen Übersetzung ins Englische lieferbar ist, nicht aber das deutsche Original, ist übrigens kein Ruhmesblatt für deutsche Verlage. Hier aber springt der Antiquar ein - der als unverzichtbare Instanz des Dauerns der Bücher und ihrer unvorhersehbaren Wege auch genannt sein muss.

HELMUT MAYER

Roland Reuß: "Die perfekte Lesemaschine". Zur Ergonomie des Buches.

Wallstein Verlag, Göttingen 2014. 87 S., br., 14,90 [Euro].

Roland Reuß: "Fors". Der Preis des Buches und sein Wert. Stroemfeld Verlag, Frankfurt am Main 2014. 300 S., br., 24,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Überraschende Erkenntnisse, Aha-Erlebnisse, Bestätigung und Richtungsänderungen im Nachdenken über das Buch (...) sind bei der Lektüre reichlich garantiert.« (Jochen Kienbaum, lustauflesen.de, 16.07.2017) »Eine pointierte Reflexion über makro- und mikrotypografische Details und brilliant formuliertes Plädoyer für die Bedeutung des gedruckten Buches beim lernenden Lesen und für mehr Sorgfalt beim Büchermachen!« (Silvia Werfel, bibliophilie.de, August 2019)