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Hans-Jürgen Heise hat sein poetisches Schaffen von Anfang an poetologisch begleitet: zunächst als Kritiker und später, zusätzlich, als Essayist.Sein Engagement für Literatur und Poesie wird wesentlich aus Quellen menschenkundlicher Neugier gespeist. Der Autor deutet Schlüsselfiguren der Moderne aus ihrer Persönlichkeit und ihrem Kulturmilieu vor dem Hintergrund der dramatischen globalen Umbrüche. Die Enträtselung der Welt und des Universums durch die Naturwissenschaften wird ebenso beleuchtet wie - Folge des Erkenntnisvorgangs - der Transzendenzzerfall.'Rangierbahnhof fremden Lebens' bildet…mehr

Produktbeschreibung
Hans-Jürgen Heise hat sein poetisches Schaffen von Anfang an poetologisch begleitet: zunächst als Kritiker und später, zusätzlich, als Essayist.Sein Engagement für Literatur und Poesie wird wesentlich aus Quellen menschenkundlicher Neugier gespeist. Der Autor deutet Schlüsselfiguren der Moderne aus ihrer Persönlichkeit und ihrem Kulturmilieu vor dem Hintergrund der dramatischen globalen Umbrüche. Die Enträtselung der Welt und des Universums durch die Naturwissenschaften wird ebenso beleuchtet wie - Folge des Erkenntnisvorgangs - der Transzendenzzerfall.'Rangierbahnhof fremden Lebens' bildet ein Geflecht aus Biographien und Werken herausragender Künstler. Der metaphysisch entwurzelte Mensch - ob er nun Nietzsche, Rilke, Benn, Rimbaud, de Chirico, Pessoa, Beckett oder Dickinson heißt - ist ein von der Evolution vorangetriebener Nomade, dem es zunehmend an Atemraum und sozialer wie spiritueller Zugehörigkeit fehlt.
Autorenporträt
Hans-Jürgen Heise, 1930 in Bublitz/Pommern geboren, lebt seit 1958 in Kiel. Er ist Lyriker, Prosa-Autor, Essayist, Literaturkritiker, Übersetzer und hat rund 50 Bücher veröffentlicht. 1990 wurde ihm in Würdigung seines literarischen Gesamtschaffens der Professorentitel verliehen. 2002 erhielt er den Kunstpreis des Landes Schleswig-Holstein.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.06.2008

Der Rohstoff der Wörter
Tief sind die Herzen moderner Poeten: Hans-Jürgen Heises Essayband „Rangierbahnhof fremden Lebens”
„33 Schlüsselfiguren der Moderne” – sind das nicht einige zu viel, die hier die Türen öffnen und der Poesie neue Wege weisen? Hans-Jürgen Heise stellt die große Mannschaft, die das leistet, aus Figuren zusammen, die ihn, den Lyriker, Übersetzer, Essayisten, ein Leben lang begleitet und inspiriert haben. Er sammelt Beiträge aus Zeitschriften, Vor- und Nachworte zu Werkausgaben, Zeitungsartikel aus den siebziger Jahren bis in die Gegenwart.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, behandeln diese Aufsätze Lyriker, die in geographische Gruppen eingeteilt sind: deutsche Lyriker von Rilke bis Enzensberger; Dichter aus dem romanischen Sprachraum wie Rimbaud, Valéry, Montale, Machado, Pessoa; angelsächsische Autoren wie Dickinson, Pound, Eliot und schließlich einige Autoren aus den europäischen Randzonen, so den Schweden Tranströmer, und aus der asiatischen Literatur.
In der Tat ließe sich aus dem Werk dieser 33 Autoren eine Geschichte der modernen Lyrik entwickeln. Das aber ist nicht Heises Absicht, der, selbst Dichter, keinesfalls Literaturhistoriker sein will. So ist die Modernität, die von den Figuren aufgeschlossen und erschlossen wird, doch immer dieselbe: Sprachexperiment, Bildersturm, Bildbastelei, Metaphernwerkstatt. Da Heise Fachbegriffe meidet, ist er bei seinen Charakteristiken auf Intuition und Einfühlung angewiesen. „Pessoas Aufsplitterung”, heißt es da, „war das Ergebnis unerträglicher geistiger Qualen. Doch wie sehr dieser Dichter auch darum rang, sich seiner Denkbürde zu entledigen, er blieb in den Labyrinthen seines Naturells gefangen, schon weil er sich selbst jede Ausflucht verbot.”
Heise senkt sich tief in die Poetenherzen hinab; so weiß er, dass Rilke „früh die Gewalt des Eros” erkannte, dass Celan der „entwurzelte Dichter” war, der zwischen sich und die Welt eine „kryptische Sprache” stellte. Bei dem „Relativisten” Enzensberger kann Heise nur vermuten, „was seine tiefsten Empfindungen und profundesten Gedanken” sind, von Emily Dickinson aber weiß er, dass sie mit Hilfe Spottes ihre Einsamkeit und Verzweiflung in einen erträglichen Dauerschmerz verwandelt habe.
Dies alles sind keine Beobachtungen, die die Dichter als Vorläufer und Schlüsselfiguren der Moderne ausweisen könnten, zumal viele unter ihnen den konventionellen Titel eines Sprachmagiers verliehen bekommen, Rilke etwa, Valéry, Saint-John Perse. Die Gedichte oder Dramen dieser Magier analysiert Heise zwar oft treffend, indem er Wort- und Bildwahl beschreibt, doch gelingt ihm auch dies nur in immer gleichen und sehr konventionellen Formulierungen. August Stramm etwa, den er auf jeden Fall vor dem Vergessenwerden retten will, habe die Musikalität entdeckt und den „etymologischen Rohstoff der Wörter”, Rimbaud wisse die moderne „Schicksalsproblematik in die Landschaft der Tropen” zu übersetzen, T. S. Eliot, ein „Gnostiker des Privaten” und der „lyrische Speaker des Zeitgeistes”, habe beschlossen, „aus zusammenhanglosen Fragmenten ein großes Poem zu bosseln, eine Collage”.
Es ist dem Essayisten nicht zu verübeln, wenn er populär und anschaulich sein will. Doch was einmal als Artikel zur schnellen Information in einer Zeitschrift zu lesen war, genügt nicht immer dem nachdenklichen Leser eines Buches. Eine Überarbeitung, Auswahl und Redaktion der gesammelten Ware wäre durchaus nötig gewesen, um Langeweile und Wiederholung zu vermeiden. Ein Autor, der vom Schreiben lebt, verfasst Artikel und Aufsätze in großer Zahl und viele oft auf demselben Wissenstand. Verstreut und an verschiedenen Orten publiziert, fällt das Muster der Aussagen, Methoden, Denkhaltungen nicht auf.
Wenn diese Aufsätze dann aber nach Jahren in einem Buch nebeneinander stehen, ermüdet die Familienähnlichkeit. Heise hätte nicht nur die Epochen der Lyrik, er hätte auch die Epochen seines eigenen Schaffens bedenken und aus jeder von ihnen nur einen Schlüsselaufsatz wieder auflegen sollen.
HANNELORE SCHLAFFER
HANS-JÜRGEN HEISE: Rangierbahnhof fremden Lebens. Essays über 33 Schlüsselfiguren der Moderne. Wallstein Verlag Göttingen 2008. 387 S., 29 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Essays sind so. Hannelore Schlaffer kann das Provisorische von Hans-Jürgen Heises Annäherung an Lyriker der europäischen Moderne von Celan bis Rimbaud nicht schlecht heißen. Wenn ein Dichter seine Helden ehrt und zu diesem Zweck "tief in die Poetenherzen" hinabblickt, erwartet Schlaffer keine Geschichte der modernen Lyrik. Auf etwas Abwechslung bei der Perspektive und bei der Wortwahl möchte sie allerdings nicht verzichten, Anschaulichkeit hin oder her. Mit der vorliegenden Auswahl der einmal als Zeitungs-, Zeitschriftenartikel oder Vor- und Nachwort konzipierten Texte aus den 70ern bis heute ist die Rezensentin unterfordert. Eine redaktionelle Überarbeitung, findet sie, hätte den Band um manche Wiederholung erleichtert.

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'ausgezeichnete(r) Essayband'(Martin Krumbholz, Neue Zürcher Zeitung, 24.7.2008)'Es sind Gedanken und Zitate wie diese, welche die Essays aus verschiedenen Jahren zu einem wahren Leseereignis machen. Denn dank seiner jahrela