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Wie verbringt man seine verbleibende Zeit, wenn einem das Ende vor Augen steht? Mit dieser Frage sieht sich der erfolgreiche Drehbuchautor Charlie konfrontiert, als er erfährt, dass er nur noch sechs Monate zu leben hat. Er beschließt, sich in einem südfranzösischen Casino seiner gesamten Barschaft zu entledigen und ein Buch zu schreiben – ausgerechnet über Bewusstsein und Tod. Im Casino trifft er die spielsüchtige Angélique, die ihm fortan als Muse dienen soll. Bei Edward St Aubyn werden letzte Fragen als umwerfend geistreiche Satire gestellt. Sein Erzählen vereint Gegensätze. Es ist ironisch…mehr

Produktbeschreibung
Wie verbringt man seine verbleibende Zeit, wenn einem das Ende vor Augen steht? Mit dieser Frage sieht sich der erfolgreiche Drehbuchautor Charlie konfrontiert, als er erfährt, dass er nur noch sechs Monate zu leben hat. Er beschließt, sich in einem südfranzösischen Casino seiner gesamten Barschaft zu entledigen und ein Buch zu schreiben – ausgerechnet über Bewusstsein und Tod. Im Casino trifft er die spielsüchtige Angélique, die ihm fortan als Muse dienen soll. Bei Edward St Aubyn werden letzte Fragen als umwerfend geistreiche Satire gestellt. Sein Erzählen vereint Gegensätze. Es ist ironisch und ehrlich. Traurig und heiter. Sarkastisch und sensibel. Man kann und will sich der obsessiven Selbstreflexion seines Helden Charlie nicht entziehen.
Autorenporträt
Edward St Aubyn, geb. 1960, wuchs in England und Südfrankreich auf und studierte in Oxford.

Dirk van Gunsteren, geb. 1953 in Düsseldorf, ist ein deutscher literarischer Übersetzer aus dem Englischen und Niederländischen und freiberuflicher Redakteur. Van Gunsteren wuchs in Duisburg auf, seine Mutter ist Deutsche, sein Vater Holländer. Nach mehreren Aufenthalten in Indien und in den USA studierte er in München Amerikanistik. Seit 1984 ist er als Übersetzer insbesondere aus dem Englischen tätig. Van Gunsteren lebt in München. 2007 erhielt van Gunsteren den 'Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis' für seine Übersetzung angelsächsischer Literatur.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.10.2010

Casino
banal
Edward St Aubyns Roman
„Ausweg“ spielt zu hoch
Wie reagieren andere Menschen, wenn man nur noch sechs Monate zu leben hat? Zum Beispiel so: Der behandelnde Arzt verschreibt Prozac und sagt: „Hat ja keinen Sinn, auch noch depressiv zu werden.“ Die literate Freundin rät, über das eigene Sterben zu schreiben – endlich ein großes Thema! Und die Ex-Frau mahnt: „Denk daran, dass der Tod ein entscheidender Augenblick in deiner spirituellen Entwicklung ist.“ Und wie reagiert man selbst, wenn man erfährt, dass man bald sterben muss? Zum Beispiel so: „Seit man mir gesagt hat, dass ich noch sechs Monate zu leben habe, fahre ich vorsichtiger“. Das ist der erste Satz von Edward St Aubyns Roman „Ausweg“ („A Clue to the Exit“). Und pointensicher geht es weiter auf der Teerspur des schwarzen Humors. Als erstes legt sich Charlie, der erfolgreiche Drehbuchautor, der eigentlich beim besten Willen keinen Termin mehr in der Agenda frei hat für den Tod, ein paar geschmackvolle Formeln zurecht, um lästige Beileidsbekundungen abtropfen zu lassen: „Wie du dir vorstellen kannst, habe ich mich in Marc Aurel vertieft“ oder „In letzter Zeit kann ich nur die ganz späten Quartette hören“.
Scharfzüngige Sottisen sind St Aubyns Element, der Sarkasmus zieht eine emotionale Firewall hoch, die ihn vor einer herzlosen Welt schützt und doch Teil des Geistes ist, den sie verneint. Denn die Kunst dieses Autors ist die eines eleganten und bitterbösen Gesellschaftskritikers in der Pose des extravaganten Dandys, der seine galligen Porträts der englischen Upper Class, die er als ebenso kultiviert wie kaputt schildert, mit beißendem Witz und geschliffenen Formulierungen unterschneidet. Seine Prosa lebt von der intimen und um so reizbareren Vertrautheit mit jenen wohlstandsverwahrlosten Verhältnissen, an denen er sich als Autor reibt wie in seiner Melrose-Trilogie, der autobiographisch geprägten Familien-Saga über die niedersten Instinkte des hohen Adels.
Der Erfolg der Trilogie, die erst mit über zehn Jahren Verspätung ins Deutsche übersetzt wurde, sowie St Aubyns 2006 in England erschienener Roman „Muttermilch“, der es auf die Shortlist des Booker-Preises schaffte, hat seinen deutschen Verlag nun ermutigt, mit „Ausweg“ ein Nebenwerk nachzureichen, das bereits im Jahr 2000 im Original herausgekommen ist. Das Problem des Buches besteht darin, dass St Aubyn hier seine Stärken nicht ausspielen kann. Im dem Maße, wie sein Protagonist im Angesicht des Todes bestrebt ist, sich „mit dem formlosen Haufen von Ereignissen, aus denen mein Leben bestand“, zu versöhnenund dafür „einen wirklich leeren Ort“ sucht, kreist auch die Sprache um sich selbst, wird luxurierend und ornamental. Witz und Rasanz verlieren sich, je mehr das Sujet zur Kulisse erstarrt. Der Protagonist versucht zunächst vergeblich, sein Vermögen am Spieltisch in Monte Carlo zu verlieren, um sich durch Armut und Einsamkeit zum wahren Künstlertum zu läutern.
Das Selbstexperiment hat etwas Gekünsteltes, genauso wie die forcierte Dramatik, die Charlie seinen letzten Tagen verleiht, indem er sich vierzig Liebesnächte mit der schönen, aber spielsüchtigen Angélique erkauft, der er für jede Nacht eine Million Francs in Jetons auszahlt. Nebenbei schreibt er an der Totgeburt eines Romans über das Leib-Seele-Problem, der sich darin erschöpft, angelesenes Wissen halbwegs symmetrisch auf die Teilnehmer einer hölzernen Expertenrunde zu verteilen. Schließlich hofft der Held, der Wind einer schroffen Insel möge ihm Lebensweisheit einblasen. Die Weltflucht bekommt allerdings weder ihm noch dem Buch. Denn sie führt nur zu trivialen Einsichten wie „dass meine Mutter keine Zuneigung für mich empfunden hat“ und „ich war bereit zu leben, weil ich bereit war zu sterben“, zudem befördert sie eine schwülstiger Metaphorik: „Mitten durch ihren Körper stieg die Hitze auf wie Quecksilber in einem Thermometer; das Glas zerbrach, und silbrige Ströme rannen an ihr herab und tauchten uns in leuchtende Gefahr. Es fühlte sich an wie das erste und das letzte Mal, es war die doppelte Ekstase einer tödlichen Erneuerung“.
Die Oberfläche, so Hugo von Hofmannsthal, sei das beste Versteck für Tiefe. Aber Tiefe ist ein schlechtes Versteck für Oberflächlichkeit. Und sei sie noch so stilsicher poliert und mit Bildung befrachtet. CHRISTOPHER SCHMIDT
EDWARD ST AUBYN: Ausweg. Roman. Aus dem Englischen von Dirk van Ginstern. DuMont Buchverlag, Köln 2010. 228 Seiten, 18,95 Euro.
Auch bei Todgeweihten immer pointensicher: Edward St Aubyn. Foto: DuMont
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"Vorsicht: Diese scharfgeschliffene, funkelnde Prosa kann zum Suchtstoff werden." -- DER SPIEGEL

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Christopher Schmidt zeigt sich eher enttäuscht von diesem im Original bereits vor zehn Jahren erschienenen "Nebenwerk" von Edward St Aubyn, obwohl er den Autor, seinen bösen Humor und seine "Pose des extravaganten Dandys" eigentlich schätzt. Doch in dieser Geschichte schafft er es nach Meinung des Rezensenten nicht, diese Stärken auszuspielen, obwohl Schmidt zwischendurch auch konstatiert, dass St Aubyn "pointensicher auf der Teerspur des schwarzen Humors" unterwegs ist. Doch die Thematik - der Protagonist erfährt, dass er nur noch kurz zu leben hat und versucht, daraus etwas Sinnhaftes zu basteln -bremst die Qualitäten des Autors aus: "Witz und Rasanz verlieren sich, je mehr das Sujet zur Kulisse erstarrt".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Erstklassig ist wieder einmal St. Aubyns' Zeichnung der Typen, der feine ätzende Spott und die überdurchschnittlich geschliffene Sprache.", Schwäbische Zeitung, 07.04.2014